Krankenversicherung der Rentner; Beitragspflicht französischer Zusatzrenten als betriebliche Zusatzrenten
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen aus laufenden Leistungen, die der Kläger aus
den französischen Zusatzalterssicherungssystemen AGIRC und ARRCO erhält.
Der 1940 geborene Kläger bezieht seit Oktober 2000 eine Rente der (deutschen) gesetzlichen Rentenversicherung und ist seit
1.4.2002 als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Daneben erhält er von der Alterssicherungskasse
CNAV eine Rente der allgemeinen französischen Rentenversicherung sowie von den Trägerorganisationen CIRCACIC und IREPS jeweils
laufende Leistungen aus den Zusatz-Alterssicherungssystemen AGIRC und ARRCO (im Folgenden: französische Zusatzrenten). Die
französischen Zusatzrenten machten im April 2002 (ohne die französische Rente) etwa drei Viertel seines Gesamtalterseinkommens
aus.
Mit Bescheid vom 27.3.2002 stellte die beklagte AOK die Versicherungspflicht des Klägers als Rentner in der Kranken- und Pflegeversicherung
ab 1.4.2002 fest und führte ua aus: "Für Ihre Beitragsbelastung ab 01.04.2002 gilt Folgendes: Die Zusatzrenten von IREPS und
CIRCACIC (beide aus Frankreich) unterliegen als betriebliche Zusatzrenten der Beitragspflicht." Mit Bescheid vom 11.4.2002
setzte die Beklagte Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aus diesen Leistungen ab 1.4.2002 fest und übernahm die genannten
Ausführungen zu deren Beitragspflicht als "betriebliche Zusatzrenten" wortgleich aus dem vorangegangenen Schreiben. Mit dem
nachfolgenden Bescheid vom 26.2.2003 setzte die Beklagte die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge wegen Änderungen in
der Beitragsbemessungsgrundlage ab 1.4.2002 neu fest. Im Hinblick auf die zum 1.1.2004 wirksam werdenden, auf dem GKV-Modernisierungsgesetz
beruhenden Rechtsänderungen teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 2.12.2003 ua mit, dass Krankenversicherungsbeiträge
aus Versorgungsbezügen ab 1.1.2004 unter Berücksichtigung des vollen allgemeinen Beitragssatzes zu berechnen seien. Unter
Bezugnahme hierauf wandte sich der Kläger gegen die "Erhöhung des monatlichen Beitragssatzes um ca 100 %" für seine französischen
Zusatzrenten ab 1.1.2004 und bat die Beklagte um Bestätigung, dass für diese "nur die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes"
gelte. Zur Begründung führte er ua aus, dass es sich bei den französischen Zusatzrenten nicht um Betriebsrenten oder ähnliche
Versorgungsbezüge handele (Schreiben des Klägers vom 21.1.2004). Die Beklagte reagierte darauf mit Schreiben vom 2.2.2004,
betonte, dass es sich bei den französischen Zusatzrenten um Versorgungsbezüge iS des §
229 SGB V handele, und fügte hinzu, dass dies "bereits seit Jahren mehrfach besprochen" sei, sich "an dieser Rechtsauslegung" auch
zum 1.1.2004 "nichts geändert" habe und es deshalb bei der Beitragsberechnung ... "verbleibe". Der Kläger erhob gegen die
"neue Beitragsberechnung des (vollen) Beitragssatzes für die französischen Zusatzrenten" unter Bezugnahme auf dieses Schreiben
Widerspruch und bat die Beklagte, von dieser "außerordentlich hohen Mehrbelastung (Verdoppelung des Beitrags ...) Abstand
zu nehmen" (Widerspruch vom 9.2.2004). Mit Bescheid vom 3.3.2004 setzte die Klägerin die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
wegen Veränderungen der Beitragsbemessungsgrundlage ab 1.1.2003 und unter Berücksichtigung des vollen allgemeinen Beitragssatzes
ab 1.1.2004 neu fest. Der Kläger wandte sich daraufhin erneut "gegen die Beitragsberechnung ab 1.1.2004" und trug ua vor,
dass es sich bei seinen französischen Zusatzrenten "nicht um Versorgungsbezüge ähnlich wie in Deutschland die Betriebsrenten,
sondern um gesetzliche Renten und gesetzliche Zusatzrenten ..." handele (Widerspruch vom 15.3.2004).
