Rente wegen Erwerbsminderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Verletzung der Amtsermittlungspflicht
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahr 1966 geborene Kläger war zuletzt bis Juli 2018 erwerbstätig und bezog bis Januar 2020 Arbeitslosengeld. Sein im
Februar 2019 gestellter Rentenantrag blieb im Verwaltungsverfahren ohne Erfolg (Bescheid vom 17.5.2019; Widerspruchsbescheid vom 29.10.2019). Im Klageverfahren hat das SG ein Gutachten des Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie H vom 5.8.2020 und eine ergänzende Stellungnahme
vom 21.9.2020 (nach einem Klinikaufenthalt des Klägers) eingeholt. Danach sei der Kläger noch in der Lage, sieben bis acht
Stunden täglich zu arbeiten. Auf Antrag des Klägers ist der Neurologe und Psychiater J gutachtlich angehört worden. Dieser
hat in seinem Gutachten vom 4.2.2021 festgehalten, der Kläger könne seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkaufsleiter nur
noch unter drei Stunden täglich ausüben. Andere Arbeiten mit überwiegend körperlicher Belastung seien sechs Stunden und mehr
zumutbar. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 18.2.2021 hat J ausgeführt, der Kläger stünde dem Arbeitsmarkt nicht mehr
zur Verfügung. Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 28.7.2021). Das LSG hat ebenfalls einen Rentenanspruch verneint und gestützt auf das Sachverständigengutachten von H die Berufung zurückgewiesen
(Urteil vom 12.1.2022).
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er rügt als Verfahrensmangel eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG). Nach Ablauf der bis zum 25.4.2022 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist hat der Kläger noch einen Bescheid zur Feststellung
seiner Schwerbehinderteneigenschaft vorgelegt.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Form begründet ist. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung des Klägers nicht.
Der Kläger hat schon nicht vorgetragen, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag vor dem LSG gestellt zu haben. Zur Darlegung
eines solchen Beweisantrags muss aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte (vgl §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
403 bzw §
373 ZPO) und mit welchem Ziel Beweis erhoben werden sollte und dass es sich damit seinem Inhalt nach nicht nur um eine Beweisanregung
gehandelt hat. Der Kläger führt dazu lediglich aus, er habe mit Schriftsatz vom 28.10.2021 eine Bestätigung der zuständigen
Agentur für Arbeit vorgelegt, wonach aus gesundheitlichen Gründen schon seit Oktober 2018 keine Vermittlungsangebote mehr
gemacht werden könnten, und "zu Beweiszwecken" die Beiziehung der Akten der Arbeitsverwaltung beantragt. Eine weitere Konkretisierung
enthält die Beschwerdebegründung nicht.
Zudem kann ein - wie hier - in der Berufungsinstanz rechtsanwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens
eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis
zu Protokoll aufrechterhalten bzw dies bei der Erteilung seines Einverständnisses mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
kundgetan hat oder das Gericht den Beweisantrag in seiner Entscheidung wiedergibt (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 16.2.2022 - B 5 R 300/21 B - juris RdNr 7 mwN; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
160 RdNr 18c mwN).
Auch dazu enthält die Beschwerdebegründung keine weiteren Ausführungen. Insbesondere hat der Kläger nicht vorgetragen, bei
Erteilung seines Einverständnisses mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§
124 Abs
2 SGG) an seinem Beweisantrag festgehalten zu haben.
Soweit der Kläger darüber hinaus ua geltend macht, die Entscheidung des LSG widerspreche logischen Denkgesetzen und die Überzeugung
des Gerichts decke sich nicht mit der tatsächlichen Lebenswirklichkeit, greift er die Beweiswürdigung durch das LSG an und
rügt eine Verletzung des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG. Die Beweiswürdigung ist jedoch der Rüge im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ausdrücklich entzogen (vgl auch BSG Beschluss vom 21.3.2022 - B 5 R 264/21 B - juris RdNr 7).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.