Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V
Gründe:
I
Der am 16. Dezember 2000 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger ist mit seinem Begehren, ihm ab 1. Dezember
2002 die Kosten für die Hydrolysatnahrung "Pregomin-AS" wegen starker Neurodermitis und multiplen Nahrungsmittelallergien
zu erstatten, in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat ua ausgeführt, die Voraussetzungen
des Anspruchs aus §
13 Abs
3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) seien nicht erfüllt. Der Sachleistungsanspruch umfasse nicht die Versorgung mit "Pregomin-AS" entsprechend der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (>BSG<, Urteil vom 28. Januar 1999 - B 8 KN 1/98 KR R - SozR 3-2500 § 27 Nr 10 = SozR 3-2500 § 31
Nr 6). Der Einsatz des Mittels sei dadurch gekennzeichnet, dass es an die Stelle unzuträglicher Nahrungsmittel trete und überwiegend
der Ernährung diene. Als Lebensmittel sei Pregomin-AS grundsätzlich kein vom Versorgungsanspruch nach dem
SGB V umfasstes Arzneimittel. Die Verordnung als Verbands-, Heil- und Hilfsmittel komme ohnehin nicht in Betracht. Auch aus §
31 Abs
1 Satz 2
SGB V folge kein Leistungsanspruch. Den Beschluss des Bundesausschusses in seiner Sitzung vom 26. Februar 2002, Eiweißhydrolysate
für Säuglinge bei Kuhmilcheiweißallergie mit schwerwiegender klinischer Symptomatik als verordnungsfähig anzusehen, habe das
damals zuständige Bundesministerium für Gesundheit mit der Wirkung beanstandet, dass dieser nicht als Richtlinie in Kraft
getreten sei. Im Zeitpunkt der Antragstellung sei der Kläger zudem kein Säugling mehr gewesen, sodass er ohnehin nicht in
den Anwendungsbereich der beabsichtigten Regelung gefallen wäre. Ein Anspruch folge auch nicht aus §
4 Abs
1 Nr
1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX), wie sich schon aus Abs 2 Satz 2 der Norm ergebe. Die Regelung des
SGB V sei insoweit spezieller (Urteil vom 10. März 2005).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil. Er macht die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensfehler geltend.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 2 iVm §
169 Satz 3
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus §
160a Abs
2 Satz 3
SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nach §
160 Abs
2 Nr
1 und
3 SGG.
1. Soll die Revision nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen werden, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung
dargelegt werden (vgl §
160a Abs
2 Satz 3
SGG). Hierzu ist es nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erforderlich, eine Rechtsfrage klar zu formulieren und aufzuzeigen,
dass sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, und dass die Rechtsfrage klärungsbedürftig sowie klärungsfähig
ist, dh sie im Falle der Zulassung der Revision entscheidungserheblich wäre (vgl Senat, Beschluss vom 28. Februar 2005 - B 1 KR 6/04 B; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Entscheidungserheblichkeit
bedeutet, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankommt und die
Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen. Hat ein
geltend gemachter Anspruch mehrere Voraussetzungen und wurde er vom Berufungsgericht verneint, weil eine dieser Voraussetzungen
nicht vorliegt, muss dargelegt werden, dass auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Anderenfalls ist der Beschwerdebegründung
nicht zu entnehmen, dass die Entscheidung über die aufgeworfene Rechtsfrage Konsequenzen für den Ausgang des Rechtsstreits
hat. Kann mangels entsprechenden Vortrags nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis
der angestrebten rechtlichen Klärung womöglich am Fehlen einer weiteren, bisher unbeachtet gebliebenen Anspruchsvoraussetzung
scheitern müsste, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und damit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen
Rechtsfrage (vgl dazu Senat, Beschluss vom 28. Februar 2005, B 1 KR 6/04 B; Senat, Beschluss vom 6. Dezember 2004, B 1 KR 96/03 B; BSG, Beschluss vom 30. August 2004, B 2 U 401/03 B, SozR 4-1500 § 160a Nr 5 mwN). So aber liegt es hier. Der Kostenerstattungsanspruch des §
13 Abs
3 SGB V setzt nach ständiger Rechtsprechung des BSG voraus, dass dem Betroffenen Kosten tatsächlich entstanden sind (BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4 RdNr 17 mwN). Weder nach dem Tatbestand noch nach den Entscheidungsgründen des LSG-Urteils ist dies
aber ersichtlich. Die Beschwerde trägt hierzu auch nichts vor.
Aber auch wenn man davon ausginge, dass es dem Kläger um den Sachleistungsanspruch auf Gewährung von "Pregomin-AS" geht und
davon absieht, dass das LSG-Urteil von selbstbeschaffter Säuglingsnahrung im Zeitraum von Dezember 2002 bis Sommer 2004 ausgegangen
ist, fehlt es an erforderlichen Darlegungen. Die Beschwerde misst folgenden Fragen grundsätzliche Bedeutung zu:
"a) In welchem Verhältnis stehen
SGB IX, insbesondere seine §§
1,
4,
26 zu
SGB V?
b) Welche Bedeutung, Auswirkung haben die leistungsrechtlichen Bestimmungen des
SGB IX? Geben sie Menschen mit Behinderungen über Ansprüche nach
SGB V hinaus weitere konkrete Ansprüche, die von den nach
SGB V zur Leistung Verpflichteten, hier der Krankenkasse des Beschwerdeführers, zu erfüllen sind?"
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde damit Rechtsfragen hinreichend klar formuliert hat, da erforderlich ist, dass
die Rechtsfrage auf etwas Bezug nimmt, das Gegenstand des angefochtenen Urteils gewesen ist oder hätte sein können (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl §
160 RdNr 7 mwN), während die von der Beschwerde formulierten Fragen sich auf das Gesamtverhältnis der Normen des
SGB IX zu den Normen des
SGB V beziehen, welches für den Rechtsstreit nicht insgesamt von Belang ist. Jedenfalls ist auch bei einschränkender Auslegung
der Fragestellung nicht hinreichend dargelegt, dass die Fragen klärungsbedürftig sind. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage,
wenn sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Kriterien oder Grundsätze zur Auslegung der Norm ergeben, die für
die Entscheidung im Einzelfall ausreichen und sich die Antwort auch nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz ergibt,
also auch ohne höchstrichterliche Klärung praktisch außer Zweifel steht (vgl BSGE 40, 40 ff, 42; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 160 RdNr 7 mwN). Hierzu muss unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu
dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidungen gefällt
oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat
(vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 65 S 87 mwN; Krasney/Udsching, Handbuch des Sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl 2002, Kap
IX RdNr 183 mwN). Danach hätte sich die Beschwerde mit den Regelungen des §
7 SGB IX und der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Verhältnis von
SGB V und
SGB IX bei Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen auseinander setzen müssen (vgl hierzu BSGE 91, 60, 63 f, RdNr 11 bis 13 = SozR 4-2500 §
33 Nr 3). Hiernach regelt zwar das
SGB IX eigenständig Gegenstände, Umfang und Ausführungen von Leistungen. Hinsichtlich der Zuständigkeit und der Voraussetzungen
für die Leistungen zur Teilhabe wird aber nach wie vor auf die für den jeweiligen Reha-Träger geltenden Leistungssätze verwiesen,
während diese im Übrigen nur maßgebend sind, soweit sie Abweichendes vorsehen (§
7 SGB IX). Die gesetzlichen Krankenkassen sind gemäß §
5 Nr
1, §
6 Abs
1 Nr
1 SGB IX Träger von Leistungen zur medizinischen Reha, für deren Voraussetzungen hiernach die Vorschriften des
SGB V maßgebend sind. Mit dieser Rechtsprechung setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.
Soweit die Beschwerde schließlich die Frage formuliert, ob die im LSG-Urteil zitierte Rechtsprechung des BSG zu Eiweißhydrolysaten
einer Überprüfung bedarf, weil der Beschluss des Bundesausschusses vom 26. Februar 2002 eine Änderung der Auffassung in der
medizinischen Wissenschaft beweise, fehlt es schon an einer klar formulierten Rechtsfrage. Zudem legt die Beschwerde nicht
dar, dass die Fragestellung entscheidungserheblich ist. Dazu hätte besonderer Anlass bestanden, weil das LSG-Urteil ausgeführt
hat, auch bei Inkrafttreten der Richtlinie auf der Grundlage des Beschlusses vom 26. Februar 2002 hätte der Kläger nicht hiervon
profitiert, da er nicht mehr als Säugling betroffen gewesen wäre.
2. Soweit die Beschwerde vorbringt, das LSG hätte durch Einvernahme von Ärzten und Einholung von Sachverständigengutachten
die gesundheitliche Gesamtsituation des Klägers abklären müssen, legt sie einen Verfahrensfehler nicht in der gebotenen Weise
dar. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nach Halbsatz 2 der Regelung auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Insoweit fehlt es an der Bezugnahme auf einen berücksichtigungsfähigen Beweisantrag. Hierzu geht das BSG in ständiger
Rechtsprechung davon aus, dass es jedenfalls rechtskundig vertretenen Beteiligten wie hier dem rechtsanwaltlich vertretenen
Kläger obliegt, in der mündlichen Verhandlung alle diejenigen Anträge zur Niederschrift des Gerichts zu stellen, über die
das Gericht entscheiden soll (vgl Senat, Beschluss vom 27. Juni 2005, B 1 KR 40/04 B mwN). Sinn der erneuten Antragstellung ist es, zum Schluss der mündlichen Verhandlung auch darzustellen, welche Anträge nach
dem Ergebnis der für die Entscheidung maßgebenden mündlichen Verhandlung noch abschließend gestellt werden, mit denen sich
das LSG dann im Urteil befassen muss, wenn es ihnen nicht folgt. Dem genügt die Beschwerde mit ihrem Hinweis nicht, in beiden
Instanzen seien Beweisanträge gestellt worden, die gerade eine besondere aufklärende Bedeutung gehabt hätten. Sie legt damit
nicht dar, dass zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG noch Beweisanträge aufrecht erhalten worden sind, obwohl
der Kläger einen Sachantrag gestellt hat und im LSG-Urteil keine gestellten Beweisanträge aufgeführt sind.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.