Schwerbehindertenrecht: Erstattungsanspruch des Trägers der Hauptfürsorgestelle gegen die Bundesagentur für Arbeit; Kosten
der Arbeitsassistenz für Behinderte; Kostenübernahmeanspruch der Behinderten als Anspruch auf "sonstige Hilfe" zur beruflichen
Eingliederung
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Kostenerstattung für die von ihm für Frau R. gewährte Arbeitsassistenz.
1. Die 1960 geborene blinde Frau R. ist ausgebildete Diplompädagogin und als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung
von 100 % anerkannt. Am 26. Mai 1999 vereinbarte sie mit dem Institut für Fortbildung und Beratung e.V. (InFoeV) ein befristetes
Arbeitsverhältnis zur sonstigen beruflichen Bildung für den Zeitraum 1. Oktober 1999 bis 31. März 2002. Die wöchentliche Arbeitszeit
betrug 30 Stunden. Frau R. war mit der Konzeptionierung, Vorbereitung und Durchführung von Fortbildungen betraut, die ihr
Arbeitgeber mit der Zielsetzung durchführte, den gemeinschaftlichen Umgang zwischen Behinderten und Nichtbehinderten zu fördern.
Die Befristung bis zum 31. März 2002 ergab sich durch eine berufsbegleitende Fortbildung zur Organisationsberaterin. Für die
Beschäftigung bewilligte die Beklagte dem InFoeV mit Bescheid vom 6. Juli 1999 für die Dauer von 30 Monaten einen Zuschuss
zu den Leistungen, die dieser anlässlich der Maßnahme zur sonstigen beruflichen Bildung gewährte. Der InFoeV war nicht beschäftigungspflichtig
nach dem Schwerbehindertengesetz.
Den Antrag des InFoeV vom 19. Juli 1999 auf Gewährung einer Arbeitsassistenz für Frau R. lehnte der Kläger mit Bescheid vom
9. August 1999 ab. Den Antrag von Frau R. selbst vom 30. August 1999 auf entsprechende Hilfe lehnte die Beklagte mit Bescheid
vom 7. September 1999 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember
1999 zurück. Die dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht Berlin nahm Frau R. am 17. Mai 2000 zurück.
Nach einem Bericht des Psychosozialen Dienstes des Vereins Lebenswelten e.V. vom 1. Februar 2000 benötigte Frau R. eine Assistenz,
um die ihr übertragenen Aufgaben des InFoeV fachgerecht ausführen zu können.
Nach Widerspruch des InFoeV gegen den Bescheid des Klägers vom 9. August 1999 bewilligte dieser dem InFoeV mit Bescheid vom
23. Februar 2000 für die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 30. September 2000 aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe wegen außergewöhnlicher
Belastungen einen Zuschuss in Höhe der Betreuungskosten/Arbeitsplatzassistenz nach Vergütungsgruppe VI b BAT für 15 Stunden pro Woche.
2. Mit Schreiben vom 26. April 2000 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch in noch unbezifferter
Höhe geltend, den die Beklagte mit Schreiben vom 17. Mai 2000 ablehnte. Zur Begründung führte sie aus, dass sie nicht zur
vorrangigen Leistung gemäß §
97 ff.
SGB III verpflichtet sei, da die Schwerbehinderte zum Zweck der Weiterbildung nur befristet beschäftigt werde. Die Abgrenzung der
Zuständigkeit zwischen der Beklagten und der Hauptfürsorgestelle im Bereich des Schwerbehindertengesetzes habe danach zu erfolgen,
dass erstere für die berufsfördernden und ergänzenden Leistungen nach den §§
97 ff.
SGB III, letztere für die begleitenden Hilfen im Arbeitsleben zuständig sei. Grundsätzlich sei die Beklagte zur Beschaffung eines
geeigneten dauerhaften Arbeitsplatzes zuständig, danach beginne die begleitende Hilfe. Die Übernahme von Frau R. in ein befristetes
Beschäftigungsverhältnis sei erfolgt, um die Voraussetzung für ihren weiteren beruflichen Werdegang zu schaffen. Es handele
sich daher um eine begleitende Hilfe, für die die Beklagte gerade nicht zuständig sei.
