Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Vergütung einer vollstationären Krankenhausbehandlung
in Höhe von weiteren 2.132,31 EUR nebst Zinsen streitig.
Die bei der Beklagten versicherte C. P. (im Folgenden Versicherte) war in der Zeit vom 18. bis 30. September 2003 und vom
4. bis 21. Oktober 2003 in einem von dem Kläger betriebenen und in den Krankenhausplan des Freistaates Thüringen aufgenommenen
Krankenhaus vollstationär untergebracht. Sie war am 18. September 2003 in die Frauenklinik aufgenommen worden, weil bei ihr
der Verdacht auf einen Tumor bestand. Bei den anschließenden Untersuchungen wurde eine fortgeschrittene Tumorerkrankung diagnostiziert.
Am 30. September 2003 entließ der Kläger die Versicherte laut Entlassungsbericht mit dem Vermerk "zunächst", und nahm sie
am Samstag, den 4. Oktober 2003 wieder in die Chirurgie auf. Dort wurde sie am 6. Oktober 2003 operiert. Der Kläger rechnete
für den ersten Zeitraum nach dem Fallpauschalenkatalog die Ziffer DRG 44A (andere Koloskopie mit äußerst schweren oder schweren
CC oder komplizierenden Eingriff) ab und stellte der Beklagten am 8. Oktober 2003 2.199,75 EUR in Rechnung. Für den weiteren
stationären Aufenthalt vom 4. bis 21. Oktober 2003 stellte der Kläger der Beklagten am 23. Oktober 2003 einen Betrag in Höhe
von 10.851,41 EUR in Rechnung, weil er die Ziffer DRG G02A (große Eingriffe an Dünn- und Dickdarm mit äußerst schweren CC)
in Ansatz brachte. Hinsichtlich der letzten Rechnung wandte sich die Beklagte an den MDK. Dieser kam in seiner Stellungnahme
vom 30. Dezember 2003 zu dem Ergebnis, dass die Versicherte ohne zwischenzeitliche Entlassung im Krankenhaus hätte behandelt
werden können. Eine Zusammenfassung beider Behandlungsabschnitte zu einem Behandlungsfall sei geboten. Dieser sei unter Berücksichtigung
der Hauptdiagnose C18.7 (bösartige Neubildung Colon Sigmoideum) nach der DRG G02A (große Eingriffe an Dünn- und Dickdarm mit
äußerst schweren CC) abzurechnen. Daraufhin kürzte die Beklagte die Rechnung um 2.132,31 EUR.
Mit Schreiben vom 17. Mai 2004 widersprach der Kläger der Rechnungskürzung. Es sei der ausdrückliche Wunsch der Versicherten
gewesen, ihren Geburtstag am 1. Oktober 2003 zu Hause verbringen zu dürfen. Vorsätzliches Fallsplitting könne man ihm nicht
vorwerfen. Eine Entlassung für vier Tage sei keine Beurlaubung. Die Beklagte teilte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom
14. September 2004 mit, dass die "KFPV 2003" keine Regelung zu der Frage der Wiederaufnahme enthalte. Daher seien die allgemeinen
Grundsätze der Vergütung von Krankenhausleistungen heranzuziehen. Es gelte das Wirtschaftlichkeitsgebot des §
12 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V). Mit dem Willen des Gesetzgebers, nur wirtschaftliche Leistungen zu vergüten, sei es nicht zu vereinbaren, über eine zwischenzeitliche
Entlassung eine Aufspaltung eines Behandlungsfalles und die Abrechnung zweier Behandlungspositionen zu erreichen.
Am 20. September 2004 hat der Kläger Zahlungsklage in Höhe von 2.132,31 EUR erhoben. Er macht geltend, eine Fallzusammenführung
sei nicht gerechtfertigt. Die Regelungen für die Wiederaufnahme in dasselbe Krankenhaus seien in der Fallpauschalenverordnung
für das Jahr 2003 noch nicht enthalten gewesen. Diese seien vielmehr erst in die Fallpauschalenverordnung 2004 aufgenommen
worden. Vor Eintreffen des Ergebnisses der histologischen Untersuchung am 4. Oktober 2003 sei eine Operation nicht möglich
gewesen. Zudem habe die Patientin ihren Geburtstag zu Hause verbringen wollen. Zu Zeiten der Abrechnung mit tagesgleichen
Pflegesätzen hätte die Beklagte den weiteren Aufenthalt der Versicherten sicherlich beanstandet.
Mit Urteil vom 30. Januar 2007 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.132,31
EUR nebst Zinsen in Höhe des jeweiligen Basiszinssatzes ab dem 12. Mai 2004 zu zahlen. Dieser sei berechtigt gewesen, beide
Fallpauschalen abzurechnen. § 8 Abs. 5 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) sei hier nicht anwendbar. Danach könne für
einen Patienten, für den zuvor eine Fallpauschale abgerechnet worden sei, eine Fallpauschale nicht neu berechnet werden, wenn
dieser im Zeitraum von der Entlassung bis zur Grenzverweildauer der abgerechneten Fallpauschale wegen einer Komplikation im
Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung wieder in dasselbe Krankenhaus aufgenommen werde. Die Vorschrift regele also
den Fall der Wiederaufnahme wegen Komplikationen. Die Aufnahme am 4. Oktober 2003 sei aber zur weiteren Versorgung erfolgt.
Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes komme nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung
des BSG seien Vergütungsregelungen, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen seien,
streng am Wortlaut auszulegen und ließen keinen Spielraum für weitere Bewertungen oder Abwägungen. Erst die Fallpauschalenverordnung
für das Jahr 2004 sehe eine Regelung für den Fall der Wiederaufnahme auch ohne Komplikationen vor. Eine rückwirkende Anwendbarkeit
auf das Jahr 2003 sei nicht geregelt.
Gegen das ihr am 26. April 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 8. Mai 2007 Berufung eingelegt. Sie macht geltend,
dass bereits aus den unmittelbar korrespondierenden Zeiten der Krankenhausaufenthalte vom 18. bis 30. September 2003 und 4.
bis 21. Oktober 2003 auf einen einheitlichen Behandlungsfall geschlossen werden könne. Der Entlassungsbericht der Ärzte des
Klägers spreche ausdrücklich davon, dass die Versicherte "zunächst" entlassen worden sei. Daher sei eine Wiederaufnahme bereits
bei der Entlassung vorgesehen gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entfalle eine stationäre Behandlung
nicht dann, wenn der Patient nach Durchführung eines Eingriffs über Nacht verbleiben solle, aber gegen ärztlichen Rat das
Krankenhaus noch am selben Tag wieder verlasse. Wenn aus Sicht der Krankenhäuser bei den sogenannten Tagesfällen auf die Behandlungsplanung
abzustellen sei, müsse dies im Umkehrschluss auch für Fälle der hier vorliegenden Art gelten. Medizinische Gründe für eine
Entlassung und spätere Wiederaufnahme hätten nicht vorgelegen. Der Kläger müsse sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben
so behandeln lassen, als sei die Versicherte durchgehend behandelt worden. Auch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale
Sicherung gehe in seinem Schreiben vom 22. April 2005 davon aus, dass, wenn ein Patient die Krankenhausbehandlung kurzzeitig
unterbreche und die stationäre Behandlung noch nicht abgeschlossen sei, keine Entlassung, sondern eine Beurlaubung vorliege.
