Gründe
I.
Die Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der Antragsteller zu 2) bis 6) (geboren am 00.00.1998, 00.00.2006, 00.00.2011, 00.00.2014
und 00.00.2003). Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige.
Nach eigenen Angaben reisten sie, gemeinsam mit dem Ehemann der Antragstellerin zu 1), zugleich der Vater der Antragsteller
zu 2) bis 6), im März 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein.
Sie wohnen seit März 2020 in einer Mietwohnung. Die Bruttokaltmiete beträgt 947 € monatlich (Grundmiete 698 €, Betriebskosten
249 €). Es bestehen Mietrückstände von mehreren tausend Euro (im Juli 2020 über 6.000 €). Eine Kündigung des Mietverhältnisses
liegt bislang nicht vor.
Der Ehemann der Antragstellerin zu 1) ging in der Zeit vom 01.05.2019 bis zur fristlosen Kündigung am 10.07.2019 einer geringfügigen
Beschäftigung bei der I GmbH und vom 19.09.2019 bis 10.02.2020 einer Beschäftigung bei der Firma E nach. Aus der letztgenannten
Beschäftigung erzielte er monatliche Bruttoverdienste von 377,98 €, 433,12 €, 269,36 €, 148,51 € und 177,18 € bei Zugrundelegung
des jeweils geltenden Mindestlohnes. Im Februar 2020 erfolgte keine Vergütung. Das Arbeitsverhältnis wurde arbeitgeberseitig
in der Probezeit gekündigt, weil der Ehemann der Antragstellerin zu 1) unregelmäßig zur Arbeit erschienen sei. Ende Mai oder
im Juni 2020 zog er aus der gemeinsamen Unterkunft mit seiner Familie aus und ist seither obdachlos. Nach Angaben der Antragstellerin
zu 1) übt er weiterhin die elterliche Sorge für die Antragsteller zu 2) bis 6) aus.
Der Antragsteller zu 2) ging in der Zeit vom 07.04.2020 bis ins Frühjahr 2021 einer geringfügigen Beschäftigung als Lageraushilfe
bei der Firma E nach. Der befristete Arbeitsvertrag endete am 06.04.2021. Vereinbart war der Mindestlohn bei einem Einsatz
nach Absprache mit dem Vorgesetzten. Eine Bescheinigung der Bundesagentur für Arbeit über die Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit
besitzt der Antragsteller zu 2) nicht. Nach eigenem Vortrag beendete er die Tätigkeit eigenständig, eine Kündigung sei nicht
erstellt worden, er sei nicht mehr zur Arbeit gegangen. Es möge daher davon ausgegangen werden, dass die Arbeitslosigkeit
nicht unfreiwillig gewesen sei.
Die Antragstellerin zu 1) bezieht seit März 2021 für drei ihrer Kinder Kindergeld in Höhe von insgesamt 663 € monatlich (zuvor
im Dezember 2020 853 €, im Januar und Februar 2021 913 €).
Die Antragsteller zu 3) bis 5) sind Schüler; die Antragstellerin zu 5) seit September 2021. Der Antragsteller zu 3) war zunächst
Schüler des W Gymnasiums in Essen, seit Dezember 2020 der H-Schule in Essen. Der Antragsteller zu 4) war Schüler der Q-Grundschule
in Essen, seit Januar 2021 der L-Schule in Essen. Die Antragstellerin zu 5) besucht ebenfalls die L-Schule in Essen. Der Antragsteller
zu 6) war ab Februar 2019 bis September 2020 Schüler eines Berufskollegs. Seither geht er keiner Ausbildung oder Tätigkeit
nach. Mindestens der Antragsteller zu 3) wies erhebliche Fehlzeiten im Schulbesuch auf. Ein Schulversäumnisverfahren wurde
nach nachträglicher schriftlicher Entschuldigung eingestellt. Nach eidesstattlicher Versicherung der Antragstellerin zu 1)
sind die Antragsteller zu 3) und 4) trotz Fehlzeiten regelmäßig zur Schule gegangen.
Aufgrund von Eilverfahren vor dem Sozialgericht Duisburg (S 6 AS 3808/19 ER; S 6 AS 2300/20 ER) gewährte die Antragsgegnerin den Antragstellern Leistungen zum Lebensunterhalt für die Zeit von November 2018 bis Januar
2019, vom 09.09.2019 bis März 2020 sowie vom 1.07. bis 10.08.2020.
Einen Leistungsantrag der Antragsteller für die Zeit ab April 2020 lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 01.04.2020
ab. Der Zeitraum ab April 2020 ist Gegenstand eines Klageverfahrens beim Sozialgericht Duisburg (S 6 AS 1806/21).
Dem Antragsteller zu 2) bewilligte die Antragsgegnerin für die Zeit vom 07.04.2020 bis zum 30.09.2020 Leistungen zum Lebensunterhalt
(Bescheid vom 08.07.2020).
Die Antragsteller haben für die Zeit ab Oktober 2020 einen neuen Leistungsantrag gestellt, nach eigenem Bekunden ferner am
10.11.2020. Einen weiteren Leistungsantrag haben sie - mit Ausnahme des Antragstellers zu 2) - am 14.07.2021 gestellt. Die
Antragsgegnerin hat zwei Ablehnungsbescheide vom 12.02.2021 und 04.08.2021 erstellt.
Am 04.12.2020 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Duisburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für
die Gewährung laufender Leistungen nach dem SGB II, einstweilen mit Ausnahme von Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung gestellt und Prozesskostenhilfe unter Beiordnung
ihres Bevollmächtigten beantragt.
Die Antragstellerin zu 1) hat eidesstattliche Versicherungen vom 26.06.2020 und 04.12.2020 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug
genommen wird.
Die Antragsteller könnten bis zum 10.08.2020 ein Aufenthaltsrecht aus dem nachwirkenden Aufenthaltsrecht des Ehemannes der
Antragstellerin zu 1) ableiten. Außerdem ergebe sich ein Aufenthaltsrecht aus dem Schulbesuch der Antragsteller zu 3), 4)
und 6), das einem Leistungsausschluss entgegenstehe. Schulbescheinigungen seien in einem vorangegangenen Eilverfahren beim
Sozialgericht Duisburg (S 6 AS 3808/19 ER) vorgelegt worden.
