Zulässigkeit der Verhängung eines Ordnungsgeldes im sozialgerichtlichen Verfahren nach unentschuldigtem Ausbleiben trotz Anordnung
des persönlichen Erscheinens
Gründe:
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 500,00 EUR im Rahmen
eines Klageverfahrens, in welchem in der Sache eine Leistungsbewilligung nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung
für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2008 streitig ist.
Die Klägerin und ihr Ehegatte bezogen als Bedarfsgemeinschaft von der für die Leistungen nach dem SGB II zuständigen ARGE SGB II B. (im Folgenden ARGE) Grundsicherungsleistungen bis zum 30. Juni 2008. Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 22. Mai 2008 lehnte
die ARGE mit Bescheid vom 18. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2008 die weitere Leistungsbewilligung
für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2008 mit der Begründung ab, die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft seien
nicht hilfebedürftig, da das aus der selbständigen Tätigkeit des Ehegatten der Klägerin erzielte Einkommen bedarfsdeckend
sei. Der Ehegatte der Klägerin betreibt einen Einzelhandel mit dem Verkauf von Tabakwaren, Zeitschriften, Telefonkarten und
Fahrscheinen (Bistro) sowie eine Toilettenanlage zu Vermietungszwecken.
Daraufhin erhob die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 3. Dezember 2008 namens und in Vollmacht der Klägerin bei dem Sozialgericht
Halle eine unter dem Aktenzeichen S 7 AS 5274/08 weiterhin anhängige Klage und kündigte den Antrag an, den Bescheid vom 18. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 7. November 2008 aufzuheben und die beklagte ARGE (bzw. deren Rechtsnachfolger, das Jobcenter B.) zu verurteilen, der
Klägerin Grundsicherungsleistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Als Aktivpartei wird lediglich die Klägerin und nicht
auch ihr Ehegatte geführt. Nach umfangreichem Schriftwechsel der Beteiligten zu der streitigen Höhe des anzurechnenden Einkommens
beraumte der Kammervorsitzende am 20. Dezember 2011 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage für den 13. März
2012 unter Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin an. Zu diesem Termin erschien für die Klägerin lediglich die
Prozessbevollmächtigte und teilte mit, die Klägerin könne nicht erscheinen, da ihr Ehegatte vor einigen Wochen einen Herzinfarkt
erlitten habe und sie deshalb dessen Gewerbe betreuen müsse. In diesem Termin forderte der Kammervorsitzende ausweislich des
Terminsprotokolls vom 13. März 2012 die Beteiligten zur Nachreichung weiterer Unterlagen und Berechnungen sowie die Klägerin
zur Glaubhaftmachung der Gründe für ihr Ausbleiben auf. Des Weiteren erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer
Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung nach Vorlage der Berechnungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 13. März 2012 ergänzend Bezug genommen. Am 28. März 2012 reichte die Prozessbevollmächtigte
der Klägerin eine Bescheinigung über eine stationäre Anschlussheilbehandlung des Ehegatten der Klägerin in der Zeit vom 21.
Februar 2012 bis zum 20. März 2012 nach.
Nach einem weiteren umfangreichen Schriftwechsel der Beteiligten beraumte der Kammervorsitzende am 3. Juli 2012 einen Termin
zur Erörterung der Sach- und Rechtslage für den 9. Oktober 2012 unter erneuter Anordnung des persönlichen Erscheinens der
Klägerin an. Das Ladungsschreiben vom 4. Juli 2012 wurde ausweislich der Zustellungsurkunde der Klägerin am 6. Juli 2012 durch
persönliche Übergabe zugestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Ladungsschreibens vom 4. Juli 2012 ergänzend
Bezug genommen. Zu dem Termin am 9. Oktober 2012 erschien für die Klägerin lediglich deren Prozessbevollmächtigte. Diese teilte
mit, sie habe keine Kenntnis darüber, weshalb die Klägerin nicht erschienen sei. Der Kammervorsitzende forderte die Klägerin
mit Protokoll dieses Termins auf, bis zum 25. Oktober 2012 die Gründe für ihr Ausbleiben darzulegen. Des Weiteren forderte
er unter anderem die Klägerin zur Nachreichung von Unterlagen und Berechnungen nebst einer Stellungnahme zu der Frage auf,
"wie die im Zeitraum des gesamten Jahres 2008 getätigten Privateinlagen aufgebracht wurden, und insbesondere um welche Mittel
es sich hierbei handelt, und was mit den jeweiligen Privatentnahmen sowohl in der Tabak- und Zeitschriftenoase als auch im
Bistro erfolgt ist". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Protokolls des Termins vom 9. Oktober 2012 ergänzend
Bezug genommen.
