Beitragsbemessung in der Kranken- und Pflegeversicherung
Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus vom Arbeitgeber als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherungen auch
bei Finanzierung durch den Arbeitnehmer
Keine Beitragspflicht beim Einrücken des Arbeitnehmers in die Stellung des Versicherungsnehmers
Kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz durch die Befreiung von betrieblichen Riesterrenten von der Beitragspflicht
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur sozialen Pflegeversicherung
(sPV) auf die Kapitalleistung einer Direktversicherung streitig.
Der am ...1947 geborene Kläger bezieht eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Betriebsrente der R. GmbH.
Er ist seit 1.3.2012 bei der beklagten Krankenkasse in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gesetzlich kranken- und
bei der beigeladenen Pflegekasse pflegeversichert. Zuvor war er wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze freiwillig
versichert.
Seine frühere Arbeitgeberin, die L. GmbH, schloss 1997 für ihn als Maßnahme einer betrieblichen Altersversorgung eine Lebensversicherung
als Direktversicherung innerhalb eines Gruppenversicherungsvertrags mit Kapitalauszahlung ab (Vertrag Nr ...). Die Beiträge
leitete sie einmal jährlich aus dem Entgelt des Klägers an die A. AG weiter. Versicherungsnehmerin war durchgehend die Arbeitgeberin
des Klägers. Im Dezember 2011 wurde ihm eine Kapitalleistung von 36 138 Euro ausgezahlt.
Die beklagte Krankenkasse setzte auch im Namen der beigeladenen Pflegekasse für die Zeit ab 1.3.2012 Beiträge zur GKV von
46,68 Euro und zur sPV von 6,63 Euro (gesamt 53,31 Euro) monatlich fest. Dabei legte sie 1/120 des ausgezahlten Betrags zugrunde
(Bescheid vom 3.4.2012; Widerspruchsbescheid vom 6.2.2013). In den Folgejahren wurden die Beiträge jeweils zum 1. Januar neu
festgesetzt (Bescheide vom 20.2.2013, 28.12.2014, 22.12.2015, 2.1.2017 und 5.1.2018).
Das SG Braunschweig hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 3.12.2015). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte habe § 237 S 1 Nr 2 und S 2, §
226 Abs
1 S 1 Nr
3 sowie §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zutreffend angewandt. Eine eventuelle Ungleichbehandlung dadurch, dass
§
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V seit 1.1.2018 sog Riesterrenten von der Beitragspflicht ausnehme, sei gerechtfertigt. Zweck der Riesterförderung im Bereich
der betrieblichen Altersversorgung sei es, Geringverdienern die Möglichkeit einer zusätzlichen Altersvorsorge zu eröffnen.
Auch die Neufassung des § 82 SGB XII belege das legitime Ziel des Gesetzgebers, Altersarmut zu vermeiden (Urteil vom 24.7.2018).
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von §§
237,
229 Abs
1 Nr
5 SGB V und des Art
3 Abs
1 GG. Er ist der Auffassung, bei der ihm ausgezahlten Direktversicherung handele es sich nicht um eine Leistung der betrieblichen
Altersversorgung. Ungeachtet dessen habe die Arbeitgeberin die Beiträge und die darauf entfallende Lohnsteuer vom Nettolohn
abgezogen. Wegen des oberhalb der Entgeltgrenze erzielten Arbeitsentgelts habe er in der Ansparphase nicht von der Beitragsfreiheit
in der GKV profitiert. Die Anknüpfung des LSG an einen Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistung aus der Lebensversicherung
und der Berufstätigkeit beruhe auf verfassungswidriger Rechtsprechung des BSG. Betriebs- und Riesterrentner würden ungerechtfertigt ungleich behandelt. Das angefochtene Urteil verstoße unter dem Aspekt
des Vertrauensschutzes und des Rückwirkungsverbots gegen Art
20 Abs
3 GG, denn er habe auf den Bestand der Rechtsprechung des BSG zur Beitragsfreiheit von Direktversicherungen vertraut. Die Direktversicherung sei bereits 1997 und damit vor dem 1.1.2004
abgeschlossen worden.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. Juli 2018 und des Sozialgerichts Braunschweig vom 3. Dezember
2015 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar
2013 und der Änderungsbescheide vom 20. Februar 2013, 28. Dezember 2014, 22. Dezember 2015, 2. Januar 2017 und 5. Januar 2018
insoweit aufzuheben, als darin Beiträge auf die Kapitalleistung aus der Lebensversicherung bei der A. AG (VersNr 6/656186/4)
festgesetzt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§
170 Abs
1 S 1
SGG). Das LSG hat die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid vom 3.4.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2013 sowie die Änderungsbescheide
vom 20.2.2013, 28.12.2014, 22.12.2015, 2.1.2017 und 5.1.2018 (§§
96,
153 Abs
1 SGG, § 48 Abs 1 S 1 SGB X) sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dabei war hinsichtlich des mit Bescheid vom 20.2.2013
für Januar 2013 erhöhten Beitrags zur sPV nicht mehr zu entscheiden, nachdem die Beklagte den Verwaltungsakt insoweit in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen und der Kläger dieses Teilanerkenntnis angenommen hat (§
101 Abs
2 SGG).
Die Beklagte hat - auch im Namen der Beigeladenen - der Beitragsbemessung zu Recht die auf 120 Monate verteilte Einmalzahlung
der A. AG zugrunde gelegt. Die Voraussetzungen der Beitragspflicht liegen vor (dazu 1.). Die Beitragserhebung verstößt nicht
gegen Verfassungsrecht (dazu 2.).
1. Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung auf die Kapitalleistung sind §
237 S 1
SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I 2477), §
57 Abs
1 S 1
SGB XI in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378) und §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V in der Fassung des GRG (aaO). Danach wird der Bemessung der Beiträge bei in der GKV pflichtversicherten Rentnern neben dem Zahlbetrag der Rente
der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr 1) ua auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Nr 2) zugrunde gelegt.
Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten auch die "Renten der betrieblichen Altersversorgung", soweit
sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Tritt an
die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt
des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach §
229 Abs
1 S 3
SGB V in der seit 1.1.2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz
- GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge,
längstens jedoch für 120 Monate.
a) Die dem Kläger ausgezahlte Lebensversicherung ist eine betriebliche Altersversorgung iS des §
229 Abs
1 Nr
5 SGB V. Wesentliche Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung (als einer mit der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
vergleichbaren Einnahme) iS des Beitragsrechts der GKV sind, wenn ihr Bezug nicht schon institutionell (Versicherungseinrichtung,
Versicherungstyp) vom Betriebsrentenrecht erfasst wird, ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren
Beschäftigung sowie ihre Entgelt-Ersatzfunktion (stRspr; vgl BSG Urteil vom 13.9.2006 - B 12 KR 5/06 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 4 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 25.5.2011 - B 12 P 1/09 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 14 RdNr 13 mwN; BSG Urteil vom 20.7.2017 - B 12 KR 12/15 R - BSGE 124, 20 = SozR 4-2500 § 229 Nr 21, RdNr 13; zuletzt BSG Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 20/17 R - Juris RdNr 17). Hierzu gehören auch Leistungen, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer vereinbarten Direktversicherung
iS des §
1 Abs
2 Nr
4 BetrAVG gezahlt werden. Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung
auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich
der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Sie soll die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner
Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezwecken, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden
des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen. Ein solcher Versorgungszweck kann sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben
(stRspr; BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 16/10 R - BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, RdNr 17 und BSG Urteil vom 5.3.2014 - B 12 KR 22/12 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 17 RdNr 19, jeweils mwN).
Die auf den Kläger abgeschlossene Lebensversicherung erfüllt diese Voraussetzungen. Sie wurde nach den nicht angegriffenen
und damit den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) von der Arbeitgeberin des Klägers als Direktversicherung zu dessen Gunsten vereinbart. Die im Dezember 2011 ausgezahlte
Lebensversicherung diente auch seiner Altersversorgung, da er im Januar 2012 das 65. Lebensjahr vollendete.
b) Die Finanzierung der Direktversicherung durch den Kläger als Arbeitnehmer beseitigt ihre Charakterisierung als betriebliche
Altersversorgung nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats gehören zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung iS des
§
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V alle Leistungen, die von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung gezahlt werden, bei denen in typisierender Betrachtung
ein betrieblicher Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem Versorgungssystem und einer Erwerbstätigkeit besteht (BSG Urteil vom 23.7.2014 - B 12 KR 28/12 R - BSGE 116, 241 = SozR 4-2500 § 229 Nr 18, RdNr 12 mwN). Wurde der Versicherungsvertrag zu Gunsten des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber als
Versicherungsnehmer abgeschlossen, liegen der Rente vergleichbare Einnahmen in Form der betrieblichen Altersversorgung selbst
dann vor, wenn die Versicherungsprämien ganz oder teilweise aus dem Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers aufgebracht wurden. Wird
ein Versorgungsbezug aus einer Direktversicherung iS des §
1 Abs
2 BetrAVG gezahlt, ist es unerheblich, ob er im Einzelfall ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitgebers oder allein auf Leistungen
des Arbeitnehmers oder des Bezugsberechtigten beruht (vgl BSG Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 20/17 R - Juris RdNr 18; BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 7 RdNr 19). Das Betriebsrentenrecht qualifiziert auch die ausschließlich arbeitnehmerfinanzierte Direktversicherung
als betriebliche Altersversorgung, sofern die vom Arbeitnehmer gezahlten Beiträge von der Versorgungszusage des Arbeitgebers
umfasst sind, der Versicherungsvertrag vom Arbeitgeber abgeschlossen und diesen als Versicherungsnehmer ausweist (vgl dazu
c).
Für die Zuordnung zur betrieblichen Altersversorgung kommt es auch nicht darauf an, ob die Beiträge zur Lebensversicherung
aus dem Brutto- oder aus dem Nettoentgelt gezahlt wurden. Ein Anspruch auf Erhalt der in der Ansparphase gegebenen Beitragsfreiheit
bis in die Auszahlphase lässt sich aus dem Gesetz und der Verfassung nicht herleiten (vgl BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 10/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 6 RdNr 40 mwN; BVerfG Beschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 10 RdNr 10). Unerheblich ist ferner, dass die Lebensversicherung gegebenenfalls aus einem Arbeitsentgelt
oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze finanziert wird (vgl BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 7).
c) Im Recht der GKV kommt es für die Einstufung als Versorgungsbezug nicht darauf an, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer
eine Versorgungs- oder eine reine Versicherungszusage (vgl zur reinen Beitragszusage nunmehr §
1 Abs
2 Nr
2a BetrAVG in der Fassung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes vom 17.8.2017, BGBl I 3214) erteilt hat. Beiträge, die der (frühere) Arbeitnehmer
nach Ende des Arbeitsverhältnisses eingezahlt hat, sind ungeachtet dessen betrieblich veranlasst, solange der institutionelle
Rahmen des Betriebsrentenrechts, also im Falle der Direktversicherung der auf den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer laufende
Versicherungsvertrag zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung genutzt wird (stRspr; zB BSG Urteil vom 25.4.2007 - B 12 KR 25/05 R - Juris RdNr 17; BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 24/09 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 13 jeweils mwN). Damit liegt - auch nach Ansicht des BVerfG (Beschluss vom 9.7.2018 - 1 BvL 2/18 - Juris RdNr 19; Beschluss vom 27.6.2018 - 1 BvR 100/15 und 1 BvR 249/15 - NJW 2018, 3169, RdNr 17; Beschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 11 RdNr 9 ff; Beschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 10 RdNr 12 ff) - ein formal einfach zu handhabendes Kriterium vor, das ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche
Absprachen eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung durch Lebensversicherungsverträge erlaubt.
Der betriebliche Bezug wird erst dann vollständig gelöst und der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts verlassen,
wenn und soweit die ausgezahlten Kapitalleistungen auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit
auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat. Insoweit unterscheiden
sich die Leistungen aus der ursprünglich betrieblichen Altersversorgung nicht mehr von Leistungen aus privaten Lebensversicherungen
von Arbeitnehmern, welche nicht der Beitragspflicht unterliegen. In diesen Fällen ist die ausgezahlte Kapitalleistung ohne
Probleme in einen betrieblichen und einen privaten Teil zu trennen. Auf die Einzahlungen des Bezugsberechtigten auf einen
von ihm als Versicherungsnehmer fortgeführten Kapitallebensversicherungsvertrag finden hinsichtlich der von ihm nach Vertragsübernahme
eingezahlten Beiträge keine Bestimmungen des Betriebsrentenrechts mehr Anwendung (vgl BVerfG Stattgebender Kammerbeschluss
vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 11 RdNr 15; BVerfG Beschluss vom 27.6.2018 - 1 BvR 100/15 ua - NJW 2018, 3169; BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 16/10 R - BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12). Allerdings liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor. Die Versicherungsnehmerstellung ist nicht
auf den Kläger übergegangen.
d) Der Beitragspflicht steht auch nicht entgegen, dass der Kläger aus der Direktversicherung keine laufenden Leistungen, sondern
eine Einmalzahlung erhalten hat. Tritt an die Stelle regelmäßiger Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung
(Einmalzahlung) oder ist diese schon vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach §
229 Abs
1 S 3
SGB V ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate. Es bestehen keine
verfassungsrechtlichen Bedenken, Kapitalleistungen, die die Kriterien einer betrieblichen Altersversorgung erfüllen, den Versorgungsbezügen
nach §
229 Abs
1 S 1
SGB V gleichzustellen. Die Gleichsetzung von laufenden Versorgungsbezügen und nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen wahrt
das Gebot des Art
3 Abs
1 GG, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Es ist kein wesentlicher Unterschied bezüglich der beschäftigungsbezogenen
Einnahmen zwischen laufend gezahlten Versorgungsbezügen und nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen gleichen Ursprungs
und gleicher Zwecksetzung, insbesondere einmaligen Kapitalauszahlungen aus Direktversicherungen, festzustellen (BVerfG Beschluss
vom 7.4.2008 - 1 BvR 1924/07 - SozR 4-2500 § 229 Nr 5 RdNr 32).
e) Der Beitragspflicht steht ferner nicht entgegen, dass der Direktversicherungsvertrag zu Gunsten des Klägers zu einem Zeitpunkt
vor Inkrafttreten des §
229 Abs
1 S 3
SGB V abgeschlossen wurde (vgl BSG Urteil vom 25.4.2007 - B 12 KR 25/05 R - Juris RdNr 27 mwN). Wie das BVerfG bereits entschieden hat, verstößt die zum 1.1.2004 erweiterte 1/120-Regelung nicht gegen
Art
2 Abs
1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Belastung auch von Einmalzahlungen mit dem
vollen allgemeinen Beitragssatz seit 1.1.2004 beurteilt sich nach den Grundsätzen über die unechte Rückwirkung von Gesetzen.
Die Versicherten konnten aber, nachdem der Gesetzgeber bereits mit dem Rentenanpassungsgesetz (RAG) 1982 vom 1.12.1981 (BGBl I 1205) laufende Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht einbezogen hatte, nicht uneingeschränkt
in den Fortbestand der zunächst beitragsrechtlich privilegierten Einmalzahlungen vertrauen (vgl BVerfG Beschluss vom 6.9.2010
- 1 BvR 739/08 - SozR 4-2500 § 299 Nr 10 RdNr 9; BVerfG Beschluss vom 7.4.2008 - 1 BvR 1924/07 - SozR 4-2500 § 229 Nr 5 RdNr 36-37).
f) Die Beitragspflicht entfällt nicht dadurch, dass die Einmalzahlung dem Kläger vor Beginn seiner Versicherungspflicht in
der KVdR ausgezahlt worden ist. Renten aus der betrieblichen Altersversorgung unterliegen nicht nur in der KVdR, sondern gemäß
§
229 Abs
1 S 1 Nr
5, S 3
SGB V ua auch in der Beschäftigtenversicherung und nach §
240 Abs
1 S 1
SGB V iVm §
3 Abs
1 S 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bei freiwillig Versicherten der Beitragspflicht. Das gilt gemäß §
57 Abs
1 und Abs
4 SGB XI auch in der sPV. Der Kläger zahlte allein deshalb im Januar und Februar 2012 keine zusätzlichen Beiträge auf 1/120 der Kapitalauszahlung,
weil er bereits aus dem vorrangig zu berücksichtigenden Arbeitsentgelt (§
230 S 1
SGB V) Beiträge nach der Beitragsbemessungsgrenze (§
223 Abs
3 SGB V, §
55 Abs
2 SGB XI) zu entrichten hatte. Das führt aber nicht dazu, dass die Versorgungsbezüge beitragsfrei bleiben, sobald die nach §§
237,
238 SGB V vorrangig beitragspflichtigen Einnahmen aus der gesetzlichen Rente die Beitragsbemessungsgrenze nicht (mehr) überschreiten,
denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers wird nach der gesetzlichen Wertung in §
229 Abs
1 S 3
SGB V nicht nur im Monat der Auszahlung, sondern auch in den 120 Monaten danach durch die Kapitalleistung aus der Direktversicherung
bestimmt (vgl BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 10/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 6 RdNr 39).
2. Die Beitragspflicht der dem Kläger gezahlten Einmalzahlung verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art
3 Abs
1 GG. Der Gleichheitssatz ist nicht wegen der beitragsrechtlichen Privilegierung sog Riesterrentner durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz
vom 17.8.2017 (BGBl I 3214) verletzt. Nach §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 Halbs 2
SGB V in der zum 1.1.2018 eingeführten Fassung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes gelten als Renten der betrieblichen Altersversorgung
zwar nicht (mehr) Leistungen aus Altersvermögen iS des §
92 EStG. Damit wurden die §
92 in Verbindung mit §
10 EStG geförderten Renten nach dem Altersvorsorgezertifizierungsgesetz (AltZertG, sog Riesterrenten) von der kranken- und pflegeversicherungsrechtlichen Beitragspflicht auf Versorgungsbezüge ausgenommen.
Ungeachtet der Vergleichbarkeit von Begünstigten einer Direktlebensversicherung mit sog Riesterrentnern ist die beitragsrechtliche
Ungleichbehandlung jedenfalls sachlich gerechtfertigt.
a) Art
3 Abs
1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung
verwehrt. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem
Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten
oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede
von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Die Grenzen,
die der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber vorgibt, können sich von lediglich auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen
bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen erstrecken. Es gilt ein am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierter,
stufenloser Prüfungsmaßstab, der nicht abstrakt, sondern nur nach dem jeweils betroffenen Sach- und Regelungsbereich näher
bestimmbar ist. Maßgebend ist, ob für die Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die
ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Allerdings ist der weite sozialpolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers
bei der Ausgestaltung der sozialstaatlichen Ordnung zu beachten. Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind anzuerkennen,
solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des
GG unvereinbar sind (BSG Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - SozR 4-2500 § 224 Nr 2 RdNr 26 mit Hinweisen auf BVerfG). Nach diesen Maßstäben ist die Beitragspflicht des Klägers verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden.
b) Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Ungleichbehandlung bereits deshalb ausscheidet, weil Direktversicherungen einerseits
und "Riesterrenten" andererseits insgesamt betrachtet beitragsrechtlich gleich behandelt werden. Sofern beide Vorsorgeformen
als betriebliche Altersversorgung vereinbart worden sind (vgl zur "Riesterrente" BSG Beschluss vom 6.6.2017 - B 12 KR 13/17 B - Juris), unterliegen sie im Ergebnis jeweils nur einmal der Beitragspflicht zur GKV und sPV: nach §§ 10a, 82, 92
EStG geförderte Renten in der Ansparphase, die übrigen Betriebsrenten in der Auszahlungsphase. Steuerfreie Zuwendungen an Direktversicherungen
sind bis zur Höhe von insgesamt 4 vH der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht dem Arbeitsentgelt
zuzurechnen (§ 1 S 1 Nr 9 Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV -, §
3 Nr 63
EStG). Zu einer Verbeitragung in der Ansparphase kommt es daher nur, wenn und soweit höhere Zuwendungen geleistet werden. Die
wegen einer betrieblichen Riesterrente gezahlten Beiträge werden hingegen aus dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt
aufgebracht (vgl BT-Drucks 18/11286 S 52), und sind damit in der Ansparphase dem Beitragsrecht unterworfen.
c) Aber selbst bei isolierter Betrachtung der Auszahlungsphase ist die insoweit bestehende unterschiedliche Behandlung verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber kann in Bezug auf die Beitragspflicht von Versorgungsleistungen eine Teilgruppe herausgreifen
und sie zu höheren Beitragszahlungen heranziehen, wenn dies - wie hier - durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist (vgl
BVerfG [Kammer] Beschluss vom 7.4.2008 - 1 BvR 1924/07 - SozR 4-2500 § 229 Nr 5 RdNr 34).
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz sollte die betriebliche Altersversorgung in kleinen und mittleren Betrieben ausgebaut
und Anreize für Geringverdiener gesetzt werden, ihre Versorgung im Alter zu verbessern (BT-Drucks 18/11286 S 1, 48 f). Der
Gesetzgeber hat zu diesem Zweck mit der reinen Beitragszusage einen weiteren Tatbestand der betrieblichen Altersversorgung
geschaffen (§
1 Abs
2 Nr
2a BetrAVG), einen obligatorischen Arbeitgeberzuschuss eingeführt (§
1a Abs
1a, §
23 Abs
2 BetrAVG), die Steuerfreibeträge (§
3 Nr
55,
55c,
56, 62, 63 und 63a, §
100 EStG) und die Grenzen der Sozialversicherungsfreiheit für Beiträge zu betrieblicher Altersversorgung aus dem Bruttoentgelt erhöht
(§ 1 Abs 1 S 1 Nr 9 SvEV) sowie laufende Betriebs-, "Riester"- und Basisrenten im Grundsicherungsrecht privilegiert (§ 82 Abs 2 Nr 3 und 4, § 90 Abs 2 Nr 2 SGB XII). Die angestrebte erhöhte Attraktivität der betrieblichen "Riesterrenten" für den Personenkreis der Geringverdiener zielte
darauf ab, eine effizientere Möglichkeit zu schaffen, die Absenkung ihres Rentenniveaus zu kompensieren, die dazu beitragen
kann, Grundsicherung im Alter zu verhindern (vgl BT-Drucks 18/11286 S 52). Die Bekämpfung von Altersarmut ist ein legitimes
Ziel, das mit der Privilegierung betrieblicher "Riesterrenten" im Beitragsrecht der GKV und sPV erreicht werden kann. Der
Gesetzgeber hat bei der Wahl des Mittels die Grenzen seiner Einschätzungsprärogative nicht verlassen. Er ging nachvollziehbar
davon aus, dass betriebliche "Riesterrenten" nur wenig in Anspruch genommen werden, für Personen mit geringem Einkommen weitere
Anreize für eine betriebliche Altersversorgung erforderlich sind und der mit einer Beitragspflicht zur GKV und sPV in der
Auszahlungsphase verbundene Fehlanreiz bei der Förderung betrieblicher "Riesterrenten" beseitigt werden musste (BT-Drucks
aaO S 48 und 51). Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die grundsätzliche Attraktivität der "Riesterrente"
für diesen Personenkreis annimmt, da mit geringen Eigenbeiträgen (§
86 EStG) sowie Grund- und Kinderzulagen nach §§
84,
85 EStG ein Kapitalstock aufgebaut wird, der im Alter der Existenzsicherung dient. Während demnach mit der Privilegierung von Leistungen
nach §
92 EStG Betriebsrenten gestärkt und Altersarmut bekämpft werden soll, steht bei Direktversicherungen das die Finanzierung der GKV
und sPV bestimmende Solidaritätsprinzip im Vordergrund, wonach die Versicherten an den Kosten entsprechend ihrer wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit zu beteiligen sind (vgl BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 7 RdNr 28).
Soweit auch betriebliche Riesterrenten der nicht von Altersarmut bedrohten Personen von der Beitragspflicht ausgenommen sind,
hält sich §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V in den Grenzen zulässiger Typisierung. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen können typisierende und generalisierende Regelungen
notwendig sein. Art
3 Abs
1 GG ist daher in Bezug auf die Beitragsbemessung erst dann verletzt, wenn der Gesetzgeber die Grenzen zulässiger Typisierung
überschreitet (vgl BSG Urteil vom 5.12.2017 - B 12 P 1/16 R - SozR 4-3300 § 55 Nr 5 RdNr 18 mwN). Unbedenklich ist eine Typisierung, solange eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen
benachteiligt wird und der Grundrechtsverstoß nicht sehr intensiv ist (BSG Urteil vom 29.6.2016 - B 12 KR 1/15 R - SozR 4-2500 § 10 Nr 12 RdNr 25 mwN). Gemessen daran ist die ausnahmslose Privilegierung von Leistungen nach §
92 EStG nicht zu beanstanden. Dass betriebliche Riesterrenten generell außer Betracht bleiben, dient der Verwaltungsvereinfachung.
Mit der Zertifizierung nach dem AltZertG steht den Krankenkassen im Rahmen der Massenverwaltung ein einfach zu prüfendes Kriterium zur Verfügung. Der Gesetzgeber
geht anhand nachvollziehbarer Zahlen davon aus, dass die Gruppe der Riesterbetriebsrentner mit hohem Einkommen klein und nicht
prägend ist (BT-Drucks 18/11286 S 51).
Die Herausnahme der "Riesterrenten" aus der Beitragspflicht in der Auszahlungsphase begünstigt die betrieblichen "Riesterrentner"
nicht unverhältnismäßig. Die übrigen Betriebsrentner erfahren einen Ausgleich durch Steuer- und Sozialversicherungsfreibeträge
in der Ansparphase (§
3 Nr 55,
55c,
56, 62, 63 und 63a sowie §
100 EStG; § 1 Abs 1 S 1 Nr 9 SvEV) sowie durch die Pflicht des Arbeitgebers, wegen durch Entgeltumwandlung ersparter Sozialversicherungsbeiträge Zuschüsse
in die betriebliche Altersversorgung zu leisten (§
1a Abs
1a, §
23 Abs
2 BetrAVG). Sofern der Kläger in der Ansparphase von diesem Ausgleich nicht in vollem Umfang profitiert hat, hält sich dieser Nachteil
in den Grenzen des Art
3 Abs
1 GG. Der Gesetzgeber durfte die Änderung erst mit Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes wirksam werden lassen (vgl
BVerfG Urteil vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239 - Juris RdNr 113).
3. Für Fehler bei der konkreten Berechnung der Beiträge zur GKV und sPV bestehen keine Anhaltspunkte. Der Kläger hat insoweit
auch keine Einwände erhoben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.