Die Antragsteller haben beantragt,
1.
die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ab Stellung des Eilantrages zu gewähren.
2.
ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Zwar könnten sich Aufenthaltsrechte aus dem Schulbesuch der Antragsteller zu 3) und 4) ableiten, die einem Leistungsausschluss
entgegenstünden. Allerdings lägen bislang keine Nachweise über die tatsächlichen Schulbesuche der Kinder vor. Nach Rückmeldung
der Schule des Antragstellers zu 3) besuche dieser die Schule nur unregelmäßig und habe Fehlzeiten von knapp 50 %. Eine Rückmeldung
der Schule über den tatsächlichen Besuch des Antragstellers zu 4) stehe noch aus.
Mit Beschluss vom 19.08.2021 hat das Sozialgericht Duisburg die Anträge der Antragsteller abgelehnt. Ein Anspruch könne nicht
auf den Schulbesuch der Kinder gestützt werden. Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Kinder zur Schule gingen. Vielmehr
lägen völlig außergewöhnliche Fehlzeiten vor.
Gegen den ihnen am 19.08.2021 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 23.08.2021 Beschwerde eingelegt.
Die seitens der Antragsgegnerin angeführten Ablehnungsbescheide aus Februar und August 2021 seien den Antragstellern nicht
bekannt gegeben worden.
Die Frage, welchen Umfang Fehlzeiten haben dürften, um den Leistungsanspruch nicht auszuschließen, sei nicht abschließend
geklärt. Ob die Fehlzeiten zu entschuldigen seien und insbesondere welcher Maßstab während des durch die Corona-Pandemie eingeschränkten
Schulbetriebes anzulegen sei, werde sicherlich im Hauptsacheverfahren zu erörtern sein.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 19.08.2021 zu ändern und
1.
die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ab Stellung des Eilantrages zu gewähren, hinsichtlich des Antragstellers zu 2) beschränkt auf die Zeit
bis einschließlich Juni 2021.
2.
ihnen Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen.
3.
ihnen Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Versand des Bescheides vom 12.02.2021 sei ungewiss, der Ablehnungsbescheid vom 04.08.2021 sei zentral versandt worden,
ein Zugang könne nicht nachgewiesen werden. Für den Antragsteller zu 3) liege lediglich eine Schulbescheinigung vor. Auch
hinsichtlich des Antragstellers zu 4) liege eine E-Mail vor, aus der sich Fehlzeiten von 16 Tagen für 30 Präsenzpflichttage
ergäben.
Die Antragstellerin zu 1) hat eine weitere eidesstattliche Versicherung vom 15.09.2021 und Kontoauszüge vorgelegt. Der Vater
der übrigen Antragsteller hat sein Einverständnis zur Verfahrensführung gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte
der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 19.08.2021 ist begründet.
A. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Unrecht abgelehnt.
1. Gemäß §
86b Abs.
2 S. 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint
(Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs (d.h. eines materiellen
Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie eines Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung
aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund
sind glaubhaft zu machen, §
86b Abs.
2 S. 4
SGG i.V.m. §§
920 Abs.
2,
294 Zivilprozessordnung (
ZPO). Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des
Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit
unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit
spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung: BSG Urteil vom 17.04.2013, B 9 V 1/12 R und Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, jeweils juris).
Die mit einer einstweiligen Anordnung auf die Durchführung einer Maßnahme in der Regel zugleich verbundene Vorwegnahme der
Entscheidung in der Hauptsache erfordert darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs
und des Anordnungsgrundes, da der einstweilige Rechtsschutz trotz des berechtigten Interesses des Rechtsuchenden an unaufschiebbaren
gerichtlichen Entscheidungen nicht zu einer Vorverlagerung der Entscheidung in das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
führen soll. Erforderlich ist mithin das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung
unumgänglich macht. Eine solche besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist nur zu bejahen, wenn
dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung
seiner Rechte droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann,
es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG Beschluss vom 16.05.1995,
1 BvR 1087/91).
Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren für Anfechtungs- und (wie hier) für Vornahmesachen dürfen grundsätzlich
sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden
(vgl. BVerfG Beschlüsse vom 06.08.2014, 1 BvR 1453/12, SGb 2015, 175, m.w.N. und vom 06.02.2013, 1 BvR 2366/12, BVerfGK 20, 196). Die summarische Prüfung kann sich insbesondere bei schwierigen Fragen auch auf Rechtsfragen beziehen (Keller
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Auflage 2020, §
86b Rn. 16c), wobei dann die Interessen- und Folgenabwägung stärkeres Gewicht gewinnt. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden
und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach
Möglichkeit zu verhindern (BVerfG Beschluss vom 13.04.2010, 1 BvR 216/07, BVerfGE 126, 1 (27 f.), m.w.N.; vgl. zur Prüfungsdichte bei rechtlichen Fragen: BVerfG Beschluss vom 27.05.1998, 2 BvR 378/98, NVwZ-RR 1999, 217). Dabei ist eine weitergehende tatsächliche und rechtliche Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs
aus verfassungsrechtlichen Gründen dann erforderlich, wenn dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende
Verletzung seiner Grundrechte droht, die durch eine nachträgliche Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden
kann. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver
hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen
(vgl. BVerfG Beschluss vom 06.02.2013, 1 BvR 2366/12, a.a.O.). Ist einem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand
einer Folgenabwägung zu entscheiden. In diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die
Abwägung einzustellen.
2. Nach diesen Maßgaben ist dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben. Bei erheblichen Lücken in der
Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes und der Vorlage einer unvollständigen Verwaltungsakte durch die Antragsgegnerin
haben die Antragsteller nach summarischer Prüfung einen Anordnungsanspruch auf laufende Leistungen nach dem SGB II hinreichend glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Antragsteller zu 2) und 6) ergibt sich die tenorierte zeitliche Beschränkung.
Nicht zum Streitgegenstand zählt ein Anspruch auf vorläufige Gewährung von Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung.
