Tatbestand:
Die Klägerin nahm zum Wintersemester 1998/1999 an der Universität Köln das Studium der Rechtswissenschaften mit dem Ziel Staatsexamen
auf und begann zugleich den deutsch-französischen Magisterstudiengang Rechtswissenschaften der Universitäten Köln und Paris
I. Sie studierte zunächst vier Semester in Köln und erhielt dafür seit Dezember 1999 Ausbildungsförderung. Im Anschluss hieran
setzte sie das Studium an der Universität Paris I für vier Semester fort und erhielt dafür bis Juni 2002 ebenfalls Ausbildungsförderung.
Dabei war sie für den Zeitraum vom 5. bis 7. Semester an der Universität Köln beurlaubt. Nach Abschluss des Studiums in Paris
wurden der Klägerin der Magister Legum, LL.M Paris/Köln, und die Maîtrise en droit verliehen. Nach Rückkehr aus Paris setzte
die Klägerin das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Köln im Sommersemester 2002 fort und beantragte die Gewährung
weiterer Ausbildungsförderung. Diesen Antrag lehnte der Beklagte ab. Der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen
Klage gab das VG statt. Auf die Berufung des Beklagten wies das OVG die Klage ab.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat nach Abschluss des deutsch-französischen Magisterstudiengangs im Sommer 2002 keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung
für die Fortsetzung ihres Studiums der Rechtswissenschaften an der Universität Köln. Sie hat mit dem deutsch-französichen
Magisterstudium eine berufsbildende Ausbildung bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss absolviert
und damit ihren Förderungsanspruch gemäß §
7 Abs.
1 Satz 1
BAföG ausgeschöpft (a). Die Zuerkennung eines darüber hinausgehenden Förderungsanspruchs rechtfertigt sich auch nicht unter dem
Gesichtspunkt des §
7 Abs.
1a BAföG (b) oder im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Förderung einer weiteren Ausbildung nach §
7 Abs.
2 BAföG (c).
a) Entgegen der Auffassung des VG ist der von der Klägerin mit Abschluss des deutsch-französischen Studiengangs erworbene
Magister Legum, LL.M. Paris/Köln, ein berufsqualifizierender Abschluss im Sinne von §
7 Abs.
1 Satz 1
BAföG.
Ob ein berufsqualifizierender Abschluss im Sinne von §
7 Abs.
1 Satz 1
BAföG vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Ausschlaggebend ist, ob der Auszubildende in dem von ihm durchlaufenen
Ausbildungsgang einen Ausbildungsstand erreicht hat, der die Aufnahme eines Berufs ermöglicht. Das ist stets dann der Fall,
wenn durch eine Abschlussprüfung die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines Berufs erfüllt oder beim Fehlen solcher
Rechtsvorschriften die hierfür tatsächlich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erlangt worden sind. Demzufolge ist ein
berufsqualifizierender Abschluss u. a. dann gegeben, wenn der Auszubildende eine als Zugangsvoraussetzung für einen Beruf
durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften des Staates oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft vorgesehene Prüfung
bestanden hat.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.4.1988 - 5 C 15/85 -, FamRZ 1989, 218.
Die von der Klägerin absolvierte Magisterprüfung wird nach Maßgabe der von der Universität zu Köln erlassenen Prüfungsordnung
für den deutsch-französischen Magisterstudiengang vom 10.1.1991 abgelegt und ist mithin eine Prüfung, die in einer Rechtsvorschrift
einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft geregelt ist. Diese Prüfung ist auch als Zugangsvoraussetzung für einen Beruf vorgesehen.
Die in der Prüfungsordnung normierte Verleihung des Magistergrades beruht - wie der Beklagte zutreffend hervorgehoben hat
- auf § 18 Abs. 1 Satz 4 HRG, nach dem eine Hochschule den Magistergrad auf Grund Landesrechts - hier § 96 Abs. 1 Satz 1 HG NRW - für einen berufsqualifizierenden Abschluss vergeben darf. Dabei muss der Abschluss - anders als die
Klägerin meint - berufsqualifizierend sein. Das Wort "kann" beschreibt nur die Befugnis, diesen Grad unter den genannten Bedingungen
zu verleihen, nicht aber das Recht, den Magister auch für andere als berufsqualifizierende Abschlüsse zu vergeben.
Vgl. auch Hailbronner/Geis, HRG, Stand: Oktober 1992, § 18 Rdn. 23.
Dementsprechend ist in § 1 Abs. 2 der Prüfungsordnung vom 10.1.1991 auch bestimmt, dass durch die Magisterprüfung festgestellt
werden soll, "ob der Kandidat die für den Übergang in die berufliche Praxis notwendigen gründlichen Fachkenntnisse erworben
hat".
Der von der Klägerin mit dem Magister Legum erworbene Ausbildungsstand ermöglicht auch tatsächlich die Aufnahme eines Berufs.
