Wirksamkeit eines Krankenkassenwechsels
Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Der Kläger beantragt die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
in einem Rechtsstreit, in dem die Beteiligten über die Wirksamkeit eines Krankenkassenwechsels des Klägers von der Beklagten
zu 1. zu der Beklagten zu 2. zum 1.6.2017 streiten.
Der im Februar 1983 geborene Kläger schrieb sich zum Wintersemester 2012/2013 als ordentlicher Student an der Universität
Gießen ein. Nach seinem Bachelorabschluss wechselte er zum Wintersemester 2015/2016 an die Universität Frankfurt am Main und
beendete sein Studium der Ästhetik dort mit dem Magisterabschluss im März 2018. Seit April 2018 bezieht er Alg II.
Der Kläger ist seit dem 1.2.2013 Mitglied der Beklagten zu 1. Diese führte ihn zunächst in der Krankenversicherung der Studenten
(KVdS) und erhob entsprechende Beiträge. Mit Bescheid vom 8.3.2016 stellte sie fest, dass die KVdS zum 31.3.2016 ende; sie
erhob ab dem 1.4.2016 Versicherungsbeiträge im Rahmen einer freiwilligen Krankenversicherung unter Zugrundelegung des Mindesteinkommens
nach §
240 Abs
4 Satz 1
SGB V. Zwischen ihr und dem Kläger kam es zum Streit über die Verlängerung der KVdS aufgrund des Überschreitens der Altersgrenze.
Die Beklagte zu 1. lehnte eine Verlängerung ab und erhob weiter Versicherungsbeiträge im Rahmen einer freiwilligen Versicherung
(Bescheid vom 23.12.2016; Widerspruchsbescheid vom 6.6.2017). Dazu ist ein Berufungsverfahren beim Hessischen LSG (L 1 KR 365/20) anhängig.
Mit E-Mail vom 30.9.2016 kündigte der Kläger sein Versicherungsverhältnis bei der Beklagten zu 1. Sie bestätigte unter dem
14.10.2016 die Kündigung zum 30.11.2016, wies den Kläger aber darauf hin, dass die Kündigung nur wirksam werde, wenn er innerhalb
der Kündigungsfrist die Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse nachweise. Mit Schreiben vom 29.12.2016 zog der Kläger
seine Kündigung zurück, woraufhin ihn die Beklagte zu 1. in der freiwilligen Krankenversicherung weiterversicherte. Da die
Beklagte zu 1. weiterhin die Verlängerung der KVdS ablehnte, teilte der Kläger unter dem 31.5.2017 mit: "(...) ich frische
meine Kündigung, die ich schon 30.09.2016 wegen zu hohen Beiträgen schrieb, ab sofort auf". Die Beklagte zu 1. stellte unter
dem 1.6.2017 eine Kündigungsbestätigung zum 31.7.2017 aus und wies erneut darauf hin, dass die Kündigung nur wirksam werde,
wenn der Kläger innerhalb der Kündigungsfrist die Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse nachweise. Im weiteren Verlauf
verlangte der Kläger die Ausstellung einer Kündigungsbestätigung zum 31.5.2017. Dies lehnte die Beklagte zu 1. ab (Bescheid vom 7.7.2017; Widerspruchsbescheid vom 2.3.2020).
Bei der Beklagten zu 2. meldete sich der Kläger mit E-Mail vom 16.6.2017 mit dem Begehren an, dort ab 1.6.2017 in der KVdS
versichert zu werden. Er legte seine Kündigung bei der Beklagten zu 1. vom 31.5.2017 vor. Die Beklagte zu 2. wies den Kläger
auf die bestehenden Kündigungsfristen hin und teilte mit, dass eine rückwirkende Aufnahme nicht möglich sei. Ein vom Kläger
unterzeichneter Mitgliedschaftsantrag vom 27.6.2017 ging am 30.6.2017 bei der Beklagten zu 2. ein. Die Beklagte zu 2. lehnte
eine Aufnahme des Klägers mit der Begründung ab, dass der Kläger keine Kündigungsbestätigung der Beklagten zu 1. rechtzeitig
vor Eintritt der begehrten Mitgliedschaft vorgelegt habe (Bescheid vom 7.8.2017; Widerspruchsbescheid vom 30.4.2020).
Gegen die Bescheide der Beklagten hat der Kläger am 26.9.2017 mit der Begründung Klage erhoben, er habe seine Mitgliedschaft
bei der Beklagten zu 1. zum Ende des Monats Mai 2017 gekündigt. Parallel hierzu hat er sein Begehren eines Kassenwechsels
auch in mehreren Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfolglos verfolgt. Das SG Gießen hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 17.6.2020). Das Hessische LSG hat die Berufung unter Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen (Urteil vom 17.6.2021). Für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger am 23.7.2021 beim BSG die Gewährung von PKH beantragt.
II
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.
Nach §
73a SGG iVm §
114 ZPO kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Auch eine formgerechte Beschwerde würde voraussichtlich
nicht zur Zulassung der Revision nach §
160 Abs
2 SGG führen.
Die Durchsicht der Akten und die Würdigung des Vorbringens des Klägers in den Schreiben vom 19.7. und 26.10.2021 haben bei
der gebotenen summarischen Prüfung keinen Hinweis auf das Vorliegen eines der in §
160 Abs
2 SGG genannten Revisionszulassungsgründe ergeben, die ein Prozessbevollmächtigter im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß
§
160a Abs
2 Satz 3
SGG darlegen könnte.
Der Kläger führt aus, die Beklagte zu 1. habe - für ihn nicht nachvollziehbar - im Jahr 2016 die Beiträge erheblich erhöht
und einkommensbasiert berechnet. Ein Kassenwechsel sei nur deshalb nicht zu Stande gekommen, weil die Beklagte zu 1. eine
Kündigungsbestätigung nicht rechtzeitig ausgestellt bzw im gerichtlichen Eilverfahren eine Fälschung vorgelegt habe. Das Verhältnis
zu ihr sei zerrüttet und zerschlagen. Sie wende "fortlaufende Gewalt" an und sei für ihn gefährlich. Sie schreibe ihn regelmäßig
an und drohe mit "Tausenden an Kosten" und Säumniszuschlägen. Er fürchte "weitere Strafen und weitere Misshandlungen".
1. Eine grundsätzliche Bedeutung nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG ist nicht ersichtlich. Die Ausübung des Krankenkassenwahlrechts ist in §§
173 ff
SGB V geregelt. Anhaltpunkte, dass sich anlässlich des vorliegenden Sachverhalt abstrakte, klärungsbedürftige und über den konkreten
Einzelfall hinausgehende, in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen stellen, sind nicht
ersichtlich. Selbst wenn es vorliegend bei der Anwendung der Normen zu einem Rechtsanwendungsfehler gekommen wäre, könnte
er die Zulassung der Revision nicht begründen, weil die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, nicht zur
Zulassung der Revision führen kann (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).
2. Hinweise darauf, dass das Berufungsurteil iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG von einer Entscheidung des BSG oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht, sind ebenfalls nicht erkennbar.
3. Schließlich ist auch ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens nicht ersichtlich, der nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte für eine entscheidungserhebliche Verletzung
von §§
153 Abs
1,
124 SGG ersichtlich. Der Kläger hat sich im Schreiben vom 11.3.2021 mit einer Entscheidung des LSG ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt. Zwar hat das LSG den Beteiligten danach mit Beschluss vom 18.5.2021 den Abschluss eines verfahrensbeendenden Vergleichs
vorgeschlagen. Dieser beinhaltet aber im Wesentlichen den - nicht vom Streitgegenstand umfassten - Krankenkassenwechsel zum
1.4.2018, den der Kläger letztlich nicht angenommen hat. Der Berichterstatter des LSG hat zur Begründung des Vergleichs auf
den Streitgegenstand des Verfahrens, den Wechsel zum 1.6.2017, und auf die fehlende Präjudizwirkung des Vergleichs hingewiesen.
Außerdem hat er den Kläger durch gesonderte Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Nichtannahme des Vergleichs
bis spätestens 16.6.2021 ohne mündliche Verhandlung entschieden werde. Ein Verbrauch des Einverständnisses ist hierdurch nicht
eingetreten, denn der Vergleich enthält zur streitgegenständlichen Sach- und Rechtslage keine neuen Aspekte.
Abschließend weist der Senat auf Folgendes hin: Unabhängig davon, dass das vorliegende Verfahren lediglich die Wirksamkeit
eines Krankenkassenwechsels zum 1.6.2017 und nicht die Frage der Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung
betrifft, ist die wiederholte Behauptung des Klägers, ihm würden Leistungen verweigert, insbesondere mit Blick auf §
16 Abs
3a Satz 4
SGB V nicht nachvollziehbar.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab.