Berechnung einer Erwerbsminderungsrente nach dem Eingliederungsprinzip
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
In dem der Beschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit ist umstritten, ob die der Klägerin gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung
gemäß dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung
vom 9.10.1975 (Abk Polen RV/UV) nach dem sog Eingliederungsprinzip zu berechnen ist.
Die im Mai 1959 in Warschau geborene Klägerin ist polnische Staatsangehörige. Sie war zunächst in Polen beschäftigt, ehe sie
nach Berlin (West) übersiedelte. Dort war sie von Dezember 1988 bis Februar 1989 in Berlin-N. polizeilich gemeldet, anschließend
wieder in Polen und sodann ab dem 15.9.1990 in Berlin-K. unter der Adresse ihres jetzigen Ehemanns. Nach der Scheidung von
ihrem ersten Ehemann in Polen am 29.5.1991 heiratete sie am 24.7.1992 ihren jetzigen Ehemann, einen in Berlin lebenden österreichischen
Staatsangehörigen. Im April 1994 beantragte sie erstmalig eine Aufenthaltsgenehmigung, die ihr zunächst befristet und im Jahr
1999 unbefristet erteilt wurde. Zuvor war sie in Berlin ausländerrechtlich überhaupt nicht registriert, hatte mithin weder
Asyl beantragt noch war ihr eine Duldung erteilt worden, sodass sie über keinerlei ausländerrechtlichen Status verfügte.
Der beklagte Rentenversicherungsträger bewilligte der Klägerin aufgrund eines im Mai 2007 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs
zunächst befristet für den Zeitraum 1.6.2005 bis 31.1.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rentenhöhe ermittelte
die Beklagte nach einer "zwischenstaatlichen Berechnung" gemäß den Regelungen der EWGV 1408/71. Dabei ergaben sich 4,5975 persönliche Entgeltpunkte (pEP) und 0,0188 pEP (Ost) sowie ein monatlicher Zahlbetrag
von ca 120 Euro (Bescheid vom 7.8.2007; Widerspruchsbescheid vom 18.3.2008). Klage und Berufung der Klägerin hiergegen sind ohne Erfolg geblieben (Urteile vom 18.5.2011 bzw 18.5.2013). Auf die Revision der Klägerin hat das BSG das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.5.2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an
dieses Gericht zurückverwiesen (Urteil vom 16.6.2015 - B 13 R 36/13 R - juris). Nach weiteren Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Berlin
vom 18.5.2011 erneut zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Aufenthalt der Klägerin in Berlin (West) ab 15.9.1990
sei bis zum Jahresende nicht unter Umständen erfolgt, die bei vorausschauender Betrachtungsweise darauf schließen ließen,
dass es sich um einen gewöhnlichen Aufenthalt iS des Abk Polen RV/UV gehandelt habe. Zwar habe die Klägerin damals bei ihrem
späteren zweiten Ehemann gelebt und sei im November 1990 schwanger geworden. Dennoch sei es am maßgeblichen Stichtag 31.12.1990
prognostisch offen gewesen, ob die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Warschau endgültig aufgeben werde. So habe ihr
dortiges Arbeitsverhältnis fortbestanden und sei erst mit dem Auslaufen ihrer Beurlaubung zum 31.3.1991 einvernehmlich beendet
worden. Zudem sei sie zu diesem Zeitpunkt weiterhin in erster Ehe verheiratet gewesen und ihr sei noch im Scheidungsurteil
vom 29.5.1991 ein Recht zur "Nutzung des kleineren Zimmers" der ehelichen Wohnung zugesprochen worden. Die Bindungen an ihre
Heimatstadt seien so groß gewesen, dass sie wegen Schwangerschaftskomplikationen und Misstrauens gegen ihren Berliner Arzt
im Februar 1991 einen Arzt in Warschau aufgesucht habe. Dieser habe eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt und in einem Warschauer
Krankenhaus sei es zu einem Schwangerschaftsabbruch gekommen. Schließlich habe die Klägerin vor dem 31.12.1990 nichts unternommen,
um einen legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen, obwohl sie nach Bundes- und Landesrecht ausreisepflichtig gewesen sei und
dies nach damals geltender "Erlasslage" auch zwangsweise habe durchgesetzt werden können. Dass sie dies gewusst habe, ergebe
sich aus einer von ihrem jetzigen Ehemann im Januar 1991 eingeholten Auskunft eines Rechtsanwalts (Urteil vom 4.12.2018).
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde, für die
sie die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beantragt. Sie beruft sich ausschließlich
auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Klärungsbedürftig und klärungsfähig sei die folgende Rechtsfrage:
"Ist bei der für die Frage des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland im Sinne des §
30 Abs.
2 S. 1
SGB I anzustellenden vorausschauenden Betrachtungsweise bei einer Ausländerin, die in Deutschland lebt und keinen Aufenthaltstitel
besitzt, davon auszugehen, dass sie zukunftsoffen bis auf Weiteres in Deutschland verweilen wird, wenn sie schwanger ist und
der Kindsvater Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union ist?"
Zur Erläuterung dieser Frage führt sie aus, dass nach der Rechtsprechung des BSG die Frage, ob sich jemand gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhalte oder nur vorübergehend dort verweile, im
Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise zu entscheiden sei, wobei die Prognose alle mit dem Aufenthalt verbundenen subjektiven
wie objektiven, tatsächlichen wie rechtlichen Umstände zu berücksichtigen habe und es nicht allein auf den Willen des Betroffenen
ankomme. Bei Ausländern sei zusätzlich deren Aufenthaltsposition im Rahmen der Gesamtwürdigung als rechtlicher Gesichtspunkt
heranzuziehen, ohne dass dies alleinige Grundlage der Prognose sein könne. Auch hierbei könne die familiäre Situation eine
Rolle spielen. Entgegen der Auffassung des LSG habe sie - die Klägerin - aufgrund der österreichischen Staatsangehörigkeit
des Kindsvaters Anspruch auf einen Aufenthaltstitel gehabt, was das LSG jedoch in seine Betrachtungen nicht einbezogen habe.
Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, inwieweit bei Schwangeren, die über den Kindsvater eine begründete Aussicht
auf einen Aufenthaltstitel hätten, diese Erwartungshaltung für die Annahme des zukunftsoffenen Verweilens ausreiche und inwieweit
die jeweilige Verwaltungspraxis der Behörden in Bezug auf eine solche Fallgestaltung zu berücksichtigen sei. Im Hinblick hierauf
bedürfe es einer Konkretisierung der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
II
1. Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von PKH zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil
des LSG vom 4.12.2018 ist abzulehnen.
Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §§
114,
121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG ua nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die von der Klägerin eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung
der Revision im Urteil des LSG nicht erfolgreich sein kann. Die Klägerin hat PKH für eine von einem beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten bereits eingelegte und bis zum Ablauf der Begründungsfrist am 18.3.2019 bereits begründete
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beantragt. Die Revision wäre daher nur zuzulassen, wenn mit dieser Beschwerde
einer der in §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG genannten Zulassungsgründe in der gemäß §
160a Abs
2 Satz 3
SGG vorgeschriebenen Form dargelegt und tatsächlich gegeben wäre. Solche Erfolgsaussicht besteht hier nicht, weil die Beschwerde
jedenfalls unbegründet ist (dazu unten 2.).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts
im Rahmen der PKH (§
73a Abs
1 SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
2. Die unabhängig vom Antrag auf Bewilligung von PKH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der von der Klägerin ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) liegt nicht vor.
Es kann dahinstehen, ob die Beschwerdebegründung der Klägerin den Darlegungsanforderungen des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG genügt und die Beschwerde zulässig ist (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
160a RdNr 17a). Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, weil die von der Klägerin formulierte, auf die Gewichtung bei ihr vorliegender
Umstände bei der Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthalts iS des §
30 Abs
2 SGB I zielende Rechtsfrage nicht (mehr) klärungsbedürftig ist. Dies ist aber Voraussetzung für die Zulassung der Revision (stRspr, zB BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 4 mwN; BSG Beschluss vom 29.6.2018 - B 13 R 9/16 B - juris RdNr 12 mwN).
Regelmäßig nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die bereits höchstrichterlich entschieden ist (stRspr; zB BSG Beschluss vom 16.4.2013 - B 14 AS 206/12 B - juris RdNr 6 mwN; zu den - hier nicht in Betracht kommenden - Ausnahmen vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
160 RdNr 8b f). Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG
diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen
sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage
geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - juris RdNr 4). Das ist hier der Fall.
a) Aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits hat das BSG mit Urteil vom 16.6.2015 (B 13 R 36/13 R - juris RdNr 23 ff) bereits entschieden, dass die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" im Abk Polen RV/UV in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland
auf den innerstaatlichen (deutschen) Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts verweisen, wie er für die gesetzliche Rentenversicherung
als Teil des SGB in §
30 Abs
3 Satz 2
SGB I geregelt ist (stRspr; BSG Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 25 mwN; BSG Urteil vom 16.6.2015 - B 13 R 36/13 R - juris RdNr 23). Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er
an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, ist nach der Rechtsprechung
des BSG im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) zu entscheiden (BSG Urteil vom 16.6.2015 - B 13 R 36/13 R - juris RdNr 25; BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 13 R 1/12 R - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 25 ff; BSG Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 28 ff - jeweils mwN). Die Prognose hat - wie in der Beschwerdebegründung zutreffend ausgeführt - alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände
zu berücksichtigen; dies umfasst subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche Gesichtspunkte. Es kann demnach nicht
allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sog Domizilwille: BSG vom 9.5.1995 - 8 RKn 2/94 - juris RdNr 17); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (vgl BSG Urteil vom 22.3.1988 - 8/5a RKn 11/87 - BSGE 63, 93 = SozR 2200 § 205 Nr 65 - juris RdNr 20 mwN). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in
dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt
erforderlich ist. Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt dagegen als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne.