Dabei ist nicht nur auf den Eintritt in den höheren Dienst des Auswärtigen Amtes abzustellen, sondern auch auf Berufstätigkeiten
im Bereich der privaten Wirtschaft, so etwa im Bereich von Versicherungen, Lektoraten, Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen
nach Frankreich u. ä. Unerheblich ist dabei, wie günstig die konkreten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt sind, mit dem Magister
Legum in den genannten Bereichen eine Anstellung zu finden. Jedenfalls vermag der Senat nicht zu ersehen, dass mit diesem
Abschluss eine ausreichende Lebensgrundlage im allgemeinen nicht erzielt werden könnte.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.4.1988 - 5 C 15.85 -, NVwZ-RR 1988, 86, 87.
Auf die Frage, welche der beiden Ausbildungen, die die Klägerin von Beginn an betrieben hat, die tatsächlich geförderte Ausbildung
war, kommt es im Hinblick auf §
7 Abs.
1 Satz 1
BAföG nicht an. Bei einer zeitgleichen Mehrfachausbildung, namentlich einem Doppelstudium, beendet der berufqualifizierende Abschluss
in einer Ausbildung die Förderung nach §
7 Abs.
1 BAföG ungeachtet der subjektiven Ausbildungsziele und der Frage, welches Studium Haupt- und welches Zweitstudium war.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 30.4.1981 - 5 C 63/79 -, FamRZ 1981, 917; vgl. ferner Humborg, in: Rothe/Blanke,
BAföG, Stand: Mai 2005 §
7 Rdn. 12, sowie Tz. 7.1.14
BAföG-VwV.
Hiervon ausgehend kann auch die von Klägerin angeführte Tz. 7. 1. 11
BAföG-VwV nur in solchen Fällen Anwendung finden, in denen die Promotion - anders als der hier zu beurteilende Magister Legum -
kein berufqualifizierender Abschluss ist.
Die vom Hamb. OVG in dem von der Klägerin in Bezug genommen Urteil vom 11.5.2006 - 4 Bf 408/05 -, FamRZ 2007, 309, unter dem Gesichtspunkt "Haupt-/Zweitstudium" zu §
7 Abs.
1 BAföG angestellten Erwägungen vermögen - unabhängig von ihrer Überzeugungskraft im Übrigen - vorliegend schon deshalb nicht durchzugreifen,
weil bei dem hier zu beurteilenden Ausbildungsverlauf - anders als bei der Ausbildung an der Bucerius Law School (vgl. S.
12 des Urteilsabdrucks) - in wesentlichem Umfang Leistungen erbracht werden müssen, die nicht Gegenstand des Studiums Rechtswissenschaften
mit dem Abschluss " 1. Staatsexamen" sind (vgl. § 7 Abs. 2 der Prüfungsordnung vom 10.1.1991).
Der von der Klägerin erworbene Magister Legum kann auch nicht gemäß §
7 Abs.
1 Satz 3
BAföG unberücksichtigt bleiben. Der Beklagte hat insoweit zutreffend zu Grunde gelegt, dass dieser Abschluss - anders als es die
genannte Vorschrift voraussetzt - nicht im Sinne von §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG im Ausland erworben worden ist. Er ist ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Urkunde durch die rechtswissenschaftliche
Fakultät der Universität Köln verliehen und mithin im Inland erworben worden.
b) Ein Förderungsanspruch kann der Klägerin auch nicht in entsprechender Anwendung des §
7 Abs.
1a BAföG zuerkannt werden. Anders als in dem Fall, der dem Beschluss des BVerwG vom 17.10.2006 - 5 B 78.06 -, Juris, zu Grunde lag, kann die Fortsetzung des Jurastudiums der Klägerin nach Abschluss des deutsch-französischen Magisterstudiengangs
einem Master- oder Magister-Studiengang im Sinne des § 19 HRG nicht gleichgestellt werden. Dies gilt schon im Hinblick auf die in § 19 Abs. 4 HRG vorgesehene Gesamtregelstudienzeit von höchstens fünf Jahren, die bei konsekutiven Studiengängen im Sinne des § 19 HRG nicht überschritten werden darf. Das Vorliegen dieser Voraussetzung war in dem vom BVerwG beurteilten Fall, in dem nach sechs
Semestern ein Bachelor auf Grund von Leistungen erworben wurde, die sämtlich im Rahmen des auf die 1. Staatsprüfung ausgerichteten
rechtswissenschaftlichen Studiums ohnehin zu erbringen waren (vgl. dazu erneut Hamb. OVG, Urteil vom 11.5.2006 - 4 Bf 408/05 -, S. 12 UA), und in dem - soweit ersichtlich - auch keine zwischenzeitliche Beurlaubung des Studenten ausgesprochen war,
nicht zweifelhaft. Bei der hier gegebenen Ausbildungsgestaltung wird der zeitliche Rahmen des § 19 Abs. 4 HRG indes überschritten: Gewährt die Universität Köln - wie im Fall der Klägerin geschehen - drei Urlaubssemester für ihren Studienaufenthalt
in Paris, ergibt sich bei einer Regelstudienzeit von 9 Semestern für das "normale" Jurastudium bis zum 1. Staatsexamen eine
Studiendauer von immerhin zwölf Semestern. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch den unter www.mastercologneparis.info/neu/drei-faq.htm
abrufbaren Informationen über den deutsch-französischen Studiengang zu entnehmen ist, dass nach Absolvierung des achtsemestrigen
Masterstudiengangs erfahrungsgemäß drei bis vier Semester vergehen, bis die 1. Staatsprüfung erreicht wird.
Darüber hinaus bestehen auch Bedenken, ob der deutsch-französische Magisterstudiengang im Hinblick auf das 1. Staatsexamen
inhaltlich einer im wesentlichen grundständigen Bachelor-Ausbildung vergleichbar ist. Der Magisterstudiengang enthält nämlich
zu großen Teilen Ausbildungsinhalte, die das französische Recht betreffen und auf denen das weitere rechtswissenschaftliche
Studium bis zum 1. Staatsexamen nicht aufbaut. Die Ausbildung erscheint insoweit mehr als Zusatzqualifikation denn als "Basisstudium",
wie die Kl. auch selbst einräumt. Auch in dieser Hinsicht ist der vorliegende Ausbildungsverlauf nicht mit demjenigen an der
Bucerius Law School vergleichbar, der Gegenstand u.a. der genannten Entscheidung des BVerwG war und bei dem - wie dargetan
- der Bachelor-Abschluss allein auf Leistungen aufbaut, die im Rahmen eines auf das Staatsexamen zielenden Jurastudiums ohnehin
zu erbringen waren.
c) Ein Anspruch auf Gewährung weiterer Ausbildungsförderung ergibt sich auch nicht aus §
7 Abs.
2 BAföG.
Insbesondere liegen nicht die Voraussetzungen des §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG vor. Danach können nur ergänzende, also nicht in sich selbständige Ausbildungen gefördert werden. Denn die Formulierung "ergänzend"
weist auf eine inhaltliche Unselbständigkeit der zweiten Ausbildung hin.
Vgl. Humborg, a.a.O., § 7 Rdn. 26. 3.
Diese Voraussetzung erfüllt das Studium der Rechtswissenschaften mit dem Ziel 1. Staatsexamen nicht. Es ist nicht nur ein
Aufbau-, Vertiefungs- oder Zusatzstudiengang, sondern ein selbstständiges Studium.
Ein Förderungsanspruch besteht auch nicht gemäß §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG. Die in dieser Vorschrift angesprochenen Umstände des Einzelfalles liegen nicht vor, wenn nicht nur ein einzelner Auszubildender,
sondern eine Vielzahl von Ausbildenden in gleicher Weise von ihnen betroffen sind. §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG kommt nicht die Funktion eines Auffangtatbestandes zu, der die in Nrn. 1 bis 4 des Satzes 1 bestimmten Tatbestände aus Gründen
der Billigkeit ergänzt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.1988 - 5 C 49.84 -, FamRZ 1989, 220 m. w. N.; kritisch: Humborg, a.a.O., § 7 Rdn. 32.
Der hier in Betracht zu ziehende besondere Umstand, nämlich das von der Klägerin angestrebte Ausbildungsziel, das sich als
"Volljuristin mit vertieften Kenntnissen im französischen Recht" umschreiben lässt, und die sich daraus ergebende Notwendigkeit,
neben dem rechtswissenschaftlichem Studium mit dem Staatsexamen ein weiteres Studium, nämlich den deutsch-französischen Magisterstudiengang,
zu absolvieren, betrifft nicht allein die Klägerin, sondern eine Vielzahl von Studenten, die an den Universitäten Köln und
Paris I den auch von der Klägerin betriebenen Ausbildungsgang wählen.
Unabhängig davon kann das (in §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG ausdrücklich erwähnte) angestrebte Ausbildungsziel nur dann ein besonderer Umstand im Sinne dieser Vorschrift sein, wenn
es sich auf ein Berufsbild bezieht, dass durch Ausbildungs-, Prüfungs- oder Laufbahnbestimmungen festgelegt ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.1992 - 11 C 5.92 -, FamRZ 1993, 863.
Auch diese Bedingung ist im Fall der Klägerin nicht erfüllt. Das von ihr angestrebte Ausbildungsziel "Volljuristin mit vertieften
Kenntnissen des französischen Rechts" ist kein Berufsbild, das in einer Ausbildungs-, Prüfungs- oder Laufbahnbestimmung normiert
ist.