Statthaftigkeit der Anfechtungsklage bei Anscheins-Verwaltungsakt zur Einbehaltung von Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung
aus der Rente, Erfüllungswirkung
Gründe:
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erfüllung seiner monatlichen Einzelansprüche aus seinem Recht auf Altersrente ab
1. April 2004 auch in Höhe von weiteren 0,85 vH des jeweiligen Geldwerts des Stammrechts, anfänglich eines Betrages von monatlich
13,66 EUR, sowie die Aufhebung der Erklärungen der Beklagten zur Einbehaltung, soweit sich daraus die Feststellung ergebe,
dass sie ihm insoweit nichts mehr schulde.
Der 1937 geborene Kläger hat seit dem 1. Januar 2001 ein Recht auf Altersrente, dessen dynamisierbarer Geldwert damals 2.986,76
DM betrug.
In einem Bescheid vom 8. März 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, auf Grund des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten
Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2.
SGB VI-ÄndG) vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3013) seien ab 1. April 2004 Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von 1,7 vH des "Zahlbetrags"
seiner Rente einzubehalten. Die bisherige Feststellung über die Einbehaltung des Beitrags zur Pflegeversicherung werde mit
Wirkung vom 1. April 2004 aufgehoben. Der monatliche Rentenbetrag ab 1. April 2004 betrage 1.606,51 EUR. Hiervon seien der
Beitragsanteil zur Krankenversicherung in Höhe von 14,7 vH dieses Betrags (= 118,08 EUR) und der Pflegeversicherungsbeitrag
in Höhe von 1,7 vH dieses Betrags (= 27,31 EUR) abzuziehen. Dies ergebe ab 1. April 2004 einen monatlichen "Zahlbetrag" von
1.461,12 EUR. Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen den "Wegfall der hälftigen Beitragstragung" des Rentenversicherungsträgers
zur Pflegeversicherung mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2004 zurückgewiesen.
Vor dem Sozialgericht (SG) hat der Kläger beantragt, die vorgenannten Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, "den hälftigen Beitrag
zu seiner Pflegeversicherung über den 31. März 2004 hinaus zu tragen und ihm die seit dem 1. April 2004 einbehaltenen hälftigen
Beiträge zu seiner Pflegeversicherung zu erstatten". Das SG hat diese Klagen abgewiesen (Urteil vom 28. Oktober 2005) und ausgeführt: Nach §
59 Abs
1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) in der bis zum 31. März 2004 gültig gewesenen Fassung iVm §
249a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) seien die nach der Rente zu bemessenden Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung je zur Hälfte von den in der gesetzlichen
Krankenversicherung pflichtversicherten Rentnern und den Rentenversicherungsträgern zu tragen gewesen. Art 6 Nr 1 des 2.
SGB VI-ÄndG habe den Verweis auf §
249a SGB V aufgehoben. Stattdessen sei §
59 Abs
1 Satz 1
SGB XI mit Wirkung zum 1. April 2004 dadurch ergänzt worden, dass nunmehr "die Beiträge aus der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung
... von dem Mitglied allein zu tragen" seien. Die Beklagte habe diese Neuregelung ordnungsgemäß umgesetzt. Diese verstoße
nicht gegen Verfassungsrecht.
Der Kläger hat mit Zustimmung der Beklagten die vom SG zugelassene (Sprung-)Revision eingelegt. Das SG habe verkannt, dass die Beklagte ihm seit April 2004 noch Beträge in Höhe der Hälfte des von ihr einbehaltenen Pflegeversicherungsbeitrags
zahlen müsse. Die Annahme, die Rentenzahlungspflicht sei durch die Einbehaltung erfüllt, sei jedenfalls verfassungswidrig.
Gerügt werde eine Verletzung von Art
14 Abs
1 Grundgesetz (
GG), Art
3 Abs
1 GG, Art
2 Abs
1 GG sowie Art
20 Abs
3 GG (rechtsstaatlicher Vertrauensschutz). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe 1985 das damalige Recht der Rentner, von
ihrem Rentenversicherungsträger einen Zuschuss zu den Aufwendungen zu ihrer gesetzlichen Krankenversicherung zu verlangen,
als Renteneigentum qualifiziert (BVerfGE 69, 272, 300). Diese Rechtsposition sei mit der Position vergleichbar, die die Rentner seit Errichtung der sozialen Pflegeversicherung
bis zum 31. März 2004 gegen den beklagten Rentenversicherungsträger gehabt hätten. Zudem sei er durch die Verdoppelung des
Einbehalts gegenüber den rentenpflichtversicherten Beschäftigten, die weiterhin nur den hälftigen Beitrag zur Pflegeversicherung
aus ihrem Arbeitsentgelt trügen, ohne sachliche Rechtfertigung benachteiligt. Der Eingriff sei nicht mehr verhältnismäßig.
Ihm sei eine vertrauensgeschützte Position ohne Übergangsvorschriften oder Ausgleichsregelungen entzogen worden. Er hat ein
Rechtsgutachten von Prof. Dr. Friedhelm Hase, Universität Siegen, vorgelegt. Auf Nachfrage des Senats zwecks Klärung, ob der
Kläger mit seiner Revision auch beitragsrechtliche Ansprüche erhebt, hat er klargestellt, dass er mit seiner Revision keine
beitragsrechtlichen Ansprüche gegen die Beklagte oder Dritte geltend macht. Er wende sich nicht gegen seine Beitragspflicht
gegenüber seiner sozialen Pflegekasse, nicht gegen die festgesetzte Einbehaltung und Abführung der Beiträge durch die Beklagte,
nicht gegen die Höhe seines Pflegeversicherungsbeitrags und nicht gegen die beitragsrechtlichen Regelungen seiner Beziehungen
zu seiner sozialen Pflegekasse und begehre auch keine Absenkung seiner Pflegeversicherungsbeiträge um 50 vH, weshalb er die
Pflegekasse in Kenntnis der neueren Rechtsprechung des 12. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) auch nicht verklagt habe.
Hingegen habe die Beklagte durch ihre Erklärungen über die Einbehaltung im Bescheid vom 8. März 2004 einen rechtswidrigen
Verwaltungsakt insoweit erlassen, als sie das Erlöschen seiner noch offenen Zahlungsansprüche in Höhe von 0,85 vH des Geldwerts
seines Rentenstammrechts infolge der Einbehaltung festgestellt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28. Oktober 2005 sowie den Verwaltungsakt zur Einbehaltung von Pflegeversicherungsbeiträgen
im Bescheid vom 8. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2004 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, ab 1. April 2004 monatlich einen weiteren Betrag in Höhe von 0,85 vH des jeweiligen Geldwerts seines Rechts
auf Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie habe feststellen müssen, dass ab 1. April 2004 aus der Rente des Klägers Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von 1,7
vH einzubehalten gewesen seien. Nach §
255 Abs
1 SGB V seien Beiträge, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente zu tragen hätten, von den Trägern der Rentenversicherung bei
der Zahlung der Rente einzubehalten. Sie habe durch diese Verrechnung insoweit auch ihre Rentenschuld gegen den Kläger erfüllt.
Der Senat hat die mit der im Jahr 2005 eingelegten Revision (Az: B 4 RA 51/05 R) erhobenen Ansprüche, welche die Einbehaltungsthematik, nicht die Dynamisierung des Geldwertes des Stammrechts auf Rente
betrafen, abgetrennt (Az: B 4 R 71/06 R).
II
Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Der 4. Senat des BSG ist für die Entscheidung über die Revision zuständig (dazu unter 1.). Das Urteil des SG ist insoweit neu zu fassen, als es der Anfechtungsklage gegen den nur formellen Verwaltungsakt vom 8. März 2004 zur Erfüllungswirkung
der Einbehaltung von Pflegeversicherungsbeiträgen nicht stattgegeben hat (dazu unter 2.). Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
Denn das SG hat die allgemeine Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten nicht verlangen, monatlich jeweils
weitere Geldbeträge in Höhe von 0,85 vH des Geldwerts des Stammrechts auf Rente zu zahlen (dazu unter 3.). Dem Kläger steht
auch kein sonstiger Sozialleistungsanspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines weiteren Betrages zu (dazu unter 4.). Auch
Grundrechte des Klägers sind nicht beeinträchtigt (dazu unter 5.), sodass sie erst recht nicht verletzt sind.
1. Der 4. Senat des BSG ist für die Entscheidung über die mit der Revision erhobenen Ansprüche zuständig. Der Revisionsführer
hat auch zur Einbehaltungsthematik ausschließlich Sozialleistungsansprüche gegen den beklagten Rentenversicherungsträger aus
gegen diesen gerichteten (behaupteten) Rechten auf Sozialleistungen erhoben, nämlich auf Zahlungen in Höhe von 0,85 vH des
Geldwerts seines Rentenstammrechts zwecks Erfüllung von nach seiner Ansicht noch nicht vollständig erfüllten monatlichen Einzelansprüchen
auf Rente; ferner hat er sich auch dagegen gewandt, dass die Beklagte eine Feststellung über das Erlöschen der streitigen
Geldschulden getroffen habe. Er hat - zulässigerweise auch noch nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist - schriftsätzlich
und abschließend in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er keine beitragsrechtlichen Ansprüche erhebt und auch die
Festsetzung seiner Beitragsschuld zur Pflegeversicherung durch die Beklagte nicht anficht. Da nur der Revisionsführer bestimmen
darf und kann, über welche (vermeintlichen) Ansprüche das BSG entscheiden soll, und er mit seiner Revision nur sozialleistungsrechtliche
Ansprüche aus der Rentenversicherung erhoben hat, war und ist der 4. Senat des BSG zuständig.
2. Die zulässige (Sprung-)Revision ist teilweise begründet. Der Anfechtungsklage gegen den nur formellen Verwaltungsakt betreffend
die Erklärungen der Beklagten über die Erfüllungswirkung der Einbehaltung von Pflegeversicherungsbeiträgen war stattzugeben,
soweit darin der Anschein erweckt wurde, sie habe auch festgestellt, dass die streitigen Zahlungsansprüche des Klägers erloschen
seien. Die Beklagte hat im Bescheid vom 8. März 2004 verschiedene Erklärungen zu unterschiedlichen Rechtsbeziehungen des Klägers
mit ihr oder mit Dritten abgegeben. Von diesen will der Kläger einige nicht angreifen.
a) Die Anfechtungsklage richtet sich erklärtermaßen nicht gegen den Verwaltungsakt der Beklagten, sie stelle die sich aus
dem dynamisierten Stammrecht ab 1. April 2004 ergebende Höhe der monatlichen Zahlungsansprüche mit 1.606,51 EUR ("Rentenbetrag")
fest. Ebenso wendet der Kläger sich nicht gegen ihre Erklärung, sie werde ab 1. April 2004 einen Geldbetrag in Höhe des Beitragsanteils
der Rentner zur Krankenversicherung (118,08 EUR) einbehalten und nicht an ihn zahlen ("abzüglich"). Er begehrt auch nicht
die Aufhebung der Mitteilung des - dort irreführend "monatlicher Zahlbetrag" genannten - bloßen Auszahlungsbetrags (1.461,12
EUR); denn dieser hat als bloßer Hinweis auf das rechnerische Ergebnis einer Subtraktion keinen eigenständigen Regelungswert.
Ebenso wenig ficht der Kläger die Festsetzung der Höhe seiner Beitragsschuld gegen seine soziale Pflegekasse an. Er begehrt
mit seiner Revision auch keinen Rechtsschutz dagegen, dass die Beklagte den vollen Pflegeversicherungsbeitrag aus der Rente
an Dritte abführt.
b) Die Anfechtungsklage ist nur statthaft und insoweit zulässig und begründet, als die Beklagte bezüglich der Erfüllungswirkung
ihrer verrechnenden Einbehaltung einen (bloß) formellen Verwaltungsakt erlassen hat.
Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn der Kläger vom Gericht die Aufhebung einer behördlichen Maßnahme begehrt, die sich
dem sog objektiven Adressaten als Verwaltungsakt darstellt (sog formeller Verwaltungsakt). Nicht entscheidend ist, ob diese
Erklärung inhaltlich wirklich die Kriterien des Verwaltungsaktbegriffs erfüllt, also auch materiell ein Verwaltungsakt ist,
auch nicht ob ggf dieser unwirksam ist (sog nichtiger Verwaltungsakt). Daher reicht für die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage
zwar aus, dass die Maßnahme einen materiellen Verwaltungsakt verlautbart (hinreichende, aber keine notwendige Bedingung).
Notwendig für die Gegebenheit der Anfechtungsklage ist aber nur, dass die Erklärung, die grundsätzlich formfrei ergeht (§
33 Abs 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch >SGB X<), dem sog objektiven Adressaten den Eindruck vermittelt, sie verlautbare
einen materiellen Verwaltungsakt, unabhängig davon, ob dies wirklich der Fall ist (BVerwGE 18, 1, 5; stRspr).
Die Erklärungen der Beklagten, sie behalte aus der Rente Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von 1,7 vH ein und zahle
ihm deshalb den "Rentenbetrag" nicht aus ("abzüglich"), verlautbaren (was hinreichend wäre) keine materiellen Verwaltungsakte
iS von § 31 SGB X. Sie enthalten - soweit vom Kläger angefochten - ua schon keine Regelungen. Der Regelungsbegriff des § 31 SGB X erfasst nur einseitige Erklärungen einer Behörde, die auf die rechtsverbindliche Begründung, Änderung, Aufhebung (einschließlich
Beeinträchtigung) oder auf die (positive oder negative) Feststellung eines subjektiven öffentlichen Rechts oder einer öffentlich-rechtlichen
Pflicht eines anderen Rechtssubjekts (mit unmittelbarer Rechtswirkung diesem gegenüber) gerichtet sind (§ 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch
>SGB I<; BVerwGE 77, 268, 271 mwN). Mit der Erklärung, sie behalte "Beiträge" ein, hat die Beklagte nicht erklärt, sie hebe das bindend festgestellte
subjektive Stammrecht des Klägers auf Altersrente auf oder sie verringere dessen festgestellten Höchstwert, ebenfalls nicht,
sie hebe die hieraus ab 1. April 2004 resultierenden monatlichen Einzelansprüche (1.606,51 EUR) auf oder ändere sie ab.
Die Beklagte hat auch nicht ausdrücklich erklärt, sie stelle fest, dass diese Ansprüche in Höhe der Einbehaltung der Beiträge
zur Pflegeversicherung erloschen seien. Sie hat lediglich gesagt, sie werde ab 1. April 2004 aus der Rente einen höheren Betrag
als Beitrag des Klägers zur Pflegeversicherung einbehalten und schulde ihm monatlich in dieser Höhe keine Zahlung mehr ("abzüglich"
vom jeweils monatlich von ihr dem Kläger geschuldeten Rentenbetrag). Die bloße Erklärung einer Behörde, sie schulde einem
Bürger einen bestimmten Betrag nicht mehr, ist allein noch keine Maßnahme, die aus objektivem Empfängerhorizont als auf die
rechtsverbindliche Feststellung des Erlöschens seines gegen sie gerichteten Anspruchs gerichtet zu verstehen ist; das kann
im Einzelfall unter Umständen anders zu beurteilen sein, wenn - anders als hier - ein Gesetz zu einer solchen Feststellung
ermächtigt.
c) Die Anfechtungsklage ist jedoch statthaft, soweit sie gegen den bloß formellen Verwaltungsakt gerichtet ist, in den die
Beklagte ihre Erklärung gekleidet hat, wegen der Einbehaltung den umstrittenen Betrag nicht mehr zu schulden.
Die Beklagte hat ua erklärt, sie ziehe einen Betrag vom "Rentenbetrag" ab, ferner hat sie die zwar nicht der Verlautbarung
von Verwaltungsakten vorbehaltene, aber zumeist auf diese hindeutende Überschrift "Bescheid" gewählt und in der Rechtsbehelfsbelehrung
gesagt, der "Bescheid" könne insgesamt und ungeachtet dessen, dass in ihm außer verschiedenen Verwaltungsakten auch andere
verwaltungsrechtliche Willenserklärungen und schlichte Hinweise verlautbart wurden, mit dem Widerspruch angefochten werden,
obwohl der (Anfechtungs-)Widerspruch nur gegen Verwaltungsakte gegeben ist (§
78 Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz >SGG<). Damit hat sie für den sog objektiven Adressaten den Anschein erweckt, sie erlasse auch mit ihrer Erklärung über den
"Abzug" des verrechneten Betrages vom "Rentenbetrag" eine Regelung, und hat insoweit bloß der Form nach einen Verwaltungsakt
erlassen (zum formellen Verwaltungsakt stellv: BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 - B 4 RA 50/01 R; BSG SozR 4-1200 § 52 Nr 1 RdNr 9; BSG SozR 4-2600 § 191 Nr 1 RdNr 6; BVerwGE 18, 1, 5). Allein schon durch die Existenz eines solchen "Anscheins-Verwaltungsakts" ist der Kläger mit dem Risiko behaftet, dass
ihm dieser in Zukunft als ein insoweit "bestandskräftiger Verwaltungsakt" (zu Unrecht, weil nur ein materieller Verwaltungsakt
materiell bestandskräftig, also bindend iS von §
77 SGG werden kann) entgegengehalten werden könnte, der unabhängig von der materiellen Rechtslage das Erlöschen der monatlichen
Zahlungsansprüche in Höhe der ab 1. April 2004 einbehaltenen Beträge bindend feststelle. Da sich der Rechtsschutz - wie gesagt
- grundsätzlich nach der von der Behörde gewählten Handlungsform gerade auch dann richtet (BVerwGE 18, 1, 5; stRspr), wenn der wesentliche Inhalt der Erklärung die materiellen Kriterien des Verwaltungsaktbegriffs (§ 31 SGB X; § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz) nicht erfüllt, war die Anfechtungsklage statthaft.
Sie war insoweit auch im Übrigen zulässig und begründet. Die Maßnahme verletzte den Kläger in seinen Rechten. Dass nämlich
ein solcher (bloß formeller) Verwaltungsakt jeden von ihm Betroffenen in seinen Rechten verletzt und deshalb notwendig aufzuheben
ist, falls - wie hier - keine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zur Wahl dieser Handlungsform vorliegt, bedarf keiner
Darlegung (BVerwG, aaO). Eine solche Ermächtigung lag nicht vor. Es kann hier offen bleiben, ob §
255 Abs
1 Satz 2
SGB V auch für jene mit der Einbehaltung und Abführung der Beiträge verbundenen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen, die
keine Verwaltungsakte sind, den Erlass bloß formeller Verwaltungsakte erlaubt, soweit es um Änderungen der Beitragshöhe geht.
Jedenfalls erfasst die Vorschrift schon thematisch nicht die Befugnis des Rentenversicherungsträgers, das Erlöschen eigener
Schulden aus gegen ihn gerichteten Rentenzahlungsansprüchen festzustellen.
3. Die allgemeine Leistungsklage (§§
54 Abs
5,
202 SGG iVm §
258 der
Zivilprozessordnung), die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. April 2004 monatlich stets einen weiteren Betrag in Höhe der Hälfte des einbehaltenen
Betrags, also jeweils von 0,85 vH des Geldwerts des Stammrechts auf Rente, zu zahlen, ist zulässig, aber - wie das SG richtig entschieden hat - unbegründet. Denn die Beklagte hat ab 1. April 2004 die Beträge wirksam einbehalten. Insoweit galt
jeweils monatlich ihre eigene Schuld gegenüber dem Kläger als auch dessen (von ihm nicht bestrittene) Beitragsschuld gegen
seine soziale Pflegekasse kraft Gesetzes als erloschen.
a) Anspruchsgrundlagen für die monatlichen Zahlungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte sind die Bewilligung des Rechts
auf Rente verbunden mit der Feststellung des dynamisierbaren Geldwerts dieses Rechts, aus dem als dessen Rechtsfrucht zu Beginn
eines jeden Monats ein Anspruch auf Zahlung eines Betrags in Höhe des jeweils dynamisierten Geldwerts des Stammrechts entsteht.
Ein weiterer Verwaltungsakt musste nicht ergehen.
b) Die Einzelansprüche des Klägers gelten in Höhe des streitigen Betrags als erfüllt.
Zu Recht weist zwar der Kläger darauf hin, dass die gesetzliche Pflicht der Beklagten, einen Betrag in der Höhe einer Beitragsforderung
eines Dritten "bei der Zahlung der Rente einzubehalten", aus sich heraus allein noch nicht bedeutet, dass dadurch ihre eigene
Rentenzahlungsschuld gegenüber dem Rentner erlischt. Auch regelt das Gesetz nicht, dass der Rentenversicherungsträger von
seiner Schuld befreit wird. Jedoch kennzeichnet es in §
255 Abs
3a Satz 3
SGB V - wie die Beklagte zutreffend vorträgt - mit einer den Anforderungen des Art
14 Abs
1 GG genügenden Deutlichkeit, dass es den Rentenversicherungsträger auch zu einer gestrafften Verrechnung (§§
52,
51 SGB I iVm §§
387 ff
Bürgerliches Gesetzbuch >BGB<) gegen die Zahlungsansprüche des Rentners verpflichtet. Dadurch gilt die (Renten-)Zahlungspflicht insoweit als erloschen
(§§
362 Abs
1,
389 BGB) und wird, solange die Einbehaltung gesetzmäßig erfolgt, auch in Zukunft erlöschen. Der Rentner kann demnach keine weitere
Zahlung zur Erfüllung seiner monatlichen Einzelansprüche mehr verlangen. Die rechtmäßige Einbehaltung, die voraussetzt, dass
sie gesetzmäßig erklärt wird und dass objektiv eine Einbehaltungslage besteht, bewirkt also, dass der Beitragsanspruch des
Dritten gegen den Rentner und dessen Rentenanspruch gegen den einbehaltenden Träger kraft Gesetzes als erloschen gelten.
Die Einbehaltung von Pflegeversicherungsbeiträgen (§
60 Abs
1 Satz 2
SGB XI iVm §
255 Abs
1 SGB V) durch den Rentenversicherungsträger ist, wie §
255 Abs
3a Satz 3
SGB V klärt, im Leistungsrechtsverhältnis zwischen dem Rentner und dem Rentenversicherungsträger eine verkürzte Form der Verrechnung
(§
52 SGB I). Mit der - hier nicht streitigen - monatlichen Beitragsforderung der sozialen Pflegekasse gegen den Kläger, deren Höhe gesetzesunmittelbar
aus dem bewilligten Recht auf Rente bestimmbar und deren Schuldner allein der pflegepflichtversicherte Rentner ist (§
60 Abs
1 Satz 1
SGB XI iVm §§
55 Abs
1 Satz 1,
57 Abs
1,
59 Abs
1 Satz 1
SGB XI , §
226 Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGB V), wird gegen dessen monatlichen Zahlungsanspruch aus seinem Recht auf Rente gegen den Rentenversicherungsträger, der sog
Passivforderung, verrechnet. Wie bei der Verrechnung nach §
52 SGB I (stellv BSG SozR 4-1200 §
52 Nr 1) kommt es auf die Gegenseitigkeit der Forderungen nicht an, ebenso sind auf die verrechnende Einbehaltungserklärung
die §§
387 ff
BGB entsprechend anzuwenden. Die das Erlöschen der Passivforderung herbeiführende Wirksamkeit der Einbehaltung setzt demnach
das objektive Vorliegen einer Einbehaltungslage (Verrechnungslage) und eine gesetzmäßige Einbehaltungserklärung voraus. Die
Verrechnungslage liegt entsprechend §
387 BGB vor, wenn der Dritte (soziale Pflegekasse) die ihm gebührende Geldzahlung fordern und wenn der die Verrechnung erklärende
Träger (Rentenversicherungsträger) die ihm obliegende Geldzahlung bewirken kann. Die (Aktiv-)Forderung des Dritten, mit der
verrechnet wird (hier: unstreitige Beitragsforderung der sozialen Pflegekasse gegen den Kläger) muss jeweils entstanden und
fällig sein; die gleichartige (Passiv-)Forderung des Klägers, gegen die (durch Einbehaltung) verrechnet werden soll (hier:
Zahlungsanspruch des Klägers gegen den beklagten Rentenversicherungsträger), muss zwar nicht fällig, aber entstanden und erfüllbar
sein (vgl hierzu BSG SozR 4-1200 § 52 Nr 1 RdNr 15 mwN). Schuldtilgende Wirkung erlangt die Einbehaltung jedoch erst mit der
Abgabe einer Einbehaltungserklärung, soweit diese gesetzmäßig ist; ferner setzt sie voraus, dass die Aktivforderung unbestritten
oder vollstreckbar festgestellt ist; beides liegt hier vor. Damit gelten beide Forderungen als getilgt (§
389 BGB). Beide Ansprüche wandeln sich dadurch in Rechte auf das Behaltendürfen des jeweils als geleistet Geltenden um.
Da die Beklagte - wie der Kläger nicht bestreitet - bei der Einbehaltungserklärung von dem richtigen "Rentenbetrag" ausgegangen
ist und den Prozentsatz der Beitragshöhe hieraus richtig berechnet hat, ist diese gesetzmäßig. Ferner lag ab 1. April 2004
objektiv eine Einbehaltungslage vor. Die vom Kläger nicht bestrittenen monatlichen Beitragsforderungen der sozialen Pflegekasse
waren jeweils am Ersten des Monats entstanden und fällig geworden (§
60 Abs
1 Satz 2
SGB XI iVm §
255 Abs
3a Satz 4
SGB V jeweils idF des Dritten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze >3.
SGB VI-ÄndG< vom 27. Dezember 2003 >BGBl I 3019<); die Zahlungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte waren ebenfalls am Ersten
des Monats entstanden und erfüllbar (vgl §
272a SGB VI idF des 3.
SGB VI-ÄndG). Die soziale Pflegekasse war stets Gläubigerin des Klägers bezüglich der aus der Rente bemessenen Pflegeversicherungsbeiträge
(§
60 Abs
3 SGB XI). Keine Beitragsgläubiger sind der einbehaltende Rentenversicherungsträger, ggf die Beklagte als Sammelstelle und die Bundesrepublik
Deutschland, an deren Ausgleichsfonds der Geldwert letztlich fließt (§§
60 Abs
4,
65 SGB XI iVm §
255 Abs
1 Satz 1
SGB V).
4. Dem Kläger stand auch kein sonstiger Sozialleistungsanspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines weiteren Betrages in
Höhe der Hälfte des einbehaltenen Pflegeversicherungsbeitrags zu.
a) Es gab und gibt im
SGB VI - anders als nach dem vor ihm gültig gewesenen Recht für den Krankenversicherungsschutz - keine Rechtsnorm, die dem pflegepflichtversicherten
Rentner gegen den Rentenversicherungsträger ein Recht oder einen Anspruch gewährt, dieser müsse ihm einen Zuschuss, etwa in
Höhe der Hälfte, zu dessen Aufwendungen für seine Pflegeversicherung zahlen. Das Gesetz gab den pflegepflichtversicherten
Rentnern auch vor dem 1. April 2004 kein subjektiv-öffentliches Recht gegen den Rentenversicherungsträger auf Zahlung eines
Betrages in Höhe der Hälfte der aus der Rente bemessenen Pflegeversicherungsbeiträge. Soweit der (aufgehobene) § 106a
SGB VI vor allem für privat pflegeversicherte Rentner ein Recht auf Zuschuss zu ihren Aufwendungen für die Pflegeversicherung einräumte,
war der vom Kläger repräsentierte Personenkreis nicht berechtigt. Diese Vorschrift sollte nur eine ungerechtfertigte wirtschaftliche
Schlechterstellung der aus ihr Berechtigten gegenüber den pflegepflichtversicherten Rentnern verhindern. Denn diese schuldeten
ihrer sozialen Pflegekasse von vornherein nur die Hälfte des aus der Rente bemessenen Beitrags. Schon deshalb sah kein Gesetz
vor, diesen Rentnern auch noch ein Recht gegen den Rentenversicherungsträger zu geben, von ihm die Zahlung der anderen Hälfte
des aus der Rente bemessenen Beitrags an den Dritten zu verlangen.
b) Das dem Kläger gegen die Beklagte seit Januar 2001 zustehende Vollrecht (Stammrecht) auf Rente als auch die daraus als
dessen Rechtsfrüchte zu Beginn eines jeden Monats entstehenden (Einzel-)Ansprüche auf Zahlung eines Betrags in Höhe des Geldwerts
des Stammrechts sind als subjektiv-öffentliche vermögenswerte Rechte gegen die Beklagte auch gegenüber Eingriffen der gesetzgebenden
Gewalt der Bundesrepublik Deutschland individual-grundrechtlich eigentumsgeschützt iS des Art
14 Abs
1 GG (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 14. März 2006 - B 4 RA 55/04 R, RdNr 22, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Ihre Gewährleistung des Vermögenswertes wird jedoch durch
die Einbehaltung nicht beeinträchtigt. Zwar erlischt die Geldschuld der Beklagten gegenüber dem Kläger in Höhe des einbehaltenen
Betrags (ohne Auszahlung). Zugleich aber erlischt auch die gleich hohe Beitragsschuld des Klägers gegen seine soziale Pflegekasse.
c) Ein anderes subjektiv-öffentliches Recht des Rentners gegen seinen Rentenversicherungsträger, ihn über den 31. März 2004
hinaus von den Aufwendungen für seine Pflegeversicherung im wirtschaftlichen Ergebnis zur Hälfte freizustellen, war und ist
in keinem Gesetz ausgestaltet.
Ein subjektiv-öffentliches Recht ist auch im Sozialverwaltungsrecht das durch oder aufgrund eines Gesetzes gewährte Recht
eines Bürgers, von einem Träger der vollziehenden Gewalt zur Verfolgung seiner Interessen ein bestimmtes öffentlich-rechtliches
Tun oder Unterlassen zu verlangen (§
194 Abs
1 BGB). Eine Rechtsvorschrift verlautbart nur dann ein subjektiv-öffentliches Recht, wenn sie nicht nur dem öffentlichen Interesse,
sondern auch dem Interesse eines aus der Norm abgrenzbaren Kreises Privater zu dienen bestimmt ist, und wenn sie diesen Begünstigten
die Rechtsmacht verleiht, die Befolgung der öffentlich-rechtlichen Pflicht von dem Hoheitsträger rechtlich verlangen zu können
(stellv BVerfGE 27, 297, 307 unter Hinweis auf Ottmar Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung,
1914, 42 ff, 224; BVerwGE 107, 215, 220 mwN). Allein daraus, dass eine Rechtsvorschrift Einzelne faktisch (zB wirtschaftlich) begünstigt, kann und darf nicht
schon auf eine gezielte Begünstigung geschlossen werden. Sogar dann, wenn eine Norm auch eine Begünstigung eines bestimmbaren
Personenkreises bezweckt, folgt allein daraus noch nicht zwingend, dass die Begünstigten auch die Rechtsmacht erhalten sollen,
von dem verpflichteten Hoheitsträger die Befolgung seiner Pflicht rechtlich verlangen zu können. Begünstigungen, die diesen
Kriterien nicht genügen, sind bloße Rechtsreflexe.
Es ist auch für die Zeiten seit Rentenbeginn zum 1. Januar 2001 keine solche Gesetzesnorm ersichtlich, auch hat der Kläger
keine derartige Norm benannt noch ist sie in dem vorgelegten Rechtsgutachten aufgezeigt worden.
5. Auch Grundrechte des Klägers sind nicht beeinträchtigt.
a) Renteneigentum (iS von Art
14 Abs
1 GG), das dem Kläger als sein Grundrecht zusteht, ist durch die gesetzliche Regelung der verrechnenden Einbehaltung und deren
Anwendung durch die Beklagte nicht beeinträchtigt. Wie gesagt, wurden die ihm durch die inhaltsbestimmenden Regelungen des
SGB VI zugewiesenen rentenversicherungsrechtlichen vermögenswerten Rechte gegen die Beklagte in ihrem geschützten Vermögenswert
nicht verringert.
Soweit der Kläger auf das Urteil des Ersten Senats des BVerfG vom 16. Juli 1985 (BVerfGE 69, 272, 298 ff) hinweist, trägt dies sein Begehren nicht. Das BVerfG hatte nur zu krankenversicherungsrelevanten Themen aus der
Renten- und aus der Krankenversicherung nach alter, vor dem Inkrafttreten des
SGB V und des
SGB VI gegeben gewesener Gesetzeslage entschieden. Insbesondere finden sich - naturgemäß - dort keine Aussagen über die von Anfang
an vom Gesetz anders gestalteten Beziehungen zwischen dem Rentner und seiner sozialen Pflegekasse.
Das BVerfG hat die Abschaffung der "vorversicherungszeitenfreien" und für den Rentner beitragsfreien Mitgliedschaft (einem
Statusrecht) bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung außerdem als keine Beeinträchtigung des Eigentums des Rentners
und als keine Verletzung der während der Mitgliedschaft bereits mit Vertrauensschutz zugewiesenen Positionen gewertet. Es
hat zwar - gemäß den damaligen inhaltsbestimmenden Gesetzen - die subjektiven Rechte der Rentner gegen den Rentenversicherungsträger
auf Zahlung von Zuschüssen zu ihren Aufwendungen zur Krankenversicherung als Gegenstand der Eigentumsgarantie qualifiziert.
Dem lag aber nach altem Recht (§ 1235 Nr 5
Reichsversicherungsordnung >RVO<, §
12 Nr 5 Angestelltenversicherungsgesetz >AVG<, jeweils iVm §
38 SGB I) die in den genannten inhaltsbestimmenden Gesetzen ausdrücklich getroffene Qualifizierung des Rechts auf diese Zuschüsse
als "Anspruchs-Regelleistung", also als eines subjektiv-öffentlichen vermögenswerten Rechtes des Rentners gegen den Rentenversicherungsträger,
zu Grunde. Diese Regelung gibt es seit dem Inkrafttreten des
SGB VI nicht mehr. Ein Recht des pflegepflichtversicherten Rentners gegen den Rentenversicherungsträger, dieser müsse ihm eine "bezahlbare
Pflegeversicherung" gewährleisten, war und ist durch das
SGB VI nirgendwo gewährt worden.
b) Kein Rentner hat ein allgemeines gesetzliches oder verfassungsrechtliches subjektives Recht gegen die - hier nicht beklagte
- Bundesrepublik Deutschland, eine bloß objektiv-rechtliche Gesetzeslage, die für ihn wirtschaftlich günstig ist, nicht zu
verändern oder wiederherzustellen (hierzu zuletzt: BSG, Urteil vom 14. März 2006 - B 4 RA 55/04 R, RdNr 32, unter Bezugnahme auf BVerfGE 71, 255, 272 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Außerdem ist das "Rechtsstaatsprinzip" keine "Anspruchsgrundlage",
sondern für das Gesetzgebungsorgan des Staates eine Schranke seiner Befugnis, bestehende subjektive Rechte zu beeinträchtigen
("Schranken-Schranke"). Seine Anwendung setzt voraus, dass zuvor anderweitig subjektive Rechte begründet wurden und jetzt
beeinträchtigt sind oder es werden können. Der Kläger trägt vor, es komme ihm letztlich auf eine weitere wirtschaftliche Beteiligung
des Rentenversicherungsträgers an seiner Beitragstragung zur sozialen Pflegeversicherung an, gleich in welcher leistungsrechtlichen
Form. Damit könnte er rechtlich allenfalls ein verfassungsrechtliches Recht gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Gesetzgebung
zum rentenversicherungsrechtlichen Leistungsrecht meinen. Ein solches Recht hat er aber bisher nicht verfolgt. Er hat es auch
vor dem BSG nicht geltend gemacht.
c) Der Kläger ist auch nicht in seinem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art
3 Abs
1 GG) beeinträchtigt. Er meint, er werde als Rentner gegenüber der Gruppe der nach dem
SGB VI entgeltlich Beschäftigten (§
1 Satz 1 Nr 1
SGB VI) und deswegen Rentenpflichtversicherten ungerechtfertigt ungleich behandelt, weil die Beschäftigten nach dem Beitragsrecht
der sozialen Pflegeversicherung dort weiterhin nur einen Beitrag tragen und zahlen müssten, der aus der Hälfte ihres Arbeitsentgelts
bemessen werde (§§
58,
60 Abs
1 SGB XI). Ihr versichertes Arbeitsentgelt sei daher weniger belastet als seine Rente.
Art
3 Abs
1 GG iVm Art
1 Abs
3 GG ist in seiner Ausprägung als Verbot der ungerechtfertigten Gleich- und Verschiedenbehandlung von Personengruppen aber nur
dann beeinträchtigt, wenn die Rechte verschiedener Personengruppen, bezogen auf den jeweiligen Regelungsgegenstand des Gesetzes
und gemessen an dessen materiellem Differenzierungskriterium, nämlich der Aufgabe des Gesetzes, ungleich oder aufgabenwidrig
gleich behandelt werden (vgl hierzu zuletzt: BSG, Urteil vom 14. März 2006 - B 4 RA 55/04 R, RdNr 36 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Gemessen an den Aufgaben des Gesetzes liegt aber schon
keine rechtserhebliche tatsächliche und keine Ungleichbehandlung von Rechten vor. Entscheidungserheblich ist hier nur der
Vergleich der rentenversicherungsrechtlichen Rechte und Pflichten der rentenpflichtversicherten Beschäftigten und der Rentner
jeweils gegen ihren Rentenversicherungsträger bezüglich ihrer sozialen Pflegeversicherung.
Insoweit verkennt der Kläger, dass die Beschäftigten dem Kernsystem der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 2 Abs 2 Viertes
Buch Sozialgesetzbuch >SGB IV<) angehören, für das systemgemäß von vornherein andere Regelungen gelten (können) als für die
Personen, die nur auf Grund der "für sie geltenden besonderen Vorschriften" in der Rentenversicherung versichert sind (§
2 Abs
4 SGB IV); dasselbe gilt im Übrigen für die soziale Pflegeversicherung (§
1 Abs
1 SGB IV).
Das Beitragsrecht im Rentenversicherungsrecht ist - wie im Kranken- und Pflegeversicherungsrecht - aus zwingenden Gründen
der Finanzierung des Systems bei den Beschäftigten anders ausgestaltet als bei den anderen Systemen und beruht gerade nicht
auf dem Prinzip, dass die pflichtversicherten Beschäftigten stets die Hälfte des aus ihrem Arbeitsentgelt berechneten Pflichtbeitrags
selbst aufbringen müssen (§§
168 Abs
1 Nr
1,
173 Abs
1 SGB VI; §§
58 Abs
1 Satz 1,
60 Abs
1 Satz 1 und
2 SGB XI iVm §
253 SGB V iVm §§ 28e, 28g
SGB IV; dazu stellv BSGE 86, 262, 267 ff = SozR 3-2600 § 210 Nr 2 S 7 ff). Ein allgemeines Konzept einer "Beschäftigtenversicherung" mit hälftiger Beitragsschuld
der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber ist dem positiven Gesetzesrecht der Rentenversicherung fremd. Es gibt aber auch bei den
"nach den besonderen Vorschriften Versicherten" keinen allgemeinen Grundsatz, dass Versicherungspflichtige Beiträge aus ihren
beitragspflichtigen Einkünften im Ergebnis stets nur zur Hälfte tragen müssen, also die Beitragslast der Versicherungspflichtigen
nicht höher sein dürfe als der sich aus dem halben Beitragssatz ergebende Betrag (BSG, Urteil vom 10. Mai 2006 - B 12 KR 3/05 R, RdNr 21).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
183,
193 SGG.