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.5.2004 wies die Beklagte den wegen der "Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge aus Versorgungsbezügen
mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz ab 1.1.2004" erhobenen Widerspruch des Klägers zurück. Bei den französischen Zusatzrenten
handele es sich um Versorgungsbezüge iS des §
229 SGB V. Das sei bereits durch bestandskräftigen Bescheid festgestellt und dem Kläger mit Schreiben vom 2.2.2004 später nochmals
erläutert worden. Die Krankenversicherungsbeiträge habe sie ab 1.1.2004 zutreffend nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz
erhoben.
Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 11.4.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 17.5.2004 aufzuheben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge mit Bescheid
vom 14.4.2005 wegen Änderungen in der Beitragsbemessungsgrundlage ab 1.1.2004 neu festgesetzt. Mit Urteil vom 19.12.2005 hat
das SG die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG mit Urteil vom 20.10.2009 das erstinstanzliche Urteil sowie
die "Bescheide" der Beklagten vom 11.4.2002, 2.2.2004 und 3.3.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2005
und den Bescheid vom 14.4.2005 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Weil die Beklagte unter dem 2.2.2004
über die Beitragspflicht der französischen Zusatzrenten als Versorgungsbezüge erneut entschieden habe, könne das im Gerichtsverfahren
überprüft werden. Die Zusatzrenten unterlägen allerdings nicht der Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung,
sodass Beiträge zu diesen Sozialversicherungszweigen für die streitige Zeit vom 1.4.2002 bis 28.2.2005 nicht hätten erhoben
werden dürfen. Beitragspflicht bestehe deshalb nicht, weil französische Zusatzrenten, wie sie der Kläger beziehe, wegen einer
Notifizierung der französischen Regierung unter Bezugnahme auf Art 1 Buchst j der EWGV 1408/71 Leistungen nach Art 4 Abs 1 Buchst c EWGV 1408/71 und damit ihrer Art nach Renten darstellten, die in der deutschen Krankenversicherung nicht verbeitragt werden dürften.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von §
229 Abs
1 S 1 Nr
5, S 2
SGB V. Bei seiner Abgrenzung der Renten von den Versorgungsbezügen habe das LSG Art 4 Abs 1 Buchst c EWGV 1408/71 fehlerhaft ausgelegt. Diese Vorschrift bezwecke lediglich die Festlegung des sachlichen Geltungsbereichs der Verordnung.
Für die Einordnung und Bewertung der französischen Zusatzrenten als gesetzliche Renten oder Versorgungsbezüge besage sie indessen
nichts. Insoweit komme es für die Beurteilung als beitragspflichtige Einnahmen - auch auf der Grundlage der Rechtsprechung
des EuGH - allein auf das nationale, hier das deutsche Sozialversicherungsrecht an. Nach deutschem Recht seien aber alle Voraussetzungen
für die Annahme erfüllt, dass es sich bei den Zusatzrenten um Versorgungsbezüge iS des §
229 SGB V handele.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20.10.2009 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil
des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.12.2005 zurückzuweisen.
Der Kläger stellt keinen Antrag und äußert sich auch in der Sache nicht.
Mit Schreiben vom 7.12.2011 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass Bedenken bestehen, ob über die Beitragspflicht
der französischen Zusatzrenten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) im vorliegenden Revisionsverfahren
inhaltlich (überhaupt) noch zu entscheiden ist.
