Anspruch eines Jugendlichen auf über die Regelversorgung hinausgehenden Zahnersatz in der gesetzlichen Krankenversicherung
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe des befundbezogenen Festzuschusses zu einer zahnprothetischen Regelversorgung.
Der 1999 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) familienversicherte Kläger leidet an einer genetisch bedingten Zahnschmelzbildungsstörung,
die die Widerstandsfähigkeit der Zähne erheblich reduziert und zu einer starken Abrasion führt. Der Heil- und Kostenplan (HKP)
des Zahnarztes Prof. Dr. E. vom 14.3.2008 beschrieb die Zähne 16-14, 12, 11, 21, 22, 24-26, 36, 32-42, 46 als "erhaltungswürdig
mit weitgehender Zerstörung". Diese Zähne sollten Kronen aus Edelstahl mit keramischen Vollverblendungen erhalten (veranschlagte
Kosten: 10 486,67 Euro). Die Beklagte bewilligte den HKP und einen Festzuschuss von 3113,24 Euro (Bescheid vom 15.5.2008,
Widerspruchsbescheid vom 27.10.2008). Prof. Dr. E. erbrachte vom 17.7. bis 13.8.2008 einen Teil der im HKP genehmigten zahnprothetischen
Leistungen (nur Zahnersatz für die Zähne 16, 12, 11, 21, 22, 26, 36, 32-42, 46) mit einem über die Regelversorgung hinausgehenden
Zahnersatz und stellte hierfür - nach Abzug eines Festzuschusses von 2279,52 Euro - 3800,94 Euro in Rechnung. Das SG hat die auf Erstattung und Freistellung von weiterer Ratenzahlung (insgesamt: 3710,94 Euro) sowie auf vollständige Übernahme
der zukünftigen Behandlungskosten für die Zähne 14, 15, 24 und 25 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 24.9.2009). Das
LSG hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Bewilligung des Festzuschusses sei dem Grunde und der
Höhe nach rechtmäßig. Beim Kläger bestehe keine medizinische Notwendigkeit für eine Versorgung mit Edelstahlkronen und Keramikverblendungen.
Der Festzuschuss begrenze den Anspruch des Klägers in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise. Dem stehe nicht entgegen,
dass eine befundbezogene Härtefallregelung beim Zahnersatz allgemein und für Kinder und Jugendliche insbesondere fehle. Die
mit Wirkung zum 1.7.2008 erfolgte Anhebung der Festzuschüsse sei hier unbeachtlich, weil die im Genehmigungszeitpunkt des
HKP geltende Festzuschussregelung maßgeblich sei (Urteil vom 14.12.2011).
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 27 Abs 1 S 2 Nr 2 und Nr
2a, §
28 Abs
2 iVm §
55 SGB V, Art
3 Abs
1 GG. Die Vorschriften über die Versorgung mit Zahnersatz wiesen eine Regelungslücke auf, wenn ein Versicherter genetisch bedingt
- wie hier - für sämtliche bleibende Zähne Zahnersatz benötige. Die sich daraus ergebende finanzielle Belastung verstoße gegen
den allgemeinen Gleichheitssatz.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. September
2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober
2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger weitere 3715,51 Euro gemäß der Rechnung des Zahnarztes Prof. Dr.
E. vom 18. August 2008 zu erstatten sowie die Kosten für die Versorgung der Zähne 14, 15, 24 und 25 gemäß dem Heil- und Kostenplan
vom 14. März 2008 in vollem Umfang zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist zum überwiegenden Teil unbegründet (§
170 Abs
1 S 1
SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung der Zähne 14, 15, 24 und 25 mit Zahnersatz (dazu 1.). Die Revision des Klägers
ist teilweise, nämlich hinsichtlich eines Anspruchs auf Zahlung von 15,96 Euro begründet (§
170 Abs
2 S 1
SGG), weil die Beklagte einen insoweit höheren Festzuschuss auf der Grundlage der Verfügungssätze der Bewilligung hätte festsetzen
müssen. Der Kläger kann auch Zahlung an sich verlangen, weil er dem grundsätzlich hinsichtlich der Zuschusszahlung berechtigten
Vertragszahnarzt Prof. Dr. E. bereits in einem den Erhöhungsbetrag übersteigenden Umfang einen Eigenanteil gezahlt hat (dazu
2.). Im Übrigen ist die Klage auf Zahlung des Eigenanteils an den zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen unbegründet
(dazu 3.).
1. Die auf die zukünftige Versorgung der Zähne 14, 15, 24 und 25 mit Zahnersatz gerichtete Anfechtungs- und Leistungsklage
ist unbegründet. Der Kläger hat derzeit keinen Anspruch auf diese Leistungen, weil kein zur Begründung des konkreten Versorgungsanspruchs
notwendiger HKP (dazu a) vorliegt, dessen Genehmigung noch wirksam ist (dazu b).
a) Nach §
27 Abs
1 S 1
SGB V (idF durch Art 1 Nr 14 Buchst a Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz [GSG] vom 21.12.1992, BGBl I 2266 mWv 1.1.1993) haben Versicherte - wie der Kläger - Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn
sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu
lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua zahnärztliche Behandlung (§
27 Abs
1 S 2 Nr
2 SGB V idF durch Art 1 Nr
13 Buchst a Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz [GMG] vom 14.11.2003,
BGBl I 2190 mWv 1.1.2005) und Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (§
27 Abs
1 S 2 Nr
2a SGB V idF durch Art 1 Nr
13 Buchst b GMG mWv 1.1.2005). Die zahnärztliche Behandlung ihrerseits umfasst die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung,
Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und
zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz
einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden (§
28 Abs
2 S 1
SGB V idF durch Art 1 Nr
15 Buchst a Doppelbuchst aa GMG mWv 1.1.2005). Der Anspruch auf Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen
(zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) ist in den §§
55 ff
SGB V näher geregelt. Nach §
55 Abs
1 S 1
SGB V haben Versicherte nach den Vorgaben in S 2 bis 7 Anspruch auf diese Leistungen in den Fällen, in denen eine zahnprothetische
Versorgung notwendig ist und die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß §
135 Abs
1 SGB V anerkannt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) bestimmt in Richtlinien, erstmalig bis zum 30.6.2004, die Befunde, für
die Festzuschüsse nach §
55 SGB V gewährt werden und ordnet diesen prothetische Regelversorgungen zu (§
56 Abs
1 SGB V idF durch Art 1 Nr 36 GMG mWv 1.1.2004). Maßgaben hierfür ergeben sich aus §
56 Abs
2 SGB V (idF durch Art 1 Nr 36 GMG mWv 1.1.2004). Der GBA kann von den Vorgaben der dortigen S 5 bis 8 abweichen und die Leistungsbeschreibung fortentwickeln
(§
56 Abs
2 S 12
SGB V). Der GBA hat hierzu die - neu gefassten - Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche
Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Zahnersatz-Richtlinie) vom 8.12.2004 (BAnz 2005 Nr 54 S 4094, mWv 1.1.2005; zuletzt
geändert am 7.11.2007, BAnz 2007 Nr 241 S 8383, mWv 1.1.2008) erlassen.
