Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung einer Entlassungsentschädigung als Einkommen; Zulässigkeit
der Verteilung nach der horizontalen Methode
Gründe:
I
Der Kläger wendet sich gegen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, mit denen die Beklagte die Leistungsbewilligungen für den
Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 aufgehoben und vom Kläger die Erstattung überzahlter Leistungen gefordert hat.
Der Kläger ist im Jahre 1956 geboren. Er lebt mit seiner 1969 geborenen Ehefrau und dem im Jahre 2001 geborenen Sohn D in
einem selbst genutzten Einfamilienhaus. Seit Januar 2005 steht der Kläger (und die Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft)
im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die Ehefrau des
Klägers war bis zum 31. Oktober 2006 berufstätig und erzielte ein Bruttoeinkommen von ca 1.000 Euro monatlich. Über weitere
Vermögenswerte verfügen der Kläger und seine Familie nicht.
Durch Bescheid vom 19. September 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger, dessen Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn Leistungen
für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 in Höhe von monatlich 611,77 Euro. Dem lag ausweislich der Feststellungen
des Sozialgerichts Schleswig (SG) nach Berücksichtigung des Erwerbseinkommens der Ehefrau und des Kindergeldes bei dem Sohn D als Einkommen und einem Wohnbedarf
(Kosten der Unterkunft [KdU]) von 160 Euro pro Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ein ungedeckter Bedarf des Klägers von 260,36
Euro, der Ehefrau von 241,98 Euro und des Sohnes von 109,43 Euro monatlich zu Grunde.
Am 19. Oktober 2006 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid, mit dem sie die Leistungen für die "gesamte Bedarfsgemeinschaft"
für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 auf nunmehr monatlich 244,82 Euro festsetzte. Hierbei berücksichtigte
sie die Tatsache, dass dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung rückwirkend ab 1. Januar 2006 bewilligt worden
war. Nach den Feststellungen des SG betrug die Rente des Klägers ab November 2006 396,95 Euro monatlich.
Das Arbeitsverhältnis der Ehefrau des Klägers wurde zum 31. Oktober 2006 gekündigt. In einem Schreiben des Arbeitgebers wurde
ihr für den Fall des Verzichts auf eine Kündigungsschutzklage eine Abfindung von 5.500 Euro zugesichert. Nach der Gehaltsabrechnung
der Ehefrau des Klägers für Oktober 2006 wurde dieser am 26. Oktober 2006 ein Betrag in Höhe von 5.842,35 Euro gutgeschrieben,
der aus der Bruttoabfindung von 5.500 Euro und dem Monatsgehalt für Oktober in Höhe von 1.007,76 Euro resultierte.
Am 27. November 2006 erließ die Beklagte sodann einen Änderungsbescheid für den Leistungsmonat Oktober 2006. Sie bewilligte
dem Kläger, seiner Ehefrau und deren Sohn auf Grund der Berücksichtigung des Oktober-Einkommens der Ehefrau nunmehr für diesen
Monat Leistungen in Höhe von 241,69 Euro.
Am selben Tag, dem 27. November 2006, richtete die Beklagte an den Kläger einen Bescheid, mit dem sie die Leistungen für die
Zeit ab 1. Oktober 2006 teilweise in Höhe von 3,13 Euro und ab dem 1. November 2006 bis zum Ende des Bewilligungszeitraums
gänzlich in Höhe von 244,82 Euro monatlich aufhob. Sowohl in der Anrede als auch im Adressfeld des Bescheids wird ausschließlich
der Kläger genannt. Die Beklagte begründete den Bescheid mit der Berücksichtigung der Abfindung der Ehefrau des Klägers aus
dem Monat Oktober 2006 als Einkommen. Dieses einmalige Einkommen sei auf einen angemessenen Zeitraum, nämlich sechs Monate,
zu verteilen. Insofern bestünde kein Anspruch mehr für die Zeit bis einschließlich April 2007. Unter Berücksichtigung der
Regelung des § 40 Abs 2 SGB II iVm § 50 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seien 110,85 Euro zu erstatten.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, in dem er ua ausführte, der Abfindungsbetrag in Höhe von 5.500 Euro sei zur Schuldentilgung
bereits verbraucht worden. Im Übrigen handele es sich bei der Abfindung um Vermögen, das nicht zu berücksichtigen sei. Die
Beklagte wies durch Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2007 den Widerspruch zurück. Nach § 2 Abs 3 Satz 1 der Arbeitslosengeld
II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) sei die Einnahme ab dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, zu dem sie zufließe und nach § 2
Abs 3 Satz 3 Alg II-V auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen.