Diese sind mit der Antragsschrift ausdrücklich "einstweilen" nicht geltend gemacht worden, ohne dass im Verlauf eine Erweiterung
des Antragsbegehrens formuliert worden wäre. Der Regelungsgegenstand der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung
ist zulässig abtrennbar (vgl. dazu BSG Urteile vom 04.06.2014, B 14 AS 42/13 R, juris Rn. 12 ff.; und vom 06.08.2014, B 4 AS 55/13 R, juris Rn. 12).
(1) Die Antragsteller zu 1), 2), 6) und der Antragsteller zu 3) ab dem 01.06.2021 haben gem. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, sind erwerbsfähig und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. (Auch)
die Antragsteller zu 4) und 5) leben mit der Antragstellerin zu 1) in einer Bedarfsgemeinschaft gem. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II und sind leistungsberechtigt gem. § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II. Glaubhaft gemacht und zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist auch ihre Hilfebedürftigkeit gem. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II. Die Antragstellerin zu 1) hat hierzu unter dem 15.09.2021 eine substantiierte eidesstattliche Versicherung abgegeben, erstinstanzlich
weitere eidesstattliche Versicherungen vom 26.06.2020 und 04.12.2020 vorgelegt und Kontoauszüge der Antragsteller vorgelegt,
die über ein eigenes Konto verfügen (Antragstellerin zu 1) und Antragsteller zu 2)). Allein der Antragsteller zu 2) hat aus
einer Beschäftigung bei der Firma E - die nach Lage der Dinge jedenfalls bis zum 06.04.2021 angedauert hat - ein schwankendes
Erwerbseinkommen (im Mittel i.H.v. ca. 320 € brutto) erzielt, das jedoch nicht zur vollständigen Deckung seines Gesamtbedarfes
(§§ 19 Abs. 1 S. 3, 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 22 Abs. 1 S. 1 S. 1 SGB II) i.H.v. 528 € (2020) bzw. 540 € (2021) ausreichte (vergleiche die mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 03.09.2021 vorgelegten
Berechnungsbögen).
(2) Dem Anspruch der Antragsteller steht nach summarischer Prüfung der Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a), b) SGB II in den bis zum 31.12.2020 und ab dem 01.01.2021 gültigen Fassungen nicht entgegen. Demnach sind Ausländerinnen und Ausländer
vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgenommen, a) die kein Aufenthaltsrecht haben und b) deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
sowie ihre Familienangehörigen. Die Anwendbarkeit der Ausschlussregelung erfordert eine fiktive Prüfung des Grundes bzw. der
Gründe für eine im streitigen Leistungszeitraum bestehende Freizügigkeitsberechtigung nach dem Gesetz über die allgemeine
Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU), welches die Aufenthaltsrechte von Unionsbürgern in nationales Recht umsetzt, oder eines Aufenthaltsrechts nach den gemäß
§ 11 Abs. 14 FreizügG/EU im Wege eines Günstigkeitsvergleichs anwendbaren Regelungen des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Bereits das Vorliegen der Voraussetzungen für ein anderes materiell bestehendes Aufenthaltsrecht als ein solches aus dem
Zweck der Arbeitsuche hindert sozialrechtlich die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts allein zum Zwecke der Arbeitsuche
(vgl. z.B. BSG Urteile vom 03.12.2015, B 4 AS 43/15 R und vom 30.01.2013, B 4 AS 54/12 R).
Mit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinreichender Wahrscheinlichkeit können sich die Antragsteller zu 3) und
4) auf das Aufenthaltsrecht aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011
über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (VO 492/2011/EU) berufen (aa). Von diesem ausgehend ergibt sich
ein Leistungsanspruch der Antragstellerin zu 1) (bb). Daraus folgt ein Leistungsanspruch der Antragstellerin zu 5) (dd) und
- im zeitlich tenorierten Umfang (Eintritt der Volljährigkeit) - ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers zu 6) (ee). Der Antragsteller
zu 2) verfügt über ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, zumindest für die Dauer seines Beschäftigungsverhältnisses.
(aa) Nach Art. 10 VO 492/2011/EU können Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen
Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter
den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings-
und Berufsausbildung teilnehmen. Dieses - historisch an die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Schaffung bestmöglicher Bedingungen
für die Integration der Familie des Wanderarbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat anknüpfende - Ausbildungsrecht des Kindes
setzt voraus, dass dieses Kind "in Ausbildung" mit seinen Eltern oder einem Elternteil in einem Mitgliedstaat in der Zeit
lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte. Der Erwerb des Ausbildungsrechts ist an den Status als
Kind eines Arbeitnehmers gebunden. Das Ausbildungsrecht aus Art. 10 VO 492/2011/EU impliziert gleichzeitig ein eigenständiges
Aufenthaltsrecht der sich weiterhin in Ausbildung befindenden Kinder, das grundsätzlich bis zum Abschluss der Ausbildung und
insbesondere besteht, solange sie tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat in das Schulsystem eingegliedert sind. Aus dem Wortlaut
der Norm "beschäftigt gewesen ist" folgt, dass die Kinder eines Arbeitnehmers nicht zeitgleich am allgemeinen Unterricht haben
teilnehmen müssen (EuGH Urteile vom 06.10.2020, C-181/19, juris Rn. 35, 37- Rs Jobcenter Krefeld/JD und vom 23.02.2010, C-480/08, juris - Rs. Teixeira, juris Rn. 37; BSG Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 43/15 R, juris Rn. 29f. m.w.N. aus der EuGH-Rspr.; LSG NRW Beschluss vom 16.03.2017, L 19 AS 190/17 B ER, juris Rn. 17, Steinmeyer in Franzen/Gallner/Oetker, EuArbRK, 3. Auflage 2020, Art. 10 VO 492/2011/EU Rn. 3).
(1.1) Die Antragsteller zu 3) und 4) befanden sich bereits zu einer Zeit in der Schulausbildung, in der ihr Vater Arbeitnehmer
i.S.d. Unionsrechts gewesen ist (1.2, 1.3). Zu diesem Zeitpunkt lebten sie mit dem Vater, der die elterliche Sorge ausübte
und ausübt, zusammen (1.4). Ihre Schulausbildung dauert fort.
(1.2) Nach der kasuistischen Rechtsprechung des EuGH, ist der auch insoweit maßgebliche Arbeitnehmerbegriff i.S. des Art.