Unter dem 14.2.2012 hat die Beklagte die angefochtenen Ausgangsbescheide aufgehoben, soweit darin auch Pflegeversicherungsbeiträge
festgesetzt wurden.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet, sodass das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen
das Urteil des SG zurückzuweisen war. Hierüber durfte der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§
165, §
153 Abs
1, §
124 Abs
2 SGG) entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist der Bescheid der Beklagten vom 11.4.2002, daneben das vom LSG als Bescheid angesehene
- mit Widerspruch vom 9.2.2004 angefochtene - Schreiben der Beklagten vom 2.2.2004 und der - mit Widerspruch vom 15.3.2004
angefochtene - Bescheid vom 3.3.2004, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004. Nachdem der Klageantrag
das Schreiben vom 2.2.2004 und den Bescheid vom 3.3.2004 ursprünglich nicht umfasst und das SG hierüber auch nicht befunden hatte, hat das Berufungsgericht diese - bei Zugrundelegung des Schreibens vom 2.2.2004 als Bescheid
- zutreffend in sein Verfahren einbezogen. Der Senat kann dabei offenlassen, ob eine Einbeziehung solcher Ausgangsbescheide
im Wege einer bloßen Klarstellung des Streitgegenstands erfolgt, als Erweiterung des Klageantrags nach §
99 Abs
3 Nr
2 SGG oder als Klageänderung. Jedenfalls hat die Beklagte in deren Einbeziehung eingewilligt, diese war auch sachdienlich.
Zu beurteilen ist ferner der Bescheid der Beklagten vom 14.4.2005. Dieser bereits während des Klageverfahrens ergangene, vom
SG aber nicht berücksichtigte Bescheid ist nach §
96 Abs
1 SGG in seiner bis zum 31.3.2008 geltenden Fassung Verfahrensgegenstand geworden, weil er den vorangegangenen Bescheid der Beklagten
vom 3.3.2004 über die Beitragsfestsetzung aus den französischen Zusatzrenten für die Zeit ab 1.1.2004 ersetzt.
Ob die Festsetzung von Beiträgen aus den französischen Zusatzrenten rechtmäßig ist, ist lediglich für den Zeitraum vom 1.4.2002
(Beginn der Versicherungspflicht) bis 28.2.2006 zu prüfen, nachdem sich die Beklagte in einem in der mündlichen Verhandlung
im Berufungsverfahren geschlossenen Teilvergleich dazu verpflichtet hat, die "ab 2006 ergangenen Beitragsbescheide" entsprechend
dem Ausgang des Rechtsstreits erneut zu überprüfen, und der Kläger sein Begehren insoweit beschränkt hat. Der revisionsgerichtlichen
Beurteilung unterliegt auch nur (noch) die Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge, nachdem die Beklagte im Revisionsverfahren
ihre (Beitrags)Bescheide hinsichtlich der Festsetzung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung aufgehoben hat.
2. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das SG hat die gegen die Bescheide der Beklagten erhobene Anfechtungsklage im Ergebnis zutreffend abgewiesen. Die gegen den Bescheid
der Beklagten vom 11.4.2002 (dazu a) und ihr Schreiben vom 2.2.2004 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004)
(dazu b) erhobene Klage ist allerdings bereits unzulässig. Zulässig, aber unbegründet ist demgegenüber die Klage gegen den
Bescheid vom 3.3.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004 und den in das Gerichtsverfahren einbezogenen
Bescheid vom 14.4.2005 (dazu c).
a) Die gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.4.2002 gerichtete Anfechtungsklage ist unzulässig. Der Bescheid, der neben
der (ersten) Beitragsfestsetzung für die Zeit ab 1.4.2002 auch den Passus enthält: "Wie bereits bekannt, gilt für Ihre Beitragsbelastung
ab 01.04.2002 Folgendes: ... Die Zusatzrenten von IREPS und CIRCACIC (beide aus Frankreich) unterliegen als betriebliche Zusatzrenten
der Beitragspflicht", war im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits (formell) bestandskräftig. Gegen den Bescheid, dem eine Rechtsbehelfsbelehrung
nicht beigefügt war, wurden nämlich innerhalb der Jahresfrist des §
66 Abs
2 SGG Rechtsbehelfe nicht eingelegt.
Der Senat kann offenlassen, ob die Beklagte mit diesem oder bereits dem früheren - hier nicht angefochtenen - Bescheid vom
27.3.2002 oder mit beiden Bescheiden (auch) über die Beitragspflicht der französischen Zusatzrenten entschieden hat, was zur
Folge hätte, dass der Bescheid vom 11.4.2002 jenen nur wiederholte oder eine weitere neue Sachentscheidung darstellte. Denn
auch der Bescheid vom 27.3.2002 war - mangels fristgerechter Einlegung eines Rechtsbehelfs - (formell) bestandskräftig. Die
weiteren vom Kläger angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 3.3.2004 und 14.4.2005 enthielten demgegenüber nur noch Beitrags(neu)festsetzungen
infolge veränderter Beitragsbemessungsgrundlagen bzw veränderten Beitragssatzes.
Die Beklagte hat damit dem Kläger gegenüber eigenständig und mit bindender Wirkung (§
77 SGG) festgestellt, dass die französischen Zusatzrenten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) iS des §
229 Abs
1 SGB V anzusehen sind und deshalb der Beitragspflicht zur Krankenversicherung unterliegen. Zwar hat sie sich bei dieser Feststellung
insoweit auf ein einzelnes Element des Beitrags(tragungs)tatbestandes beschränkt. Das ist jedoch nicht zu beanstanden. Grundsätzlich
dürfen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung eine einzelne Größe zur Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags nicht
für sich zum Gegenstand eines feststellenden Verwaltungsakts machen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2006 - B 12 KR 5/05 R, juris RdNr 9). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSGE 70, 105, 106 f = SozR 3-2500 § 229 Nr 1 S 2 f; ferner BSGE 58, 10 = SozR 2200 § 180 Nr 25 und SozR aaO, Nr 38) ist jedoch - in Abweichung hiervon - die Beitragspflicht von Einnahmen als Element
des Beitrags(tragungs)tatbestandes gesondert feststellungsfähig.
Die gegen den bestandskräftigen feststellenden Verwaltungsakt über die Beitragspflicht der französischen Zusatzrenten erhobene
Klage ist nicht deshalb (gleichwohl) zulässig, weil die Beklagte über einen hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers
mit Widerspruchsbescheid vom 17.5.2004 in der Sache entschieden hätte, dadurch eine "Heilung" der Fristversäumung eingetreten
und ein (Rechtsbehelfs)Verfahren zur Überprüfung der Beitragspflicht (wieder) "eröffnet" worden wäre. Ein solches - als verfristeter
Widerspruch auszulegendes - Überprüfungsbegehren des Klägers ist nicht erkennbar. Es könnte allenfalls in seinem Schreiben
vom 21.1.2004 gesehen werden. Mit diesem hat sich der Kläger jedoch - wenn auch unter Hinweis auf das Fehlen der Beitragspflicht
als einer der (Grund)Voraussetzungen der Beitragserhebung - (explizit) nur zu der Mitteilung der Beklagten vom 2.12.2003 geäußert,
dass Beiträge aus Versorgungsbezügen ab Januar 2004 nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz zu berechnen seien. Dieses Verständnis
liegt auch dem Widerspruchsbescheid vom 17.5.2004 zugrunde. Denn mit ihm hat die Beklagte vom Standpunkt des Klägers aus unter
Berücksichtigung seines objektiven Erklärungswerts keine Überprüfung ihrer Feststellungen zur Beitragspflicht der französischen
Zusatzrenten im Rechtsbehelfsverfahren vorgenommen, sondern sich allein auf den Hinweis zur Bestandskraft (ihres Bescheides
vom 11.4.2002) beschränkt.
b) Die Anfechtungsklage ist auch unzulässig, soweit sie sich gegen das vom LSG als Bescheid angesehene Schreiben der Beklagten
vom 2.2.2004 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004) richtet. Weil das Schreiben keinen Verwaltungsakt enthält
und der Kläger aufgrund der Begleitumstände dieses Schreibens auch nicht davon ausgehen musste - und wie sich aus seinen Widersprüchen
vom 9.2.2004 und 15.3.2004 ergibt (dazu unten) - tatsächlich auch nicht davon ausgegangen ist, dass hiermit von der Beklagten
einseitige und konkrete, verbindliche, der Rechtsbeständigkeit fähige Feststellungen gewollt waren (zur Statthaftigkeit der
Anfechtungsklage in solchen Fällen vgl BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 6 RdNr 16; Urteil des Senats vom 10.5.2006 - B 12 KR 5/05 R, juris RdNr 9), ist die Anfechtungsklage nicht statthaft. Weder handelt es sich bei dem Schreiben vom 2.2.2004 nämlich um
eine weitere neue Sachentscheidung der Beklagten über die Feststellung der Beitragspflicht, die ein Verfahren zur Überprüfung
der Beitragspflicht insoweit (neu) "eröffnete", noch hat die Beklagte unter dem 2.2.2004 auf einen nach § 44 SGB X gestellten Antrag des Klägers die Aufnahme eines entsprechenden Überprüfungsverfahrens abgelehnt oder nach Aufnahme und erneuter
Sachentscheidung einen für den Kläger negativen Zweitbescheid erlassen. In diesen Fällen fehlte für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage
im Zweifel auch das Vorverfahren (dazu unten).
Der vom Berufungsgericht hierzu vertretenen Auffassung folgt der Senat nicht, weil die Bewertung des Schriftverkehrs zwischen
dem Kläger und der Beklagten insoweit zu einem anderen Ergebnis führt. Zum einen wollte der Kläger mit seinem Schreiben vom
21.1.2004 keine Überprüfung - und zwar auch keine solche nach § 44 SGB X - erreichen (dazu oben a). Zum anderen befand die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 2.2.2004 vom Standpunkt des Klägers aus
unter Berücksichtigung des objektiven Erklärungswerts dieses Schreibens nicht über einen solchen Überprüfungsantrag und traf
auch keine neue Sachentscheidung über die Beitragspflicht der französischen Zusatzrenten. Sie teilte vielmehr (nur) - unter
Hinweis auf zurückliegende Korrespondenz - mit, dass sich an ihrer Auslegung "nichts geändert" habe und es deshalb bei der
Beitragserhebung "verbleibe". Der Senat ist im Revisionsverfahren befugt, den Inhalt von Verwaltungsakten (und Schreiben)
selbstständig - und damit auch abweichend von den Vorinstanzen - auszulegen, dh, die sich aus ihnen ergebenden Rechtsfolgen
selbstständig zu bestimmen, etwa soweit es um die vollständige Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände und die Beachtung
der gesetzlichen Auslegungsregeln geht (stRspr des BSG, vgl zB Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl 2012, §
162 RdNr 3b mwN; BSGE 48, 56, 58 f = SozR 2200 § 368a Nr 5).
Ebenso wenig hat die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 17.5.2004 - was abschließend zu prüfen ist - in der Sache
über die Beitragspflicht der französischen Zusatzrenten entschieden. Sie hat also auch insoweit das Verfahren nicht (wieder)
"eröffnet". Vom Standpunkt des Klägers aus unter Berücksichtigung seines objektiven Erklärungswerts ist im Widerspruchsbescheid
(selbst) weder eine weitere neue Sachentscheidung über die Beitragspflicht getroffen worden noch enthält dieser (selbst) eine
Entscheidung im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X. Abgesehen davon, dass sich die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid darauf beschränkt hat, die Beitragspflicht der französischen
Zusatzrenten als bestandskräftig festgestellt zu bezeichnen, und ihr Schreiben vom 2.2.2004 als (bloßes) Erläuterungsschreiben
vorgestellt hat (und solche Entscheidungen von ihr als Widerspruchsbehörde auch gar nicht getroffen werden dürften), hat sich
der Kläger mit seinen Widersprüchen vom 9.2.2004 und 15.3.2004 gegen die Beitragspflicht dieser Einnahmen auch (gar) nicht
gewandt. Weil er sich dort jedenfalls mit der Anwendung des halben allgemeinen Beitragssatzes auf diese Einnahmen einverstanden
erklärt hat, hat er deren Beitragspflicht akzeptiert.
c) Die gegen den Bescheid der Beklagten vom 3.3.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004 und den in das
Gerichtsverfahren einbezogenen Bescheid vom 14.4.2005 erhobene Anfechtungsklage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen
Erfolg.
In diesen Bescheiden hat die Beklagte, ohne sich mit der Beitragspflicht der französischen Zusatzrenten als (Grund)Voraussetzung
der Beitragserhebung ein wiederholtes Mal - im Wege einer neuer Sachentscheidung oder in einem Überprüfungsverfahren - zu
befassen, über (die) weitere(n) Elemente des Beitrags(tragungs)tatbestandes entschieden und die Krankenversicherungsbeiträge
für die Zeit ab 1.3.2003 bzw 1.1.2004 wegen Veränderungen in der Beitragsbemessungsgrundlage und unter Berücksichtigung des
vollen allgemeinen Beitragssatzes neu festgesetzt. Die Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen ab 1.1.2004 in Anwendung
des vollen allgemeinen Beitragssatzes, die der Kläger im Rahmen seines um die Höhe der Beiträge geführten Rechtsstreits allein
beanstandet, ist indessen rechtmäßig. Zutreffend hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 3.3.2004 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004 und dem Bescheid vom 14.4.2005 die aus den französischen Zusatzrenten vom Kläger
zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge unter Berücksichtigung der auf (beitragspflichtige) Versorgungsbezüge ab 1.1.2004
anzuwendenden Vorschrift des §
248 SGB V ermittelt. - Soweit es die Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen für den vorangegangenen Zeitraum - vom 1.4.2002 bis
31.12.2002 - betrifft, ist die Beitragsfestsetzung vom Kläger (allerdings) schon deshalb hinzunehmen, weil der (Beitrags)Bescheid
vom 11.4.2002 und der - hier nicht angefochtene - (Beitrags)Bescheid vom 26.2.2003 - wie bereits erörtert (dazu oben a) -
(formell) bestandskräftig geworden sind.
Nach §
248 S 1
SGB V in der im streitigen Zeitraum maßgebenden, unverändert geltenden Fassung des Art 1 Nr 148 Buchst a des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) gilt bei
Versicherungspflichtigen - und damit auch bei Rentnern (§
237 SGB V iVm §
226 Abs
1 S 1 Nr
3 und §
229 SGB V) - für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen der jeweils am 1. Juli geltende allgemeine Beitragssatz ihrer Krankenkasse
für das folgende Kalenderjahr. Gegen die Berechnung des Betrags aus den französischen Zusatzrenten in Anwendung dieser Vorschrift
und unter Beachtung des satzungsmäßigen allgemeinen Beitragssatzes hat der Kläger Einwendungen nicht erhoben. Die Erhebung
von Krankenversicherungsbeiträgen aus Versorgungsbezügen nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz ist auch in Ansehung des
vom Kläger behaupteten "drastischen" und "unvorhergesehenen" Eingriffs in seine Alterssicherung verfassungsrechtlich nicht
zu beanstanden.
§
248 S 1
SGB V hat faktisch eine Verdoppelung der bei versicherungspflichtigen Rentnern aus den Versorgungsbezügen zu zahlenden Beiträge
gegenüber dem bis zum 31.12.2003 geltenden Recht bewirkt, denn nach §
248 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung galt bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen
nur die Hälfte des jeweils am 1. Juli geltenden allgemeinen Beitragssatzes ihrer Krankenkasse. Weil nach §
250 Abs
1 Nr
1 SGB V in seiner unveränderten Fassung die Beiträge weiterhin allein vom Mitglied zu tragen sind, trifft die Erhöhung im wirtschaftlichen
Ergebnis allein das Mitglied und verdoppelt dessen Beitragslast aus Versorgungsbezügen.
Versorgungsbezüge sind in der Krankenversicherung bei Versicherungspflichtigen wie bei freiwillig Versicherten seit 1983 beitragspflichtige
Einnahmen (vgl § 180 Abs 5 bis 8
RVO idF des Rentenanpassungsgesetzes 1982 vom 1.12.1981, BGBl I 1205). Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen (vgl
Urteile des Senats vom 24.8.2005 - B 12 KR 29/04 R - SozR 4-2500 § 248 Nr 1, vom 10.5.2006, ua B 12 KR 5/05 R - USK 2006-25, B 12 KR 7/05 R - WzS 2007, 155 - und B 12 KR 21/05 R - WzS 2007, 155, sowie vom 13.6.2007 - B 12 KR 18/06 R - USK 2007-12) - an denen er festhält - ausgeführt hat, ist er nicht davon überzeugt, dass §
248 SGB V verfassungswidrig ist. Insbesondere hat er dargelegt, dass sich an der Zumutbarkeit der jetzigen Beitragslast auf Versorgungsbezüge
nichts ändert, wenn die Belastung von Versorgungsbeziehern im Einzelfall - wie hier - aufgrund eines höheren Anteils der Versorgung
am individuellen Arbeitseinkommen höher ist. Er hat auch weder eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu
freiwillig versicherten Rentenbeziehern gesehen noch einen Verstoß gegen Art
3 Abs
1 GG angenommen, soweit nach §
248 S 2
SGB V für Versorgungsbezüge iS von §
229 Abs
1 S 1 Nr
4 SGB V, dh Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, weiterhin nur der halbe allgemeine Beitragssatz gilt. Weiter hat der Senat weder die Eigentumsgarantie des Art
14 Abs
1 GG als verletzt angesehen noch die Verdoppelung der Beitragslast auf Versorgungsbezüge als Verletzung des Art
2 Abs
1 GG iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes bewertet. Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 28.2.2008 (1 BvR 2137/06 - SozR 4-2500 § 248 Nr 3) die Verfassungsbeschwerden gegen die Entscheidungen des Senats vom 10.5.2006 (B 12 KR 3/05 R - WzS 2007, 154, B 12 KR 5/05 R - aaO, B 12 KR 7/05 R - aaO, B 12 KR 9/05 R - WzS 2007, 153 und B 12 KR 13/05 R - WzS 2007, 153) nicht zur Entscheidung angenommen. Im Zusammenhang mit der Verdoppelung der Beitragslast einer pflichtversicherten Rentnerin
mit einer Witwenrente nach dem Soldatenversorgungsgesetz (Urteil des Senats vom 13.6.2007 - B 12 KR 18/06 R - USK 2007-12) hat das BVerfG §
248 SGB V ebenfalls nicht beanstandet (Beschluss vom 7.4.2008 - 1 BvR 2325/07 - SozR 4-2500 § 248 Nr 4; vgl außerdem BVerfG Beschluss vom 28.5.2008 - 1 BvR 2257/06 - SozR 4-2500 §
240 Nr
11: Verdoppelung der Beitragslast für beamtenrechtliche Versorgungsbezüge durch Aufhebung von §
240 Abs
3a SGB V). In diesen Entscheidungen hat das BVerfG §
248 S 1
SGB V als mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG vereinbar angesehen. Einen Verstoß gegen Art
2 Abs
1 GG hat es verneint und ua ausgeführt, die Belastung mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz sei auch dann hinzunehmen, wenn
die Versorgungsbezüge - wie hier - ausnahmsweise einen hohen Anteil der Alterseinkünfte ausmachten. Es ist weder ersichtlich
noch macht der Kläger geltend, dass in seinem Fall Besonderheiten vorliegen, die Anlass zu einer abweichenden verfassungsrechtlichen
Beurteilung geben könnten.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.