Die Aufteilung auf sechs Monate sei sachgerecht. Selbst bei einer Aufteilung auf 12 Monate ergäbe sich kein Leistungsanspruch
des Klägers.
Der Kläger hat am 8. Februar 2007 Klage zum SG erhoben. Er rügte zunächst, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei zu unbestimmt, ua weil er ausschließlich an ihn adressiert
sei. Daraufhin erließ die Beklagte am 22. August 2007 einen Änderungsbescheid zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom
28. November 2006. Auf Grund des Erwerbseinkommens der Ehefrau bestehe kein Anspruch für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
ab 1. November 2006. Hinsichtlich der bereits erfolgten Zahlungen für den Monat Oktober 2006 setzte die Beklagte eine Erstattungsforderung
gegenüber dem Kläger in Höhe von 1,33 Euro und gegenüber seinem Sohn in Höhe von 0,56 Euro fest. Für den Monat November 2006
errechnete sie für den Kläger einen Erstattungsbetrag in Höhe von 45,84 Euro. Die Gesamterstattungsforderung gegenüber dem
Kläger betrage für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 30. November 2006 47,17 Euro. Der Sohn des Klägers hat gegen den Bescheid
vom 22. August 2007, mit dem eine Gesamterstattungsforderung in Höhe von 19,83 Euro gegen ihn festgesetzt wurde, gesondert
Widerspruch eingelegt.
Das SG hat am 25. Januar 2008 ein Urteil mit folgendem Tenor verkündet: "Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28. Oktober
2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02. Februar sowie den Bescheid vom 22. August 2007 wird insoweit aufgehoben
als Leistungen für den Kläger für die Monate November 2006 bis März 2007 aufgehoben und zurückgefordert werden." Zur Begründung
seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2006 ([richtig wohl der auch im Tatbestand
so bezeichnete Bescheid vom 27. November 2006]) und der Änderungsbescheid vom 22. August 2007, der nach §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in das Verfahren einzubeziehen gewesen sei, seien rechtswidrig. Die Ehefrau des Klägers habe im streitigen Zeitraum kein
Einkommen oder Vermögen erzielt, welches zum Wegfall des Anspruchs des Klägers auf Leistungen geführt habe. Insofern sei auch
die Änderung des ursprünglichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheids durch den Bescheid vom 9. August 2007 ([gemeint ist der
Änderungsbescheid vom 22. August 2007]) für den hier entscheidenden Zeitraum unerheblich. Es komme auch nicht darauf an, ob
der Bedarf des Klägers ursprünglich zutreffend berechnet worden sei und ihm eigentlich höhere Leistungen zugestanden hätten.
Dies sei hier wohl der Fall gewesen, denn nach ständiger Rechtsprechung der entscheidenden Kammer verstoße § 9 Abs 2 Satz
3 SGB II mit der dort vorgesehenen so genannten horizontalen Bedarfsberechnung gegen Grundrechte der Grundsicherungsempfänger.
Es sei eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs 1 SGB II dahingehend geboten, dass zunächst derjenige, der seinen Bedarf
durch eigenes Einkommen decken könne, dieses nicht vorrangig für die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einzusetzen
habe. Weiter heißt es in dem Urteil: "Der nicht zur eigenen Bedarfsdeckung notwendige Teil ist für die übrigen Mitglieder
der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis zu deren ungedecktem Bedarf nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II hilfebedürftig." Insofern hätte
der Kläger höhere als die ihm bewilligten Leistungen für den Monat November 2006 bis März 2007 beanspruchen können.
Es sei aber auch kein Einkommen anzurechnen, das dann zu einem Wegfall der Hilfebedürftigkeit geführt hätte. Die Abfindung
aus dem Arbeitsverhältnis sei der Ehefrau des Klägers noch im Oktober 2006 zugeflossen. Diese Einnahme habe die Hilfebedürftigkeit
der einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft des Klägers für Oktober 2006 vollständig aufgehoben und nicht nur ab dem
Tag des Zeitpunkts des Zahlungseingangs, dem 26. Oktober 2006. Einnahmen seien nach § 11 Abs 1 SGB II iVm § 2 Abs 2 Alg II-V
bzw § 3 Alg II-V in dem Monat des Zuflusses zu berücksichtigen. Infolgedessen hätte der Zufluss in Höhe von 5.842,35 Euro
vollständig für den Monat Oktober 2006 berücksichtigt werden müssen. Dies sei hier offenkundig nicht erfolgt. Der Abfindungsbetrag
sei auch nicht gemäß § 2 Abs 3 Satz 3 der Alg II-V (idF vom 22. August 2005, BGBl I 2499) in den Monaten November 2006 bis
April 2007 zu berücksichtigen. Die Norm des § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V sei nicht durch die Verordnungsermächtigung des § 13 SGB II gedeckt. Nach Art
80 Abs
1 Satz 2
Grundgesetz (
GG) müssten Inhalt, Zweck und Ausmaß einer Verordnungsermächtigung im Gesetz selbst bestimmt werden. Auf der Ebene des untergesetzlichen
Regelwerks könnten die Details der Einkommensberechnung geregelt werden. Vorliegend gehe es indes um die Berücksichtigung
einer Abfindung als einmalige Zahlung für folgende Zeiträume. Damit handele es sich bereits begrifflich nicht um die Berechnung
des Einkommens, sondern um die Verteilung einer einmaligen Einnahme auf Folgezeiträume. Hierzu werde der Verordnungsgeber
gerade nicht ermächtigt. Hingegen werde der Begriff des Vermögens im SGB II nicht selbstständig definiert. Bei Vermögen handele
es sich um den Bestand an Gütern und Rechten, die nicht im Bedarfszeitraum zuflössen. Dies bedeute für den Monat Oktober 2006
einen Einkommenszufluss in Höhe von 5.800 Euro allein bei der Ehefrau des Klägers, da dieses am 24. Oktober 2006 ausgezahlt
worden sei. In dem Bedarfsmonat November 2006 sowie in dem Folgezeitraum sei der Betrag nicht zugeflossen. Er habe sich bereits
im Bestand der Ehefrau des Klägers befunden und folglich habe es sich um Vermögen und nicht um Einkommen gehandelt. Auch der
Erstattungsbescheid sei mithin rechtswidrig, weil der die Leistung aufhebende Verwaltungsakt rechtswidrig sei. Insofern lägen
die Voraussetzungen des § 50 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht vor.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Sprungrevision. Sie rügt eine Verletzung der Vorschriften der §§ 9 und 11 SGB
II. Auch die Regelung des § 2 Abs 3 Alg II-V (in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung) werde unrichtig angewandt.
Die erzielte Abfindung der Ehefrau stelle Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar. Der Abfindungsbetrag sei auch nicht nach
§ 11 Abs 3 Nr 1 SGB II als zweckbestimmte Einnahme anrechnungsfrei. Zwischenzeitlich habe auch der 4. Senat des Bundessozialgerichts
(BSG) entschieden, dass eine Abfindung aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II darstelle
(Urteil vom 3. März 2009, B 4 AS 47/08 R). Das BSG habe des Weiteren entschieden, dass eine nach Antragstellung zugeflossene Einnahme rechtlich auch über den Zuflussmonat
hinaus zu berücksichtigendes Einkommen bleibe (Hinweis auf die Urteile vom 30. September 2008 - B 4 AS 57/07 R und B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15). Die Bescheide seien auch formell rechtmäßig. Insbesondere seien sie hinreichend bestimmt. Zu unbestimmt
sei ein Verwaltungsakt lediglich dann, wenn aus dem Verfügungssatz nicht hinreichend erkennbar werde, was die Behörde wolle
und von wem sie es wolle. Der angefochtene Bescheid richte sich ausdrücklich allein an den Kläger und habe diesem gegenüber
konkrete Verfügungen getroffen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Schleswig vom 25. Januar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das
Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht [LSG] (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG) begründet. Auf Grund der fehlenden Sachverhaltsfeststellungen durch das SG kann nicht beurteilt werden, ob die Aufhebungsbescheide der Beklagten inhaltlich zutreffend waren und insbesondere die Erstattungsforderungen
richtig berechnet worden sind. Anders als das SG meint, ist jedoch die der Ehefrau des Klägers gewährte Abfindung als Einkommen zu berücksichtigen. Ebenso bestehen keine
Bedenken - auch verfassungsrechtlicher Art - dagegen, dass diese Abfindung nach der Regelung des § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V
(idF vom 22. August 2005, aaO) als Einkommen auf den Bewilligungszeitraum verteilt worden ist.