Mit (zwischenzeitlich rechtskräftigen) Beschluss vom 9. Oktober 2012 setzte das Sozialgericht gegen die Klägerin ein Ordnungsgeld
in Höhe von 300,00 EUR wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin am 13. März 2012 fest. Die Durchführung eines vorbereitenden
Erörterungstermins sei unter gleichzeitiger Anwesenheit der Klägerin notwendig gewesen, um die Sach- und Rechtslage zu klären
und zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen. In Anbetracht des Betriebes des Bistro sowie des Tabak- und Zeitungsladens, den
zwischen den Beteiligten äußerst umstrittenen tatsächlichen Grundlagen dieser selbständigen Tätigkeit, der umstrittenen Bestimmung
der Betriebseinnahmen und -ausgaben sowie des umfangreichen Schriftwechsels handele es sich vorliegend um schwierig zu bestimmende
Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin im streitigen Zeitraum. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt
des Beschlusses vom 9. Oktober 2012 ergänzend Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2012 reichte die Prozessbevollmächtigte
der Klägerin die im Termin am 9. Oktober 2012 angeforderten Berechnungen und Unterlagen nach.
Nachdem beim Sozialgericht eine Reaktion der Klägerin auf die mit Protokoll vom 9. Oktober 2012 erbetene Darlegung der Gründe
für ihr Ausbleiben nicht einging, hat dieses mit Beschluss vom 1. November 2012 gegen die Klägerin ein Ordnungsgeld in Höhe
von 500,00 EUR wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin am 9. Oktober 2012 festgesetzt. Zur Begründung hat das Sozialgericht
ausgeführt: Obgleich die Klägerin ordnungsgemäß unter Belehrung über die Rechtsfolgen bei unentschuldigtem Ausbleiben zu dem
Termin der Erörterung der Sach- und Rechtslage geladen worden sei, sei sie unentschuldigt nicht erschienen. Die Durchführung
eines vorbereitenden Erörterungstermins sei unter gleichzeitiger Anwesenheit der Klägerin auch notwendig gewesen, um die Sach-
und Rechtslage zu klären und zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen. In Anbetracht des Betriebes des Bistro sowie des Tabak-
und Zeitungsladens, den zwischen den Beteiligten äußerst umstrittenen tatsächlichen Grundlagen dieser selbständigen Tätigkeit,
der umstrittenen Bestimmung der Betriebseinnahmen und -ausgaben sowie des umfangreichen Schriftwechsels handele es sich vorliegend
um schwierig zu bestimmende Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin im streitigen Zeitraum. Ein Ordnungsgeld in
Höhe von 500,00 EUR erscheine unter Beachtung des auch durch die vorherige Nichtteilnahme am Termin vom 13. März 2012 und
des notwendig gewordenen weiteren Termins am 9. Oktober 2012 zur weiteren Sachverhaltsklärung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung
sachgerecht. Angesichts dessen, dass die Klägerin nicht mehr im Leistungsbezug sei und das ihr derzeit zur Verfügung stehende
Einkommen und Vermögen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht klar offen lege, seien keine durchgreifenden Anhaltspunkte ersichtlich,
welche eine niedrigere Festsetzung veranlassen könnten.
Gegen diesen der Klägerin am 6. November 2012 und ihrer Prozessbevollmächtigten am 23. November 2012 zugestellten Beschluss
hat die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigte am 30. November 2012 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor:
Zum einen sei bereits die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht sachdienlich und mithin ermessensfehlerhaft. Sie (die
Klägerin) betreibe kein Gewerbe und verfüge über keinerlei Kenntnisse zu dem von ihrem Ehegatten betriebenen Gewerbe, da sie
dort lediglich derzeit aushelfe. Das Sozialgericht habe sich daher an ihren Ehegatten oder an die beauftragte Buchhaltungsfirma
wenden müssen, zumal auch die im Termin anwesende Prozessbevollmächtigte über hinreichende Kenntnisse zu den streitigen Fragen
verfüge. Überdies sei dem Gericht ihre Unabkömmlichkeit aus dem laufenden Gewerbebetrieb im Zusammenhang mit der Anordnung
des persönlichen Erscheinens zum Termin am 13. März 2012 mitgeteilt worden. Im Weiteren sei die Anberaumung eines zweiten
Erörterungstermins auch nicht wegen des Nichterscheinens der Klägerin im ersten Termin erforderlich geworden. Das Sozialgericht
habe nach dem ersten Termin nicht, wie angekündigt, entscheiden können, weil der Beklagte im Nachgang bislang unstreitige
Tatsachen streitig gestellt habe. Zum anderen sei die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes ermessensfehlerhaft. Die Wirkung
der Festsetzung des ersten Ordnungsgeldes in Höhe von 300,00 EUR mit Beschluss vom 9. Oktober 2012 für das Ausbleiben im Termin
am 13. März 2012 sei als erzieherische Maßnahme weit verfehlt, wenn sogleich im Nachgang ohne Einräumung der Chance einer
Verhaltensänderung ein weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR festgesetzt werde. Überdies verfüge sie über kein Einkommen,
welches sie zur Begleichung des Ordnungsgeldes einsetzen könne. Lediglich ihr Ehegatte erziele Einkommen.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 1. November 2012 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Gerichtsakten verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand
der Entscheidungsfindung gewesen.