Es könne dann nur eine Fallpauschale für die gesamte Behandlung abgerechnet werden. Voraussetzung für die Abrechnung einer
zweiten DRG-Fallpauschale im gleichen Krankenhaus sei, dass die erste Behandlung auch medizinisch grundsätzlich abgeschlossen
sei. Es liege auf der Hand, Diagnostik und Operation nicht zu trennen. Der dem Kläger entstandene Diagnoseaufwand sei in der
Fallpauschale für die Operationsleistung mit einkalkuliert.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 30. Januar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Versicherte sei entlassen worden. Zum Zeitpunkt der Entlassung habe noch
kein eindeutiger histologischer Befund vorgelegen, der eine durchgehende Behandlung in stationärer Betreuung gerechtfertigt
hätte. Zum damaligen Zeitpunkt hätten keine gesetzlichen Vorgaben zum Thema Wiederaufnahme und Beurlaubung vorgelegen. Ausschließlich
die Wiederaufnahme wegen Komplikationen und bei Rückverlegung sei in § 8 Abs. 5 KHEntgG geregelt gewesen. Der Behandlungsfall
der Versicherten könne ausschließlich nach dem im Jahre 2003 geltenden Recht abgewickelt werden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug
genommen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§
151 des Sozialgerichtsgesetzes -
SGG-) und führt zur Aufhebung des Urteils des SG. Die Leistungsklage des Klägers ist unbegründet und damit abzuweisen, denn er hat keinen Anspruch auf Zahlung von 2.132,31
EUR nebst Zinsen in Höhe des jeweiligen Basiszinssatzes ab dem 12. Mai 2004 gegen die Beklagte.
Der Kläger macht den Anspruch auf Zahlung der Vergütung für die vollstationäre Behandlung der Versicherten gegen die Beklagte
zu Recht mit der echten Leistungsklage nach §
54 Abs.
5 SGG geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers wie des Klägers auf Zahlung der Behandlungskosten einer Versicherten gegen eine
Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht
kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Az.:
B 1 KN 3/08 KR R, zitiert nach Juris). Der Kläger hat den Zahlungsanspruch auch mit 2.132,31 EUR beziffert.
Die Klage ist aber unbegründet.
Rechtsgrundlage des streitigen restlichen Vergütungsanspruchs in Höhe von 2.132,31 EUR ist §
109 Abs.4 S. 3
SGB V i.V.m. §§
1,
7,
9 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 KHEntgG i.V.m. § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser (KFPV) vom 19. September 2002 für das Jahr 2003 (BGBl I S.
3674 ff.). Die Regelungen des Vertrages nach §
112 Abs.
2 Nr.
1 SGB V (allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung) zwischen der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen e.V. und den gesetzlichen
Krankenkassen, hier insbesondere § 14 dieses Vertrages finden auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, weil der Vertrag
erst zum 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber dem Patienten oder ihren Kostenträgern
mit verschiedenen, dort in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung
von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog. Die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband
der privaten Krankenversicherungen haben gemeinsam nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft
als Vertragspartei auf Bundesebene einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur
Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte vereinbart.
Rechtsgrundlage dieser Regelung ist § 17b KHG, auf welchen § 9 KHEntgG mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes
Vergütungssystem einzuführen. So vereinbaren die bereits genannten Vertragspartner gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG entsprechend der Vorgaben der Absätze 1 und 3 ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten
Vergütungssystem auf der Grundlage von DRG orientiert. Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Dabei
erfolgt die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG in zwei Schritten. Zunächst wird die durchgeführte Behandlung
nach ihrem Gegenstand und ihrem prägenden Merkmal mit einem Code gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation
und Information herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel nach §
301 SGB V (OPS-301) verschlüsselt. Zur sachgerechten Durchführung dieser Verschlüsselung sind Codierrichtlinien beschlossen worden.
Im zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Code einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe
des Fallpauschalenkatalogs die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird.