Gegenstand des Rechtsstreits sind der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 2. Februar 2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 22. August 2007. Mit diesen Aufhebungs- und Änderungsbescheiden
wurden die ursprünglichen Bewilligungen für den Leistungszeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 aufgehoben. Es handelt
sich hierbei um die Bewilligungen vom 19. September 2006, 19. Oktober 2006 und 27. November 2006. Diese Bescheide sind hinsichtlich
des Klägers auch inhaltlich hinreichend bestimmt gemäß § 33 SGB X. Weder auf Grund der Feststellungen des SG noch auf Grund des Inhalts der Bescheide ist aber nachvollziehbar, ob die Aufhebung dieser Bewilligungen zu Recht erfolgte.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen ist § 40 Abs 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X. Hiernach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung
vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß §
40 Abs
1 Nr
1 SGB II iVm §
330 Abs
3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) ist dabei mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung
oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat
(§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). Mithin setzt § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X eine Prüfung voraus, in der der Einfluss der Erzielung von Einkommen auf die Leistungshöhe vorzunehmen ist. Hierfür wäre
es zunächst erforderlich, festzustellen, welche Leistungen dem Kläger für welchen Zeitraum genau bewilligt worden sind. Dies
hat das SG unterlassen, weil es von der Rechtsansicht ausging, die der Ehefrau des Klägers zugeflossene Abfindung stelle kein Einkommen
dar. Diese Rechtsansicht ist unzutreffend. Wie der 4. Senat des BSG bereits entschieden hat, stellen auch Abfindungen aus
einem arbeitsgerichtlichen Vergleich Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar (Urteil vom 3. März 2009, B 4 AS 47/08 R). Es handelt sich hierbei insbesondere nicht um privilegiertes Einkommen iS des § 11 Abs 3 Nr 1 SGB II (BSG, aaO). Der
Senat schließt sich der Entscheidung des 4. Senats insoweit an.
Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass nach § 2 Abs 3 Alg II-V (idF vom 22. August 2005, aaO) die Abfindung als einmalige
Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten verteilt wurde (zum so genannten Verteilzeitraum vgl Urteile des 4. Senats des
BSG vom 30. September 2008 - B 4 AS 57/07 R - und - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; sowie Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 48/07 R). § 2 Abs 3 Satz 3 der Alg II-V in der hier maßgebenden Fassung vom 22. August 2005 (aaO) bestimmte, dass einmalige Einnahmen,
soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit
einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen sind. Die entsprechende Regelung wurde bereits vom 4. Senat des BSG auch unter
verfassungsrechtlichem Gesichtspunkt implizit gebilligt (vgl BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 23).
Der vom SG gerügte Verstoß dieser Norm gegen Art
80 Abs
1 Satz 2
GG iVm der Ermächtigungsnorm des § 13 SGB II liegt nicht vor. § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche weiteren
Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist. Diese Ermächtigung
genügt dem Bestimmtheitsgebot des Art
80 Abs
1 Satz 2
GG. Danach müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung nach Bundesrecht im
Gesetz selbst bestimmt werden. Erforderlich ist, dass die dem Verordnungsgeber delegierten Kompetenzen nach Tendenz und Programm
derart umrissen sind, dass schon aus der Ermächtigungsnorm erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig
sein soll (vgl BSGE 91, 94, 98 = SozR 4-4220 § 6 Nr 1; zur so genannten "Vorhersehbarkeitsformel" vgl etwa Brenner in von Mangoldt/Klein/Starck,
GG, 5. Aufl 2005, Art
80 RdNr 35; Pieroth in Jarass/Pieroth,
GG, 10. Aufl 2009, Art
80 RdNr 11 mwN; BVerfGE 56, 1, 12 = SozR 3100 § 64e Nr 3). Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Ermächtigungsnorm so genau wie irgend möglich formuliert
und gefasst sein muss. Vielmehr können zur Klärung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung die allgemeinen Auslegungsgrundsätze
herangezogen werden, wie etwa Sinnzusammenhang der Norm, Ziel der gesetzlichen Regelung und ihre Entstehungsgeschichte (vgl
hierzu BSGE 76, 207, 217 = SozR 3-4100 § 136 Nr 4). Dabei wird nicht das denkbare Maximum an Bestimmtheit der Norm verlangt, sondern lediglich
deren hinreichende Bestimmtheit (vgl Rubel in Umbach/Clemens,
GG-Mitarbeiterkommentar, Art
80 RdNr 20 mwN; BVerfGE 58, 257, 277; 62, 203, 210; 80, 1, 21).
Mit der in § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II enthaltenen Ermächtigung, durch Verordnung zu regeln, "wie das Einkommen im Einzelnen zu
berechnen ist", knüpft der Gesetzgeber des SGB II zudem an eine lange Tradition von Verordnungsermächtigungen an. Das SGB
II wollte ausdrücklich hinsichtlich der Berücksichtigung von Einkommen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen an die Tradition
des Sozialhilferechts (Bundessozialhilfegesetz [BSHG]), hinsichtlich der Berücksichtigung von Vermögen an die Tradition des Arbeitsförderungsrechts (
SGB III bzw Arbeitsförderungsgesetz) anknüpfen (vgl BT-Drucks 15/1516, S 53). § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II entspricht daher auch § 76 Abs 3 BSHG (aF), der den Verordnungsgeber ermächtigte, "Näheres über die Berechnung des Einkommens" zu bestimmen. An der hinreichenden
Bestimmtheit dieser Ermächtigungsnorm und der Ermächtigungskonformität der Verordnung zu § 76 BSHG wurden verfassungsrechtliche Zweifel ernsthaft nicht vorgetragen (zur Ermächtigungskonformität der früheren Arbeitslosenhilfe-VO
aufgrund des ebenfalls sehr weit gefassten § 206 Nr 1
SGB III aF vgl eingehend BSGE 91, 94, 98 ff = SozR 4-4220 § 6 Nr 1).
Ebenso wenig wie an der hinreichenden Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm des § 13 Nr 1 SGB II bestehen Zweifel daran, dass
die konkrete Norm des § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V (idF vom 22. August 2005, aaO) ihrerseits von der Ermächtigungsnorm des §
13 Abs 1 Nr 1 SGB II inhaltlich gedeckt war. Wenn diese Norm es dem Grundsicherungsträger erlaubt, einmalige Einnahmen auf
einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen, so handelt es sich hierbei um eine reine Rechenvorschrift, die die Art und Weise
der Berücksichtigung einmaliger Einnahmen über einen längeren Zeitraum hinweg regelt. Entgegen der Rechtsansicht des SG wird dabei in § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V (idF vom 22. August 2005, aaO) auch nicht - in nicht mehr ermächtigungskonformer Weise - eine Abgrenzung
der Begriffe Einkommen und Vermögen vorgenommen. Durch die Norm wird lediglich Einkommen auf Zeiträume aufgeteilt, das - auch
nach der Rechtsansicht des SG - zunächst (im Oktober 2006) eine Einnahme iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II darstellte. Wie mit dieser Einnahme rechnerisch umzugehen ist, darf der Verordnungsgeber aber auf Grund
des § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II gerade bestimmen, sodass § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V durch § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II gedeckt ist.
Es kann jedoch nicht beurteilt werden, inwieweit dieser Einkommenszufluss aus der Abfindung zum Wegfall des Anspruchs des
Klägers geführt haben kann. Hierfür wäre es erforderlich, den dem Kläger im Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. März
2007 zustehenden Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berechnen und zu ermitteln, inwieweit die Erzielung
von Einnahmen aus der Abfindung ab 26. Oktober 2006 (iVm § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse
geführt hat. Aus dem Urteil des SG und den in Bezug genommenen Bescheiden ist nicht ersichtlich, in welchem Umfang dem Kläger überhaupt Leistungen zustanden.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der Bestimmung der Hilfebedürftigkeit des Klägers die Norm des § 9
Abs 2 Satz 3 SGB II uneingeschränkt Anwendung findet. Wie das BSG in ständiger Rechtsprechung betont hat, bestehen keine verfassungsrechtlichen
Bedenken gegen die in § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II festgelegte horizontale Methode der Bedarfsermittlung (vgl grundlegend bereits
Urteil des Senats vom 7. November 2006, BSGE 97, 217, 221 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 15). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Ausführungen des SG zur Verfassungswidrigkeit der so genannten horizontalen Berechnungsweise des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II (selbst aus seiner Sicht) in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand standen.
Mithin wird das LSG zunächst zu ermitteln haben, welche Leistungsansprüche dem Kläger im streitigen Zeitraum zunächst bewilligt
wurden bzw zustanden (auch unter Berücksichtigung der KdU gemäß § 22 SGB II und des angedeuteten Mehrbedarfs für eine kostenaufwändige
Ernährung gemäß § 21 SGB II) und sodann im Einzelnen nachzuvollziehen haben, inwieweit die Erzielung von Einkommen durch die
Ehefrau des Klägers ab 26. Oktober 2006 hinsichtlich dieses ungedeckten Bedarfs zu einer wesentlichen Änderung geführt hat.
Zudem wird zu klären sein, welcher Betrag auf welchen Zeitraum umgelegt worden ist. Schließlich ist auch der nunmehr am 22.
August 2007 geltend gemachte Erstattungsbetrag weder aus den Bescheiden der Beklagten noch auf Grund der Ausführungen des
SG in seiner Höhe nachvollziehbar.
Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des Ausgangs des Revisionsverfahrens zu befinden
haben.