Erstattungsanspruch der Krankenkasse gegen den Rentenversicherungsträger nach abgelehntem Reha-Antrag
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über einen Erstattungsanspruch der klagenden Betriebskrankenkasse (BKK) gegenüber der Beklagten,
einem Regionalträger der gesetzlichen Rentenversicherung; die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von gezahltem
Krankengeld (KrG) an einen Versicherten, dessen Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation (Reha) die Beklagte zu Unrecht nicht
als Rentenantrag behandelt und entsprechend beschieden habe.
Der im April 1940 geborene W. H. (im Folgenden: H.) war bei der A. Hausgeräte GmbH (im Folgenden: AGmbH) versicherungspflichtig
beschäftigt und seit dem 27.3.1998 arbeitsunfähig erkrankt; nach Ablauf der Entgeltfortzahlung zahlte ihm die Klägerin KrG.
In der Folgezeit einigte sich H. mit der AGmbH darüber, dass sein Arbeitsverhältnis zum 30.11.1998 enden sollte. Er stellte
am 8.6.1998 einen Antrag auf betriebliches Ruhegeld ab dem 1.12.1998 und nahm das Angebot der AGmbH vom 28.8.1998 an, das
Arbeitsverhältnis zum 30.11.1998 gegen eine Abfindung von DM 6.000,-- brutto aufzuheben. Am 12.10.1998 wurde H. durch den
Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) untersucht, dem er von der bevorstehenden Auflösung seines Arbeitsverhältnisses
berichtete und von einer in Aussicht gestellten vorgezogenen betrieblichen Altersversorgung im Vorgriff auf das Altersruhegeld
mit Vollendung des 60. Lebensjahrs. Mit Schreiben vom 16.10.1998 forderte die Klägerin H. zur Stellung eines Antrags auf Reha
bei der Beklagten auf; gleichzeitig meldete sie dort vorsorglich einen Erstattungsanspruch an. Den Reha-Antrag des Klägers
vom 4.11.1998 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.11.1998 ab. Die Voraussetzungen des §
9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) seien nicht gegeben, weil H. ab 1.12.1998 Vorruhestandsgeld beziehe; nach den objektiven Gegebenheiten sei eine dauerhafte
Eingliederung bzw eine Rückkehr in das Erwerbsleben nicht zu erwarten. Im Namen der AGmbH erteilte die EHG-Elektroholding
GmbH (im Folgenden: EGmbH) unter dem 27.11.1998 dem H. einen "Bescheid" über betriebliches Ruhegeld in Höhe von DM 451,98
brutto/Monat; bis zur Bewilligung der Sozialversicherungsrente erhalte H. ferner ein zusätzliches Ruhegeld von DM 252,30 brutto/Monat.
H. sei verpflichtet, spätestens zum 1.5.2000 die Altersrente aus der gesetzlichen Sozialversicherung in Anspruch zu nehmen.
Die Klägerin stellte die KrG-Zahlung mit dem 23.9.1999 ein.
Die Klägerin bat die Beklagte im Dezember 1998 telefonisch um Prüfung, ob der Antrag des H. als Rentenantrag umgedeutet werden
könne. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20.1.1999 ab; §
116 Abs
2 SGB VI finde hier keine Anwendung, im Übrigen sei der Bescheid vom 11.11.1998 rechtskräftig. Auch ein Schreiben der Klägerin vom
28.1.1999 wurde entsprechend abschlägig beschieden (Schreiben der Beklagten vom 16.3.1999).
Am 24.8.1999 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, 1. den Antrag des H. vom 16.10.1998 nach §
116 Abs
2 SGB VI in einen Rentenantrag umzudeuten, 2. das Vorliegen von Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit (BU/EU) zu prüfen und ggf festzustellen
sowie 3. die Beklagte ggf zu verurteilen, ihren geltend gemachten Erstattungsanspruch zu erfüllen. Das Sozialgericht Nürnberg
(SG) hat die Klage mit Urteil vom 16.5.2001 abgewiesen. Es hat das klägerische Begehren im Kern als Leistungsklage aufgefasst,
die lediglich durch die differenzierte Antragstellung die Herstellung der notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen des
Erstattungsanspruchs (Antrag 1) sowie die sachliche Zuständigkeit der Beklagten zur Entscheidung über das Bestehen eines Rentenanspruchs
(Antrag 2) gesondert ausweise. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch komme allein § 103 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Betracht; dessen Tatbestandsvoraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Die Beklagte habe H. keine Rente gewährt und sei
auch nicht verpflichtet gewesen, über einen Rentenanspruch des H. wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu entscheiden. Über
den von der Klägerin im Verfahren nach §
51 Abs
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) initiierten Reha-Antrag des H. habe die Beklagte mit Bescheid vom 11.11.1998 abschließend entschieden. Sie habe auch keine
Sachentscheidung über einen Rentenanspruch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu Unrecht unterlassen. Die Fiktion des §
116 Abs
2 SGB VI greife nicht ein. Diese setze voraus, dass der Versicherte mindestens berufsunfähig und eine erfolgreiche Reha nicht zu erwarten
sei. An beidem fehle es. Auch wenn H. seine letzte Tätigkeit nicht mehr habe ausüben können, setze BU zusätzlich voraus, dass
auch sozial und gesundheitlich zumutbare Verweisungstätigkeiten nicht mehr ohne zeitliche Einschränkung bewältigt werden könnten;
insoweit aber fehlten offensichtliche Hinweise. Zu Recht habe sich die Beklagte darauf beschränkt, den Reha-Antrag ohne medizinische
Prüfung aus versicherungsrechtlichen Gründen abzulehnen. Denn H. sei bereits dauerhaft aus dem Erwerbsleben ausgeschieden
gewesen. Außerdem habe er iS des §
12 Abs
1 Nr
4a SGB VI eine Leistung bezogen, die regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters bezahlt werde, nämlich in Form der arbeitsvertraglich
zugesagten betrieblichen Rentenansprüche; auf deren konkrete Höhe komme es nicht an. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
der Klägerin bestehe nicht und könne insbesondere nicht mit einem Verstoß gegen die Zusammenarbeitspflicht nach § 86 SGB X begründet werden. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 9.11.2005 die Berufung der Klägerin im Wesentlichen
aus den Gründen des SG-Urteils zurückgewiesen.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung des §
116 Abs
2 SGB VI. Die Ablehnung der Umdeutung des Antrags nach §
51 Abs
1 SGB V sei rechtswidrig gewesen. Aus der gesetzlichen Systematik sei ersichtlich, dass Rentenzahlungen den Vorrang vor KrG-Leistungen
hätten. Folge man den Vorinstanzen, liefe das Recht der Krankenkassen (KK), den Versicherten zur Stellung eines Antrags nach
§
51 Abs
1 SGB V aufzufordern und somit eine Abgrenzung der Leistungszuständigkeit einzuleiten, ins Leere. Auch wenn an sich ein Reha-Antrag
aus rechtlichen Gründen abzulehnen wäre, sei §
116 Abs
2 SGB VI gleichwohl analog anzuwenden. Es entspreche dem Gesetzesplan, dass der Krankenversicherungsträger über das Verfahren nach
§
51 SGB V letztlich das Vorliegen der Voraussetzungen einer Rente prüfen lassen könne. Diese Verfahrenskette dürfe nicht allein deswegen
abgebrochen werden, weil die formalen Reha-Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Für die Abgrenzung der Leistungszuständigkeit
der Sozialversicherungsträger könne es aus Sicht der KK nicht auf den zufälligen Umstand der Möglichkeit einer Wiedereingliederung
in das Erwerbsleben ankommen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9.11.2005 sowie des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.5.2001 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, ihr das an den zwischenzeitlich verstorbenen Versicherten gezahlte Krankengeld zu erstatten,
soweit dieses geleistet worden ist, weil dessen Reha-Antrag nicht als Rentenantrag angesehen worden sei.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Schon nach dem Recht der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) habe der Gesetzgeber davon abgesehen, den KK ein eigenes Antragsrecht auf Leistungen der Rentenversicherung für ihre Versicherten
zur Verfügung zu stellen. Insbesondere durch die Regelung des §
12 Abs
1 Nr
4a SGB VI habe der Gesetzgeber in der Terminologie der Klägerin den vorzeitigen "Abbruch der Verfahrenskette" für Fälle wie den vorliegenden
normiert. Wenn nun stattdessen dennoch eine verwaltungsaufwendige Prüfung erfolgen müsse, widerspreche dies dem erklärten
Ziel der Kostenersparnis durch diese neue Vorschrift. Die Klägerin handele mit ihrer Forderung nach einer medizinischen Prüfung
auch dem in § 86 SGB X niederlegten Gebot der Zusammenarbeit zuwider, weil sie einen unverhältnismäßigen Prüfungsaufwand fordere, obwohl dessen
Sinnlosigkeit zumindest in Bezug auf eine Reha-Maßnahme von vornherein feststehe.
II. Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte.
1. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage als zulässig angesehen. Unabhängig von der Formulierung der in den Tatsacheninstanzen
gestellten Anträge im Einzelnen ist iS des §
123 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) über den von der Klägerin erhobenen Erstattungsanspruch zu entscheiden. Die Klägerin macht insoweit geltend, ihr stehe ein
solcher Anspruch zu, weil die Beklagte den von ihr gemäß §
51 Abs
1 Satz 1
SGB V initiierten Antrag des H. auf Leistungen zur medizinischen Reha und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu Unrecht nicht gemäß §
116 Abs
2 SGB VI als Antrag auf Rente behandelt und positiv beschieden habe, wodurch gemäß §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V der Anspruch des H. auf KrG geendet hätte.
2. Als gesetzliche Grundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch kommt lediglich § 103 SGB X in Betracht. Nach dessen Abs 1 gilt:
"Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen,
ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst
geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat."
Die Klägerin macht insoweit geltend, der Anspruch des H. auf KrG (§
44 SGB V) sei - ab einem von ihr nicht spezifizierten Datum - entfallen, denn dem H. habe, wie von der Beklagten fälschlicherweise
nicht geprüft, Rente wegen EU zugestanden. Insoweit regelt §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V, dass der KrG-Anspruch für Versicherte, die Rente wegen EU beziehen, von Beginn dieser Leistungen an endet. Sinngemäß macht
die Klägerin hilfsweise geltend, H. habe Rente wegen EU oder wegen BU von einem Zeitpunkt an zugestanden, der nach dem Beginn
der Arbeitsunfähigkeit (AU) lag. Für diesen Fall regelt §
50 Abs
2 Nr
1 bzw Nr
2 SGB V, dass das KrG um den Zahlbetrag der jeweiligen Rente zu kürzen ist.
3. Auf der geschilderten Grundlage steht dem Anspruch der Klägerin nach § 103 Abs 1 SGB X vordergründig entgegen, dass die Beklagte dem H. niemals Rente wegen EU bzw BU bewilligt hat; demgemäß lag insoweit weder
iS des §
50 Abs
1 Satz 1
SGB V ein "Beginn" der Rente wegen EU vor noch iS des §
50 Abs
2 SGB V eine "Zuerkennung" dieser Rente oder einer Rente wegen BU. Die Klägerin beruft sich zwar darauf, dass der auf den Reha-Antrag
des H. ergangene ablehnende Bescheid der Beklagten vom 11.11.1998 insoweit fehlerhaft sei, als er nicht gleichzeitig über
einen Anspruch des H. auf Rente wegen EU oder BU entschieden und ihm demgemäß auch keine solche Leistung bewilligt habe. Wie
im Senatsurteil vom 1.9.1999 (SozR 3-1300 § 86 Nr 3 S 6 mwN) im Einzelnen dargelegt, hat jedoch beim Streit über einen Erstattungsanspruch
der nachrangige oder unzuständige Leistungsträger die Entscheidung des vorrangigen oder zuständigen Leistungsträgers grundsätzlich
hinzunehmen. Der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger kann sich in der Regel auf die bindende Entscheidung
einschließlich ihrer Tatbestandswirkung berufen; dies gilt im Grundsatz auch für den Fall, dass der die Leistung bewilligende
oder ablehnende Verwaltungsakt fehlerhaft ist. Nur der Versicherte selbst, nicht aber die KK war berechtigt, den Bescheid
vom 11.11.1998 anzufechten.