Maßgebend sind die für den Tag der stationären Aufnahme geltenden Abrechnungsregeln. Deshalb kann zwar nicht auf die Regelung
der § 2 Abs. 1 bzw. Abs.2 KFPV 2004 (BGBl I 2003 S.1995) zurückgegriffen werden, da nach § 11 KFPV 2004 die Regelung erst
am 18. Oktober 2003 in Kraft getreten ist. Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine
Fallpauschale ist danach bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen vorgegeben. Dies setzt voraus, dass ein Patient oder eine
Patientin innerhalb der oberen Grenzverweildauer, bemessen nach der Zahl der Kalendertage ab dem Aufnahmedatum des ersten
unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthaltes, wieder aufgenommen wird und für die Wiederaufnahme
eine Einstufung in dieselbe Basis-DRG vorgenommen wird (Abs. 1) bzw. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die
zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale
in die "operative Partition" einzugruppieren ist (Abs. 2). Beides wäre bei Anwendbarkeit der Regelung auf den vorliegenden
Fall zu bejahen.
Aber auch ohne einen Rückgriff auf diese später in Kraft getretenen Regelungen kann der Kläger für die hier streitigen zwei
stationären Aufenthalte nur eine Fallpauschale für einen Krankenhausaufenthalt abrechnen. Dies ergibt sich bereits aus § 8 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG bzw. § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG (jeweils in der ab dem 22. Juli 2003 geltenden Fassung). Bereits auf der Grundlage dieser Regelungen war trotz Unterbrechung
der Krankenhausbehandlung vom 30. September 2003 bis 4. Oktober 2003 nur ein Behandlungsfall im Rechtssinne gegeben. Beide
Vorschriften setzen voraus, dass das Krankenhaus für einen Behandlungsfall vergütet wird. Von der Gesetzessystematik her ist
dabei zu beachten, dass § 17b KHG nicht unmittelbar das neue Pauschalvergütungssystem regelt. Die Vorschrift enthält vielmehr den Auftrag, ein fallbezogenes
Vergütungssystem einzuführen. Sie legt im Einzelnen fest, was dabei zu beachten ist. Den Auftrag des § 17b Abs. 1 Satz 3,
mit den Entgelten nach Satz 1 die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall
zu vergüten, setzt erst die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG um. Diese Vorschrift stellt im Einklang mit den Vorgaben
des § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG auf einen Behandlungsfall ab. Für diesen sind entsprechend § 8 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG Fallpauschalen zu berechnen, die in dem Fallpauschalenkatalog nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG
näher bestimmt sind.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist unter Behandlungsfall bei einer stationären Behandlung im Fallpauschalensystem die gesamte
Behandlung derselben Erkrankung zu verstehen, die ein Patient von der stationären Aufnahme bis zur Entlassung aus der stationären
Behandlung erhält. Ein neuer medizinischer Behandlungsfall kann unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks des Fallpauschalensystems
erst dann zur Abrechnung gelangen, wenn der vorhergehende medizinische Behandlungsfall als abgeschlossen anzusehen ist. Dies
ist erst anzunehmen, wenn der/die Versicherte die aus medizinischer Sicht erforderliche Behandlung im vollen Umfang erhalten
hat. Abzustellen ist dabei - wie bei der Frage der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung- auf den im Entscheidungszeitpunkt
verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes (vgl. zum Prüfungsmaßstab bei der Frage der
Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung: BSG, Beschluss vom 25. September 2007- Az.: GS 1/06, BSGE 99, 111-122). Insoweit ist zu prüfen, ob der verantwortliche Krankenhausarzt zum Zeitpunkt der Entlassung nach den Regeln der ärztlichen
Kunst zu Recht von einer Beendigung des Behandlungsfalles der Versicherten ausgehen konnte.
Damit nicht vereinbar ist die Trennung eines einheitlichen medizinischen Behandlungsfalles in die Abschnitte Diagnostik und
Behandlung wie im vorliegenden Fall. Dies verstößt gegen den in § 8 KHEntgG enthaltenen Grundsatz, wonach mit einer Fallpauschale
die gesamten Behandlungskosten abgegolten werden und der Patient erst nach abgeschlossener Behandlung entlassen wird (vgl.