Unter dem 28. November 2000 bewilligte der Kläger dem InFoeV aus Mitteln der Ausgleichsabgabe wegen außergewöhnlicher Belastungen
Leistungen für die Kosten einer Hilfs- bzw. Assistenzkraft für 18 Stunden wöchentlich im Zeitraum 1. Oktober 2000 bis 31.
März 2002.
3. Am 7. März 2001 erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Köln, mit der er zuletzt beantragte,
die Beklagte zu verpflichten, die ihm durch die Kostenübernahme für Arbeitsassistenz der schwerbehinderten Jutta R. in der
Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 30. September 2000 entstandenen Aufwendungen in Höhe von 12.829,27 DM (= 6.559,50 Euro) zu erstatten
und
die Beklagte zu verpflichten, die ihm durch die Kostenübernahme für Arbeitsassistenz der schwerbehinderten Jutta R. in der
Zeit vom 1. Oktober 2000 bis 31. März 2002 entstandenen Aufwendungen in Höhe von 21.020,18 DM (= 10.747,45 Euro) zu erstatten.
Mit Beschluss vom 11. Juli 2003 erklärte sich das Verwaltungsgericht Köln für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit
an das Verwaltungsgericht Ansbach.
Das Verwaltungsgericht Ansbach wies die Klage mit Urteil vom 28. Juli 2005 ab. Die als allgemeine Leistungsklage zulässige
Klage sei nicht begründet, weil dem Kläger nach der insoweit maßgebenden Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung
kein Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte zustehe. Auf §
33 Abs.
8 Satz 3
SGB IX könne dieser nicht gestützt werden, weil der Kläger durch die Bezahlung einer Assistenzkraft für Frau R. keine nach dieser
Vorschrift erstattungsfähigen Aufwendungen getätigt habe. Zwar umfassten die Leistungen nach §
33 SGB IX auch die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz für schwerbehinderte Menschen als Hilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes
(§
33 Abs.
8 Satz 1 Nr.
3 SGB IX). Die nach §
33 Abs.
8 Satz 3
SGB IX dem Integrationsamt vom Rehabilitationsträger zu erstattenden Aufwendungen könnten jedoch nur Aufwendungen für Leistungen
sein, die das Integrationsamt gemäß §
33 Abs.
8 Satz 2
SGB IX in Abstimmung mit dem Rehabilitationsträger ausgeführt habe. Der Kläger habe jedoch ohne Rücksprache mit der Beklagten dem
Arbeitgeber von Frau R. aus Mitteln der Ausgleichsabgabe Leistungen für eine notwendige Assistenzkraft gewährt.
Zudem ergebe sich aus einem Umkehrschluss aus §
34 SGB IX, dass Leistungen nach §
33 SGB IX an den Arbeitnehmer zu erbringen seien, während sie hier vom Kläger dem Arbeitgeber bewilligt worden seien. Bereits nach
dem bei Bescheiderlass geltenden § 31 Abs. 3 SchwbG hätte der Kläger eine Arbeitsassistenz auch gegenüber der schwerbehinderten Frau R. bewilligen können.
Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus §
102 Abs.
6 Satz 4
SGB IX, weil die Beklagte für die erbrachte Leistung nicht zuständig gewesen sei. Ihre Zuständigkeit richte sich gemäß dem damals
geltenden § 6 Rehabilitationsangleichsgesetz nach den im Zeitpunkt der Gewährung der Arbeitsassistenz geltenden Regelungen
des Sozialgesetzbuches III. Aus §§
97 ff.
SGB III ergebe sich eine derartige Zuständigkeit nicht, da diese Vorschriften nur Leistungen an behinderte Arbeitnehmer regelten.
Auch nach § 217 ff. SGB VIII hätte die Beklagte die Leistungen einer Arbeitsassistenz nicht gewähren können. Nach § 229
SGB III sei dies nicht möglich gewesen, da Frau R. nicht aufgrund eines Eingliederungsvertrages, sondern eines Arbeitsvertrages tätig
geworden sei. § 236
SGB III scheide als Rechtsgrundlage aus, weil Frau R. zu ihrem Arbeitgeber nicht in einem Ausbildungsverhältnis, sondern einem Arbeitsverhältnis
gestanden habe. Auch § 235 c
SGB III sei nicht einschlägig, da Frau R. als Diplompädagogin einen Berufsabschluss gehabt habe. Der seit 1. Januar 1998 inhaltlich
unveränderte § 237
SGB III könne ebenfalls nicht Grundlage für die Gewährung einer Arbeitsassistenz sein. Da er auf die "Ausgestaltung von Arbeitsplätzen"
abstelle, umfasse er nur sachliche Arbeitshilfen, unter die eine menschliche Assistenzkraft nicht zu subsumieren sei.
4. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers. Er trägt vor, dass zum Zeitpunkt
der Leistungsgewährung eine Abstimmung gar nicht möglich bzw. erforderlich gewesen sei. Aus dem Umstand, dass im
SGB IX nur für Leistungen zur Teilhabe eine Übergangsregelung getroffen worden sei, nicht aber für eine Kostenerstattung, könnten
sich nicht rückwirkend Handlungspflichten ergeben, die zuvor nicht vorgesehen gewesen seien. Der vom Verwaltungsgericht aus
§
34 SGB IX gezogene Umkehrschluss, dass Leistungen nach §
33 SGB IX an den Arbeitnehmer zu erbringen seien, sei nicht zwingend. §
33 SGB IX regele insbesondere nicht, an wen die Leistungen für die Kosten einer Assistenzkraft zu erbringen seien. Im vorliegenden
Fall seien die Leistungen zwar an den Arbeitgeber von Frau R. erbracht worden, hätten aber allein dem Ziel gedient, deren
Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Der Kläger habe wegen der Weigerung der Beklagten vorleisten müssen,
um das Rehabilitationsziel zu erreichen, weil Frau R. zwingend auf eine Arbeitsassistenz angewiesen gewesen sei. Die von der
Beklagten zuvor geförderte Maßnahme der beruflichen Rehabilitation wäre ohne Arbeitsassistenz sinnlos gewesen. Ein Kostenerstattungsanspruch
des Klägers gegen die Beklagte aus §
33 Abs.
8 Satz 3
SGB IX sei daher gegeben.
Auch ein Kostenerstattungsanspruch gemäß §
102 Abs.
6 Satz 4
SGB IX sei gegeben. Die Auslegung des § 237
SGB III durch das Verwaltungsgericht sei nicht zutreffend. Diese Vorschrift entspreche weitgehend § 56 Abs. 1 Satz 1 AFG, worunter als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation auch die Kosten einer Betreuungskraft fielen, also auch die Kosten
für eine Arbeitsassistenz. Deshalb könne § 237
SGB III nicht nur sachliche Arbeitshilfen umfassen, sondern auch die Kosten für eine Arbeitsassistenzkraft.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, ihm die durch Kostenübernahme für Arbeitsassistenz
der schwerbehinderten Jutta R. in der Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 31. März 2002 entstandenen Aufwendungen in Höhe von 33.839,45
DM (= 17.306,95 Euro) zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Ein Rückgriff auf § 56 Abs. 1 Satz 1 AFG sei nicht geboten, da die Vorschrift des § 237
SGB III bereits seit Januar 1998 unverändert in Kraft sei.
Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren. Sie hält die Berufung
für unbegründet.
5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten verwiesen
(§
117 Abs.
3 Satz 2, §
125 Abs.
1 VwGO).
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet, weil dem Kläger der geltend gemachte Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zusteht.