Zudem wird der Anspruch Versicherter auf Zahnersatzleistungen auch durch §
87 Abs
1a SGB V (idF durch Art 1 Nr 57 Buchst c Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz] vom
26.3.2007, BGBl I 378) näher geregelt. §
87 Abs
1a S 2 ff
SGB V bestimmt, dass im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) folgende Regelungen zu treffen sind: Der Vertragszahnarzt hat vor
Beginn der Behandlung einen kostenfreien HKP zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante
Versorgung auch in den Fällen des §
55 Abs
4 und
5 SGB V nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet (S 2). Im HKP sind Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen (S 3). Der
HKP ist von der KK vor Beginn der Behandlung zu prüfen (S 4). Die KK kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die
geplante Versorgung begutachten lassen (S 5). Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die KK die Festzuschüsse
gemäß §
55 Abs
1 oder 2
SGB V entsprechend dem im HKP ausgewiesenen Befund (S 6). Nach Abschluss der Behandlung rechnet der Vertragszahnarzt die von der
KK bewilligten Festzuschüsse mit Ausnahme der Fälle des §
55 Abs
5 SGB V mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab (S 7).
Wie der erkennende Senat bereits ausführlich dargelegt hat, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte, dem Sinn und Zweck
sowie dem systematischen Zusammenhang der §§
55,
87 Abs
1a SGB V, dass die Bewilligung des Festzuschusses vor der Behandlung zu erfolgen hat (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 21 RdNr 13 ff mwN). Nach dem Regelungszusammenhang des §
87 Abs
1a S 2 bis 7
SGB V unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Maßnahmen, die vor und die nach der Behandlung erfolgen müssen. Nach S 4 der Bestimmung
erfolgt die Prüfung des HKP vor der Behandlung, während nach S 7 die Abrechnung der Festzuschüsse nach der Behandlung zu geschehen
hat. Systematisch stellt sich die Bewilligung des Festzuschusses als Endpunkt und damit als Teil der Prüfung des HKP dar.
Sie hat daher in Anknüpfung an §
87 Abs
1a S 4
SGB V vor der Behandlung zu erfolgen. Dies allein sichert den mit der Genehmigung des HKP verfolgten Zweck - die Einhaltung der
Grundsätze der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Der KK soll - anders als bei der ärztlichen Behandlung
im Übrigen - Gelegenheit gegeben werden, die vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vorab zu überprüfen und gegebenenfalls
begutachten zu lassen, um auf diesem Wege die Inanspruchnahme der in aller Regel mit hohen Kosten verbundenen Zahnersatzleistungen
- auch im Interesse des Versicherten - steuern zu können (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 21 RdNr 18).
Unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots gilt im Ergebnis nichts anderes für die Befristung der Genehmigung des HKP.
Denn dem HKP ist immanent, dass er sich auf eine unmittelbar bevorstehende, nur durch das Genehmigungsverfahren hinausgeschobene
vertragszahnärztliche Behandlung bezieht. Die Befristung der Genehmigung soll insbesondere dafür Sorge tragen, dass die nach
dem HKP geplante vertragszahnärztliche Behandlung nicht durch einen nach der Genehmigung sich ändernden Zahnbefund ganz oder
teilweise gegenstandslos wird, aber gleichwohl durchgeführt werden kann. Denn die der KK obliegende Aufgabe der Sicherung
der wirtschaftlichen Leistungserbringung beschränkt sich nicht auf eine punktuelle Prüfung und Genehmigung. Die Befristung
trägt maßgeblich dazu bei, die Effektivität der Prüfung der KK als den Leistungserbringungsvorgang begleitende Aufgabe in
ihrer zeitlichen Dimension abzusichern und zu stärken.
Nr 4 und 5 Anlage 3 zum BMV-Z (idF vom 1.2.2008, gültig bis 31.7.2008 und idF vom 1.8.2008, gültig bis 30.6.2010) regeln die
Umsetzung dieser aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot abzuleitenden Anforderungen: Danach ist der HKP der KK vorzulegen. Sie hat
den HKP vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen und kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung
begutachten lassen (Nr 4). Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die KK die Festzuschüsse. Nach der Genehmigung
sind Änderungen des Befundes oder der tatsächlich geplanten Versorgung der KK zur Neufestsetzung der Festzuschüsse mitzuteilen.
Die Festzuschüsse werden gezahlt, wenn der Zahnersatz in der bewilligten Form innerhalb von sechs Monaten eingegliedert wird.
Die Gesamtvertragspartner können Regelungen zur Vereinfachung des Bewilligungsverfahrens für Wiederherstellungen/Erweiterungen
vereinbaren (Nr 5).
Diese im 4. Kapitel des
SGB V angesiedelten Vorschriften nebst den ergänzenden Regelungen im BMV-Z zum Erfordernis der HKP-Genehmigung und ihrer Befristung
regeln nicht nur die Beziehungen zwischen KKn und Leistungserbringern, sondern gestalten auch das Leistungsrecht. Dies folgt
zunächst aus der Entstehungsgeschichte der Normen. Mit der Einführung der befundbezogenen Festzuschüsse in §
55 SGB V (durch Art 1 Nr 36 GMG mWv 1.1.2005) wurden die Regelungen zum HKP nicht mehr - wie zuvor in § 30
SGB V - in die Vorschrift über den Leistungsanspruch, sondern in den neu geschaffenen Abs
1a des §
87 SGB V aufgenommen. Der Gesetzgeber wollte aber im Wesentlichen das geltende Recht übernehmen (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 21 RdNr 14 mwN). Auch der dargestellte Sinn und Zweck der Regelungen sprechen für ihre Auswirkung auf das Leistungsrecht.
Diese Zwecke würden unterlaufen, wenn nicht auch der Leistungsanspruch des Versicherten von der Genehmigung der Behandlung
(vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 21 RdNr 18) und deren Befristung abhängig wäre.
b) Der Kläger hat nicht innerhalb von sechs Monaten nach Genehmigung des HKP durch die Beklagte die im HKP des behandelnden
Vertragszahnarztes Prof. Dr. E. vom 14.3.2008 vorgesehene Versorgung der Zähne 14, 15, 24 und 25 mit Zahnersatz durchführen
lassen. Denn der Bescheid der Beklagten, mit dem sie den HKP - auch bezüglich der Zähne 14, 15, 24 und 25 - genehmigte, datiert
vom 15.5.2008. Hinsichtlich der vom 17.7. bis 13.8.2008 durchgeführten vertragszahnärztlichen Versorgung kann sich der Kläger
auf die Genehmigung vom 15.5.2008 stützen. Er ließ im Juli und August 2008 sowie auch in der Zeit danach seine Zähne 14, 15,
24 und 25 nicht mit Zahnersatz versorgen. Die Genehmigung entfiel insoweit durch Ablauf der sechsmonatigen Frist. Dem Kläger
bleibt unbenommen, die Erteilung einer neuen Genehmigung zu beantragen (zum weitergehenden Klageziel einer über die Gesetzeskonzeption
hinausreichenden Versorgung vgl unten, II. 3.).
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf einen zusätzlichen Teilbetrag des Festzuschusses in Höhe von 15,96 Euro.
Die Beklagte hätte einen höheren Festzuschuss auf der Grundlage der das Einstufungsgerüst betreffenden Verfügungssätze der
Bewilligung festsetzen müssen (dazu a), weil sich zum 1.7.2008 die Zuschusshöhe aufgrund einer Rechtsänderung erhöhte (Bekanntmachung
des Beschlusses des GBA über eine Veröffentlichung der Höhe der auf die Regelversorgung entfallenden Beträge - Befunde und
zugeordnete Regelversorgungen 2008/II - vom 4.6.2008, BAnz 2008 Nr 89 S 2103). Der Kläger hat nach sinngemäßer ergänzender
Auslegung des §
55 SGB V auch Anspruch auf Auszahlung des Teilbetrags von 15,96 Euro an sich selbst. Denn er zahlte bereits in einem diesen Teilbetrag
übersteigenden Umfang einen Eigenanteil an seinen behandelnden Zahnarzt (dazu b).
a) Der Bescheid vom 15.5.2008 (dazu aa) wurde durch die fehlende Anpassung des Festzuschusses an die Sätze der Bekanntmachung
des GBA vom 4.6.2008 über die Höhe der auf die Regelversorgung entfallenden abgestaffelten Beträge rechtswidrig (dazu bb).
Die Beklagte hätte den Bescheid nach § 48 Abs 1 S 1 iVm S 2 Nr 1 SGB X ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Änderung der Verhältnisse unter Heraufsetzung des Festzuschusses um weitere 22,12 Euro
auf 3135,36 Euro anpassen müssen (dazu cc). Der Betrag verminderte sich auf 15,96 Euro, weil sich der Kläger zulässig nur
teilweise mit Zahnersatz versorgen ließ. Im Übrigen erledigte sich die weitere Bewilligung in Höhe von 6,16 Euro (dazu dd).
Die mit Blick auf die nur teilweise durchgeführte Zahnersatzversorgung bloß anteilig zu gewährende Erhöhung des Festzuschusses
um 15,96 Euro ist nicht nach § 48 Abs 3 SGB X abzuschmelzen (dazu ee).
aa) Der Bescheid vom 15.5.2008 regelt ausdrücklich die "Kostenzusage" über einen dem behandelnden Vertragszahnarzt zu zahlenden
befundbezogenen Zuschuss für vertragszahnärztliche Honorar- sowie Material- und Laborkosten auf der Grundlage der Bekanntmachung
des GBA vom 7.11.2007 über die Höhe der auf die Regelversorgung entfallenden Beträge nach §
57 Abs
1 S 6 und §
57 Abs
2 S 6 und 7
SGB V in den Abstaffelungen nach §
55 Abs
1 S 2, 3 und 5
SGB V sowie §
55 Abs
2 SGB V, gültig ab 1.1.2008 (BAnz 2007 Nr
240 S 8355; Bekanntmachung - Befunde und zugeordnete Regelversorgungen 2008/I) in Höhe von 3113,24 Euro. Darin erschöpft sich
jedoch der Regelungsgehalt des Bescheids nicht. Der Bescheid enthält als weiteren Verfügungssatz die Regelung, dass sich der
dem Kläger zustehende Festzuschuss nach §
55 Abs
1 S 2
SGB V (50 vH des Regelversorgungsbetrags) nach §
55 Abs
1 S 3
SGB V (20 vH des Festzuschussbetrags) und zusätzlich nach §
55 Abs
1 S 5
SGB V (10 vH des Festzuschussbetrags) erhöht, sodass der zuerkannte Festzuschuss insgesamt 65 vH der nach §
57 Abs
1 S 6, Abs
2 S 6 und 7
SGB V festgesetzten Beträge ausmacht. Dies folgt aus der Bezugnahme im Bescheid vom 15.5.2008 auf den genehmigten und vom Kläger
dem behandelnden Vertragszahnarzt auszuhändigenden HKP, der einen ausdrücklich vermerkten und auch berechneten Bonus von 30
vH zum Festzuschuss vorsieht. Die dort erteilte Genehmigung erstreckt sich - als dritter Verfügungssatz - auf Art und Umfang
der Zahnersatz-Regelversorgung (Einstufungsgerüst): metallische Vollkronen für 16 erhaltungswürdige Zähne mit weitgehender
Zerstörung (Zähne 16-14, 12-22, 24-26, 36, 32-42, 46) gemäß Nr 1.1 Bekanntmachung - Befunde und zugeordnete Regelversorgungen
2008/I und Verblendungen für 12 Zähne (Zähne 15, 14, 12-22, 24, 25, 32-42) gemäß Nr 1.3 Bekanntmachung - Befunde und zugeordnete
Regelversorgungen 2008/I. Auch die Anwendung der Abrechnungsnummern und der Beträge nach der Bekanntmachung - Befunde und
zugeordnete Regelversorgungen 2008/I - auf die genannten Zähne folgt aus der Inbezugnahme des Bescheides vom 15.5.2008 auf
den Inhalt des genehmigten HKP und der im Bescheid festgesetzten Obergrenze des Festzuschusses. Darüber hinaus enthält der
Bescheid - wiederum durch Bezugnahme auf den HKP - als vierten Verfügungssatz die Genehmigung der tatsächlich beabsichtigten
Zahnersatzversorgung als eine medizinisch sinnvolle Maßnahme, für die der Festzuschuss in Anspruch genommen werden darf.
bb) Die genannten ersten drei Verfügungssätze des Bewilligungsbescheides wurden als Verwaltungsakte iS von § 31 S 1 SGB X in ihrem Bewilligungsteil bestandskräftig. Der Kläger greift sie nur an, soweit sie zugleich höhere Leistungen versagen.
Auf der Grundlage dieser insoweit bestandskräftigen Regelungen hatte der Kläger ab 1.7.2008 Anspruch auf eine erhöhte Zuschussbewilligung
von insgesamt 3135,36 Euro, also auf eine Erhöhung um insgesamt 22,12 Euro.
Entgegen der Auffassung des LSG kommt es für die Frage, welche Beträge nach §
57 Abs
1 S 6, Abs
2 S 6 und 7
SGB V in den Abstaffelungen nach §
55 Abs
1 S 2, 3 und 5, Abs
2 SGB V maßgeblich sind, nicht auf die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides geltenden Beträge an, sondern auf die zu Beginn
der Zahnersatzbehandlung geltenden Beträge. Dem steht die Genehmigungsbedürftigkeit des HKP nicht entgegen. Durch das Genehmigungsverfahren
soll die KK - zum Schutze der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und des einzelnen Versicherten (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 21 RdNr 18) - vorab die Wirtschaftlichkeit der geplanten Zahnersatzbehandlung prüfen. Nicht hingegen ist es Ziel der Genehmigung,
bei vorab bejahter Wirtschaftlichkeit den Anspruch des Versicherten während der Dauer der Genehmigung zu verkürzen. Indem
§
87 Abs
1a SGB V iVm Nr
5 Anlage 3 BMV-Z dem Versicherten die Möglichkeit eröffnet, ihn aber auch zwingt, binnen der kurzen Frist von sechs Monaten
nach Bekanntgabe der Genehmigung die Behandlung durchführen zu lassen, nehmen diese Regelungen auch in Kauf, dass der Versicherte
die Behandlung zu einer Zeit beginnt, in der bereits (geringfügig) höhere Beträge aufgrund einer neuen nach §
56 Abs
4 SGB V ergangenen Bekanntmachung des GBA gelten. Ein schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse der KKn ist hiergegen nicht zu erkennen.
Das Interesse der Versicherten hat Vorrang, die Leistungen nach Maßgabe der im Zeitpunkt des Behandlungsbeginns geltenden
Bestimmungen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Leistungsrechts beanspruchen zu können. Eine entgegenstehende normative
Regelung besteht nicht.
cc) Die Beklagte war verpflichtet, die Festzuschussbewilligung hinsichtlich der zahntechnischen Leistungen zu erhöhen (vgl
§ 48 Abs 1 S 1 iVm S 2 Nr 1 SGB X). Sie musste diesen ersten Verfügungssatz über die Höhe des insgesamt zu gewährenden Festzuschusses an die Änderung der Regelversorgung
ab 1.7.2008 anpassen (hier maßgeblich Regelversorgung nach Nr 1.1 und 1.3 des Beschlusses des GBA vom 4.6.2008). § 48 Abs 1 S 1 iVm S 2 Nr 1 SGB X bestimmt: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung
vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt
soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen
erfolgt. Die Genehmigung des HKP iVm der betragsmäßigen Festsetzung des Zuschusses und der Abstaffelung ist ein Verwaltungsakt
mit Dauerwirkung. Sie ermöglicht dem Versicherten für die Dauer von sechs Monaten die auf Versorgung mit Zahnersatz gerichtete
vertragszahnärztliche Behandlung unter Inanspruchnahme eines Festzuschusses. Die Beklagte war auch verpflichtet, ihren Bescheid
an die geänderten rechtlichen Verhältnisse ab deren Eintritt anzupassen. Denn § 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB X eröffnet der Beklagten nur in einem atypischen Fall Ermessen (vgl zum Ganzen Steinwedel in Kasseler Komm, Stand Dezember
2012, § 48 SGB X RdNr 37 bis 42). Umstände, die einen atypischen Fall bedingen könnten, sind weder vom LSG festgestellt noch ergeben sich
dafür aus den Akten Anhaltspunkte.
dd) Der Anspruch des Klägers auf den sich insgesamt ergebenden Erhöhungsbetrag beschränkte sich aufgrund der bloßen Teilverwirklichung
des HKP und des Wegfalls seiner Genehmigung nach Ablauf von sechs Monaten (vgl oben II. 1. b) auf 15,96 Euro. Dem steht hier
nicht entgegen, dass grundsätzlich kein Anspruch auf einen Zuschuss entsteht, wenn die Versorgung abweichend vom genehmigten
HKP erfolgt. Eine Abweichung vom HKP durch seine nur teilweise Umsetzung birgt die Gefahr unwirtschaftlicher Behandlung. Um
eine Anpassung an eine geänderte, dennoch wirtschaftliche Planung zu ermöglichen, sind Änderungen der tatsächlich geplanten
Versorgung der KK zur Neufestsetzung der Festzuschüsse nach erfolgter Genehmigung grundsätzlich vorab mitzuteilen (vgl Nr
5 S 2 Anlage 3 zum BMV-Z in beiden hier maßgeblichen Fassungen vom 1.2. und 1.7.2008).
Der Kläger wich zwar vom HKP (wohl) in zweierlei Weise ab. Einerseits ließ er nach den den Senat bindenden Feststellungen
des LSG (§
163 SGG) nicht alle Zähne tatsächlich versorgen, deren Versorgung die Beklagte im HKP genehmigt hatte. Andererseits wählte er anscheinend
entgegen der mit dem vierten Verfügungssatz genehmigten tatsächlichen Versorgung zwar einen gegenüber der Regelversorgung
höherwertigen, aber von der gemäß HKP tatsächlich geplanten Versorgung teilweise abweichenden Zahnersatz. Letzteres folgt
schon aus den auch unter Berücksichtigung der bloß erfolgten Teilversorgung erheblich differierenden Kostenansätzen im HKP
und der Rechnungslegung. Die Beklagte genehmigte hier aber die (modifizierte) Teilbehandlung gemäß Nr 5 S 2 Anlage 3 zum BMV-Z
konkludent nachträglich durch ihre Vergütung. Sie muss sich hieran auch bei der Berücksichtigung der Bekanntmachung - Befunde
und zugeordnete Regelversorgungen 2008/II - festhalten lassen.
Aus der ab 1.7.2008 maßgeblichen Bekanntmachung - Befunde und zugeordnete Regelversorgungen 2008/II - ergibt sich für die
tatsächlich erbrachten zahntechnischen Leistungen ein um 15,96 Euro höherer Festzuschuss auf der Grundlage der im Falle des
Klägers kombiniert zu berücksichtigenden Abstaffelungen nach §
55 Abs
1 S 2, 3 und 5
SGB V und der tatsächlich ausgeführten zahntechnischen Leistungen. Durch die nur teilweise Verwirklichung der im HKP bewilligten
Zahnersatzversorgung innerhalb der maßgeblichen Sechsmonatsfrist erledigte sich die um insgesamt 22,12 Euro zu erhöhende Festzuschussbewilligung
in Höhe von 6,16 Euro (§ 39 Abs 2 SGB X).
ee) Der vorzunehmenden Änderung des ersten Verfügungssatzes (Erhöhung der bewilligten 3113,24 Euro Festzuschuss um 22,12 Euro)
nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB X mit Wirkung ab 1.7.2008 steht § 48 Abs 3 SGB X nicht entgegen. Der Senat muss nicht prüfen, ob der Kläger entsprechend dem zweiten Verfügungssatz Anspruch auf einen erhöhten
Festzuschuss zur Regelversorgung hat und die im dritten Verfügungssatz festgelegte befundbezogene Regelversorgung das Maß
des Notwendigen überschreitet.
Nach § 48 Abs 3 SGB X darf die neu festzustellende Leistung für den Fall, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden darf und eine Änderung nach § 48 Abs 1 oder Abs 2 SGB X zu Gunsten des Betroffenen eingetreten ist, nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung
der Bestandskraft ergibt. Die Vorschrift schreibt damit für den Fall, das ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt
nicht (mehr) zurückgenommen werden kann und eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen
zu Gunsten des Betroffenen eingetreten ist, zwingend ein "Aussparen" der an sich aufgrund der wesentlichen Änderung zu Gunsten
des Betroffenen zu gewährenden Erhöhung vor. Sie legt eine zwingende Ausnahme von einer an sich nach § 48 Abs 1 oder Abs 2 SGB X gebotenen Umsetzung einer zu Gunsten des Begünstigten eingetretenen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse
fest (vgl BSG SozR 4-3100 § 62 Nr 2 RdNr 25). Die hiernach mögliche sog Abschmelzung setzt aber die Feststellung der Rechtswidrigkeit des nicht mehr zurücknehmbaren
Ausgangsverwaltungsaktes als eigenständig anfechtbaren Verwaltungsakt voraus. Diese Feststellung kann als eigenständige Regelung
iS des § 31 SGB X zur frühzeitigen Klärung des Sozialrechtsverhältnisses auch selbstständig und zeitlich vor dem Ausspruch des "Einfrierens"
oder "Abschmelzens" getroffen werden (BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2, RdNr 7). An einer solchen Feststellung fehlt es bereits.
b) Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung des Erhöhungsbetrages von 15,96 Euro an sich selbst. Ein Versicherter, der eine über
die Regelversorgung hinausgehende Versorgung mit einem der Regelversorgung gleichartigen Zahnersatz erhalten soll, kann von
seiner KK die Auszahlung einer nachträglich vorzunehmenden Erhöhung des Festzuschusses, die die Höhe des Gesamtbetrags der
Vergütung des Zahnarztes unberührt lässt, an sich verlangen, soweit er - der Versicherte - die KK durch eine Leistung an den
Vertragszahnarzt von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Vertragszahnarzt befreite. Hierzu genügt eine Teilzahlung des Versicherten
an den Vertragszahnarzt. Die Regelung des §
55 SGB V ist insoweit lückenhaft (dazu aa). Sie bedarf ergänzender, lückenfüllender Auslegung (dazu bb). Der Kläger erfüllte die sich
hieraus ergebenden Voraussetzungen eines ergänzenden Zahlungsanspruchs in Höhe von 15,96 Euro (dazu cc).
aa) Das
SGB V regelt nur lückenhaft den Zahlungsweg, wenn - wie hier - ein Versicherter eine über die Regelversorgung hinausgehende Versorgung
mit einem der Regelversorgung gleichartigen Zahnersatz erhalten soll, die Bewilligung des Festzuschusses nach Abschluss der
vertragszahnärztlichen Behandlung und Rechnungslegung zu ändern ist und die KK einen höheren Zuschuss zu zahlen hat. Das
SGB V begnügt sich vielmehr mit folgenden drei Grundsätzen für die Vergütung von Zahnersatz: 1. Erhält ein Versicherter ausschließlich
eine Regelversorgung (vgl §
56 Abs
2 SGB V), rechnet der Vertragszahnarzt allein mit seiner Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) ab. 2. Erhält der Versicherte eine
von der Regelversorgung abweichende, andersartige Versorgung, rechnet der Zahnarzt allein mit dem Versicherten ab, der seinerseits
die von der KK bewilligten Festzuschüsse unmittelbar erhält (vgl §
55 Abs
5, §
87 Abs
1a S 7
SGB V). 3. Erhält der Versicherte eine - wie hier - über die Regelversorgung hinausgehende Versorgung mit einem der Regelversorgung
gleichartigen Zahnersatz, rechnet der Vertragszahnarzt nach Abschluss der Behandlung die von der KK bewilligten Festzuschüsse
mit der KZV ab (vgl §
87 Abs
1a S 7
SGB V). Im Übrigen rechnet er die gegenüber der Regelversorgung anfallenden Mehrkosten mit dem Versicherten ab, der sie trägt (vgl
§
55 Abs
4 SGB V). Dem entsprechend bestimmt Nr
7 Buchst a Anlage 3 zum BMV-Z (in beiden hier maßgeblichen Fassungen) iVm §
87 Abs
1a S 1
SGB V, dass genehmigte Festzuschüsse im Zusammenhang mit erbrachten Regelleistungen oder mit gleichartigen Leistungen mit dem HKP/Teil
1 nach Eingliederung oder Wiederherstellung des Zahnersatzes über die KZV abgerechnet werden und bei der Rechnungslegung gegenüber
dem Versicherten der Betrag für die Festzuschüsse abzusetzen ist.
Der aufgezeigte Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Zweck und System der Regelung fordern nicht, dass die geregelten Zahlungspflichten
auch bei einer nachträglichen Erhöhung des Festzuschusses gelten, wenn eine über die Regelversorgung hinausgehende Versorgung
mit einem der Regelversorgung gleichartigen Zahnersatz zu leisten ist. Die Abrechnung der bewilligten Festzuschüsse mit der
KZV (§
87 Abs
1a S 7
SGB V) stellt lediglich sicher, dass der Zahnarzt für den Kassenanteil vom Versicherten keine Zahlung fordern darf und er zugleich
die Gewähr erhält, dass ihn der Kassenanteil zeitnah und in vollem Umfang erreicht (siehe Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und F.D.P. eines GSG, BT-Drucks 12/3608 S 80 zu Nr 17 Buchst c iVm S 79 zu Nr 16 Buchst b zu § 30 Abs 3
SGB V, eingeführt durch Art 1 Nr 17 Buchst c GSG vom 21.12.1992, BGBl I 2266; übernommen in § 30 Abs 4
SGB V idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz - GKV-SolG]
vom 19.12.1998, BGBl I 3853; vgl hierzu Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines GKV-SolG, BT-Drucks
14/24 S 17 Nr 3 zu § 30 Abs 4
SGB V, im Kern fortgeführt in §
87 Abs
1a S 7
SGB V, eingefügt durch Art 1 Nr
66 Buchst b GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190).
bb) Bei Schließung der Regelungslücke für Fälle einer nachträglichen Erhöhung des Festzuschusses ist unter Berücksichtigung
der berührten Interessen danach zu unterscheiden, wem der Anspruch auf einen höheren Zuschuss letztlich dienen soll. Es liegt
auf der Hand, dass die KK auch bei nachträglicher Bewilligung eines höheren Festzuschusses diesen mit der KZV zu Gunsten des
Zahnarztes abrechnen soll, solange der Erhöhungsbetrag letztlich dem Zahnarzt gebührt, dies bei der Genehmigung des HKP und
der Abrechnung deutlich geworden ist und der Zahnarzt den korrekten zusätzlichen Betrag bisher von niemandem erhalten hat.
Er bekommt nunmehr zeitversetzt von der KK lediglich das, was ihm eigentlich von Anfang an von der KK zugestanden hätte.
Gebührt der Erhöhungsbetrag dagegen letztlich dem Versicherten, etwa weil eigene Bemühungen zur Gesunderhaltung der Zähne
(§
55 Abs
1 S 3
SGB V) und regelmäßige Pflege (§
55 Abs
1 S 5
SGB V) zu berücksichtigen waren, die KK dies aber zunächst rechtswidrig unterlassen hat, und hat der behandelnde Zahnarzt vom Versicherten
auf der Grundlage der rechtswidrig zu niedrigen Bewilligung einen deshalb unzutreffend zu hohen Eigenanteil gezahlt, muss
der Versicherte eine direkte Leistung des Zahlbetrags von der KK an sich fordern können, wenn alle Interessen gewahrt werden.
So liegt es, wenn der Versicherte mit Geltendmachung der Leistung der KK an ihn selbst zugleich zumindest konkludent erklärt,
wegen der Überzahlung vom Zahnarzt keine Erstattung zu fordern, sondern den überzahlten Betrag als auf die Schuld der KK gegenüber
dem Zahnarzt geleistet anzuerkennen. Damit wird im Ergebnis der Schutz gewahrt, den das Naturalleistungssystem zu Gunsten
des Versicherten bezweckt. Das
SGB V vermittelt ihn bei einer über die Regelversorgung hinausgehenden Versorgung mit einem der Regelversorgung gleichartigen Zahnersatz
grundsätzlich dadurch, dass der Versicherte dem Zahnarzt lediglich die Mehrkosten schuldet, im Übrigen aber die KK ihm in
Natur leistet. Es fehlt jeglicher innere Grund, zu erzwingen, dass die KK den Erhöhungsbetrag über die KZV dem Zahnarzt zukommen
lässt, der seinerseits seine ungerechtfertigte Bereicherung dem Versicherten herauszugeben hat (rechtsähnlich im bürgerlichen
Recht BGH NJW 1986, 2700). Der Versicherte kann, muss aber nicht diesen Weg gehen. Entsprechendes gilt, wenn der Versicherte erst teilweise, aber
in einem die nachträgliche Erhöhung des Festzuschusses übersteigenden Umfang einen Eigenanteil an den Vertragszahnarzt gezahlt
hat. Schutzwürdige Interessen kann der Vertragszahnarzt auch insoweit nicht geltend machen.
cc) Der Kläger kann nach diesen Grundsätzen die Zahlung von 15,96 Euro an sich fordern. Er machte (auch) diesen Zahlbetrag
gegenüber der Beklagten geltend. Er erklärte damit zugleich zumindest konkludent, wegen dieser Überzahlung vom Zahnarzt keine
Erstattung zu fordern. Der Zahnarzt konnte deshalb keine weitere Zahlung in dieser Höhe von der Beklagten beanspruchen. Der
Kläger befreite die Beklagte durch die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem LSG bereits erfolgte Zahlung von Raten
in Höhe von 2120 Euro von einer Verbindlichkeit in Höhe von 15,96 Euro. Ohne die Zahlung des Klägers hätte die Beklagte noch
diesen Betrag über die KZV an den Vertragszahnarzt Prof. Dr. E. als ergänzenden Festbetragszuschuss zu den zahntechnischen
Leistungen zahlen müssen.
Der Erhöhungsbetrag von 15,96 Euro ergibt sich aus der (geringfügigen) Anhebung der Regelversorgungsbeträge für zahntechnische
Leistungen ab 1.8.2008. Im Umfang dieses Erhöhungsbetrages befreite der Kläger die Beklagte von ihrer Verpflichtung auf Zahlung
eines weiteren Zuschusses an Prof. Dr. E. über die KZV. Die Anhebung der Regelversorgungsbeträge hatte keinen Einfluss auf
die Höhe der dem Vertragszahnarzt für die zahntechnischen Leistungen zustehenden Vergütung, wohl aber auf die Anteile der
von Kläger und Beklagter zu tragenden Vergütung des Vertragszahnarztes. Der Anspruch des Vertragszahnarztes Prof. Dr. E. aus
der Versorgung des Klägers mit einem über die Regelversorgung hinausgehenden Zahnersatz blieb nämlich von der Anhebung der
Regelversorgungsbeträge für zahntechnische Leistungen unberührt. Denn der von ihm für die zahntechnischen Leistungen in Rechnung
gestellte Vergütungsanteil war hinsichtlich der einzelnen Rechnungsposten entweder (bei über die Regelversorgung hinausgehenden
zahntechnischen Leistungen) frei ausgehandelt oder richtete sich (bei Regelversorgungsleistungen) nach Höchstpreisen (§
57 Abs
2 S 1
SGB V). Erhöhungen der Regelversorgungsbeträge wirken sich nicht automatisch auf den Vergütungsanspruch für zahntechnische Leistungen
aus. Hingegen sind die sich aus der Erhöhung der Regelversorgungsbeträge ergebenden erhöhten Festzuschussbeträge für zahntechnische
Leistungen Festzuschüsse, die sich an einer fiktiven Regelversorgung zu Höchstpreisen orientieren (§
55 Abs
1 S 2 iVm §
57 Abs
2 S 6 und 7
SGB V). Sowohl eine Abweichung der Kosten für zahntechnische Leistungen oberhalb als auch unterhalb der Höchstpreise berührt den
Anspruch auf den Festzuschuss für zahntechnische Leistungen nicht. Hätte die Beklagte rechtzeitig - also vor der vertragszahnärztlichen
Rechnungslegung - den Festzuschuss um 15,96 Euro erhöht, hätte der Kläger von vornherein einen insoweit geringeren Eigenanteil
zu zahlen gehabt.
3. Soweit der Kläger über 15,96 Euro hinaus Erstattung der zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen begehrt, ist die
Klage unbegründet. Der hier allein wegen rechtswidriger Leistungsablehnung in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch
nach §
13 Abs
3 S 1
SGB V scheitert daran, dass der Kläger keinen Anspruch auf einen höheren Zuschuss hat (dazu a). Der Kläger muss nach §
55 Abs
4 SGB V die Mehrkosten, die ihm dadurch entstanden sind, dass er einen über die Regelversorgung gemäß §
56 Abs
2 SGB V hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz gewählt hat, selbst tragen. Die Begrenzung des Anspruchs auf Festzuschüsse verstößt
auch nicht gegen höherrangiges Recht (dazu b).
a) Die Beklagte hat dem Kläger einen Anspruch entsprechend den maximal möglichen Abstaffelungen nach §
55 Abs
1 S 2, 3 und 5
SGB V der auf die Regelversorgung entfallenden Beträge nach §
57 Abs
1 S 6, Abs
2 S 6 und 7
SGB V zuerkannt (dazu aa). Ein darüber hinausgehender Anspruch steht dem Kläger weder nach §
55 Abs
2 SGB V (dazu bb) noch nach §
55 Abs
3 SGB V (dazu cc) zu. Die von der Beklagten im Übrigen festgesetzte Regelversorgung begegnet revisionsrechtlich keinen durchgreifenden
Bedenken (dazu dd).
aa) §
55 Abs
1 SGB V räumt den Versicherten nur einen Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit
Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) ein (S 1). Die
Festzuschüsse umfassen 50 vH der nach § 57 Abs 1 S 6 und Abs 2 S 6 und 7 festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung
(S 2). Für eigene Bemühungen zur Gesunderhaltung der Zähne erhöhen sich die Festzuschüsse nach §
55 Abs
1 S 2
SGB V um 20 vH (S 3). Die Festzuschüsse nach §
55 Abs
1 S 2
SGB V erhöhen sich um weitere 10 vH, wenn der Versicherte seine Zähne regelmäßig gepflegt und in den letzten zehn Kalenderjahren
vor Beginn der Behandlung, frühestens seit dem 1.1.1989, die Untersuchungen nach §
55 Abs
1 S 4 Nr
1 und
2 SGB V ohne Unterbrechung in Anspruch genommen hat (S 5). Hiervon ist die Beklagte im Bescheid vom 15.5.2008 ausgegangen.
bb) Nach §
55 Abs
2 SGB V haben Versicherte bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach §
55 Abs
1 S 2
SGB V Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich
anfallenden Kosten, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden;
wählen Versicherte, die unzumutbar belastet würden, nach §
55 Abs
4 oder 5
SGB V einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz, leisten die KK nur den doppelten Festzuschuss.
Eine unzumutbare Belastung liegt alternativ vor, wenn 1. die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten
40 vH der monatlichen Bezugsgröße nach §
18 SGB IV nicht überschreiten, 2. der Versicherte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII oder im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), Leistungen nach dem Recht der bedarfsorientierten Grundsicherung, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II, Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder dem
SGB III erhält oder 3. die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe
oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden. Als Einnahmen zum Lebensunterhalt der Versicherten gelten auch die Einnahmen
anderer in dem gemeinsamen Haushalt lebender Angehöriger und Angehöriger des Lebenspartners. Zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt
gehören nicht Grundrenten, die Beschädigte nach dem BVG oder nach anderen Gesetzen in entsprechender Anwendung des BVG erhalten, sowie Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Körper und Gesundheit gezahlt
werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Der in §
55 Abs
2 S 2 Nr
1 SGB V genannte Vomhundertsatz erhöht sich für den ersten in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten um 15
vH und für jeden weiteren in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners um 10 vH
der monatlichen Bezugsgröße nach §
18 SGB IV.
Nach den unangefochtenen, den Senat bindenden Feststellungen (§
163 SGG) des LSG, das insoweit auf die Berechnungsgrundlagen der Beklagten verweist, übersteigen die Einnahmen des Vaters, mit dem
der Kläger im Zeitraum der Versorgung mit Zahnersatz in einem gemeinsamen Haushalt lebte, bei einem monatlichen Bruttoeinkommen
von jedenfalls mehr als 3400 Euro deutlich die sich nach §
55 Abs
2 S 2 Nr
1 iVm S 3
SGB V hier in Höhe von 1863,75 Euro ergebende Einnahmegrenze.
cc) Im Ergebnis nichts anderes gilt für §
55 Abs
3 SGB V, der bestimmt: Versicherte haben bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach §
55 Abs
1 S 2
SGB V Anspruch auf einen weiteren Betrag. Die KK erstattet den Versicherten den Betrag, um den die Festzuschüsse nach §
55 Abs
1 S 2
SGB V das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt und der zur Gewährung eines zweifachen
Festzuschusses nach §
55 Abs
2 S 2 Nr
1 SGB V maßgebenden Einnahmegrenze übersteigen. Die Beteiligung an den Kosten umfasst höchstens einen Betrag in Höhe der zweifachen
Festzuschüsse nach §
55 Abs
1 S 2
SGB V, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten.
Hier beträgt der Festzuschuss nach §
55 Abs
1 S 2
SGB V (50 vH) iVm Nr 1.1 und 1.3 Bekanntmachung - Befunde und zugeordnete Regelversorgungen 2008/II - und dem genehmigten HKP 2411,88
Euro. Subtrahiert man den Differenzbetrag vom Festzuschuss, verbleibt kein positiver Wert. Eine Aufstockung des Festzuschusses
scheidet aus.
dd) Im Falle des Klägers hat die Beklagte auf der Grundlage des Beschlusses des GBA vom 23.6., 30.6., 14.7. und 3.11.2004
zur Bestimmung der Befunde und Regelversorgungsleistungen, für die Festzuschüsse nach §§
55,
56 SGB V zu gewähren sind (Festzuschuss-RL) sowie Höhe der auf die Regelversorgungsleistungen entfallenden Beträge nach §
57 Abs
1 und
2 SGB V und Höhe der Festzuschüsse gemäß §
55 Abs
1 und
2 SGB V (BAnz 2004 Nr
242 S 24463) idF des Beschlusses des GBA über eine Änderung der Festzuschuss-RL vom 7.11.2007 (BAnz 2007 Nr 239 S 8327) iVm Befunde
und zugeordnete Regelversorgungen 2008/I (im Folgenden insgesamt bezeichnet als: Festzuschuss-RL) sowie iVm §
56 Abs
1,
2 und
4 SGB V die Regelversorgung rechtmäßig festgesetzt.
Das LSG hat für den Senat bindend festgestellt (§
163 SGG), dass es für eine über die in der Festzuschuss-RL beschriebene und dementsprechend im genehmigten HKP festgesetzte Regelversorgung
hinausgehende gleichartige Versorgung (§
55 Abs
4 SGB V) auch nicht ansatzweise erkennbar sei, dass sie medizinisch indiziert sei. Der Senat ist an die vom LSG getroffene Feststellung
gebunden, denn der Kläger hat diesbezüglich keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (vgl §
163 SGG). Soweit er nur vorträgt, er benötige spezifische Kronen, fehlt es schon an der Rüge, das LSG habe es unter Verstoß gegen
den Amtsermittlungsgrundsatz (§
103 SGG) unterlassen, diese Annahme zu überprüfen. Erst recht bezeichnet er nicht alle Tatsachen iS von §
164 Abs
2 S 3
SGG, die den Mangel ergeben sollen (vgl näher BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 27 f; BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, insoweit wiedergegeben nur in Juris RdNr 68 ff mwN).
b) Entgegen der Auffassung des Klägers verstoßen die Regelungen über die Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz (zahnärztliche
und zahntechnische Leistungen) nicht gegen Grundrechte minderjähriger Versicherter. §
55 SGB V verletzt insbesondere nicht den allgemeinen Gleichheitssatz (vgl Art
3 Abs
1 GG). Minderjährige haben keinen Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz jenseits der Regelversorgung und auch keinen Anspruch
auf eine weitergehende Härtefallreglung als die, die sich aus §
55 Abs
2 und
3 SGB V ergibt.
Welche Behandlungsmaßnahmen in den GKV-Leistungskatalog einbezogen und welche davon ausgenommen und damit der Eigenverantwortung
des Versicherten (vgl §
2 Abs
1 S 1
SGB V) zugeordnet werden, unterliegt aus verfassungsrechtlicher Sicht einem weiten gesetzgeberischen Ermessen. Mit dem BVerfG (vgl
BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26) geht der erkennende Senat davon aus, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
ist, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots
zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (§
2 Abs
1 S 1
SGB V). Nur das, was in diesen Leistungskatalog fällt, hat die GKV ihren Versicherten zu leisten. Versicherte können dagegen nicht
alles von der GKV beanspruchen, was ihrer Ansicht nach oder objektiv der Behandlung einer Krankheit dient. Die gesetzlichen
KKn sind auch nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung
der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; BVerfG Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; vgl zum Ganzen zB auch BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 23, 29 - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - Lorenzos Öl). Ist ein gesetzliches Regelungskonzept - wie das, welches der Gewährung von
Zahnersatz durch die GKV dem
SGB V zugrunde liegt - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so genügen hinreichende sachliche Gründe, um eine unterschiedliche
Behandlung Betroffener zu rechtfertigen (vgl BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 27).
Der Gesetzgeber erkennt - wie oben dargelegt - den Versicherten bei der Gewährung von Zahnersatz durch die GKV eine nach zahnmedizinischen
Erkenntnissen ausreichende und wirtschaftliche Regelversorgung zu, überantwortet dagegen Mehrleistungen ihrer Eigenvorsorge.
Er überlässt es im Rahmen eines dichten Normprogramms dem sachkundigen GBA, mit der Festzuschuss-RL die in §
56 Abs
1 SGB V vorgesehene Konkretisierung der Regelversorgung im Rahmen seines Normgebungsspielraums in allen in Betracht kommenden Fallgruppen
korrekt zu konkretisieren. Der Kläger kann daraus schon deswegen keine weitergehenden Ansprüche für sich geltend machen, weil
nach den Feststellungen des LSG die konkret für ihn vorgesehene Regelversorgung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich
ist.
Der vom Kläger bemühte Vergleich insbesondere mit den Regelungen in §
33 Abs
7 und
8 SGB V geht schon deswegen fehl, weil der Gesetzgeber nicht gehindert ist, unterschiedliche Leistungsbereiche unterschiedlich auszugestalten.
Ein Gleichheitsverstoß kommt danach nur innerhalb der Regelungen zum Zahnersatz und gegebenenfalls zu den implantologischen
Leistungen in Betracht. Regelungen im Hilfsmittelbereich sind insoweit irrelevant. Es besteht aber ausgehend von der gesetzgeberischen
Entscheidung, keine umfassenden GKV-Leistungen bei Zahnersatz vorzusehen, ein sachlicher Grund, nicht auf das Alter oder die
medizinischen Gründe für die Behandlungsnotwendigkeit abzustellen, sondern allein auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Verweist der Gesetzgeber - wie hier - die Versicherten grundsätzlich auf eine partielle Eigenverantwortung, ist es sachgerecht,
nur dort zu differenzieren, wo die Eigenverantwortung an der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit scheitert, ohne dass der
Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen gezwungen ist, die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit innerhalb des
SGB V aufzufangen (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 §
34 Nr 9, RdNr 34 ff - Neurodermitis). Hier hat sich der Gesetzgeber für diesen Weg entschieden. §
55 Abs
2 S 1 Halbs 1
SGB V sieht vollständig kostendeckende Leistungen sogar über den doppelten Festzuschuss iS von §
55 Abs
1 S 2
SGB V hinaus vor, wenn der Versicherte wirtschaftlich nicht leistungsfähig ist und nur die Regelversorgung in Anspruch nimmt (vgl
dazu Altmiks in juris-PK
SGB V, 2. Aufl 2012, §
55 RdNr 90 f). Zwingende verfassungsrechtliche Gründe für eine darüber hinausgehende Härtefallregelung sind nicht ersichtlich.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.