Dietz/Bofinger, Kommentar zum Krankenhausentgeltgesetz, § 8 KHEntgG, VI Ziffer 1). Zum Zeitpunkt der Entlassung am 30. September
2003 war den verantwortlichen Ärzten des Klägers klar, dass der Behandlungsfall der Versicherten nicht abgeschlossen ist,
sondern im Gegenteil im unmittelbaren Anschluss weitergehende Behandlungsschritte erforderlich sind. Dies wird bereits im
Abschlussbericht an die Hausärztin der Versicherten durch die Formulierung "am 30. September 2003 wurde die Patientin zunächst
entlassen und nach Eintreffen der Histologie am 4. Oktober 2003 wieder aufgenommen" deutlich (Anlage K4 zur Klageschrift Bl.
16 GA). Auch der zeitliche Ablauf bestätigt dies. Die Wiederaufnahme in die Chirurgie erfolgte bereits am Samstag, den 4.
Oktober 2003 und der operative Eingriff wurde am 6. Oktober 2003 vorgenommen. Die fortgeschrittene Tumorerkrankung war bereits
vor der Entlassung am 30. September 2003 diagnostiziert und die Notwendigkeit eines unmittelbaren operativen Eingriffs war
bereits zu diesem Zeitpunkt gegeben. Das Abwarten eines histologischen Befundes vermag angesichts dieses feststehenden Behandlungsplanes
ebenso wenig wie der Wunsch der Versicherten, ihren Geburtstag am 1. Oktober zu Hause zu verbringen, die Annahme eines neuen
Behandlungsfalles im Rechtssinne zu rechtfertigen.
Es liegt hier auch kein Behandlungsablauf vor, welcher aus medizinischen Gründen oder mit Rücksicht auf den Patienten mehrere
Krankenhausaufenthalte rechtfertigt. Hierbei handelt es sich um Fälle, die - nach der hier nicht anwendbaren Regelung des
§ 2 Abs.1 S. 2 bzw. § 2 Abs. 3 S. 2 KFPV 2004 - nicht zu einem Aufenthalt zusammengefasst werden, weil sich die entsprechenden
Behandlungsstrukturen ohne fehlsteuernde Anreize durch ein Fallpauschalensystem in der Vergangenheit entwickelt haben. Ferner
fallen darunter sonstige Behandlungen, in denen eine Zusammenrechnung von Krankenhausaufenthalten aus nachvollziehbaren Erwägungen
zu unterbleiben hat (vgl. Referentenentwurf zur Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 (KFPV
2004) S. 7). Es kann offenbleiben, inwieweit in derartigen Konstellationen die Annahme mehrerer Behandlungsfälle im Sinne
von § 8 Abs. 2 KHEntgG unter Bezug auf den Zweck der Vorschrift möglich ist. Jedenfalls liegen derartige Besonderheiten hier
nicht vor, weil die Therapie im Fall der Versicherten unmittelbar im Anschluss an die Diagnostik erfolgte. Nach Eintreffen
des histologischen Befundes war auch nach Auffassung des Klägers die Operation ohne Zeitverzug möglich. Die Operation wurde
auch unmittelbar danach durchgeführt.
Auch § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG steht einer Trennung von Diagnostik und Therapie im Rahmen des Fallpauschalensystems entgegen. Ziel des Fallpauschalensystems
nach dieser Vorschrift ist es, ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem zu schaffen.
Gemäß Satz 3 der Vorschrift sollen die Entgelte die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen
für einen Behandlungsfall vergüten. Damit nicht vereinbar ist eine künstliche Aufspaltung einheitlicher Behandlungsvorgänge.
Ansonsten bestünde immer die Möglichkeit für die erforderliche Diagnose zunächst eine andere Ziffer nach DRG abzurechnen und
dann durch eine künstliche Unterbrechung für die anschließende Therapie, wie zum Beispiel hier die Operation, eine weitere
DRG-Ziffer in Ansatz zu bringen.
