Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Formgerechte Bezeichnung einer Abweichung
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der gebotenen
Weise dargelegt bzw bezeichnet hat (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG, §
169 SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen
Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin, die sich in der Sache gegen die Ablehnung von Alg II wegen
der Berücksichtigung einer (vermeintlich von ihr abgetretenen) Lebensversicherung als Vermögen wendet, formuliert ausdrücklich
schon keine klare Rechtsfrage. Sinngemäß wirft sie zwar Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen
auf, stellt dabei aber allein auf Inhalt und Auslegung der konkreten Versicherungsbedingungen in dem von der Klägerin abgeschlossenen
Vertrag ab. Welche weitergehende allgemeine Bedeutung diesen Bedingungen zukommen sollte, zeigt die Klägerin indessen nicht
auf, sodass nicht erkennbar ist, welche über den Einzelfall hinausgehende Klärung durch die Revision erfolgen könnte.
2. Eine Abweichung (Divergenz) iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen
Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht. Auch dem wird die Beschwerdebegründung
nicht gerecht, denn es werden keine konkreten Rechtssätze nachvollziehbar bezeichnet und gegenübergestellt. Es reicht nicht
aus, nur allgemein auf einen Widerspruch rechtlicher Obersätze des LSG zur Rechtsprechung des BSG zu verweisen, ohne diese Obersätze konkret aufzuführen. Im Übrigen kann nicht die - hier sinngemäß behauptete - Unrichtigkeit
der Entscheidung im Einzelfall, sondern allein die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen eine Zulassung wegen Abweichung
begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 §
160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 2. Aufl 2022, §
160 RdNr 132).
3. Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision schließlich dann zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen kann;
der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§
109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs
1 Satz 1
SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG
ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss
zu seiner Bezeichnung (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig
darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 §
160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
160a RdNr 16 mwN).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht gerecht. Die Klägerin rügt als Verfahrensfehler eine Verletzung
der Amtsaufklärungspflicht durch das LSG, weil dieses eine Zeugin trotz Beweisangebots nicht gehört habe. Abgesehen davon,
dass nicht genau aufgezeigt wird, wann, mit welchem konkreten Inhalt und zu welchem Beweisthema ein Beweisantrag gestellt
wurde (vgl zu den in diesem Punkt bestehenden Darlegungsanforderungen nur Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 2. Aufl 2022, §
160a RdNr 177 ff), vermag diese Rüge schon deshalb nicht die Zulassung der Revision zu rechtfertigen, weil ein schlüssiger Vortrag dazu fehlt,
warum die Entscheidung des LSG auf diesem Verfahrensfehler beruhen kann. Denn nach dem Vorbringen in der Beschwerde hat das
LSG seine Entscheidung tragend auf die fehlende Anzeige der Abtretung gegenüber dem Versicherer gestützt und gerade nicht
auf deren Nichtigkeit als Scheingeschäft wegen fehlender Ernstlichkeit der Abtretungserklärung. Allein auf diesen letzten
Punkt bezieht sich aber die in der Beschwerdebegründung gerügte fehlende Amtsaufklärung.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.