1. Dem Erstattungsanspruch des Klägers steht nicht entgegen, dass die Beklagte den Antrag der Behinderten auf Übernahme der
Kosten für eine Arbeitsassistenz mit Bescheid vom 7. September 1999 abgelehnt hat, der durch Rücknahme der beim Sozialgericht
gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid erhobenen Klage bestandskräftig geworden ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat
mit Urteil vom 26. September 1991 (Buchholz 436.61 § 28 SchwbG Nr. 4) entschieden, dass selbst die bestandskräftige Ablehnung der vom Behinderten begehrten Leistung durch den zuständigen
Rehabilitationsträger dem späteren Erstattungsbegehren der vorleistenden Hauptfürsorgestelle (nunmehr Integrationsamt) nicht
entgegensteht. Es hat sich hierzu auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts berufen, nach der die Erstattungsansprüche
gemäß den §§ 102 ff. SGB X keine von der Rechtsposition des Berechtigten abgeleiteten, sondern eigenständige Ansprüche sind (vgl. BSGE 61, 66/68) und
in Erstattungsstreitigkeiten verwaltungsverfahrensrechtlichen Einwendungen aus dem Sozialleistungsverhältnis ausgeschlossen
sind (vgl. BSGE 58, 119/126; 62, 113/123). Dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung schließt sich der Verwaltungsgerichtshof
an.
2. Als Anspruchsgrundlage für das Erstattungsbegehren des Klägers kommt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts §
33 Abs.
8 Satz 3
SGB IX nicht in Betracht. Denn diese Vorschrift setzt die Erbringung von Leistungen nach §
33 Abs.
8 Satz 1 Nr.
3 SGB IX voraus, wie aus ihrem engen sachlichen Zusammenhang mit §
33 Abs. 8 Satz 2 SGB folgt, der sich seinerseits ausdrücklich auf die "Leistung nach §
33 Abs.
8 Satz 1 Nr.
3 SGB IX" bezieht. §
33 Abs.
8 Satz 1 Nr.
3 SGB IX ist aber wie das Sozialgesetzbuch Neuntes Buch insgesamt erst am 1. Juli 2001 in Kraft getreten (vgl. Art. 68 Abs. 1 des Gesetzes über das
SGB IX vom 19.6.2001, BGBl I S. 1046). Der Kläger hat die Kosten für die streitgegenständliche Arbeitsassistenz aber bereits mit den Bescheiden vom 23. Februar
2000 und 28. November 2000 übernommen, d.h. vor dem Inkrafttreten des
SGB IX. Aus Art. 67 Abs. 1
SGB IX des Gesetzes über das
SGB IX, auf den sich das Verwaltungsgericht gestützt hat, folgt nichts gegenteiliges.
Zum einen ändert er nichts daran, dass die Anwendung der Erstattungsvorschrift des §
33 Abs.
8 Satz 3
SGB IX die Erbringung einer Leistung nach §
33 Abs.
8 Satz 1 Nr.
3 SGB IX voraussetzt. Zum anderen ist Art. 67 Abs. 1 des Gesetzes über das
SGB IX nach seinem Sinn und Zweck so auszulegen, dass nicht nur auf Leistungen zur Teilhabe die Vorschriften in der vor dem Tag
des Inkrafttretens des
SGB IX geltenden Fassung weiter anzuwenden sind, sondern auch auf diese Leistungen sich beziehende Erstattungsansprüche. Im vorliegenden
Fall kommt deshalb als zutreffende Rechtsgrundlage für das Erstattungsbegehren des Klägers jedenfalls für die Zeit bis zum
30. Juni 2001 nur § 31 Abs. 5 Satz 2 SchwbG in Betracht. Er sieht vor, dass dann, wenn die Hauptfürsorgestelle Leistungen erbracht hat, für die ein anderer Träger zuständig
ist, dieser die Leistung zu erstatten hat. Für die Zeit ab dem Inkrafttreten des
SGB IX am 1. Juli 2001 kommt als Anspruchsgrundlage auch §
102 Abs.
6 Satz 4
SGB IX in Betracht, der einen mit §
31 Abs.
5 Satz 2
SGB IX weitgehend übereinstimmenden Wortlaut hat und denselben Regelungsinhalt besitzt. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob
das Erstattungsbegehren des Klägers für die in der Zeit vom 1. Juli 2001 bis 31. März 2001 erbrachten Leistungen der Arbeitsassistenz
auf § 31 Abs. 5 Satz 2 SchwbG oder auf §
102 Abs.
6 Satz 4
SGB IX zu stützen ist.