4. a) Von diesem Grundsatz gibt es freilich (wie ebenfalls aaO des Näheren dargelegt) auf Grund der in § 86 SGB X normierten Pflicht der Leistungsträger, "bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetzbuch eng zusammenzuarbeiten",
eine Ausnahme: Dem in Anspruch genommenen Leistungsträger ist es dann versagt, auf der getroffenen Entscheidung zu beharren,
wenn sich diese als offensichtlich fehlerhaft erweist und sich dies zum Nachteil des anderen Leistungsträgers auswirkt. Wenn
die getroffene Entscheidung objektiv unter Berücksichtigung der verfügbaren Entscheidungsgrundlagen dem materiellen Recht
deutlich widerspricht, hat der Leistungsträger im Erstattungsstreit die Fehlentscheidung zu korrigieren.
b) Diese von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme vom Grundsatz der Bindung der Leistungsträger untereinander an gegenüber
den Berechtigten ergangene Bescheide kommt der Klägerin im vorliegenden Fall jedoch nicht zugute. Entgegen der Rechtsmeinung
der Klägerin war die Beklagte weder gemäß §
116 Abs
2 SGB VI noch sonst im Sinne der zitierten Rechtsprechung "offensichtlich" verpflichtet, auf den Antrag des H. vom 4.11.1998 über
einen Anspruch auf Rente wegen EU bzw BU zu entscheiden noch gar, ihm eine derartige Rente zu bewilligen.
Zwar galt nach §
116 Abs
2 Nr
1 SGB VI in der damals anwendbaren Fassung ein Antrag auf Leistungen zur Reha als Antrag auf Rente ua dann, wenn der Versicherte erwerbsunfähig
oder berufsunfähig und eine erfolgreiche Reha nicht zu erwarten war. Diese Voraussetzungen lagen jedoch nach den das Bundessozialgericht
(BSG) bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen nicht offensichtlich vor. Das LSG hat durch Verweisung auf die
Gründe des erstinstanzlichen Urteils gemäß §
153 Abs
2 SGG dessen tatsächliche Feststellungen bestätigt. Hiernach fehlen offensichtliche Hinweise dafür, dass bei H. auf Grund der damals
vorliegenden dauerhaften gesundheitlichen Veränderungen die medizinischen Voraussetzungen eines Leistungsfalles zumindest
der BU vorlagen. Der MDK hatte in seinem Gutachten vom 13.10.1998 die Einschätzung vertreten, dass H. in seiner letzten Beschäftigung
als Kundendiensttechniker wohl auf Dauer arbeitsunfähig bleibe. Hiermit ist jedoch nichts über dessen BU oder gar EU ausgesagt,
da nahe lag, dass ihm sozial und gesundheitlich zumutbare Verweisungstätigkeiten noch ohne zeitliche Einschränkung möglich
waren. Gegen diese Feststellungen hat die Klägerin Verfahrensrügen nicht erhoben (§
163 SGG).
War aber H. im Zeitpunkt der Erteilung des Bescheids vom 11.11.1998 weder berufs- noch erwerbsunfähig, fehlte es bereits an
dieser Voraussetzung, um seinen Reha-Antrag vom 4.11.1998 gemäß §
116 Abs
2 SGB VI (auch) als Rentenantrag zu behandeln und zu bescheiden. Auf dieser Grundlage kann der Senat offen lassen, ob der von der
Klägerin erhobene Vorwurf, die Beklagte habe den Reha-Antrag des H. zu Unrecht nicht in einen Rentenantrag umgedeutet, im
Sinne der oben zitierten Rechtsprechung als Verstoß gegen "materielles Recht" zu werten wäre.
Im vorliegenden Zusammenhang unerheblich ist, ob sich - was eher unwahrscheinlich erscheint - im Nachhinein feststellen ließe,
ob der (inzwischen verstorbene) H. im November 1998 in der Tat berufs- oder erwerbsunfähig war. Denn das Abstellen darauf,
ob die Entscheidung der Beklagten, den Reha-Antrag des H. nicht gleichzeitig als Rentenantrag zu behandeln und ihm auch keine
Rente zu bewilligen, "offensichtlich" fehlerhaft war, soll gerade verhindern, dass in Erstattungsverfahren wie dem vorliegenden
noch umfangreich zu ermitteln ist (vgl BSG vom 14.5.1985 - 4a RJ 79/84, USK 8582 S 427): Was offensichtlich ist, bedarf keiner
weiteren Klärung.
c) Ebenso offen lassen kann der Senat, ob er - für das hier anzuwendende Recht - der Rechtsauffassung des 3. Senats des BSG
zum (früheren) Rechtszustand folgt, dass auch unabhängig von der Vorläufervorschrift zu §
116 Abs
2 SGB VI (nämlich § 1241d Abs 3
RVO, § 18d Abs 3 Angestelltenversicherungsgesetz) der Reha-Antrag in aller Regel von vornherein zugleich das Ersuchen um Rentengewährung beinhalte,
falls sich die Erwerbsminderung nicht beseitigen lasse. Dies hat der 3. Senat daraus hergeleitet, dass bei dem Leistungsbegehren
eines Versicherten nicht am Wortlaut seiner Erklärung zu haften sei; der Versicherungsträger müsse vielmehr entsprechend der
Bestimmung des § 2 Abs 2 Halbsatz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch davon ausgehen, dass der Versicherte die ihm günstigste Art
der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen wolle (Urteil vom 10.10.1979 - 3 RK 25/79, ErsK 1980, 46, 49). Selbst wenn jedoch die Beklagte auf den Antrag vom 4.11.1998 ausdrücklich entschieden hätte, dass dem
H. keine Rente wegen BU oder EU zustehe, so wäre diese Entscheidung nach den dargelegten tatsächlichen Feststellungen jedenfalls
iS der oben erläuterten Rechtsprechung nicht offensichtlich fehlerhaft gewesen.
5. Nach alledem kann dahinstehen, ob, wie von der Beklagten vertreten, die gesetzliche Fiktion des §
116 Abs
2 SGB VI, ein Reha-Antrag gelte unter bestimmten Voraussetzungen als Rentenantrag, jedenfalls dann nicht anwendbar ist, wenn der Reha-Antrag
bereits gemäß §
12 Abs
1 Nr
4a SGB VI abzulehnen ist. Nach dieser Vorschrift (in der hier maßgebenden Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes
vom 25.9.1996, BGBl I 1461) werden Leistungen zur Reha nicht für Versicherte erbracht, die eine Leistung beziehen, die regelmäßig
bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird.
Die Rentenversicherungsträger gehen davon aus, dass in solchen Fällen keine Umdeutung in einen Rentenantrag gemäß oder entsprechend
§
116 Abs
2 Nr
1 SGB VI stattfinde (VerbandsKomm, §
12 SGB VI Anm 6.1, Stand: März 2007); die Prüfung nach §
116 Abs
2 Nr
1 SGB VI, "ob eine erfolgreiche Reha nicht zu erwarten ist" setze vielmehr "wortimmanent" voraus, dass eine Reha-Leistung durch den
Rentenversicherungsträger dem Grunde nach überhaupt zulässig sei. Dies aber treffe im Rahmen der Ausschlussregelung des §
12 Abs
1 Nr
4a SGB VI gerade nicht zu; daher komme auch der Grundsatz "Reha vor Rente" hier nicht zum Tragen.
Im Gegensatz hierzu vertritt die Revision die Rechtsansicht, dass bei einer derartigen Verfahrensweise das Recht der KK unangemessen
verkürzt werde, ihre Pflicht zur Krankengeldzahlung dadurch zu beenden, dass sie den Versicherten gemäß §
51 Abs
1 Satz 1
SGB V zur Stellung eines Reha-Antrags auffordere, der über die gesetzliche Fiktion des §
116 Abs
2 SGB VI ggf zur Bewilligung einer Rente wegen EU bzw BU in den oben angegebenen Folgen des §
50 Abs
1 bzw Abs
2 SGB V führe.
Auf diese Streitfrage kommt es jedoch für die Entscheidung über die Klage nicht an, weil es im Rahmen der "Offensichtlichkeits"-Prüfung
bereits am deutlichen (offensichtlichen) Vorliegen einer BU oder EU bei H. fehlte. Damit hatte der Senat auch nicht zu überprüfen,
ob bei H. die tatbestandlichen Voraussetzungen des §
12 Abs
1 Nr
4a SGB VI (hierzu BSG vom 14.12.2006 - B 4 R 19/06 R, RdNr 46 ff) vorlagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 und 4
SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6.
SGG-Änderungsgesetzes vom 17.8.2001 (BGBl I 2144) am 2.1.2002 geltenden Fassung, die vorliegend noch anzuwenden ist, weil der
Rechtstreit bereits im Jahre 1999 beim SG anhängig geworden ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24).