Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Höchstrichterlich geklärte Rechtsfrage
Keine ausdrückliche Entscheidung
Gründe:
I
Der Kläger beansprucht in der Hauptsache die Erstattung der für die Zeit vom 1.2.1976 bis 31.12.1982 an die Rechtsvorgängerin
der Beklagten entrichteten Pflichtbeiträge. Diesen Anspruch hat das LSG verneint, weil die Voraussetzungen der Sonderregelung
des § 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) für die Erstattung vor dem 1.1.1995 entrichteter Beiträge im Fall des Klägers nicht erfüllt seien. Der vom Kläger behauptete
Verstoß gegen Art
14 Abs
1 GG scheide schon deshalb aus, weil Ansprüche auf Beitragserstattung mangels existenzsicherndem Charakter nicht dessen Schutzbereich
unterfallen (Urteil vom 23.5.2019).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt. Er hält die Rechtssache für grundsätzlich bedeutsam.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 14.8.2019 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form,
weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des
Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch
nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher,
um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit
(Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog
Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl Senatsbeschluss vom 6.8.2018 - B 10 EG 5/18 B - juris RdNr 4 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
"Steht es mit Art.
14 Abs.
1 GG in Einklang, wenn abgeführte Beiträge im Rahmen einer Pflichtversicherung der Landwirtschaftlichen Alterskasse für einen
begrenzten Zeitraum aufgrund eines später erfolgten notwendigen Wechsels in die gesetzliche Rentenversicherung bei der Deutschen
Rentenversicherung Bund keine Berücksichtigung bei der Rentenberechnung als Beitragszeit finden und auch keine Erstattung
der abgeführten Beiträge durch die Landwirtschaftliche Alterskasse stattfindet, und ist die vom Gesetz in § 117 Abs. 1 und
Abs. 2 getroffene Regelung, wonach Beiträge für die Zeiten vor dem 01.01.1995 nicht erstattet werden, soweit am 31.12.1994
keine Beiträge zur Altershilfe für Landwirte bezahlt wurden und nach dem am 31.12.1994 geltenden Recht eine Erstattung von
Beiträgen ausgeschlossen war, verfassungskonform, und ist die vom Gesetz in §
23 SGB I vorgenommene Unterscheidung zwischen den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und denjenigen der Alterssicherung
der Landwirte unter Berücksichtigung der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a ALG verfassungskonform?"
Der Kläger hat die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragenstellungen nicht in gebotenem Maße dargetan.
Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich unmittelbar aus dem
Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen,
wenn das BSG oder das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen
ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam herausgestellten
Rechtsfrage geben (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 6.8.2018 - B 10 EG 5/18 B - juris RdNr 6 mwN). Es reicht daher nicht aus, wenn der Kläger in der Beschwerdebegründung lediglich behauptet, das BSG habe "bisher keine entsprechende Entscheidung getroffen". Vielmehr muss unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zu dem geltend gemachten Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu diesem Fragenbereich noch
keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen oder durch die schon vorliegenden Urteile die gestellte Frage von grundsätzlicher
Bedeutung noch nicht beantwortet ist. Soweit mit der Nichtzulassungsbeschwerde zudem - wie hier - ein Verfassungsverstoß geltend
gemacht wird, muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu der gerügten Verfassungsnorm und der ihr zugrunde liegenden Prinzipien und Grundsätze in substantieller Argumentation
darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der infrage
stehenden, einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten
Regelung des
GG im Einzelnen dargetan werden (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 18.4.2019 - B 10 EG 20/18 B - juris RdNr 7 mwN). Es ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die gesetzlichen Grenzen seines Gestaltungsspielraums überschritten
und in unzulässiger Weise verletzt hat (vgl BSG Beschluss vom 8.9.2016 - B 9 V 13/16 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - juris RdNr 6). Eine solche substantiierte Erörterung der vom LSG im angefochtenen Urteil und ergänzend von der Beklagten
in ihrer Beschwerdeerwiderung zitierten Rechtsprechung des BVerfG und des BSG bezogen auf die hier maßgeblichen einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Normen (insbesondere § 117 Abs 1 und 2 und § 17 Abs 1 Satz 2 Nr 1 ALG einerseits sowie Art
14 Abs
1 GG andererseits) lässt die Beschwerdebegründung vermissen. Allein die hiervon losgelöste Darstellung der eigenen Rechtsansicht
zu einem Verstoß gegen Art
14 Abs
1 GG reicht nicht. Vielmehr hätte sich der Kläger mit der vom LSG und der Beklagten genannten einschlägigen Rechtsprechung des
BSG und des BVerfG auseinandersetzen und im Rahmen der Prüfung der (weiteren) Klärungsbedürftigkeit aufzeigen müssen, dass sich
aus dieser Rechtsprechung keine Anhaltspunkte zur Beantwortung des von ihm bezeichneten Fragenkomplex ergeben. An entsprechendem
Vortrag fehlt es jedoch.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.