Nur diese Auslegung des DRG-Fallpauschalensystems wird auch der Regelung des § 17c KHG gerecht. Gemäß § 17c Abs. 1 Nr. 2 KHG haben die Krankenhausträger durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass eine vorzeitige Verlegung oder Entlassung
aus wirtschaftlichen Gründen unterbleibt. Sinn der Regelung ist es, vorzeitige Entlassungen zu vermeiden, da diese zu erhöhten
Belastungen des Gesundheitswesens führen können. Anlass dieser Regelung war, dass eine Bezahlung nach Fällen zwar zu der gewünschten
Verkürzung der Verweildauer einerseits führt, weil den Krankenhäusern kein Vorteil durch einen längeren Aufenthalt der Patienten
mehr entsteht. Andererseits wird jedoch ein Anreiz dafür geschaffen, die Fallzahlen dadurch zu erhöhen, dass bisher in einem
Krankenhausaufenthalt durchgeführte Behandlungen auf mehrere Aufenthalte aufgeteilt werden. Einen solchen sah der Gesetzgeber
insbesondere bei einer Aufteilung der Behandlungsfälle in einen Aufenthalt für Diagnostik und in einen späteren Aufenthalt
für eine Operation, den es zu verhindern galt (vgl. Referentenentwurf zur Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser
für das Jahr 2004 (KFPV 2004) S. 6). Entgegen der Auffassung des SG Hamburg (vgl. Urteil vom 19. Februar 2008 - Az.: S 48 KR 605/05, zitiert nach Juris) kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich mit Hilfe dieser Vorschrift ein Verlust des Vergütungsanspruchs
des Krankenhauses nicht herleiten lässt. Zur Begründung führt das SG Hamburg aus, dass in § 17c Abs. 2 bis 4 KHG das Verfahren zur Sicherung der in § 17c Abs. 1 genannten Verpflichtungen detailliert geregelt sei. Danach können die Krankenkassen insbesondere durch den MDK stichprobenartige
Überprüfungen vornehmen lassen. Gemäß § 17c Abs. 3 Satz 3 sollen die dort genannten Beteiligten ein pauschaliertes Ausgleichsverfahren
vereinbaren, um eine Erstattung oder Nachzahlung in jedem einzelnen Fall zu vermeiden. § 17c Abs. 3 KHG steht einem Verlust des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses aber entgegen der Ansicht des SG Hamburg bereits deshalb nicht
entgegen, weil Voraussetzung der Vorschrift ausdrücklich ist, dass bereits bezahlte Krankenhausleistungen fehlerhaft abgerechnet
worden sind. Wurden die Rechnungen hingegen noch nicht beglichen, so ist § 17c Abs. 3 KHG insgesamt nicht anwendbar. In diesen Fällen bleibt es der einzelnen Krankenkasse überlassen, welche Folgen sie aus einer
fehlerhaften und noch nicht beglichenen Krankenhausrechnung zieht (vgl. Dietz-Bofinger, Kommentar zum Krankenhausfinanzierungsgesetz,
§ 17c IV Ziffer 1). Das entspricht dem Sinn und Zweck des pauschalierten Ausgleichsverfahrens. Dieser besteht darin, eine
Vielzahl von Rückabwicklungen von Einzelrechnungen zu vermeiden (vgl. BT-Drs.14/6893 S.34). Dieser Gesetzeszweck greift aber
bei noch nicht ausgeglichenen Rechnungen nicht ein.
Dieses Ergebnis führt nicht zu einer rückwirkenden Anwendung später in Kraft getretener Regelungen auf Sachverhalte im Jahr
2003 bzw. zu einer Missachtung der Entscheidung des Verordnungsgebers, die KFPV 2004 nur für Behandlungsfälle in der Zukunft
anzuwenden (vgl. LSG Mecklenburg - Vorpommern, Urteil vom 30. März 2011 - Az.: 6 KR 16/08). Die Frage, ob ein Behandlungsfall
im Sinne von § 8 Abs. 2 KHEntgG i.V.m. § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG vorliegt, lässt sich bereits nach dem zum Zeitpunkt der stationären Behandlung der Versicherten geltenden Recht beantworten.
Da bereits die zum Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten geltenden gesetzlichen Regelungen eine Zusammenfassung beider
Behandlungsabschnitte als einheitlicher Behandlungsfall bedingen, kommt es aufgrund des Vorranges gesetzlicher Regelungen
nicht darauf an, ob die Rechtsverordnung dies ermöglichte oder nicht. Die Regelungen zur Wiederaufnahme in § 2 KFPV 2004 und
ihre weitere Verfeinerung in den kommenden Jahren dienten dazu, die gesetzlichen Vorgaben des § 8 KHEntgG umzusetzen und für
die Praxis handhabbarer zu machen. Auch im Hinblick auf die Regelung der Abrechnung nach Fallpauschalen bei Wiederaufnahme
wegen einer Komplikation existierte bereits im Jahre 2003 mit § 8 Abs. 5 KHEntgG eine gesetzliche Regelung, welche die erneute
Berechnung einer Fallpauschale untersagte. Es wäre daher ein Wertungswiderspruch, wenn der Kläger im Fall von Komplikationen
nach der Vorschrift des § 8 Abs. 5 KHEntgG eine Fallpauschale nicht erneut berechnen dürfte, im Fall sonstiger Wiederaufnahmen
aber berechtigt sein sollte, eine weitere Fallpauschale abzurechnen.
Dabei ist ferner zu beachten, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG im Gegensatz zur Regelung des § 8 Abs.5 KHEntgG
nicht zur Disposition der Vertragsparteien bzw. des Verordnungsgebers steht. Die Regelung für eine Fallzusammenführung bei
Komplikationen kann nach § 8 Abs.5 S.4 KHEntgG durch abweichende Vereinbarung der Vertragsparteien nach § 17 b Abs. 2 S.1 KHG oder eine abweichende Vorgabe durch eine Rechtsverordnung nach § 17b Abs. 7 KHG ersetzt werden, was erstmals durch die Regelung des § 2 Abs. 3 KFPV 2004 geschah. Für § 8 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG fehlt eine vergleichbare Vorschrift. Dies verdeutlicht, dass es um
ein Grundprinzip des Gesetzes geht, nämlich dass einem Behandlungsfall eine Fallpauschale zuzuordnen ist.
Unerheblich ist der Einwand des Klägers, dass nach der Rechtsprechung des BSG Vergütungsregelungen, die für die routinemäßige
Abwicklung einer Vielzahl von Behandlungsfällen vorgesehen sind, streng am Wortlaut auszulegen sind und keinen Raum für Abwägungen
lassen. Sie bezieht sich auf die Auslegung des DRG Regelwerkes selbst (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 2011 - Az.: B 3 KR 4/10 R, zitiert nach Juris Rn.18), nicht aber die Auslegung der Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes. Des weiteren hat das
BSG selbst in einem Fall hinsichtlich der Nichtberücksichtigung nicht erforderlicher Krankenhaustage, in dem die FPV 2005
keine ausdrückliche Regelung enthielt, auf den Rechtsgedanken von § 17b KHG, § 2 Abs.2, § 7 S.1, § 8 Abs.1 und § 9 KHEntgG zurückgegriffen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - Az.: B 1 KR 24/08 R, BSGE 104, 15-26).
Daher beinhaltet die Vorgehensweise des Klägers ein rein formelles und damit missbräuchliches Fallsplitting, welches auch
nach § 8 Abs.2 KHEntgG in der zum Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten geltenden Fassung nicht zulässig war.
Die Vergütung des Behandlungsfalles ist somit allein zutreffend mit DRG G02A (große Eingriffe an Dünn- und Dickdarm mit äußerst
schweren CC) erfolgt.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen. Eine grundsätzliche Bedeutung scheidet trotz der anderslautenden Entscheidung des LSG Mecklenburg - Vorpommern
vom 30. März 2011 - Az.: 6 KR 16/08 aus, da auslaufendes Recht anzuwenden ist. Künftige Fälle sind nach den ab 2004 geltenden
Regelungen zur Fallzusammenführung zu lösen.