3. Die Erstattungsforderung des Klägers ist begründet, weil er durch die Übernahme der Kosten der für die Behinderte notwendigen
Arbeitsassistenz Leistungen erbracht hat, für die ein anderer Träger, nämlich die Beklagte, zuständig gewesen ist. Dieser
Erstattungsanspruch greift nicht nur ein, wenn ausschließlich die Beklagte für die Gewährung der Arbeitsassistenz zuständig
war und der Kläger die Leistung lediglich vorläufig erbracht hat, sondern auch dann, wenn neben der Beklagten auch der Kläger
im Rahmen der begleitenden Hilfe zuständig war. Denn § 31 Abs. 4 Satz 2 SchwbG, wonach Leistungen der Rehabilitationsträger nicht deshalb versagt werden dürfen, weil nach dem Schwerbehindertengesetz entsprechende
Leistungen vorgesehen sind, ordnet den Vorrang der Rehabilitationsleistung vor der begleitenden Hilfe mit der Folge an, dass
der nachrangig verpflichteten Hauptfürsorgestelle ein Erstattungsanspruch gegen den Rehabilitationsträger zusteht (vgl. BVerwG
a.a.O.).
Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten für die vom Kläger nach § 31 Abs. 5 Satz 1 SchwbG vorläufig erbrachten Leistungen beurteilt sich gemäß § 6 Abs. 1 des bis einschließlich 30. Juni 2001 geltenden Rehabilitationsangleichungsgesetzes (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I S. 1818) nach den für die Beklagte zur Zeit der Leistungserbringung geltenden gesetzlichen Vorschriften (ebenso nunmehr §
7 Satz 2
SGB IX). Dies war das Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der ursprünglichen Fassung vom 24. März 1997 (BGBl I S. 594 -
SGB III a.F.). Die Zuständigkeit der Beklagten für Leistungen der Arbeitsassistenz ergab sich insoweit aus den Vorschriften über
die Förderung der beruflichen Eingliederung Behinderter (§§
97 ff.
SGB III a.F.). Nach §
97 Abs.
1 SGB III a.F. konnten Behinderten Leistungen zur Förderung der beruflichen Eingliederung erbracht werden, die wegen Art oder Schwere
der Behinderung erforderlich waren, um ihre Erwerbsfähigkeit entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern,
herzustellen oder wieder herzustellen und ihre berufliche Eingliederung zu sichern. Als Leistungen zur beruflichen Eingliederung
konnten nach §
98 Abs.
1 SGB III a.F. allgemeine Leistungen und besondere Leistungen erbracht werden. Die in §
100 SGB III a.F. aufgezählten allgemeinen Leistungen umfassten die Übernahme der Kosten für eine Arbeitsassistenz offenkundig nicht.
Anstelle von allgemeinen Leistungen kamen deshalb im vorliegenden Fall nach §
102 Abs.
1 Nr.
2 SGB III a.F. grundsätzlich besondere Leistungen zur Finanzierung der Arbeitsassistenz in Betracht, weil die allgemeinen Leistungen
die wegen der Art der Behinderung erforderlichen Leistungen der Arbeitsassistenz nicht vorsahen. Von dem in §
103 SGB III a.F. enthaltenen Katalog der besonderen Leistungen waren nur die in §
103 Nr. 4
SGB III a.F. vorgesehenen "sonstigen Hilfen" einschlägig, die in §
114 SGB III a.F. näher geregelt waren. Zwar wurden in dieser Vorschrift Leistungen zur Arbeitsassistenz nicht ausdrücklich erwähnt. Wegen
der nur beispielhaften Aufzählung sonstiger Hilfen in §
114 SGB III a.F., die sich aus der Formulierung "als sonstige Hilfen können insbesondere erbracht werden" ergibt, können nach Auffassung
des Senats auch Leistungen zur Finanzierung einer Arbeitsassistenz als sonstige Hilfen gewährt werden. Dafür spricht vor allem,
dass Leistungen für eine Arbeitsassistenz mit der in §
114 Nr. 4
SGB III a.F. vorgesehenen Kostenübernahme für technische Arbeitshilfen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung
erforderlich sind, durchaus vergleichbar sind. Hiergegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass eine Arbeitsassistenz
als persönliche Arbeitshilfe mit technischen Arbeitshilfen nicht gleichgesetzt werden könne, da §
103 SGB III a.F. auch die Finanzierung von persönlichen Maßnahmen vorsah, wie §
103 Nr. 3
SGB III a.F. zu entnehmen ist.
Gegen die sachliche Zuständigkeit der Beklagten für die streitgegenständliche Hilfe spricht auch nicht deren Auffassung, dass
sie nur für Hilfen zur Beschaffung von Arbeitsplätzen zuständig gewesen sei und die behinderte Frau R. schon einen festen
Arbeitsplatz erlangt habe, der auch bei befristetem Arbeitsvertrag vorliege. Bei dieser Argumentation wird übersehen, dass
nach §
97 SGB III a.F. Leistungen auch erbracht werden konnten, um die berufliche Eingliederung zu sichern. Die berufliche Eingliederung von
Frau R. war aber wegen ihres auf zweieinhalb Jahre befristeten Arbeitsverhältnisses noch nicht gesichert, so dass es sich
bei der Arbeitsassistenz nicht um eine nur begleitende Hilfe handelte. Die Beklagte berücksichtigt bei ihrer Auffassung auch
nicht die Vorschrift des § 11 RehaAnglG über berufsfördernde Leistungen, die bei der Auslegung des §
97 SGB III a.F. heranzuziehen ist. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 RehaAnglG sollen die berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation alle Hilfen umfassen, die erforderlich sind, um den Behinderten
möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern. Berufsfördernde Leistungen waren nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 RehaAnglG insbesondere auch Hilfen zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes. Voraussetzung dafür, dass der befristete Arbeitsplatz von Frau
R. beim InFoeV erhalten blieb und sie Aussicht hatte, möglichst auf Dauer beruflich eingegliedert zu werden, war jedoch die
Bereitstellung der für sie unverzichtbaren Arbeitsassistenz. Diese war deshalb zur Sicherung ihrer beruflichen Eingliederung
im Sinn des §
97 Abs.
1 SGB III a.F. notwendig.
Schließlich greift auch der weitere Einwand der Beklagten gegen die Begründetheit der Erstattungsforderung des Klägers nicht
durch, dass der Anspruch auf Kostenübernahme für die Arbeitsassistenz gemäß §
114 SGB III a.F. der behinderten Frau R. selbst zustand, während der Kläger gegenüber dem Arbeitgeber von Frau R. entsprechende Leistungen
erbracht habe. Ob der Anspruch dem Behinderten selbst zusteht oder seinem Arbeitgeber spielt für den Erstattungsanspruch des
Trägers der Hauptfürsorgestelle keine Rolle, weil der Zweck dieser Leistung zur beruflichen Eingliederung des Behinderten
gleichermaßen erfüllt wird, wenn sie gegenüber dem Arbeitgeber erbracht wird. Dieser Umstand kann deshalb für die Begründetheit
des Erstattungsanspruchs nicht entscheidend sein.
Nach alledem ist der Berufung unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils stattzugeben.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §
154 Abs.
1, §
188 Satz 2 Halbsatz 2
VwGO. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung verzichtet,
weil er davon ausgeht, dass der Kläger nicht beabsichtigt, seine allenfalls in geringer Höhe angefallenen außergerichtlichen
Kosten vor Eintritt der Rechtskraft des Urteils zu vollstrecken.
5. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
132 Abs.
2 VwGO nicht vorliegen.
B e s c h l u s s:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.306,95 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG).