Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II; Berücksichtigung einer Erwerbsunfähigkeitsrente
in einer gemischten Bedarfsgemeinschaft als Einkommen
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger zu 1 für den Zeitraum vom 1.10.2006 bis 31.3.2007 ein Anspruch auf höhere
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zusteht. Streitig ist dabei
insbesondere, ob die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit des Klägers zu 2 als Einkommen zu berücksichtigen ist.
Der ledige Kläger zu 1 ist am 1985 geboren. Er lebt mit seinem 1961 geborenen Vater (Kläger zu 2) in einem gemeinsamen Haushalt
im Eigenheim des Klägers zu 2. Weiterhin lebt in diesem Haus die 1986 geborene Schwester, die über eigenes Einkommen verfügt
und keine Ansprüche nach dem SGB II geltend macht. Der Kläger zu 2 bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer,
die ab Juli 2005 in einer Höhe von monatlich 615,84 Euro gewährt wurde. Der Kläger zu 1 bezog bis August 2005 Arbeitslosengeld
(Alg) nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch. Anschließend stand er im Bezug von Alg II. Von Juni bis September 2006 war er
gegen Entgelt als Maler beschäftigt. Das dabei erzielte Entgelt deckte seinen Bedarf, sodass für diesen Zeitraum kein Anspruch
auf Alg II geltend gemacht wurde.
Am 22.9.2006 beantragte der Kläger zu 1 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II, weil er weder Einkommen erziele noch
über Vermögen verfüge. Daraufhin bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 8.11.2006 Alg II in Höhe von 400,64 Euro für
den Oktober 2006 und in Höhe von monatlich 175,64 Euro für den Zeitraum von November 2006 bis März 2007. Die Beklagte ging
dabei von einer Regelleistung für den Kläger zu 1 in Höhe von 276 Euro monatlich, sowie von einem Zuschlag von 80 Euro monatlich
aus. Die Kosten der Unterkunft bezifferte sie für den Oktober 2006 mit 235,92 Euro und für den Zeitraum November 2006 bis
März 2007 mit 10,92 Euro monatlich. Weiterhin berücksichtigte die Beklagte die Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers zu 2 mit
jeweils monatlich 191,28 Euro als Einkommen.
Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 2.2.2007). Nach der ab 1.7.2006 maßgeblichen Rechtslage bilde
der Kläger zu 1 gemäß § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II als unter 25-jähriger mit seinem Vater eine Bedarfsgemeinschaft. Die Erwerbsunfähigkeitsrente
des Klägers zu 2 sei daher als Einkommen zu berücksichtigen. Die Rente in Höhe von monatlich 615,84 Euro sei jedoch um die
Versicherungspauschale von 30 Euro, um die Aufwendungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung von 38,64 Euro monatlich
auf 547,20 Euro monatlich zu bereinigen. Lege man bei dem Kläger zu 2 einen Bedarf in Höhe von 355,92 Euro monatlich zu Grunde
(345 Euro monatliche Regelleistung und 10,92 Euro Kosten der Unterkunft), so sei der diesen Bedarf übersteigende Betrag von
191,28 Euro als Einkommen bei dem Kläger zu 1 zu berücksichtigen.
Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 10.7.2008; Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts
[LSG] vom 10.12.2008). Zur Begründung seines die Berufung zurückweisenden Beschlusses hat das LSG ausgeführt, die Klage des
Klägers zu 2 sei bereits mangels Beschwer unzulässig gewesen. Zwar bilde er mit seinem Sohn, dem Kläger zu 1, eine Bedarfsgemeinschaft,
jedoch stünden ihm keine eigenen Leistungen nach dem SGB II zu, weil er erwerbsunfähig sei. Verfahrensrechtlich zu Recht habe
der Kläger zu 1 Leistungen nur an sich selbst geltend gemacht, weil die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden über Ansprüche
des Klägers zu 2 auch keine Verfügung iS des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch getroffen habe. Die Klage des Klägers zu 1
habe keinen Erfolg. Die Berücksichtigung des Einkommens des Klägers zu 2 folge aus seiner Mitgliedschaft in einer Bedarfsgemeinschaft
mit dem Kläger zu 1. Nach § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung gehöre auch der im Haushalt lebende nicht
erwerbsfähige Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet habe,
zur Bedarfsgemeinschaft. Der Gesetzgeber habe mit dem Gesetz vom 24.3.2006 die ursprüngliche Altersgrenze von 18 Jahren als
Austrittsgrenze aus der Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern auf 25 Jahre angehoben, um bewusst keinen Anreiz mehr zum Auszug
aus dem elterlichen Haushalt und zur Gründung eines eigenen Haushalts zu schaffen. Nach der gesetzgeberischen Konzeption des
§ 7 SGB II würden die Kläger zu 1 und zu 2 eine Bedarfsgemeinschaft bilden, die mit bürgerlich rechtlichen Unterhaltspflichten
nicht zur Deckung gebracht werden könne. Es bestünden auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese
Regelung. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums berechtigt
sei, typisierende Regelungen zu schaffen, bei denen das Eintreten Dritter auf Grund rechtlicher oder moralischer Verpflichtung
typischerweise erwartet werden könne. So lägen die Verhältnisse hier, weil auch aus dem von der Verfassung geschützten tradierten
Familienbild (Art
6 Abs
2 Grundgesetz [GG]) folge, dass leibliche Eltern ihre bei ihnen wohnenden Kinder in Notsituationen unterstützen würden. Hieran habe der
Gesetzgeber anknüpfen dürfen. Auch sei ein Verstoß gegen Art
3 Abs
1 GG nicht zu erkennen. Der Gesetzgeber habe bei der Neuregelung der Altersgrenze (25 Jahre) zum 1.7.2006 typischerweise davon
ausgehen dürfen, dass Kinder bis zu 25 Jahren, die zusammen mit ihren Eltern in einem gemeinsamen Haushalt leben, Unterstützung
innerhalb der Haushaltsgemeinschaft erhielten.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer, vom Senat zugelassenen, Revision. Sie rügen eine Verletzung des § 7 Abs 3 Nr 2
SGB II in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung iVm § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II. Diese Regelungen verstießen gegen Verfassungsrecht.
Insbesondere rügen sie eine Verletzung der Art
20 Abs
1 GG, Art
3 Abs
1 GG und Art
14 Abs
1 GG. Hinsichtlich des Klägers zu 1 liege eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips (Art
20 Abs
1 GG) vor. Bei ihm würden fiktive Unterhaltsleistungen des Klägers zu 2 berücksichtigt, die familienrechtlich überhaupt nicht
bestünden. Nach §
1603 Abs
1 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) stehe dem Kläger zu 2 ein Selbstbehalt zu, den er mit seiner Erwerbsunfähigkeitsrente nicht erreiche. Der Anspruch des Klägers
zu 1 auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dürfe nicht von einem familienrechtlich nicht bestehenden Unterhaltsanspruch
abhängig gemacht werden. Des Weiteren werde der Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG verletzt. Die gerügten Normen bewirkten, dass junge Erwachsene unter 25 Jahren auf staatliche Hilfe keinen oder nur geringeren
Anspruch hätten, während Personen in derselben Lebenslage ab dem 25. Geburtstag Hilfe erhielten. Eine Änderung in den Verhältnissen
trete aber durch die Vollendung des 25. Lebensjahres nicht ein. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wieso Erwachsene, die
nach dem 25. Lebensjahr bei ihren Eltern lebten, nicht in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen werden müssten. Der Kläger zu
2 macht geltend, dass durch die Berücksichtigung seiner Erwerbsunfähigkeitsrente, die lediglich etwa 615 Euro monatlich betrage,
sein durch Art
14 Abs
1 GG geschütztes Eigentum verletzt werde, weil ihm die wirtschaftliche Verfügungsmacht über diese Rente entzogen werde. Des Weiteren
rügt der Kläger zu 2 eine Verletzung des Gleichheitssatzes, weil die Mutter des Klägers zu 1, die sich nicht um den Kläger
zu 1 kümmere, in keiner Weise belastet werde. Er habe den Kläger zu 1 in seinem Haushalt aufgenommen und allein erzogen, mit
der Konsequenz, dass seine Rente nunmehr als Einkommen bei seinem Sohn berücksichtigt werde. Im Übrigen sei auch davon auszugehen,
dass § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II nunmehr insbesondere Frauen benachteilige, die in der Regel die Last der Alleinerziehung tragen
würden. Insofern werde wegen der mittelbaren Diskriminierung durch diese Norm auch ein Verstoß gegen Art
3 Abs
2 GG gerügt. Der Kläger zu 1 macht im Revisionsverfahren darüber hinaus geltend, dass ihm die Regelleistung in Höhe von 100 vH
(345 Euro) und nicht nur in Höhe von 276 Euro zustehen müsse.
Die Kläger beantragen,
1. den Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 2008 und das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom
10. Juli 2008 aufzuheben,
2. die Beklagte unter Änderung ihres Bescheids vom 8. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar
2007 zu verurteilen, an den Kläger zu 1 höheres Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich zusätzlich 260,28 Euro für den Zeitraum
vom 1. November 2006 bis 31. März 2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Revision des Klägers zu 1 für unbegründet, diejenige des Klägers zu 2 für unzulässig. Der Kläger zu
2 werde durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert. Die Berechnung der Höhe des dem Kläger zu 1 zustehenden Alg II
entspreche der nach dem 1.7.2006 geltenden Rechtslage. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Rechtslage bestünden nicht.
Im Übrigen habe das BSG bereits entschieden, dass aus einer Inkongruenz zwischen zivilrechtlichen Unterhaltspflichten und
öffentlich rechtlichen Einstandspflichten keine zwingende Verfassungswidrigkeit der sozialrechtlichen Regelungen folge (Hinweis
auf das Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R).
II
Die Revision des Klägers zu 2 ist unbegründet, weil dieser nicht klagebefugt ist (vgl unter 1.). Die Revision des Klägers
zu 1 ist nicht begründet, denn die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass die Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers
zu 2 bei dem Kläger zu 1 als Einkommen zu berücksichtigen ist (vgl im Einzelnen unter 2.). Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen
Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber in § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II davon ausging, dass zwischen dem im streitigen Zeitraum 21
Jahre alten Kläger zu 1 und seinem erwerbsunfähigen Vater (Kläger zu 2) eine Bedarfsgemeinschaft bestand (hierzu unter 3.).
1. Die Revision des Klägers zu 2 ist unbegründet, denn der Kläger zu 2 ist nicht klagebefugt. Er kann sich keiner Verletzung
seiner spezifisch rechtlichen Interessen durch die Berücksichtigung seiner Erwerbsunfähigkeitsrente als Einkommen seines Sohnes,
des Klägers zu 1 (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 12a ff), berühmen. Das BSG hat klargestellt,
dass es sich bei den Ansprüchen der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft um Einzelansprüche handelt, die jeweils gesondert
und einzeln von dem rechtlich Betroffenen gerichtlich geltend zu machen sind (grundlegend BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b
AS 8/06 R - BSGE 97, 217, 219 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 12 ff). Der Kläger zu 2 kann keine eigenen rechtlichen Ansprüche im Rahmen
des SGB II geltend machen, weil er vom Leistungsbezug gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 iVm § 8 SGB II ausgeschlossen ist. Soweit
er höhere Leistungen für seinen Sohn, den Kläger zu 1, fordert, steht das rechtliche Interesse hieran ausschließlich seinem
Sohn zu. Dass bei dem Kläger zu 1 die Rente des Klägers zu 2 wegen ihrer Berücksichtigung als Einkommen zu einem geringeren
Leistungssatz führt, berührt mithin lediglich die wirtschaftlichen Interessen des Klägers zu 2. Denn das BSG hat ebenfalls
klargestellt, dass aus der Verklammerung von Personen zu Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft im SGB II keinerlei Rechtsansprüche
der zusammenveranlagten Personen auf Unterhaltsleistungen bzw auf einen sozialrechtlichen Ausgleich der berücksichtigten Einkommensanteile
entstehen (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 14 AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 29: "Es ist ... nicht Aufgabe des SGB II, bis in jede Einzelheit für eine Verteilung der für
das Existenzminimum der einzelnen Personen notwendigen Gelder zwischen allen Beteiligten zu sorgen"). So kann der Kläger zu
1 den bei ihm berücksichtigten Einkommensanteil aus der Erwerbsunfähigkeitsrente seines Vaters gegen diesen nicht (sozial-)
rechtlich geltend machen, weshalb rechtliche Interessen des Klägers zu 2 hierdurch gerade nicht berührt werden können. Die
bloß wirtschaftliche Reflexwirkung der Entscheidung gegenüber dem Kläger zu 1 auf den Gesamthaushalt der beiden Kläger schafft
noch keine Klagebefugnis für den Kläger zu 2.
2. Dem Kläger zu 1 stehen im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.10.2006 bis 31.3.2007 keine höheren als die ihm durch den
Bescheid vom 8.11.2006 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.2.2007) bewilligten Leistungen zu. Der Kläger zu 1
war nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG erwerbsfähig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II. Der Kläger zu
1 war auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II. Bei Prüfung der Hilfebedürftigkeit war die Erwerbsunfähigkeitsrente
des Klägers zu 2 als Einkommen zu berücksichtigen. Der Kläger zu 2 war zwar als Bezieher einer Erwerbsunfähigkeitsrente wegen
dauerhafter Erwerbsunfähigkeit vom Bezug der Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Dennoch bestand zwischen ihm und seinem
im streitigen Zeitraum 21jährigen Sohn gemäß § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft. Hiernach gehören zur Bedarfsgemeinschaft
die im Haushalt lebenden Eltern eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet
hat (vgl § 7 Abs 3 SGB II idF des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006,
BGBl I 558; in Kraft ab 1.7.2006). Dass der Kläger zu 2 selbst keine Leistungen nach dem SGB II beziehen konnte, hindert nicht
das Entstehen einer sogenannten gemischten Bedarfsgemeinschaft.
Nach § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II (hier in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom
20.7.2006, BGBl I 1706) war das Einkommen des Vaters des Klägers zu 1 bei diesem als Einkommen zu berücksichtigen. § 9 Abs
2 Satz 2 bestimmt: Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben
und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können,
sind auf das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partner zu
berücksichtigen. Zu Recht hat die Beklagte daher den Anteil der Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 191,28 Euro, der den
(fiktiven) Bedarf des Klägers zu 2 nach dem SGB II übersteigt, als Einkommen bei dem Kläger zu 1 berücksichtigt. Gegen die
weitere Berechnung der Höhe der Leistungen des Klägers zu 1 sind weder Bedenken vorgetragen, noch nach dem Gesamtinhalt der
Akten ersichtlich. Insbesondere bestehen auch keine (verfassungs-)rechtlichen Probleme, weil dem Kläger zu 1 lediglich eine
Regelleistung in Höhe von 80 vH gemäß § 20 Abs 2 Satz 2 SGB II zuerkannt wurde. Es ist kein rechtlicher Ansatzpunkt erkennbar,
nach dem der Kläger zu 1 wie ein Alleinstehender gemäß § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II behandelt werden könnte, mit der Konsequenz,
dass ihm eine Regelleistung in Höhe von 100 vH zustehen würde. Der Kläger zu 1 soll vielmehr nach dem Willen des Gesetzgebers
des SGB II - wie ausgeführt - gerade keine "eigene" Bedarfsgemeinschaft für sich bilden.
3. Entgegen der Rechtsansicht der Revision ist die Vorschrift des § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II in der ab 1.7.2006 (aaO) geltenden
Fassung auch nicht verfassungswidrig.
a) Die Regelung des § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II (iVm § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II) verletzt nicht Art
1 iVm Art
20 Abs
1 GG. Dem Kläger zu 1 steht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ([BVerfG] Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 -) aus Art
1 und Art
20 Abs
1 GG zwar ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu. Das BVerfG hat jedoch auch betont, dass
dem Gesetzgeber bei der genauen Ausgestaltung und Bezifferung des grundrechtlich zu gewährenden Existenzminimums ein weiter
Gestaltungsspielraum zusteht (aaO, RdNr 133). Im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums kann und darf der Gesetzgeber
davon ausgehen, dass ein Hilfebedürftiger nach dem SGB II zunächst Hilfe von Anderen zu beanspruchen hat, was aus dem Grundsatz
der Subsidiarität der steuerfinanzierten Leistungen nach dem SGB II folgt (vgl § 3 Abs 3 Satz 1 SGB II). Der Gesetzgeber war
bei der Ausgestaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes und dem Prinzip, dass Hilfebedürftige gehalten sind, jede Unterstützung
von anderen einzuholen, nicht gehalten, an die Regelungen des zivilrechtlichen Unterhaltsrechts anzuknüpfen (zum Verhältnis
von zivilrechtlichem Unterhaltsrecht und SGB II vgl Udsching, 18. Deutscher Familiengerichtstag, 2010, S 39 ff). Die Kläger
weisen zwar zu Recht darauf hin, dass angesichts der geringen Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente von etwa 615 Euro monatlich
ein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch gemäß §
1603 Abs
1 BGB angesichts des Selbstbehalts des Klägers zu 2 wohl nicht bestanden hätte (zum Selbstbehalt von 1100 Euro - ggf abzüglich
des Vorteils des Wohnens im eigenen Haus vgl Palandt/Diederichsen,
BGB, 69. Aufl 2010, Einf v §
1601, RdNr 24).
Der fürsorgerechtliche Gesetzgeber darf jedoch bei der Frage, ob der Einsatz staatlicher Mittel gerechtfertigt ist, von den
Regelungen des Unterhaltsrechts abweichen und typisierend unterstellen, dass in einem Haushalt zusammenlebende Familienangehörige
(die hier in gerader Linie verwandt sind) sich unterstützen. Dies hat der Senat im Einzelnen in seinem Urteil vom 13.11.2008
(B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7; zustimmende Anmerkung von Schürmann, SGb 2009, 741) begründet. Der Gesetzgeber darf mithin (so das BSG, aaO, RdNr 35) bei der Gewährung von Sozialleistungen unabhängig von
bestehenden bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflichten die Annahme von Hilfebedürftigkeit davon abhängig machen, ob sich für
den Einzelnen typisierend aus dem Zusammenleben mit anderen Personen Vorteile ergeben, die die Gewährung staatlicher Hilfe
nicht oder nur noch in eingeschränktem Umfang gerechtfertigt erscheinen lassen. Dabei kann allerdings nicht jedes Zusammenleben
in einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft beachtlich sein. Nur wenn die Bindungen der Partner so eng sind, dass von
ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann und sie sich so sehr füreinander
verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen
zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrenntlebender Ehegatten bzw
der eingetragenen Lebenspartnerschaften, in denen Unterhaltsansprüche tatsächlich bestehen, vergleichbar (vgl BVerfGE 87,
234 = SozR 3-4100 § 137 Nr 3). Der Gesetzgeber durfte hier typisierend unterstellen, dass Eltern, die mit ihren unter 25-jährigen
Kindern in einem Haushalt zusammenleben, auch tatsächlich für diese aufkommen.
Auch das Grundrecht des Klägers zu 2 auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (BVerfG aaO), das hier im
Rahmen der Prüfung der Rechtsansprüche des Klägers zu 1 herangezogen werden kann, ist gewahrt. Bei der Berücksichtigung seiner
Erwerbsunfähigkeitsrente bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit seines Sohnes im SGB II wurde bei dem Kläger zu 2 - unabhängig
davon, dass für ihn keine Rechtspflicht zur Zahlung an den Sohn entstand - ein "fürsorgerechtlicher Selbstbehalt", der dem
Existenzminimum im SGB II entspricht (zur Berücksichtigung des Existenzminimums als Selbstbehalt beim Erwachsenenunterhalt
gemäß §
1603 BGB vgl auch Klinkhammer, FamRZ 2010, 845, 847) zu Grunde gelegt. Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach dem SGB II wird nur der Einkommensanteil des Klägers zu
2 bei seinem Sohn als Einkommen berücksichtigt, der das dem Kläger zu 2 zustehende Existenzminimum nach den Bestimmungen des
SGB II überschreitet. Insofern scheidet auch ein Verstoß gegen Art
1 IVm Art
20 Abs
1 GG aus.
b) Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG liegt nicht vor. Soweit die Revision geltend macht, die Altersgrenze von 25 Jahren sei willkürlich gewählt, ist den Klägern
einzuräumen, dass auch bei 26- oder 27-jährigen Kindern, die weiterhin im Haushalt ihrer Eltern leben, eine Ersparnis der
Generalkosten anfällt und die Lage in tatsächlicher Hinsicht nicht anders ist als bei Kindern unter 25 Jahren. Insofern ist
der Revision zuzugestehen, dass das BVerfG in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) betont hat, dass aus dem Grundrecht auf Gewährleistung
eines menschenwürdigen Existenzminimums auch folgt, dass der Gesetzgeber die maßgeblichen Entscheidungen in einem transparenten
Verfahren anhand sachgerechter Kriterien zu fällen hat (BVerfG, aaO, RdNr 139 ff). Ob dies allerdings für jede im SGB II gewählte
Altersgrenze gilt, lässt sich dem Urteil des BVerfG nicht zweifelsfrei entnehmen. Hinzu kommt, dass dem Gesetzgeber im Rahmen
des Art
3 Abs
1 GG bei sogenannten Stichtagsregelungen generell ein weiter Ermessensspielraum zusteht. Die mit der formellen Starrheit eines
Stichtags verbundenen zwangsweise Härten sind grundsätzlich hinzunehmen (vgl BVerfGE 71, 364, 397 ff; 77, 308, 338; 80, 297, 311 = SozR 5795 § 4 Nr 8 S 27; BVerfGE 87, 1, 43, 47 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 12, 15). Der Gesetzgeber verfolgte mit der Einführung der 25-Jahresgrenze zudem verfassungsrechtlich
legitime Zwecke (vgl BT-Drucks 16/688 S 13, zu Nr 2, zu Buchst b). Es sollte insbesondere verhindert werden, dass Kinder,
die im Haushalt der Eltern leben, mit Erreichen der Volljährigkeit automatisch eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilden (zu
den Motiven des Gesetzgebers insoweit auch Wenner, SozSich 2005, 413, der aufzeigt, dass der Steuerzahler nach der früheren Regelung den Auszug aus dem Elternhaus zu finanzieren hatte).
Soweit die Revision schließlich geltend macht, Art
3 Abs
2 GG werde verletzt, weil nur das Einkommen von Eltern berücksichtigt werde, die mit dem erwachsenen Kind in einem Haushalt leben,
nicht hingegen dasjenige einer getrenntlebenden Ehefrau, die insofern privilegiert werde, so wird verkannt, dass zwischen
dem Kläger zu 2 und einem getrenntlebenden bzw nicht im Haushalt lebenden Elternteil Unterschiede von "solcher Art und solchem
Gewicht" bestehen (vgl hierzu BVerfGE 55, 72, 88; 84, 133, 157; 87, 1, 36 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 7; BVerfGE 95, 39, 45; 102, 41, 54 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 S 18; vgl auch BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 20 RdNr 14), die diese Ungleichbehandlung
rechtfertigen. Der Gesetzgeber des SGB II durfte bei der Regelung der Bedarfsgemeinschaft gerade an den Gesichtspunkt anknüpfen,
dass gemeinsam in einer Wohnung bzw in einem Haushalt zusammenlebende Verwandte in gerader Linie sich auch tatsächlich Unterhalt
leisten. Lebt - wie hier - die Mutter des Klägers zu 1 nicht in dem Haushalt, so ist sie nach den fürsorgerechtlichen Regelungen
gerade nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Dieser Unterschied rechtfertigt auch die je unterschiedliche Behandlung des
Einkommens des Vaters und der Mutter des Klägers zu 1.
c) Die Berücksichtigung der Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers zu 2 als Einkommen seines Sohnes verletzt schließlich auch
nicht das Eigentumsgrundrecht des Klägers zu 2, was hier im Rahmen des Vorbringens des Klägers zu 1 zu würdigen ist. Hierbei
ist nochmals klarzustellen, dass für den Kläger zu 2 aus der Berücksichtigung seiner Rente als Einkommen seines Sohnes im
SGB II keinerlei rechtliche Pflichten erwachsen, seinen Sohn tatsächlich mit dem betreffenden Betrag auch zu unterstützten
(vgl oben unter 1.). Darüber hinaus ist entgegen der Rechtsauffassung der Revision auch bereits der Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts
des Art
14 Abs
1 GG nicht berührt. Durch die Berücksichtigung der Erwerbsunfähigkeitsrente als Einkommen bei dem Sohn wird allenfalls das Vermögen
des Klägers zu 2 gefährdet, der eventuell moralisch - nicht rechtlich - sich verpflichtet fühlen könnte, seinen Sohn zu unterstützen.
Berührt ist damit in keiner Weise die spezifische Substanz seiner ggf eigentumsgeschützten Rentenanwartschaft (zum Eigentumsschutz
der Rentenanwartschaften vgl BVerfGE 53, 257, 291; 69, 272, 301 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 126). Das Vermögen als solches ist von Art
14 Abs
1 GG nicht geschützt (vgl insbesondere BVerfGE 78, 232, 243; 91, 207, 220; 95, 267, 300).
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.