Gründe
I.
Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die 1959 geborene Antragstellerin stellte nach ihrer Rückkehr von einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt am 30.01.2020 einen
Antrag auf Leistungen nach dem SGB II bei dem Antragsgegner. Dabei machte sie keine Kosten der Unterkunft und Heizung geltend, da sie mietfrei in der im Eigentum
ihrer Tochter stehenden Wohnung, N-Straße 9, I, wohne. Mit Bewilligungsbescheid von 10.03.2020 bewilligte der Antragsgegner
der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020 i.H.v.
monatlich 432,00 Euro. Im Rahmen der Bearbeitung des Weiterbewilligungsantrages vom 17.11.2020 stellte der Antragsgegner fest,
dass die Kontoauszüge hauptsächlich Abbuchungen im Münsterland aufwiesen und die Antragstellerin zudem zwei Mitgliedsbeiträge
für ein Fitnessstudio in N entrichtet hatte. Die Antragstellerin wurde um Erläuterung gebeten, da Zweifel bestünden, ob sie
in der Stadt I ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort habe. Die Antragstellerin erklärte, sie werde von ihren Freunden gelegentlich
mit ins Münsterland genommen und hebe dort dann auch Geld ab, um sich an Einkäufen beteiligen zu können. Das Fitnessstudio
bezahle sie für diese Freunde; wegen des dadurch entstandenen falschen Eindrucks wolle sie die Einzugsermächtigung des Fitnessstudios
stornieren. Mit Bewilligungsbescheid vom 21.12.2020 bewilligte der Antragsgegner für die Zeit vom 01.01.2021 bis 31.12.2021
Leistungen i.H.v. monatlich 446,00 Euro. Ebenfalls mit Schreiben vom 21.12.2020 forderte er die Antragstellerin auf, einen
Nachweis über die Stornierung der Einzugsermächtigung für das Fitnessstudio in N vorzulegen. Die Antragstellerin übermittelte
daraufhin die E-Mail-Korrespondenz mit dem Fitnessstudio. Aus dieser ergab sich, dass die zwei Verträge für RS (Vertrags-Nr.
50-2552) und AS (Vertrags-Nr. 50-2553) für die nächsten zwei Monate wegen eines Auslandsaufenthaltes ruhen und danach auf
die bewährte Barzahlung umgestellt werden sollten. Mit Schreiben vom 08.04.2021 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin
unter anderem zur Mitteilung auf, ob sie ihren Namen in "AS" geändert habe, wer "RS" sei, warum die Mitgliedschaft in dem
Fitnessstudio in N nicht gekündigt, sondern auf die "bewährte Barzahlung" umgestellt worden sei sowie wie es sich um den gegenüber
dem Fitnessstudio angezeigten Auslandsaufenthalt verhalte. Die Antragstellerin erklärte daraufhin, dass es sich bei dem Vortag
des Auslandsaufenthaltes gegenüber dem Fitnessstudio um einen "Trick" gehandelt habe, um die Beiträge nicht zahlen zu müssen.
Bei AS und RS handele es sich um ein befreundetes Ehepaar aus N. Die Freundin heiße auch A, werde aber mit "A" geschrieben.
Da diese Freunde über kein eigenes Konto verfügten, seien die Abbuchungen von ihrem Konto erfolgt. Diese hätten ihren Vertrag
nunmehr wieder auf die "bewährte Barzahlung" umgestellt. Der Antragsgegner forderte die Antragstellerin am 05.05.2021 auf,
sich diesen Vortrag von den Freunden AS und RS schriftlich mit Lichtbildnachweis bestätigen zu lassen. Die Antragstellerin
erklärte daraufhin, dass es sich bei RS um ihren Cousin handele. Sie werde die Daten und Erklärungen ihrer Verwandten nicht
zur Verfügung stellen.
Mit Entziehungsbescheid vom 18.05.2021 entzog der Antragsgegner daraufhin die Leistungen ab April 2021 ganz. Zur Begründung
führte er aus, die Antragstellerin habe angeforderte Unterlagen zur Feststellung der Hilfebedürftigkeit und des tatsächlichen
Aufenthaltsortes nicht eingereicht. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid
vom 19.08.2021 zurück. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 06.09.2021 Klage bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen. Mit Gerichtsbescheid
vom 03.03.2022 hob das Sozialgericht den Versagungsbescheid vom 18.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2021
auf und verurteilte den Antragsgegner zur Zahlung eines Betrages i.H.v. 4.014,00 Euro. Die Nachzahlung der Leistungen für
die Zeit vom 01.04.2021 bis 31.12.2021 i.H.v. 4.014,00 Euro (9 x 446,00 Euro) wies der Antragsgegner am 19.04.2022 auf das
Konto der Antragstellerin an.
Am 25.10.2021 stellte die Antragstellerin für die Zeit ab 01.10.2021 einen neuen Antrag. Der Antragsgegner forderte mit Schreiben
vom 16.11.2021, 29.11.2021 und 08.12.2021 zur Mitwirkung und Vorlage verschiedener Unterlagen auf. Mit Bescheid vom 04.01.2022
versagte der Antragsgegner die Leistungen ab dem 01.10.2021 mit der Begründung, die Antragstellerin sei ihren Mitwirkungspflichten
nicht nachgekommen. Die Antragstellerin legte hiergegen am 18.01.2022 Widerspruch ein und trug vor, dass sie selbst nie Mitglied
in dem Fitnessstudio in N gewesen sei, sie habe ihrem Cousin und dessen Ehefrau lediglich ihre Bankverbindung zur Verfügung
gestellt. Sie wohne in I in der Wohnung ihrer Tochter, die freundlicherweise bislang keine Miete verlangt habe. Sie habe private
Darlehen erhalten, es seien aber keine schriftlichen Darlehensverträge, die vorgelegt werden könnten, geschlossen worden.
Mittlerweile bestehe auch kein Kontakt mehr zur Familie S, diese sei unbekannt verzogen.
Am 31.01.2022 legte die Antragstellerin eine Mietbescheinigung ihrer Tochter VE über die Wohnung N-Straße 9 in I und den dazugehörigen
Mietvertrag vor. Laut Mietvertrag vom 20.01.2022 war für die möblierte Wohnung im Erdgeschoss (links) ab dem 01.01.2022 mit
einer Wohnfläche von 61 qm für zwei Mieter eine monatliche Miete von insgesamt 436,10 Euro (Grundmiete 320,00 Euro und Nebenkosten
116,10 Euro) zu entrichten. In ihrer E-Mail erklärte die Antragstellerin, dass sie in der Wohnung bis einschließlich Dezember
2021 mietfrei habe wohnen dürfen, ab Januar sei nunmehr eine Miete zu entrichten. Mit der ersten Miete befinde sie sich bereits
im Verzug.
Mit Bescheid vom 11.04.2022 half der Antragsgegner dem Widerspruch gegen den Versagungsbescheid vom 04.01.2022 ab und hob
diesen auf. Mit Schreiben vom 12.04.2022 forderte er die Antragstellerin auf, den vollständigen Mietvertrag, lückenlose Kontoauszüge
für die Zeit vom 01.01.2022 bis 11.04.2022, eine aktuelle Rentenauskunft und eine Erklärung abzugeben, wer mit ihr in der
Wohnung lebe. Mit E-Mail vom 25.04.2022 übermittelte die Antragstellerin den Mietvertrag und die Kontoauszüge. Die Rentenauskunft
sei angefordert und werde nachgereicht. Zudem gab sie an, dass sie derzeit alleine in der Wohnung lebe.
Am 04.05.2022 erfolgte ein Hausbesuch durch den Bedarfsermittlungsdienst des Antragsgegners. Als Ergebnis der Überprüfung
wurde vermerkt, die Klingel sei mit dem Namen "S" und der Briefkasten mit den Namen "S/E" beschriftet. Ein Nachbar habe mitgeteilt,
dass die Antragstellerin mit ihrem Bruder in der Wohnung wohne. Die Antragstellerin würde sich allerdings nicht in der Wohnung
aufhalten, sie würde weiter weg wohnen. Sie komme nur vorbei, um die Post abzuholen und den Flur zu putzen.
Der Antragsgegner lehnte die Leistungen daraufhin mit Bescheid vom 17.05.2022 für die Zeit ab dem 01.01.2022 ab. Die Antragstellerin
habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, weil sie sich außerhalb des in der Erreichbarkeitsanordnung
genannten Bereiches aufhalte. Mit Schreiben vom 27.05.2022 legte die Antragstellerin Widerspruch hiergegen ein und erklärte,
in der Wohnung in I zu leben. Da der Hausbesuch unangemeldet erfolgt sei, sei sie, die Antragstellerin, zur fraglichen Zeit
einkaufen gewesen und daher nicht angetroffen worden.
Am 02.06.2022 erfolgte ein weiterer Hausbesuch durch den Bedarfsermittlungsdienst des Antragsgegners. Als Ergebnis der Überprüfung
wurde vermerkt, dass bei dem Vier-familienhaus keine Klingelleiste mit dem Namen "E" gefunden werden konnte. Da sich auf einem
mit dem Namen "S" beschrifteten Briefkasten ein zusätzliches Papierschild mit dem Namen "E" befunden habe, sei bei "J. S"
geklingelt worden. Die Tür sei von einer männlichen Person geöffnet und vor der Wohnung im Erdgeschoss links sei der Herr
nach der Antragstellerin befragt worden. Dieser habe zunächst angegeben, dass er sich nur zu Besuch in der Wohnung aufhalte
und die Antragstellerin gerade einkaufen sei. Da er keine Angaben zur Person habe machen wollen, sei das Haus verlassen und
die Polizei um Amtshilfe gebeten worden. Mit Hilfe dieser seien später die Personalien festgestellt worden. Es habe sich bei
dem Herrn um den Zwillingsbruder der Antragstellerin, J S, gehandelt. Zunächst habe dieser angegeben, eine Wohnung im Obergeschoss
desselben Hauses zu bewohnen. Daraufhin hätten die Polizeibeamten die anderen Wohnungen im Haus aufsuchen wollen, um diese
Angabe zu überprüfen. Herr S habe dann eingeräumt, in der Wohnung im Erdgeschoss zu wohnen und auch den Zutritt in die Wohnung
genehmigt. Die 3,5-Zimmerwohung sei aufgeteilt in eine Diele mit Garderobe, Bad/WC, Wohnzimmer, Schlafzimmer mit Einzelbett,
hergerichtet für eine Person, Tisch, Kleiderschrank mit Herrenbekleidung und einem Zimmer, welches als Abstellraum und zum
Wäschetrocknen diene. Es seien keine Anzeichen festgestellt worden, die für einen gewöhnlichen Aufenthalt einer weiteren (weiblichen)
Person in der Wohnung hätten sprechen können. Herr S habe daraufhin erklärt, in der Wohnung allein zu wohnen; die Antragstellerin
wohne weder in der Wohnung noch halte sie sich überwiegend in I auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2022 wies der Antragsgegner den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 17.05.2022
zurück. Hiergegen ist eine Klage bei dem Sozialgericht unter dem Az. S 36 AS 1114/22 anhängig.
Am 29.06.2022 hat die Antragstellerin den streitgegenständlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht
Gelsenkirchen gestellt. Sie hat vorgetragen, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in I habe. Sie lebe in der ehemaligen
elterlichen Wohnung, die nun im Eigentum ihrer Tochter stehe. In der Zeit vom 01.01.2020 bis 31.12.2021 habe sie unentgeltlich
in dieser Wohnung leben dürfen. Da sich die Lebensumstände ihrer Tochter verändert hätten, sei ab dem 01.01.2022 ein monatlicher
Mietzins i.H.v. 436,20 Euro zu entrichten. Mangels Einkünfte habe sie bisher noch keine Monatsmiete zahlen können. In der
Wohnung ihrer Tochter lebe sie gemeinsam mit ihrem Zwillingsbruder J S. Dieser sei an Epilepsie erkrankt und habe für sich
beschlossen, nicht mehr allein wohnen zu wollen. Er sei dann zu ihr in die Wohnung gezogen. Die Nachzahlung des Antragsgegners
i.H.v. 4.014,00 Euro vom 19.04.2022 habe sie überwiegend zur Rückzahlung der geliehenen Gelder an Freunde und Familie verwendet.
Den Restbetrag habe sie aufgebraucht und sich erneut Geld bei Freunden und Familie leihen müssen; diese unterstützten sie
auch weiterhin mit Lebensmittelspenden.
Die Antragstellerin hat beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Regelbedarfsleistungen nach der Regelbedarfsstufe
1 ab Zugang der Antragsschrift zu gewähren.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hat darauf verwiesen, dass der gewöhnliche Aufenthalt sowie der Wohnsitz der Antragstellerin gänzlich ungeklärt seien.
Auch die Angaben zum Umzug innerhalb des Hauses seien nicht wahrheitsgemäß, zumal diese im Widerspruch zu den Angaben in der
Leistungsakte des Zwillingsbruders der Antragstellerin stünden. Aufgrund des Hausbesuches und der weiteren Erkenntnisse sei
davon auszugehen, dass die Wohnung im Erdgeschoss von dem Zwillingsbruder bewohnt werde und der Vortrag der Antragstellerin,
sie sei dort bereits 2020 vor ihm eingezogen, nicht überzeuge.
Das Sozialgericht hat am 22.07.2022 einen Erörterungstermin mit Beweisaufnahme durchgeführt und den Zwillingsbruder der Antragstellerin
sowie den Außendienstmitarbeiter des Antragsgegners, der am 02.06.2022 den Hausbesuch durchgeführt hat, als Zeugen vernommen.
Mit Beschluss vom 28.07.2022 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung
hat es ausgeführt, dass die Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe, dass sie sich dauerhaft in I aufhalte.
Die entsprechende Behauptung der Antragstellerin halte das Gericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme für nicht glaubhaft.
Das Vorbringen der Antragstellerin und das ihres Zwillingsbruders sei durch Widersprüche gekennzeichnet gewesen. So habe keiner
der beiden einen konkreten Zeitpunkt benennen können, zu dem dieser zu der Antragstellerin in die Wohnung gezogen sein soll.
Zudem seien die Angaben der Antragstellerin und ihres Bruders in Bezug auf die Nutzung der Räume widersprüchlich gewesen.
Die Ereignisse während des Hausbesuches sowie die widersprüchlichen Angaben der Antragstellerin und des Zwillingsbruders sprächen
dafür, dass der Zwillingsbruder allein in der Wohnung im Erdgeschoss wohne. Da die Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft
gemacht habe, sich dauerhaft in I aufzuhalten, sei eine örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners nicht gegeben. Die beantragten
Leistungen seien wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit des Leistungsträgers abzulehnen, wenn der Antragsteller Leistungen
von einem bestimmten Träger der Grundsicherung begehre und behaupte, in dessen Bezirk seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu haben,
die Richtigkeit dieser Behauptung aber nicht festgestellt werden könne.
Am 25.08.2022 hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie sei nach ihrer Rückkehr aus Spanien in die Wohnung ihrer Tochter
eingezogen. Dabei handele es sich um die Wohnung, in der zuvor ihre Mutter gelebt habe. Die Einrichtung der Wohnung sei unverändert
beibehalten worden. Der Zwillingsbruder habe sich im Erörterungstermin in widersprüchlicher Weise zu seinen Wohnverhältnissen
geäußert. Dies sei ihm jedoch nachzusehen, da er durch seine gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage sei, seine
Situation klar und widerspruchsfrei zu beschreiben. Sie, die Antragstellerin, habe keinen anderen Wohnsitz und lebe in I.
Sie habe bereits Mietschulden i.H.v. 4.362,00 Euro angehäuft. Sie lebe gegenwärtig von "Spenden, Geldgaben und Sachleistungen
in Form von Lebensmittelkisten" von ihren Verwandten und Freunden. Sie verfüge über keine Einnahmen und über keine Reserven
mehr. Sie sei auf existenzsichernde Leistungen dringend angewiesen.
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,
den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.07.2022 abzuändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, ihr Regelbedarfsleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf die den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen tragenden Gründe Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte
Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg, da sie unbegründet ist.
Gemäß §
86b Abs.
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht der Hauptsache einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis (Anordnungsanspruch) treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint
(Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung -
ZPO -). Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund
zur Überzeugung des erkennenden Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01, Rn. 5, juris). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der
Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen,
die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (vgl. BVerfG,
Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, Rn. 24, juris). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen.
Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine
gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Kann bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vielfach nur möglichen summarischen
Prüfung die Erfolgsaussicht nicht abschließend beurteilt werden, muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung unter umfassender
Berücksichtigung grundrechtlicher Belange entscheiden (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 26; vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Auflage 2020, §
86b Rn. 29a). Je schwerwiegender ein durch ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens endgültig eintretender Schaden ausfiele, desto
geringere Anforderungen sind im Rahmen der Folgenabwägung an die Überzeugung des Gerichts vom Bestehen eines Anordnungsanspruchs
zu richten. Damit verbunden ist jedoch nicht eine Reduzierung der Bemühungen, die nach Lage des konkreten Einzelfalles vom
Rechtsschutzsuchenden zur Glaubhaftmachung des von ihm geltend gemachten Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu verlangen
sind. Wer geltend macht, ohne eine schnelle gerichtliche Entscheidung von schweren und unzumutbaren Nachteilen unmittelbar
bedroht zu sein, von dem ist zu erwarten, dass er alles ihm Mögliche sowie nach den konkreten Umständen des Einzelfalls Zumutbare
unternimmt, um die ihm drohenden Nachteile nicht eintreten zu lassen. Fehlt es ersichtlich an derartigen Bemühungen, können
im Einzelfall erhebliche Zweifel insbesondere am Vorliegen des Anordnungsgrundes, aber auch des Anordnungsanspruchs gerechtfertigt
sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II im Streit ist. Wird geltend gemacht, auf die Gewährung existenzsichernder Leistungen dringend angewiesen zu sein, dann muss
vom Antragsteller erwartet werden, dass er alles in seiner Macht Stehende unternimmt, diese Mittel möglichst schnell zur Überwindung
der behaupteten finanziellen oder sonstigen Notlage zu erhalten.
Unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten Rechtsgrundsätze mangelt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs,
so dass eine gerichtliche Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Gewährung von Grundsicherungsleistungen in Form
der Regelleistung nicht zu ergehen hatte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin gegenwärtig zur Vermeidung
von erheblichen Nachteilen auf eine sofortige Bewilligung von Grundsicherungsleistungen angewiesen ist, weil sie ihr Existenzminimum
nicht auf andere Weise sicherstellen kann und ein Abwarten bis zu einer Klärung ihres Anspruches in einem Hauptsacheverfahren
unzumutbar wäre. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Umstände konnte sich der Senat nicht die im Rahmen des einstweiligen
Rechtsschutzverfahrens gebotene Überzeugung von der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin und von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit
eines bestehenden Leistungsanspruchs verschaffen. Es ist insbesondere nicht glaubhaft, dass die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt
nur durch Leistungen des Antragsgegners zu sichern in der Lage ist. Es erscheint denkbar und nicht unwahrscheinlich, dass
sie ihren Lebensunterhalt vollständig aus Einkommen oder Vermögen sichern kann oder die benötigten Finanzmittel und Hilfen
von Dritten erhält. Die von der rechtskundig vertretenen Antragstellerin eingereichten, als "eidesstattliche Versicherungen"
bezeichneten Schriftstücke vom 17.06.2022, 20.09.2022 und 20.10.2022 sind schon nicht geeignet, einen Anspruch glaubhaft zu
machen. Diese Erklärungen sollen offensichtlich der Glaubhaftmachung im Sinne von §
294 ZPO dienen. Es ist allerdings fraglich, ob es sich hierbei um eidesstattliche Versicherungen im herkömmlichen Sinne handelt,
die nach §
156 StGB strafbewehrt ist. Denn textlich ist nicht die Versicherung der Antragstellerin enthalten, sie habe die Erklärung nach bestem
Wissen abgegeben, diese entsprächen der Wahrheit und sie habe nichts verschwiegen (vgl. SG München, Beschluss vom 20.09.2022
- S 38 KA 176/20, Rn. 54, juris). Darüber hinaus fehlt der Hinweis, dass die Antragstellerin über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung
und die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung belehrt worden ist (vgl.
§ 23 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X -). Diese Erklärungen sind folglich nicht geeignet, den Beweiswert einer Glaubhaftmachung i.S.d. §
294 ZPO zu erreichen, gleichwohl sind sie als Beteiligtenvorbringen im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§
286 ZPO) vom Senat zu berücksichtigen. Die Antragstellerin hat wiederholt vorgetragen, dass sie nur Unterstützungsleistungen ihrer
Familie und Freunde erhalte, welche zur Bedarfsdeckung nicht ausreichend seien. Sie hat diese Unterstützungsleistungen aber
weder konkretisiert noch im Einzelnen nachgewiesen. In ihren Erklärungen vom 17.06.2022, 20.09.2022 und 20.10.2022 hat sie
keinerlei Angaben zu Zeitpunkt, Häufigkeit und Ausmaß der Hilfeleistungen gemacht. Ihr Vortrag, von welchen Freunden und Familienangehörigen
sie Leistungen erhalten haben will, bleibt - trotz entsprechenden gerichtlichen Hinweises - bis zum Schluss vage und ermöglicht
keine Überprüfung des Wahrheitsgehalts der getätigten Aussagen. So trägt die Antragstellerin vor, dass ihr Bruder sie vor
allem mit Lebensmitteln unterstütze, da sie zusammenwohnten. Eine bzw. ein "F. O" unterstütze sie mit Lebensmittelspenden
und "einige alte Schulfreundinnen" unterstützten sie mit Haushalts- und Hygieneartikeln. Da diese Leistungen in Form von Sachleistungen
zur Verfügung gestellt werden, handelt es sich nicht um Einkommen i.S.d. § 11 SGB II, in der Leistung kann aber eine teilweise Bedarfsdeckung liegen. Inwieweit die Sachleistungen zur Deckung des Bedarfs geeignet
sind, den die Regelleistung abdecken soll, kann mangels Angaben zum Umfang der Leistungen schon nicht beurteilt werden. Des
Weiteren gibt die Antragstellerin an, dass Herr G sie mit Beträgen unterstütze, damit sie sich nicht noch mehr Ärger einhandele.
Hier ist zum einen unklar, in welcher Höhe und zum anderen in welcher Häufigkeit Beträge von Herrn G zur Verfügung gestellt
werden. Dasselbe gilt für den Vortrag ihre "Tante B. aus Berlin" unterstütze sie mit kleinen Zuschüssen. Mit der Begründung,
ihre Familie und Freunde wollten nicht in das Verfahren einbezogen werden, hat die Antragstellerin weder Anschriften der betroffenen
Personen zur Verfügung gestellt noch eidesstattliche Versicherungen dieser zu Umfang und Höhe der Unterstützungsleistungen
vorgelegt. Damit aber zeigt die Antragstellerin, die ein elementares Interesse daran haben müsste, die geltend gemachten existenzsichernden
Leistungen so schnell wie möglich zu erhalten, wenig Bereitschaft an der Aufklärung des Sachverhaltes, namentlich ihrer wirtschaftlichen
Situation, mitzuwirken. Zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung gehört es eben auch, darzulegen und nachzuweisen, von welchen
Mitteln sie seit Antragstellung Monat für Monat ihren Lebensunterhalt bestreitet. Der Wunsch, ihre Freunde und Familie in
das Verfahren nicht einbeziehen zu wollen, entbindet sie von dieser Verpflichtung zur Mitwirkung nicht. Darüber hinaus weist
der Senat darauf hin, dass die Angaben der Antragstellerin zur Hilfebedürftigkeit - zu den Angaben zu den Wohnverhältnissen
sogleich - teilweise Widersprüche aufweisen, denen im Rahmen des Hauptsacheverfahrens weiter nachzugehen sein wird. So hat
die Antragstellerin etwa in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 17.06.2022 erklärt, sie habe von dem Nachzahlungsbetrag
i.H.v. 4.014,00 Euro einen Betrag von ca. 3.450,00 Euro zur Rückzahlung ihrer aufgelaufenen Schulden verwendet. Unter anderem
habe sie an RS einen Betrag i.H.v. 750,00 Euro und an AS einen Betrag i.H.v. 50,00 Euro zurückgezahlt. Da die Nachzahlung
erst am 19.04.2022 dem Konto der Antragstellerin gutgeschrieben wurde, kann die Rückzahlung frühestens Mitte April 2022 erfolgt
sein. Im Hinblick auf die Problematik mit den Zahlungen für das Fitnessstudio in N hatte die Antragstellerin allerdings am
22.12.2021 und 18.01.2022 erklärt, zu diesen Personen keinen Kontakt mehr zu haben, da diese unbekannt verzogen seien. Ob
und ggf. wann die geltend gemachten Darlehensbeträge von diesen Personen zur Verfügung gestellt worden sind, bedarf weiterer
Aufklärung. Selbiges gilt für die Zuschüsse der Tante aus Berlin, da sich solche Leistungen jedenfalls nicht den Kontoauszügen
entnehmen lassen. Neben den wenig konkreten Angaben der Antragstellerin zu der Frage, wie sie ihren Lebensunterhalt sicherstellt,
sind auch ihre Angaben zu ihren Wohnverhältnissen wenig plausibel. Fraglich ist dabei zunächst, ob die Antragstellerin in
der Erdgeschosswohnung links N-Straße 9 in I wohnt. Das Sozialgericht ist nach einer Beweisaufnahme im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Antragstellerin nicht glaubhaft machen konnte, gemeinsam
mit ihrem Zwillingsbruder in dieser Wohnung zu leben. Das Sozialgericht hat die Widersprüchlichkeiten in den Aussagen der
Antragstellerin und des als Zeuge vernommenen Zwillingsbruders im Einzelnen herausgearbeitet und einer nachvollziehbaren Plausibilitätskontrolle
unterzogen. Diesen Ausführungen kann - im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung - im Grundsatz gefolgt werden. Da
sich der Senat - anders als das Sozialgericht - bereits von einer Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin nicht überzeugen
konnte, bedarf es keiner Entscheidung zu der Frage, ob auch dem Ergebnis zur örtlichen Zuständigkeit gefolgt werden kann.
Auch wenn die Kosten der Unterkunft aufgrund der zulässigen Beschränkung auf den Regelbedarf nicht Gegenstand des einstweiligen
Rechtsschutzverfahrens sind, bleiben diese Gegenstand des Weiterbewilligungsantrags für die Zeit ab Januar 2022 und des in
der Hauptsache angefochtenen Ablehnungsbescheides vom 17.05.2022. Im Hinblick auf dieses Hauptsacheverfahren weist der Senat
darauf hin, dass neben der Ernsthaftigkeit des Mietvertrages der Antragstellerin mit ihrer Tochter als Vermieterin auch die
inhaltlichen Angaben zum Mietverhältnis gegenwärtig mindestens fragwürdig sind. Ausweislich des Mietvertrages und der Vermieterbescheinigung
ist die Wohnung zum 01.01.2022 an zwei Personen vermietet worden, allerdings hat die Antragstellerin noch am 25.04.2022 erklärt,
die Wohnung allein zu bewohnen. Die Angaben im Mietvertrag und der Vermieterbescheinigung widersprechen folglich den persönlichen
Angaben der Antragstellerin. Zudem spricht die Antragstellerin die gesamte Zeit über von einem Mietzins von 436,20 Euro und
weist auf dieser Grundlage auf die eingetretenen Mietschulden i.H.v. 4.362,00 Euro (10 Monate x 436,20 Euro) hin, obwohl der
Mietvertrag wie auch die Vermieterbescheinigung einen monatlichen Mietzins i.H.v. 436,10 Euro beziffert. Darüber hinaus trägt
die Antragstellerin - zuletzt in ihrer Erklärung vom 20.10.2022 - vor, Mietschulden i.H.v. 4.362,00 Euro angesammelt zu haben,
so dass jedem anderen Mieter schon längst gekündigt bzw. gegen diesen die Zwangsräumung betrieben worden wäre. Da die Antragstellerin
aber auch nach ihrem eigenen Vortrag die Wohnung ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr allein bewohnt und damit die Kosten
der Unterkunft - ausgehend vom Kopfteilprinzip - nur noch zur Hälfte schuldet, stellt sich die Frage, warum die Mietschulden
in der vorgetragenen Höhe entstanden sein sollen, warum sie in diesem Umfang von der Antragstellerin geschuldet werden und
vom Antragsgegner im Hauptsacheverfahren übernommen werden sollen. Schließlich weist der Senat nur noch der Vollständigkeit
halber darauf hin, dass die 63-jährige Antragstellerin bisher einen fehlenden Krankenversicherungsschutz nicht moniert hat.
Dies erscheint insbesondere vor dem Alter und der Dauer des fehlenden Leistungsbezugs mehr als fraglich. Es bleibt insgesamt
unklar, ob die Antragstellerin - sofern keine anderweitige Absicherung besteht - die Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) angezeigt hat (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2017 - L 1 KR 368/15, Rn. 29, juris). Gegebenenfalls mag sie dies noch veranlassen.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Mangels hinreichender Aussichten auf Erfolg war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
abzulehnen, §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m §
114 Satz 1
ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).