Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Regelaltersrente für die Klägerin unter Anrechnung von glaubhaft gemachten
Beitragszeiten vom 20.7.1942 bis 17.4.1945, in denen sie als sog "Ostarbeiterin" versicherungspflichtig gearbeitet haben will.
Das die Berufung der Klägerin zurückweisende Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) vom 11.11.2014, mit
dem die Revision zugelassen worden ist, ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14.5.2015 zugestellt worden. Gegen
das Urteil hat der Bevollmächtigte mit Telefax vom 9.8.2015, eingegangen am selben Tag, fristgerecht Revision eingelegt. Mit
undatiertem Schreiben, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 18.9.2015, hat er sich auf eine angeblich am 17.9.2015 ablaufende Begründungsfrist bezogen und deren Verlängerung
um einen Monat beantragt. Auf Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 21.9.2015, dass die Frist zur Begründung der Revision bereits
am 14.9.2015 abgelaufen sei, hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 7.10.2015 per Telefax mitgeteilt, dass der Fristverlängerungsantrag
am 2.9.2015 "zum Postausgang" gegeben worden sei, und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen einer überlangen Postlaufzeit
beantragt. Am 13.10.2015 hat er - ebenfalls per Telefax - die Revisionsbegründung sowie eine von ihm selbst erstellte eidesstattliche
Versicherung vorgelegt, wonach er den Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründung am 2.9.2015 zusammen mit seiner Mitarbeiterin
S. H. - einer deutschen Juristin - gefertigt und (nur er selbst) unterschrieben habe. Nach Fertigstellung sei der Schriftsatz
unmittelbar in den Postausgang gegeben worden, welcher täglich zum Postamt gebracht werde.
II
Die Revision der Klägerin ist unzulässig (§
169 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Nach §
164 Abs
2 S 1
SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vorinstanzlichen Urteils zu begründen; bei einer Zustellung
im Ausland beträgt die Frist in entsprechender Anwendung des §
87 Abs
1 S 2
SGG (vgl BSG SozR Nr
51 zu §
164; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
164 RdNr
7a) vier Monate. Diese Frist kann gemäß §
164 Abs
2 S 2
SGG auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Das Urteil des LSG ist dem Bevollmächtigten
der Klägerin am 14.5.2015 in Israel zugestellt worden. Bis zum Ablauf der am 14.9.2015 endenden Revisionsbegründungsfrist
ist weder eine Revisionsbegründung noch ein Antrag auf Fristverlängerung beim BSG eingegangen.
Gemäß §
67 Abs
1 SGG ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist nach Abs 2 der Vorschrift binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses
zu stellen; die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte
Rechtshandlung nachzuholen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat am 7.10.2015 - und damit innerhalb eines Monats nach
Versäumung der Beantragung der Fristverlängerung - den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Er hat zwar
den Antrag auf Fristverlängerung nicht innerhalb dieser Frist nachgeholt, dafür aber vor Ablauf der Monatsfrist zur Nachholung
der Prozesshandlung am 14.10.2015 seine Revisionsbegründung - zusammen mit seiner eidesstattlichen Versicherung vom selben
Tag zur Glaubhaftmachung der Unverschuldetheit der Fristversäumung - vorgelegt und damit die (eigentliche) Prozesshandlung
nachgeholt, für die er ursprünglich die Verlängerung der Frist beantragt hatte. Nicht hingegen hat der Bevollmächtigte der
Klägerin, der selbst von einem Fristablauf erst am 17.9.2015 ausging, Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
glaubhaft gemacht (§
67 Abs
2 S 2
SGG). Er beruft sich zwar auf eine ungewöhnlich lange Postlaufzeit zwischen Israel und Deutschland; dass eine solche aber ursächlich
für die Fristversäumnis gewesen ist, hat er nicht iS einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit dargetan.
Der Senat lässt dahinstehen, dass sich der Bevollmächtigte der Klägerin zur Fristwahrung bei der Revisionseinlegung sowie
im weiteren Schriftwechsel - mit Ausnahme nur des Fristverlängerungsantrags - stets des Telefaxes zur Übermittlung der Schriftsätze
bedient hat. Nur der Fristverlängerungsantrag weist auch kein Ausstellungsdatum auf, wobei auffällt, dass nur dieses Schreiben
von der als "susi" in der internen Kanzleisoftware des Bevollmächtigten bezeichneten Frau S. H. bearbeitet und - offenbar
- versandfertig gemacht worden sein soll, der Bevollmächtigte aber weder in seiner eigenen eidesstattlichen Versicherung vom
14.10.2015 die Zuverlässigkeit dieser Mitarbeiterin sowie deren Unterweisung und hinreichende Überwachung aufgeführt noch
eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin selbst zur Glaubhaftmachung einer fehlerfreien Weiterbearbeitung vorgelegt
hat.
Denn jedenfalls begnügt sich der Bevollmächtigte der Klägerin mit der Behauptung, dass der Schriftsatz zur Beantragung der
Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist "in den Postausgang" gegeben worden sei. Weder ist belegt, wann genau dies erfolgt
sein soll ("... nach Fertigstellung unmittelbar ..."), noch ist erkennbar, wer für den Postausgang und die Übermittlung der
Post zum Postamt verantwortlich ist (bzw war) und ob die- oder derjenige ein(e) sonst zuverlässige(r) Mitarbeiter(in) ist
(war), die (der) hinreichend beaufsichtigt und unterwiesen worden ist. Ein Rechtsanwalt ist aber verpflichtet, durch organisatorische
Maßnahmen Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen in größtmöglichem Umfang auszuschließen; hierzu gehört insbesondere
eine wirksame Ausgangskontrolle, durch die gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig
hinausgehen (vgl BSG Beschlüsse vom 19.5.2005 - B 10 EG 3/05 B - und vom 24.9.2014 - B 9 SB 27/14 B - Juris mwN). Unverzichtbares Organisationserfordernis sind ausreichende Einrichtungen zur Vermeidung von Fehlern bei der
Behandlung von Fristsachen (stRspr, vgl zB BGH NJW 1991, 1178; BFH BFH/NV 2003, 1440; BVerwG FEVS 54, 390; BSG Beschluss vom 19.5.2005 - B 10 EG 3/05 B - Juris). Dies bedeutet, dass jeder Rechtsanwalt eine Ausgangskontrolle für fristwahrende Schriftsätze eingerichtet haben
muss (BSGE 61, 213 f = SozR 1500 § 67 Nr 18 S 44; BSG Beschluss vom 19.5.2005 - B 10 EG 3/05 B - Juris; BVerwG FEVS 54, 390; BFH BFH/NV 2000, 1117 f; BGH NJW 1996, 2096, 2097; OVG Saarland NVwZ-RR 2005, 448) . Dies kann zB derart organisiert sein, dass ein Fristenbuch geführt wird, in dem für jeden fristwahrenden Schriftsatz die
maßgebliche Frist eingetragen und erst nach Absendung durchgestrichen wird, sowie dass am Schluss jeden Arbeitstags eine Überprüfung
der erforderlichen Erledigungen stattfindet (vgl dazu BSG Beschluss vom 18.1.2006 - B 6 KA 41/05 R - MedR 2006, 235; BSGE 61, 213, 216 = SozR 1500 § 67 Nr 18 S 44; BSG Beschluss vom 19.5.2005 - B 10 EG 3/05 B - Juris; OVG Saarland NVwZ-RR 2005, 448; s auch BGH NJW 1996, 1178 f).
Dass der Bevollmächtigte das Versenden der Post noch am 2.9.2015 in der vorbeschriebenen Weise kontrolliert hat, hat er weder
vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Wäre bei einer solchen Kontrolle aufgefallen, dass der Schriftsatz ggf noch nicht zur
Post gegeben worden war, hätte die Möglichkeit bestanden, durch eine Übermittlung per Telefax die Frist zu wahren.
Mangels Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds scheidet die Wiedereinsetzung in die versäumte Begründungsfrist damit
aus. Die unzulässige Revision ist ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu
verwerfen (§
169 Satz 2 und
3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.