45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV; Arbeitnehmerfreizügigkeit; vgl. Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 7 Rn. 99f., 110ff.) ein autonomer Begriff des Unionsrechts, der nicht eng ausgelegt werden darf (EuGH Urteil vom 21.02.2013,
C-46/12 - Rs. N.-, juris Rn. 39 m.w.N.). Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass eine Person während
einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung
erhält. Die beschränkte Höhe dieser Vergütung oder der Umstand, dass sie nur eine geringe Anzahl von Wochenstunden Arbeit
leistet, schließen es nicht aus, dass eine Person als Arbeitnehmer i.S. des Art. 45 AEUV anerkannt wird. Allerdings ist für die Qualifizierung als Arbeitnehmer erforderlich, dass eine Person eine tatsächliche und
echte Tätigkeit ausübt, die keinen so geringen Umfang hat, dass sie sich als vollständig untergeordnet und unwesentlich darstellt
(EuGH a.a.O. Rn. 40-42; BSG Urteil vom 27.01.2021, B 14 AS 42/19 R, juris Rn. 17). Die Prüfung der Arbeitnehmereigenschaft erfordert eine Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalles
(EuGH a.a.O. Rn. 43). Das Bestehen von Urlaubsansprüchen und Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder die
Anwendung von Tarifverträgen sprechen allerdings für die Annahme der Arbeitnehmereigenschaft i.S. des Art. 45 AEUV (EuGH Urteil vom 04.02.2010, C-14/09 - Rs Genc - juris).
Angesichts der Vorgaben des EuGH hat sich in der nationalen Rechtsprechung ein ebenfalls kasuistischer Rahmen entwickelt.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat einer Wochenarbeitszeit von 7,5 Stunden und einem Monatsverdienst von lediglich 100 € bei einer knapp fünfmonatigen
Beschäftigung keine der Arbeitnehmereigenschaft entgegenstehende Bedeutung beigemessen (BSG Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 23/10 R, juris Rn. 3, 18; Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 2 FreizügG/EU Rn. 49; insbesondere unter Bewertung nicht eingehaltener vertraglicher Vereinbarungen strenger: LSG Mecklenburg-Vorpommern
Urteil vom 11.04.2017, L 10 AS 194/14, juris Rn. 34) und zuletzt die Arbeitnehmereigenschaft bei einem knapp einjährig bestehenden Arbeitsverhältnis und arbeitsvertraglich
vereinbarten 30 Stunden im Monat mit einer Vergütung von 100-250 € (BSG Urteil vom 12.09.2018, B 14 AS 18/17 R, juris Rn. 21f.) ebenso bejaht wie im Falle einer zweimonatigen Beschäftigung mit einer monatlichen Vergütung von 500 €
(BSG Urteil vom 27.01.2021, B 14 AS 42/19 R, juris Rn. 23).
Der erkennende Senat hat etwa einen monatlichen Verdienst von etwa 160 € aufgrund unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse
(Senatsbeschlüsse vom 07.10.2016, L 12 AS 965/16 B ER, juris Rn. 16ff., vom 16.12.2016, L 12 AS 1420/16 B ER, juris Rn. 25; vom 04.07.2016, L 12 AS 391/16 B ER, nicht veröffentlicht) als für die Begründung des Arbeitnehmerstatus ausreichend erachtet.
(1.3) Unter Zugrundelegung des durch die aufgezeigte Rechtsprechung gesteckten Rahmens vermittelt die Tätigkeit des Vaters
der Antragsteller zu 3) und 4) bei der Firma E als Lageraushilfe bereits eine Arbeitnehmereigenschaft (für die vorangegangene
Tätigkeit bei der I GmbH würde entsprechendes gelten). Die Beschäftigung dauerte knapp fünf Monate (19.09.2019 bis 10.02.2020).
Sie war nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 09.09.2019 ursprünglich bis 31.03.2020 befristet und als geringfügige Tätigkeit
mit einem Stundenlohn von 9,19 € brutto unter Abführung von Pauschalabgaben durch den Arbeitgeber für geringfügig Beschäftigte
(an die Minijobzentrale) vereinbart. Eine Bescheinigung zur Sozialversicherung (für das Jahr 2020) ist in der (lückenhaften)
Akte der Antragsgegnerin enthalten. Eine konkrete Arbeitszeit war nicht vereinbart, der Einsatz erfolgte nach Absprache mit
dem Vorgesetzten. Der monatliche Verdienst betrug letztlich bis zu 433,12 € (Oktober 2019), im Durchschnitt einschließlich
der unvollständigen Beschäftigungsmonate September 2019 und Februar 2020 234,36 €.
(1.4) Im Zeitraum der Beschäftigung des Vaters lebte dieser bei seiner Familie. Der Antragsteller zu 4) befand sich bereits
zu dieser Zeit in der Grundschulausbildung, heute ist er in der dritten Klasse einer anderen Grundschule und der Antragsteller
zu 3) befand sich in der sechsten Klasse eines Gymnasiums, nunmehr ist er Schüler einer anderen weiterführenden allgemeinbildenden
Schule.
(2.1) Dem Aufenthaltsrecht stehen nach summarischer Prüfung auch die erkennbaren Fehlzeiten im Schulbesuch des Antragstellers
zu 3) und die seitens der Antragsgegnerin angeführten Fehlzeiten des Antragstellers zu 4) nicht entgegen. Die abschließende,
bislang - trotz eines erheblichen Zeitablaufes - nur rudimentäre Aufklärung eines "regelmäßigen" Schulbesuches muss der Hauptsache
vorbehalten bleiben. Ein weiteres Zuwarten auf eine Entscheidung im Eilverfahren ist den Antragstellern nicht mehr zumutbar.
Während des Besuches einer allgemeinbildenden Schule ist zur Begründung und Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts aus Art.
10 VO 492/11/EU erforderlich, dass ein Kind in das Schulsystem des Mitgliedstaates eingegliedert ist (vgl. BSG Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 43/15 R, juris Rn. 30; EuGH Urteil vom 06.09.2012, C-147/11 und C-148/11, juris Rn. 29; LSG NRW Beschluss vom 27.01.2016, L 19 AS 29/16 B ER, juris Rn. 31) und die Schulausbildung zumindest "regelmäßig" wahrnimmt (BSG a.a.O. Rn. 34; EuGH Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet vom 26.03.2015, C-67/14, juris Rn. 121 - Rs Alimanovic; LSG NRW Beschluss vom 13.09.2018, L 2 AS 1327/18 B ER, juris Rn. 5; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 22.01.2016, L 29 AS 20/16 B ER, juris Rn. 20; OVG Lüneburg Beschluss vom 22.02.2021, 13 ME 572/20, juris Rn. 11). Vorliegend sind die Antragsteller
zu 3) und 4) in das Schulsystem des Landes Nordrhein-Westfalen eingegliedert. Sie sind in allgemeinbildenden Schulen angemeldet
und unterliegen aufgrund ihres Alters und der besuchten Klassen der Vollzeitschulpflicht i.S.v. §§ 37 Abs. 1, 34 Abs. 1, 2 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW). Durch einen unentschuldigt unregelmäßigen Schulbesuch würden sie zwar die sich aus dem Schulverhältnis ergebende Pflicht
zur regelmäßigen Teilnahme am Schulunterricht nach § 43 Abs. 1, 2 SchulG NRW verletzen. Dies beendete indes nicht automatisch das Schulverhältnis bzw. ließe die Schulpflicht nicht ruhen. § 41 Abs. 1 S. 2 SchulG NRW bestimmt, dass die Eltern dafür verantwortlich sind, dass ein schulpflichtiges Kind am Unterricht und an den sonstigen
verbindlichen Veranstaltungen der Schule regelmäßig teilnimmt und sieht vor, dass die Eltern von der Schulaufsichtsbehörde
durch Zwangsmittel gemäß §§ 55 bis 65 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW zur Erfüllung ihrer Pflichten gemäß Absatz 1 angehalten werden können (§ 41 Abs. 5 SchulG NRW; LSG NRW Beschluss vom 27.01.2016, L 19 AS 29/16 B ER, juris Rn. 31).
Die Antragsteller zu 3) und 4) sind nach der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens möglichen Prüfungsdichte jedenfalls
nicht nur pro Forma an ihren Schulen angemeldet, sondern nehmen am Unterricht teil. Bis dato fehlen ausreichende Hinweise
für eine (fortgesetzt) unentschuldigte, unregelmäßige Wahrnehmung der Schulausbildung. Insbesondere sind die Ermittlungen
der Antragsgegnerin hierfür zu dürftig. In der vorgelegten Akte der Antragsgegnerin sind keinerlei Dokumente zur Ermittlung
des Schulbesuches enthalten. Die Grundlage der in einem offenbar nicht bekannt gegebenen Bescheid vom 12.02.2021 behaupteten
Erkenntnisse werden daher nicht in einer Weise nachvollziehbar, die es länger hinnehmbar erscheinen lassen, die Antragsteller
vorläufig weiterhin von existenzsichernden Leistungen auszuschließen, nachdem das erstinstanzliche Verfahren bereits rund
acht Monate angedauert hat, ohne dass fundierte Ermittlungen geführt worden wären. Dies gilt umso mehr, als die Darstellung
im genannten Bescheid nicht vollständig mit den Erklärungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren übereinstimmt. So
ist im Verfahren zunächst mitgeteilt worden, für den Antragsteller zu 3) seien nach der Rückmeldung der Schule unregelmäßige
Fehlzeiten von knapp 50 % mitgeteilt worden. Eine Rückmeldung bezüglich des Antragstellers zu 4) stehe aus. Vorgelegt worden
ist allein eine knappe E-Mail-Korrespondenz der Antragsgegnerin mit der Klassenlehrerin des Antragstellers zu 3) zu entsprechenden
Fehlzeiten während Zeiten eingeschränkten Präsenzunterrichtes während der Corona-Pandemie. Der durch die E-Mail-Korrespondenz
untermauerte Vortrag, für den Antragsteller zu 3) sei ein Schulversäumnisverfahren eingeleitet worden, das jedoch nicht weitergeführt
worden sei, nachdem die Antragstellerin zu 1) alle Fehltage schriftlich entschuldigt habe, ist - gerade vor dem Hintergrund
der Einstellung des Schulversäumnisverfahrens - nicht geeignet, einen unregelmäßigen Schulbesuch zu begründen. Soweit in Bezug
auf den Antragsteller zu 4) zuletzt vorgetragen worden ist, aus einer E-Mail aus dem Januar 2021 ergebe sich eine Säumnis
von ca. 50 Prozent, bleiben die Hintergründe der Fehlzeiten über einen zeitlichen Ausschnitt von lediglich 30 Präsenzpflichttagen
offen. Die Antragstellerin zu 1) hat eidesstattlich versichert, die Antragsteller zu 3) und 4) besuchten ihre Schulen - trotz
eingeräumter Fehlzeiten - regelmäßig. In der Hauptsache werden weitere Auskünfte der Schule einzuholen und Zeugnisse beizuziehen
sein. Der Hintergrund etwaiger Fehlzeiten während des eingeschränkten Präsenzunterrichtes wird zu klären sein.
Auch eine Rechtsmissbräuchlichkeit (vgl. LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 19 AS 1608/18, juris Rn. 51 m.w.N.; Bayerischer VGH Beschluss vom 09.07.2019, 10 CS 19.1165, juris Rn. 18) ist hinsichtlich der Berufung auf ein (den Leistungsausschluss hinderndes)
Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO 492/11/EU nach summarischer Prüfung nicht erkennbar. Der Nachweis setzt zum einen voraus,
dass eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der unionsrechtlichen Bedingungen
das Ziel der Regelung des Art. 10 VO 492/2011/EU nicht erreicht wird. Zum anderen ist ein subjektives Element erforderlich,
nämlich die Absicht, sich dadurch einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen
künstlich bzw. willkürlich geschaffen werden (BSG Urteil vom 27.01.2021, B 14 AS 25/20 R, juris Rn. 29; EuGH Urteil vom 06.10.2020, C-181/19, juris Rn. 76, jeweils m.w.N.).
Der bloße Eindruck der Antragsgegnerin, dass die Anmeldung zur Schule nicht zum Zwecke der Schulbildung der Kinder erfolgt
sei, sondern auf die Anspruchsberechtigung von SGB II-Leistungen abziele, reicht vor diesem Hintergrund nicht, um den Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuwenden. Dabei ist
nach der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin zu 1), den vorgelegten Schulbescheinigungen und der Korrespondenz
mit der Klassenlehrerin des Antragstellers zu 3) immerhin davon auszugehen, dass Versetzungen der Antragsteller 3) und 4)
in die nächste Klasse gelungen sein dürften. Auch insoweit bleibt eine abschließende Klärung jedoch dem Hauptsacheverfahren
vorbehalten, wobei die Ermittlungen zuvörderst der Antragsgegnerin im Rahmen der seit Oktober 2020 kaum bearbeiteten Antragsverfahren
selbst obliegen.
(bb) Aufgrund des Aufenthaltsrechtes der minderjährigen Antragsteller zu 3) und 4) kann die Antragstellerin zu 1) ebenfalls
aus Art. 10 VO 492/11/EU ein Aufenthaltsrecht ableiten, weil sie die tatsächliche elterliche Sorge ausübt.
Soweit und solange die regelmäßig minderjährigen Kinder eines Arbeitnehmers oder ehemaligen Arbeitnehmers für die Wahrnehmung
ihrer Ausbildungsrechte aus Art 10 VO 492/2011/EU weiterhin der Anwesenheit und der Fürsorge des Elternteils bedürfen, um
ihre Ausbildung fortsetzen und abschließen zu können, besteht in gleicher Weise für den Elternteil, der die elterliche Sorge
für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein abgeleitetes Recht auf Aufenthalt aus Art.10 VO 492/2011/EU. Dies hat der EuGH damit
begründet, dass die Versagung der Möglichkeit für die Eltern, während der Ausbildung ihrer Kinder im Aufnahmemitgliedstaat
zu bleiben, geeignet sein könnte, den Kindern ein - ihnen vom Unionsgesetzgeber zuerkanntes - Recht zu nehmen (EuGH Urteil
vom 06.10.2020, C-181/19, juris Rn. 36, 49, 52 - Rs. Jobcenter Krefeld/JD; EuGH Urteil vom 13.06.2013, C-45/12, juris Rn. 46 - Rs. Hadj Ahmed; EuGH Urteil vom 23.02.2010, C-480/08, juris 36, 53, 86 - Rs. Teixeira; Steinmeyer in Franzen/Gallner/Oetker, EuArbRK, 3. Auflage 2020, Art. 10 VO 492/2011/EU
Rn. 3). Die einmal erworbenen Ausbildungs- und Aufenthaltsrechte der Kinder bzw. der (sorgeberechtigten bzw. die tatsächliche
Sorge ausübenden) Elternteile bestehen nach der Rechtsprechung des EuGH unabhängig von den in der RL 2004/38/EG festgelegten Voraussetzungen ausreichender Existenzmittel sowie eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes (§ 4 FreizügG/EU) fort und sind autonom gegenüber den unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die die Voraussetzungen für die Ausübung
des Rechts auf Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat regeln (EuGH Urteil vom 23.02.2010, C-310/08, juris Rn. 42ff. - Rs. Ibrahim und Secretary of State for the Home Department; BSG Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 43/15 R, Rn. 31f. m.w.N. aus der Rspr. des EuGH; Dienelt in Bergmann/Dienelt, FreizügG/EU, 13. Auflage 2020, § 3 Rn. 124)
(cc) Folge des Aufenthaltsrechtes der Antragstellerin zu 1) ist ein Leistungsanspruch der sechsjährigen Antragstellerin zu
5) und des Antragstellers zu 6) bis zu dessen Vollendung des 18. Lebensjahres am 00.02.2021.
(1.1) Dabei kann die Genese eines eigenen Aufenthaltsrechtes für die Antragstellerin zu 5) dahinstehen. Nachdem die Antragstellerin
zu 5) nicht als Familienangehörige im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II respektive § 1 Abs. 2 Nr. 3 c) FreizügG/EU (Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, 06/2021, § 7 Rn. 121) der nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II leistungsberechtigten Antragstellerin zu 1) einem Leistungsausschluss unterliegt, bleibt auch ihr akzessorischer Leistungsanspruch
nach § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II unberührt. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II gilt der Systematik nach nur für Leistungsberechtigte nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II (vgl. SG Nürnberg Urteil vom 26.08.2009, S 20 AS 906/09, juris Rn. 35f.).
(1.2) Etwas anderes gilt für den im maßgeblichen Zeitraum 17 bzw. 18 Jahre alten Antragsteller zu 6). Zwar zählt auch er zur
Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Aus § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II können - wie sich aus der Gegenüberstellung mit Absatz 1 ergibt - jedoch nur Personen einen Leistungsanspruch ableiten, die
nicht von § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II adressiert sind, weil sie die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 SGB II nicht erfüllen. Ziel des Abs. 2 ist es, trotz fehlender Altersvoraussetzungen bzw. fehlender Erwerbsfähigkeit einen individuellen,
aber akzessorischen Anspruch zu vermitteln (Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 7 Rn. 169; Becker in Eicher/Luik/Harich, 5. Auflage 2021, SGB II § 7 Rn. 71; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, 06/2021, § 7 Rn. 160f.; Mushoff in BeckOK SozR, 09/2021, SGB II § 7 Rn. 48).
Für den Antragsteller zu 6) besteht mit dem Eintritt der Volljährigkeit jedoch allenfalls ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke
der Arbeitsuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU). Nach der letzten eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin zu 1) hat er im September 2020 seine Schulausbildung
abgeschlossen und ist seither offenbar beschäftigungslos.
Unmittelbar über § 3 Abs. 1 S. 1 FreizügG/EU kann der Antragsteller zu 6) kein Freizügigkeitsrecht herleiten, weil die Vorschrift sich nur auf abgeleitete Freizügigkeitsrechte
aus § 2 Abs. 2 Nr. 1-5 FreizügG/EU bezieht. Auch eine sonstige Ableitung von den Antragstellern zu 1), 3) und 4) scheidet für den Antragsteller zu 6) seit Eintritt
der Volljährigkeit aus. Durch den EuGH zwar bislang nicht entschieden ist, ob und unter welchen Voraussetzungen auch minderjährige
Geschwister der aufgrund einer zeitlich (phasenweise) parallel zur Arbeitnehmereigenschaft eines Elternteils nach Art 10 VO
492/2011/EU Aufenthaltsberechtigten sich auf ein entsprechendes Aufenthaltsrecht berufen können. Dafür spricht jedoch das
mit der Verordnung verfolgte Ziel, bestmögliche Bedingungen für die Integration der Familie des Arbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat
zu schaffen (EuGH Urteil vom 06.10.2020, C-181/19, juris Rn. 36). Soweit dem sorgeberechtigten Elternteil eines nach Art.10 VO 492/2011/EU berechtigten Minderjährigen der
Aufenthalt zu sichern ist, erscheint es als notwendige Konsequenz, ebenfalls minderjährigen Geschwisterkindern, deren Sorge
ebenfalls durch diesen Elternteil erfüllt wird, gleichsam ein Aufenthaltsrecht zuzusprechen (im Ergebnis nicht eindeutig:
BSG Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 43/15 R, juris Rn. 35, wobei das Aufenthaltsrecht nicht unmittelbar von den Geschwistern abzuleiten sei; dagegen: LSG Sachsen-Anhalt
Beschluss vom 07.06.2016, L 2 AS 84/16 B ER, juris Rn. 52). Mit dem Eintritt der Volljährigkeit und dem Entfall der Sorgeberechtigung entfällt die Notwendigkeit
indes (vgl. §
1626 Abs.
1 S. 1
Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>; zur Anwendbarkeit dessen: Art. 16 Abs. 1, 4, 17 i.V.m. Art.
1 Abs.
2 des Haagener Kinderschutzübereinkommens <KSÜ>, das Art.
21 EGBGB verdrängt [Art.
3 Nr. 2 EGBGB] und hinsichtlich der gesetzlichen Zuweisung der elterlichen Sorge seinerseits nicht durch den Anwendungsbereich
des Art. 8 Abs. 1 Brüssel II a-Verordnung verdrängt wird [Art. 52 Abs. 2, 4 KSÜ]; zum Ganzen Helms in MüKo,
BGB, 8. Auflage 2020, Art.
21 EGBGB Rn. 5, 13f.; Henrich in Staudinger,
BGB, 11/2019, Art.
21 EGBGB Rn. 79ff.; Stürner in Erman,
BGB, 16. Auflage 2020, Art
21 EGBGB Rn. 1, 11). Wollte man ein entsprechendes Recht in Abrede stellen, bliebe ein Rückgriff auf § 11 Abs. 14 S. 1 FreizügG/EU i.V.m. § 32 Abs. 1 AufenthG, im Rahmen dessen die Wertungen des Art.
6 GG zu berücksichtigen wären (vgl. BVerwG Urteil vom 13.06.2013, 10 C 16/12, juris, das vom BSG im Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 43/15 R, juris Rn. 35 in Bezug genommen wird) oder zuletzt ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen (vgl. Senatsbeschluss
vom 12.07.2017, L 12 AS 596/17 B ER, juris Rn. 34, unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 30.01.2013, B 4 AS 54/12 R, juris Rn. 34f.), diese Aufenthaltsrechte greifen jedoch ebenfalls mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Antragstellers
zu 6) nicht mehr.
dd) Die Antragsteller zu 1), 3), 4), 5) und 6) sind - in Bezug auf die Zeit vom 04.12.2020 bis 31.12.2020 - auch nicht aufgrund
des ab 29.12.2016 eingeführten und bis zum Ende des Jahres 2020 normierten Ausschlussgrundes in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 c) SGB II a. F. von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. In diesem Sinne ausgenommen waren Ausländerinnen und Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben
einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b) aus Artikel 10 VO 492/2011/EU ableiten, und ihre Familienangehörigen.
Denn § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 c) SGB II a. F. war aufgrund eines Verstoßes gegen Unionsrecht (gegen die Gleichbehandlungsgebote des Art. 4 VO 883/2004/EG und des
Art. 7 Abs. 2 VO 492/2011/EU (EuGH Urteil vom 06.10.2020, C-181/19, juris Rn. 50, 79, 88 f.) nicht anzuwenden (vgl. LSG NRW Beschluss vom 13.11.2020, L 6 AS 1275/20 B ER, juris Rn. 38ff.; Senatsbeschluss vom 12.07.2017, L 12 AS 596/17 B ER, juris Rn. 37; LSG NRW Beschluss vom 10.11.2017, L 6 AS 1256/17 B ER, juris Rn. 26ff.; Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 7 Rn. 146.3; Hailbronner in Hailbronner, Ausländerrecht, 08/2021, 5. Rn. 83).
ee) Der 22-jährige Antragsteller zu 2) verfügte nach Lage der Dinge jedenfalls bis zum 06.04.2021 über ein Aufenthaltsrecht
als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU. Seine befristete Beschäftigung bei der Firma E genügte den darlegten Anforderungen (aa) (1.2). Das wird auch seitens der
Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt, gleichwohl sie sich zu keiner (vorläufigen) Leistungsgewährung über den September
2020 hinaus bewegen lassen mochte. Die geringfügige Beschäftigung entsprach im Wesentlichen der früheren Beschäftigung des
Vaters der Antragsteller zu 2) bis 6), wobei sie knapp ein Jahr andauerte. Das Arbeitsverhältnis war bei der Minijobzentrale
gemeldet.
Seit der Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses ist der Antragsteller zu 2) nach der eidessstattlichen Versicherung
der Antragstellerin zu 1) auf Arbeitsuche. Ob er bis Ende Juni 2021 (sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
ist bis dahin begrenzt) ein Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU hat, lässt sich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zwar nicht abschließend klären. Nach dem eigenen Vortrag
des Antragstellers zu 2) erscheint der Nachweis aber eher fernliegend, so dass Leistungen ab dem im Rahmen der summarischen
Prüfung anzunehmenden Ende des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma E auch nicht als Ergebnis einer Folgenabwägung vorläufig
zuzusprechen sind.
Nach § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU bleibt das Recht zur Freizügigkeit bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit
nach weniger als einem Jahr Beschäftigung während der Dauer von sechs Monaten unberührt. Von einer Unfreiwilligkeit im Sinne
der Norm ist auszugehen. Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit liegt vor, wenn diese unabhängig von dem Willen des Antragstellers
bzw. nicht aus einem in seinem Verhalten liegenden Grund eingetreten oder durch einen legitimen Grund für die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses von seiner Seite gerechtfertigt ist (vgl. LSG NRW Beschluss vom 17.03.2016, L 19 AS 390/16 B ER, juris Rn. 23; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 11.11.2014, L 8 SO 306/14 B ER, juris Rn. 22; Dienelt in Bergmann/Dienelt,
FreizügG/EU, 13. Auflage 2020, § 2 FreizügG/EU Rn. 123) bzw. wenn der Arbeitnehmer die Gründe, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Kündigung/Aufhebungsvertrag)
geführt haben, nicht zu vertreten hat (vgl. Ziffer 2.3.1.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU
- AVV zum FreizügG/EU - i.d.F. vom 03.02.2016). Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses allein steht der Annahme einer Unfreiwilligkeit danach
nicht entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 07.10.2016, L 12 AS 965/16 B ER, juris). Die Bestätigung der Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit hat konstitutive Wirkung für das Aufenthaltsrecht
nach § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU (BSG Urteil vom 13.07.2017, B 4 AS 17/16 R, juris Rn. 34). Eine solche Bestätigung hat der Antragsteller zu 2) jedoch nicht vorzuweisen. Soweit er vorträgt, er habe
die Tätigkeit eigenständig beendet, sei nicht mehr zur Arbeit erschienen und es möge deshalb davon ausgegangen werden, dass
die Arbeitslosigkeit nicht unfreiwillig eingetreten sei, erscheint es unwahrscheinlich, dass sich die Unfreiwilligkeit der
Arbeitslosigkeit über eine Bestätigung der Bundesagentur für Arbeit in der Hauptsache belegen werden lässt.
b) Für die Antragsteller zu 2) und 6) ergibt sich über den 06.04.2021 bzw. 26.02.2021 hinaus auch kein Anspruch auf laufende
Leistungen zum Lebensunterhalt nach §§ 23 Abs. 1 S. 3 i.V.m. 19 Abs. 1 i.V.m. 27 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII). Sie unterlagen insoweit dem § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II entsprechenden Leistungsausschluss des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII in der seit dem 29.12.2016 gültigen Fassung (vgl. Groth in BeckOK, SGB XII, 09/2021, § 23 Rn. 16g; zur alten Rechtslage hingegen: BSG Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 44/15 R, juris Rn. 44ff; BSG Urteil vom 23.02.2017, B 4 AS 7/16 R, juris Rn. 27ff.). In Bezug auf dessen Europarechtskonformität sind die Entscheidungen des EuGH zu § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II (EuGH Urteil vom 11.11.2014, C-333/13, juris - Rs. Dano; EuGH Urteil vom 15.09.2015, C-67/14, juris - Rs. Alimanovic) übertragbar. Auch insoweit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 24 Abs. 1 RL 2004/38/EU (hier
nicht durch Art. 4 VO 883/2004 flankiert) gem. § 24 Abs. 2 RL 2004/38/EU einschränkbar (vgl. BSG Urteil vom 09.08.2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 33; Groth, a.a.O. Rn. 16j; Brall in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB I, 3. Auflage 2018, Art. 3 VO 883/2004/EG Rn. 77).
Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S.3-5 SGB XII werden von den anwaltlich vertretenen Antragstellern - auch den Antragstellern zu 2) und 6) - ausdrücklich nicht geltend
gemacht.
Die Frage einer Beiladung des SGB XII-Trägers nach §
75 Abs.
2 Alt. 2
SGG (BSG Urteil vom 27.01.2021, B 14 AS 25/20 R, juris Rn. 36) stellt sich deshalb bereits im Ansatz nicht.
Der Senat erkennt in dem vollständigen Ausschluss von laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt zuletzt auch keinen Verfassungsverstoß
(dazu ausführlich Urteil des Senates vom 06.10.2021, L 12 AS 1004/20, zur Veröffentlichung vorgesehen).
c) Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsgrund im dargelegten Sinne glaubhaft gemacht. Ihnen ist ein Unterschreiten
des sozio-kulturellen Existenzminimums für die Zeit bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens nicht länger zuzumuten. Die
Antragsteller verfügen nach der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin zu 1) sowie den eingereichten Kontoauszügen
zurzeit nicht über die notwendigen Mittel zur Sicherung ihres sozio-kulturellen Existenzminimums. Sie haben erhebliche Mietrückstände
glaubhaft gemacht, die das Mietverhältnis gefährden und Rückstände bei den Energieversorgern.
d) Die einstweilige Anordnung ist zu befristen. Der Anordnungsgrund hat auch eine zeitliche Dimension. Eilbedürftigkeit besteht
immer nur für einen kurzfristigen Zeitraum. Je weiter der Zeitraum, für den Leistungen begehrt werden, in der Zukunft liegt,
desto zumutbarer ist es für den Antragsteller, den zwischenzeitlich möglichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Im Rahmen des Anordnungsgrundes kommt dies dadurch zum Ausdruck, dass regelmäßig nur Leistungen für die Gegenwart und nahe
Zukunft einen Anordnungsgrund begründen können (Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Auflage 2017, §
86b Rn. 439; LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 22.02.2018, L 2 AS 859/17 B ER, juris Rn. 34).
Mit der konkreten Befristung trägt der Senat zudem dem Umstand Rechnung, dass die Prüfung hinsichtlich der Regelmäßigkeit
der Schulbesuche der Antragsteller zu 3) und 4) und einer etwaigen Rechtsmissbräuchlichkeit der Berufung auf das Aufenthaltsrecht
aus Art. 10 VO 492/211/EU in gesteigertem Maße summarisch bleiben musste (vgl. zu diesem Aspekt: Burkiczak, a.a.O., Rn. 442).
Die Befristung gibt ausreichend Gelegenheit, die notwendigen Ermittlungen in der Hauptsache zu führen.
B. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gem. §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i. V. m §
114 ZPO liegen für beide Rechtszüge vor.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Der Beschluss ist gem. §
177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar.