Beitragserhebung zur gesetzlichen Krankenversicherung auf Kapitalleistungen als Versorgungsbezug
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Beitragserhebung zur
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf zwei Kapitalleistungen als Versorgungsbezug für die Zeit vom 1.6.2016 bis zum 31.12.2018.
Der im August 1951 geborene Kläger ist als Rentner bei der beklagten Krankenkasse pflichtversichert. Seine frühere Arbeitgeberin,
eine Verlagsgesellschaft mbH, schloss als Versicherungsnehmerin einen Lebensversicherungsvertrag mit einer Gemeinschaft von
drei Lebensversicherungsgesellschaften über eine Kapitalzahlung im Todes- und Erlebensfall mit Rentenwahlrecht. Die Beiträge
zahlte bis zum 31.8.2015 die Arbeitgeberin, danach führte der Kläger die Versicherung privat fort. Im Mai 2016 erhielt der
Kläger aus dieser Versicherung eine Kapitalleistung, von der 63.966,16 Euro auf den Zeitraum bis 31.8.2015 entfielen. Darüber
hinaus hatte der Kläger als Redakteur bei der Versorgungskasse der Deutschen Presse eine Anwartschaft aufgrund von Einzahlungen
der Arbeitgeberin, die im Januar 2016 zu einer Kapitalleistung von 7463,47 Euro führte. Beide Leistungen legte die Beklagte
im streitigen Zeitraum zu 1/120 der monatlichen Beitragserhebung zur GKV zugrunde (Bescheid vom 29.6.2016, Widerspruchsbescheid vom 19.7.2017).
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG Gotha vom 26.9.2019, Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 20.1.2022). Sowohl die Auszahlung der Versorgungskasse als auch diejenige der Lebensversicherung seien als Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung beitragspflichtig. Die laufende Beitragszahlung zur Versorgungskasse habe die Arbeitgeberin übernommen, die
Leistung sei bei Vollendung des 65. Lebensjahres fällig gewesen und es habe ein klarer Zusammenhang zwischen Berufstätigkeit
und Erwerb der Leistung bestanden. Bei der Auszahlung der Lebensversicherung handele es sich um eine solche aus einer Direktversicherung.
Das Urteil des BSG vom 10.10.2017 (B 12 KR 2/16 R - BSGE 124, 195 = SozR 4-2500 § 229 Nr 22) sei nicht übertragbar, denn dort sei - anders als hier - der Kläger selbst Versicherungsnehmer gewesen. Die Beklagte habe
zutreffend den Teil der Kapitalauszahlung, der auf Einzahlungen nach dem Wechsel des Versicherungsnehmers beruhe, nicht der
Beitragszahlung unterworfen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten
(Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre
nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage
im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger hält die Frage für klärungsbedürftig,
"ob Krankenkassenbeiträge auch auf Leistungen einer Versicherungsgesellschaft, die aufgrund der bis zum 31.12.1998 begründeten
Anwartschaften der Redakteure erbracht werden, einbehalten werden dürfen, wenn die Redakteure ohne Einflussnahme per Tarifverträgen
an ein Versicherungsunternehmen gebunden werden und diese hierauf keinerlei Einfluss haben."
Der Kläger legt die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinreichend dar. Eine Rechtsfrage ist dann höchstrichterlich
geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich
entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte
zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN).
Diese Anforderungen erfüllt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Weder setzt sich der Kläger mit dem Gesetzeswortlaut des
§
229 Abs
1 Satz 1 Nr
3 und
5 SGB V noch mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteile vom 26.2.2019 - B 12 KR 13/18 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 25 und - B 12 KR 17/18 R - BSGE 127, 254 = SozR 4-2500 § 229 Nr 24; Urteil vom 1.4.2019 - B 12 KR 19/18 R - juris; Urteil vom 8.10.2019 - B 12 KR 2/19 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 28; Urteil vom 8.7.2020 - B 12 KR 1/19 R - juris) und des BVerfG (<Kammer> Beschluss vom 27.6.2018 - 1 BvR 100/15 und 1 BvR 249/15 - SozR 4-2500 § 229 Nr 27; <Kammer> Beschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 10) zur Beitragspflicht auf Kapitalleistungen der betrieblichen Altersversorgung sowie zur Vergleichbarkeit von Versorgungsbezügen
und Renten der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG Urteil vom 23.2.2021 - B 12 KR 32/19 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 30 RdNr 13 ff; BSG Urteil vom 12.5.2020 - B 12 KR 22/18 R - BSGE 130, 116 = SozR 4-2500 § 229 Nr 29 RdNr 21 ff) hinreichend auseinander. Der Kläger trägt vor, es bestehe die Besonderheit, dass mit Wirkung ab 1.1.1999 keine Beiträge an
die Versorgungskasse gezahlt worden seien. Der Beitragsanteil der Anlage sei an das Versorgungswerk übergeleitet worden. Er
habe keinen Einfluss und keine Mitbestimmung gehabt, auch nicht bezüglich der Anlageform. Es bestehe eine Versicherungspflicht
beim Versorgungswerk der Presse aufgrund allgemein verbindlicher Tarifverträge. Mit diesem Vortrag setzt sich der Kläger nicht
mit der einschlägigen Rechtsprechung auseinander. Er trägt - abweichend von den Feststellungen des LSG, an die das BSG auch im angestrebten Revisionsverfahren gebunden wäre (§
163 SGG) - zum Sachverhalt vor, ohne dass deutlich wird, welche Auswirkungen dieser Sachverhalt auf die formulierte Frage haben soll.
Der Kläger setzt sich auch nicht mit der bereits vom LSG zitierten Rechtsprechung des Senats zur Beitragspflicht auf Leistungen
des Versorgungswerks der Presse (BSG Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 2/16 R - BSGE 124, 195 = SozR 4-2500 § 229 Nr 22) auseinander. Hier beschränken sich seine Ausführungen auf die Behauptung, das BSG habe bisher immer über freiwillige Direktversicherungen entschieden. Unabhängig von der Frage, ob diese Behauptung zutrifft,
legt der Kläger weder anhand des Wortlauts des Gesetzes (§
229 Abs
1 Satz 1 Nr
3 und
5 SGB V) noch der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend dar, inwiefern es auf die Beitragspflicht in der GKV Einfluss haben
soll, wenn ein Versicherter eine Kapitalauszahlung aus einer tarifvertraglich verpflichtenden Direktversicherung erhält.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.