Abschlagsfreie Altersrente wegen Arbeitslosigkeit
Umfang des rechtlichen Gehörs
Keine Bescheidungspflicht für unerhebliches Vorbringen
Gründe:
I
In dem der Beschwerde zugrunde liegenden Verfahren streiten die Beteiligten darum, ob die Beklagte dem 1939 geborenen Kläger
im Rahmen eines Zugunstenverfahrens Altersrente wegen Arbeitslosigkeit abschlagsfrei zu gewähren habe.
Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 17.5.2018 einen solchen Anspruch verneint und die Revision nicht zugelassen.
Die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung des §
237 Abs
2 SGB VI aF seien nicht erfüllt. Das Arbeitsverhältnis sei hier nicht - wie nach §
237 Abs
2 S 1 Nr
1 SGB VI aF insbesondere erforderlich - aufgrund einer gegenseitigen Vereinbarung vor dem 14.2.1996 beendet worden. Betriebliche Vereinbarungen
wie die sog 58er-Regelung, die lediglich die Bedingungen für eine individuelle Auflösungsvereinbarung definieren würden, würden
dafür nicht ausreichen. Eine schriftliche Auflösungsvereinbarung sei hier erst am 14.1.1998 geschlossen worden. Eine entsprechende
Vereinbarung sei nach dem vom Kläger wiedergegebenen Gesprächsinhalt nicht bereits in einer im Januar 1996 geführten Unterredung
mit dem Leiter des Dienststelle getroffen worden. Der einseitig vom Kläger gestellte Antrag vom 3.1.1996 reiche jedenfalls
nicht für die Annahme einer Auflösungsvereinbarung aus. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aufgrund eines sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs wegen Verletzung der Beratungspflicht. Die Voraussetzungen für eine sog Spontanberatung lägen nicht
vor. Der Kläger habe sich auch nicht an die Beklagte zur Beratung gewandt. Eine fehlerhafte Beratung durch den Arbeitgeber
sei der Beklagten nicht zuzurechnen.
Dagegen hat der Kläger mit einem von ihm persönlich gefertigten Schreiben vom 6.6.2018 nebst Anlagen Beschwerde eingelegt
und um Zulassung der Revision gebeten. Zugleich hat er die Beiordnung eine Rechtsanwalts sowie Übernahme der anwaltlichen
Kosten beantragt und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe
(PKH) vorgelegt. Ihm sei niemals ein genauer Termin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt worden und auch nicht
für die "Beantragung der Arbeitslosigkeit". Von ihm sei am 3.1.1996 eine "Vereinbarung" beim Personalrat eingegangen. Am 25.1.1996
sei ihm mitgeteilt worden, dass es von Seiten der Dienststelle keine Bedenken gäbe. Ihm sei gesagt worden, dass diese Vereinbarung
als verbindlich anerkannt werde. Hauptgrund für die Inanspruchnahme der 58er-Regelung sei seine Erkrankung aufgrund von Zeckenbissen
gewesen. Er hätte sich sehr wohl über die Altersrente informiert.
II
1. Der Antrag des Klägers auf Gewährung von PKH zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ist abzulehnen.
Nach §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt
es hier.
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Unter Berücksichtigung
des Vorbringens des Klägers sowie nach Durchsicht der Akten ist das hier nicht der Fall.
Es ist nicht ersichtlich, dass ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§
73 Abs
2 und
4 SGG) erfolgreich geltend machen könnte, dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) zukommt. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall
hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und
fähig ist. Anhaltspunkte für eine derartige Rechtsfrage sind im Fall des Klägers nicht vorhanden. Vielmehr geht es hier im
Wesentlichen um die Würdigung des Einzelfalls.
Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) vorliegt. Denn die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen, sondern
hat sich vielmehr an dieser orientiert.
Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Soweit der Kläger rügt, dass das LSG nicht auf seine Erkrankung eingegangen sei,
ist keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) ersichtlich. Denn das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht nicht zur ausdrücklichen und ausführlichen
Bescheidung eines jeden Vorbringens der Beteiligten in den Urteilsgründen (vgl BVerfG [Kammer] Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - Juris RdNr 11 mwN; Senatsbeschluss vom 8.7.2010 - B 13 R 475/09 B - Juris RdNr 27). Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich - wie hier bei dem Vortrag zum Gesundheitszustand - ersichtlich
nicht um entscheidungserhebliches Vorbringen handelt. Das LSG hat das wesentliche Vorbringen des Klägers im Übrigen zur Kenntnis
genommen und ausführlich gewürdigt.
Soweit der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 3.9.2009 bzw ein Schreiben des Landschaftsverbands Rheinland vom 10.9.2013
vorlegt, um sich gegen den "Vorwurf" zu wehren, er habe sich nicht über die Altersrente informiert, entkräftet dies die Ausführungen
des LSG nicht. Denn dieses hat im Zusammenhang mit den Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gerade
darauf abgestellt, dass sich der Kläger nicht an die Beklagte zur Beratung über seine vorgezogene Altersrente gewandt hat.
Dass der Kläger das Urteil des LSG inhaltlich für unzutreffend hält, weil das Gericht seiner Ansicht nach die Tatsachen in
seinem Fall falsch gewürdigt habe, kann nach §
160 Abs
2 SGG nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr, vgl Senatsbeschluss vom 13.6.2012 - B 13 R 224/11 B - Juris RdNr 12, BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts
im Rahmen der PKH (§
73a Abs
1 SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
2. Die unabhängig vom Antrag auf Bewilligung von PKH vom Kläger selbst eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig
zu verwerfen, weil sie nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach §
73 Abs
4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen
Urteils hingewiesen worden.
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 3
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.