II. Die Beschwerde der Klägerin ist gemäß den §§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig und auch begründet. Das Sozialgericht hätte gegen die Klägerin ein Ordnungsgeld wegen unentschuldigten Ausbleibens
im Termin am 9. Oktober 2012 nicht festsetzen dürfen.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Ordnungsgeld ist §
202 SGG in Verbindung mit §
141 Abs.
3 Zivilprozessordnung (
ZPO). Nach §
141 Abs.
3 Satz 1
ZPO kann das Gericht gegen einen Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen - wie hier nach §
106 Abs.
3 Nr.
7 SGG - angeordnet war, ein Ordnungsgeld wie gegen einen nicht erschienenen Zeugen festsetzen, wenn er im Termin ausbleibt (vgl.
hierzu die §§
380,
381 ZPO). Dies gilt nach §
141 Abs.
3 Satz 2
ZPO nicht, wenn der Beteiligte einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der
gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Dabei ist Sinn und Zweck der Vorschrift
des §
141 Abs.
3 ZPO nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (BVerfG,
Beschluss vom 10. November 1997, 2 BvR 429/97, NJW 1998, 892, 893; BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011, I ZB 77/10, NJW-RR 2011, 1363, m.w.N.; BAG, Beschluss vom 20. August 2007, 3 AZB 50/05, NJW 2008, 252). Mit der Möglichkeit, das persönliche Erscheinen der Beteiligten anzuordnen, versetzt das Gesetz das Gericht in die Lage,
den entscheidungserheblichen Sachverhalt umfassend und zeitnah zu klären, um zu einer Entscheidungsreife des Rechtstreits
zu gelangen (BAG, Beschluss vom 20. August 2007, aaO.). Zur Durchsetzung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten und
damit zur wirksamen Erreichung dieses Ziels sieht das Gesetz die Möglichkeit der Verhängung des Ordnungsgeldes vor. Ein Ordnungsgeld
kann daher nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben des Beteiligten die Sachaufklärung erschwert und dadurch
den Prozess verzögert (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011, aaO., m.w.N.). Sowohl die Anordnung des persönlichen Erscheinens
als auch die Verhängung eines Ordnungsgeldes stehen im Ermessen des Gerichts. Dieses ist jeweils pflichtgemäß in dem Sinne
auszuüben, dass das Gericht den Sinn und Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens und des Ordnungsgeldes zu berücksichtigen
hat (BAG, Beschluss vom 20. August 2007, aaO.). Sowohl die Anordnung des persönlichen Erscheinens als auch die Festsetzung
von Ordnungsgeld sind daher nur nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls unter Einbeziehung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
zulässig.
An einer diesen Grundsätzen entsprechenden Abwägung des Sozialgerichts fehlt es in dem angefochtenen Beschluss. Das Sozialgericht
hat bei der Festsetzung des Ordnungsgeldes ermessensfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass das Nichterscheinen der Klägerin
im Termin am 9. Oktober 2012 nicht zu einer Erschwerung oder Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung geführt hat.
In der Gesamtschau des bisherigen Klageverfahrens, insbesondere in Anbetracht der streitgegenständlichen Fragen und des Termins
der Erörterung der Sach- und Rechtslage am 13. März 2012, konnte das Sozialgericht nicht davon ausgehen, dass die Anwesenheit
der Klägerin in einem zweiten Erörterungstermin (am 9. Oktober 2012) für eine weitere Sachaufklärung erforderlich ist. Zum
einen hat das Sozialgericht im vorausgegangenen Termin am 13. März 2012, in welchem die Klägerin nicht anwesend war, das Einverständnis
der Beteiligten für eine - nach Eingang noch angeforderter Berechnungen der Beteiligten beabsichtigte - Entscheidung durch
Urteil ohne mündliche Verhandlung eingeholt. Schon insoweit erschließt sich die im angefochtenen Beschluss angeführte Notwendigkeit
der Durchführung eines weiteren vorbereitenden Erörterungstermins unter gleichzeitiger Anwesenheit der Klägerin nicht. Dies
gilt auch im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang erwähnte Pflicht des Gerichts, auf die Stellung sachdienlicher Klageanträge
hinzuwirken. Zieht das Gericht eine Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung in Betracht, geht es grundsätzlich
von einer Entscheidungsreife des Klageverfahrens aus, die keine weiteren Hinweispflichten mehr erforderlich macht. Zum anderen
sind auch sonst, insbesondere unter Berücksichtigung der Anwesenheit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits im ersten
Termin und deren detaillierte Zuarbeiten während des gesamten Klageverfahrens, keine objektiven Anhaltspunkte dafür ersichtlich,
dass die Anwesenheit der Klägerin in einem zweiten Termin - wie von dem Sozialgericht im angefochtenen Beschluss angeführt
- zur Klärung der zwischen den Beteiligten umstrittenen Tatsachen in Bezug auf die selbständige Tätigkeit des Ehegatten der
Klägerin hätte beitragen können. Wenngleich auch schwierig zu bestimmende Einkommensverhältnisse der Klägerin im Rahmen der
begehrten Grundsicherungsleistungen streitgegenständlich sein mögen, handelt es sich dennoch um lediglich anzurechnendes Einkommen
des Ehegatten der Klägerin. Hierüber kann nur dieser oder die - in beiden Terminen anwesende - Prozessbevollmächtigte der
Klägerin Auskünfte erteilen, was die Inhalte der auf die Termine vom 13. März 2012 und 9. Oktober 2012 eingereichten Schriftsätze
der Prozessbevollmächtigten der Klägerin verdeutlichen. Selbst bei Anwesenheit der Klägerin im Termin hätte diese die vom
Gericht aufgeworfenen Fragen zur selbständigen Tätigkeit ihres Ehegatten ersichtlich nicht beantworten können. Aus den nach
dem Termin am 13. März 2012 eingereichten Berechnungen der Beteiligten folgt nichts anderes. Selbst wenn das Sozialgericht
nach Vorlage dieser Berechnungen eine Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nicht mehr als sachdienlich und
einen weiteren Erörterungstermin als notwendig angesehen haben mag, weil beispielsweise die vorgelegten Berechnungen neue
Fragen zur Einkommensberechnung aufgeworfen haben, dann ist in Anbetracht der vorgenannten Ausführungen immer noch nicht ersichtlich,
weshalb die Anwesenheit der Klägerin die Aufklärung des Sachverhalts fördern soll. Weder handelt es sich um ein von ihr erzieltes
Einkommen noch sind weitere Punkte außer die Einkommensberechnung zwischen den Beteiligten streitig. So haben die Prozessbevollmächtigte
der Klägerin und der Beklagte im Termin am 13. März 2012 übereinstimmend zu Protokoll erklärt, welchen Gesamtbedarf (Regelleistung
nebst Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung) sie der Berechnung zugrunde legen. Sofern das Sozialgericht im Rahmen seiner
Amtsermittlungspflicht noch weiteren Aufklärungsbedarf sieht, hätte lediglich der Ehegatte der Klägerin zu einer Förderung
der Sachverhaltsaufklärung beitragen können. Sieht das Sozialgericht aber schon keinen weiteren Aufklärungsbedarf zur Ermittlung
des von dem Ehegatten erzielten Einkommens, worauf die nunmehr erfolgte Anberaumung einer mündlichen Verhandlung für den 28.
März 2013 ohne Ladung des Ehegatten als Zeugen schließen lässt, erscheint auch die Anwesenheit der Klägerin in einem die mündliche
Verhandlung vorbereitenden Termin als Erkenntnisquelle des Gerichts nicht geboten. Hiervon ausgehend konnte das (unentschuldigte)
Ausbleiben der Klägerin die Sachaufklärung nicht erschweren und dadurch den Prozess verzögern. In diesem Zusammenhang ist
im Hinblick auf §
141 Abs.
3 Satz 2
ZPO auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin durch die Prozessbevollmächtigte im Termin vertreten war und diese weder nach
dem Inhalt des Terminsprotokolls vom 9. Oktober 2012 noch nach dem gesamten Prozessgeschehen, insbesondere auch in Anbetracht
des Inhalts des Terminsprotokolls vom 13. März 2012, nicht zu verstehen gegeben hat, ohne die Klägerin an der Aufklärung des
Sachverhalts nicht mitwirken zu können.
Im Übrigen wäre die Festsetzung des Ordnungsgeldes auch dann ermessensfehlerhaft, wenn das Sozialgericht aus anderen als den
im angefochtenen Beschluss genannten - und nach den vorstehenden Ausführungen des Senats nicht tragenden - Gründen die Anwesenheit
der Klägerin im Termin am 9. Oktober 2012 für erforderlich oder zumindest für zweckmäßig hätte halten dürfen. Denn (auch)
in diesem Fall ist die Festsetzung des Ordnungsgeldes nicht verhältnismäßig.
Die Vorschrift des §
106 Abs.
2 und Abs.
3 Nr.
7 SGG sieht für den Kammervorsitzenden zum Zwecke der Erledigung des Rechtstreits möglichst in einer mündlichen Verhandlung die
Möglichkeit vor, einen Termin unter Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beteiligten zur Erörterung des Sachverhalts
anzuberaumen. Dabei kann die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten auch als Möglichkeit, beispielsweise
Rechts- oder Vergleichsgespräche zu führen, sachgerecht sein. Bleibt ein persönlich geladener Beteiligter gleichwohl im Termin
unentschuldigt aus, hat das Gericht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Entscheidung zu beachten, ob ein Ordnungsgeld
festgesetzt wird, um auf dessen zukünftiges prozessuales Verhalten einzuwirken, wobei die Verhängung eines Ordnungsgeldes
aber nicht dazu verwendet werden darf, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011, aaO., m.w.N.).
Hiervon ausgehend ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht verhältnismäßig, wenn zur Erreichung des mit der Anordnung
des persönlichen Erscheinens verfolgten Zieles ein ebenso geeignetes, aber milderes Mittel zur Verfügung steht. So verhält
es sich hier. Unabhängig davon, dass die Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen des Senats zwar zur Sachverhaltsaufzuklärung
nicht beitragen konnte, hatte das Sozialgericht gleichwohl die Möglichkeit, im Termin am 9. Oktober 2012 ein Rechtsgespräch
zu führen, entsprechende richterliche Hinweise zu erteilen und auf die Stellung sachdienlicher Klageanträge hinzuwirken, da
die Klägerin im Termin anwaltlich vertreten war. Ebenso konnte das Sozialgericht mit der Prozessbevollmächtigten und der erschienenen
Vertreterin des Beklagten Vergleichsgespräche führen. Schließlich bestand auch im Nachgang zum Termin die Möglichkeit, schriftliche
Hinweise zu erteilen und als Erkenntnisquelle die Angaben des Ehegatten der Klägerin zu nutzen. Dieser könnte als Zeuge vernommen
werden oder die Klage würde als auch für den Ehegatten erhoben angesehen und das persönliche Erscheinen des Ehegatten angeordnet
werden. Letzteres erscheint hier nach der Auslegung des Klagebegehrens unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips
naheliegend, weil die Klägerin erkennbar Leistungen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, zu der auch ihr Ehegatte gehört,
geltend macht.
War nach alledem die Anwesenheit der Klägerin nicht geeignet, die Sachverhaltsaufklärung zu fördern, und standen zur Erreichung
der im Übrigen mit der Anordnung ihres persönlichen Erscheinens bezweckten Ziele mildere, ebenso geeignete Mittel zur Verfügung,
kommt der Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht die - prozessfördernde - Bedeutung eines Beugemittels zur Beeinflussung zukünftigen
prozessualen Verhaltens zu, sondern stellt ausschließlich eine strafähnliche und damit ermessensfehlerhafte Sanktion dar.
Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als das Sozialgericht erst nach dem wiederholten Ausbleiben der Klägerin im Termin
am 9. Oktober 2012 das Ordnungsgeld zunächst für das Ausbleiben im Termin am 13. März 2012 und im Anschluss das der vorliegenden
Beschwerde zugrundeliegende zweite - und sogleich höhere - Ordnungsgeld festgesetzt hat, ohne dass mit der ersten Ordnungsgeldfestsetzung
das prozessuale Verhalten der Klägerin in Bezug auf den Termin am 9. Oktober 2012 hätte "erzieherisch" beeinflusst werden
können.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Beschwerdeverfahren über die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist kein kontradiktorisch
ausgestaltetes Verfahren (so bereits der Senat im Beschluss vom 28. Februar 2012, L 2 AS 474/11 B, zitiert nach Juris, m.w.N.). Da bei der erfolgreichen Beschwerde die Auslagen des Beteiligten nicht der am Rechtsstreit
nicht beteiligten Staatskasse aufzuerlegen sind, gehen diese zu Lasten des nach dem Urteil kostenpflichtigen Beteiligten (BGH,
Beschluss vom 22. Juni 2011, aaO.).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).