Ebenso hat das BSG mit Urteil vom 16.6.2015 schon entschieden, dass bei Ausländern im Rahmen der Gesamtwürdigung als ein rechtlicher Gesichtspunkt
deren Aufenthaltsposition heranzuziehen ist, ohne dass diese aber allein Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts
sein kann. Dabei wird die Aufenthaltsposition wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen
bestimmt, wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstellt. Zu den Tatsachen, die bei der Prognose
im Rahmen des §
30 Abs
3 Satz 2
SGB I zu berücksichtigen sind, gehören aber auch eventuelle Hindernisse, die der Abschiebung eines Ausländers entgegenstehen, wobei
auch die familiäre Situation, etwa der Aufenthaltsstatus des Ehegatten, eine Rolle spielen kann (BSG Urteil vom 16.6.2015 - B 13 R 36/13 R - juris RdNr 26 mwN).
Danach ist die von der Klägerin formulierte Frage schon durch das Urteil vom 16.6.2015 sowie die dort in Bezug genommene ältere
Rechtsprechung des BSG dahingehend beantwortet, dass bei einer Ausländerin, die in Deutschland lebt und keinen Aufenthaltstitel besitzt, nicht allein
deshalb von einem gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland auszugehen ist, weil sie schwanger ist und der
Kindsvater Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union ist. Vielmehr handelt es sich bei der Schwangerschaft
wie auch der Staatsangehörigkeit des Kindsvaters nur um zwei Gesichtspunkte, die bei der auf den Stichtag 31.12.1990 bezogenen
Prognoseerstellung im Rahmen der Gesamtwürdigung aller mit dem Aufenthalt verbundenen subjektiven wie objektiven, tatsächlichen
wie rechtlichen Umstände zu berücksichtigen sind. Dass nicht allein diese beiden Umstände ausschlaggebend sein können, zeigt
schon die praktische Erfahrung, wonach nicht jede Schwangerschaft eine Lebensgemeinschaft der Kindseltern zur Folge hat. Im
Übrigen war der Kindsvater und zweite Ehemann der Klägerin als österreichischer Staatsbürger am 31.12.1990 kein Staatsangehöriger
eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, da die Republik Österreich der Europäischen Union erst zum 1.1.1995 beigetreten
ist (EU- Beitrittsvertrag vom 24.6.1994, ÖsterBGBl 1995, 2199).
b) Die Beschwerde der Klägerin könnte aber selbst dann keinen Erfolg haben, wenn die formulierte Frage - was in der Beschwerdebegründung
allenfalls anklingt - auf die Reichweite der Prüfungsbefugnis des BSG im Hinblick auf die Prognosestellung zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts abzielte. Auch eine solche Fragestellung
wäre aufgrund der Rechtsprechung des BSG, wie sie auch dem Urteil vom 16.6.2015 (B 13 R 36/13 R - juris RdNr 27 f mwN) zugrunde liegt, bereits geklärt. Danach bedeutet das Erstellen der erforderlichen Prognose nach stRspr des BSG verfahrensrechtlich die Feststellung einer hypothetischen Tatsache. Deshalb ist es allein Aufgabe der Tatsachengerichte,
die notwendigen Ermittlungen durchzuführen und daraus die Prognose abzuleiten. Wie bei einer sonstigen Tatsachenfeststellung
entscheidet das Gericht auch bei einer Prognose nach freier Überzeugung. Dabei gehören die Prognose und die Feststellung der
für ihre Erstellung notwendigen Tatsachen nicht zur Rechtsanwendung; sie können deshalb vor dem Revisionsgericht nur mit Verfahrensrügen
angegriffen werden. Jedoch hat das Revisionsgericht auch ohne Verfahrensrüge zu prüfen, ob das LSG für seine Prognose sachgerechte
Kriterien gewählt hat oder ob die Prognose auf rechtlich falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht (vgl nunmehr auch BSG Urteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - SozR 4-7837 § 1 Nr 9 RdNr 30 f, auch für BSGE vorgesehen).
Für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde folgt daraus, dass die Klägerin nicht mit dem Vortrag gehört werden kann,
entgegen der Auffassung des LSG habe sie - die Klägerin - aufgrund der österreichischen Staatsangehörigkeit des Kindsvaters
Anspruch auf einen Aufenthaltstitel gehabt, was das LSG in die Gesamtbetrachtung habe mit einbeziehen müssen. Ebenso kann
die Klägerin die Beschwerde nicht darauf stützen, dass das LSG bestimmte, in ihrem Fall vorliegende Umstände - Schwangerschaft
und Staatsangehörigkeit des Vaters - im Rahmen der konkreten Gesamtwürdigung als zu ihren Gunsten ausschlaggebend habe ansehen
müssen. Damit benennt die Klägerin keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung und auch keinen der anderen in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgezählten Gründe für die Zulassung der Revision. Vielmehr wendet sie sich allein gegen die inhaltliche Richtigkeit
des Berufungsurteils. Ein solcher Vortrag kann jedoch von vornherein nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN; BSG Beschluss vom 19.9.2020 - B 13 R 139/19 B - juris RdNr 10).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.