Zulassung zum H-Arzt-Verfahren durch Verwaltungsakt, Rechtsnatur des Vertrages
Gründe:
I. Der Kläger, ein niedergelassener Orthopäde, begehrt, an der besonderen unfallmedizinischen Heilbehandlung als sog H-Arzt
beteiligt zu werden. Umstritten ist, ob er die von den Spitzenverbänden der Unfallversicherungsträger festgelegten fachlichen
Voraussetzungen für eine derartige Tätigkeit erfüllt.
Im Rahmen seiner Ausbildung hat der Kläger als Arzt im Praktikum ca ein Jahr und drei Monate in einer Berufsgenossenschaftlichen
Klinik sowie weitere drei Monate in der chirurgischen Abteilung eines Krankenhauses gearbeitet. Nach Erteilung der Approbation
war er als Assistenzarzt ein weiteres Jahr in der Chirurgie und sodann knapp fünf Jahre in einer Orthopädischen Klinik tätig.
Seit 1997 war er Praxisassistent eines - am H-Arzt-Verfahren teilnehmenden - Orthopäden, dessen Praxis er zum 1. Juli 1998
übernommen hat.
Den im April 1998 beim Landesverband Südwestdeutschland der gewerblichen Berufsgenossenschaften (LVBG) gestellten Antrag auf
Beteiligung als H-Arzt lehnte der im Abkommen Ärzte/Unfallversicherungsträger vorgesehene Ausschuss aus Ärzten und Vertretern
des LVBG ab, weil die in den Richtlinien der Unfallversicherungsträger über die Beteiligung von H-Ärzten geforderte Voraussetzung
einer mindestens zweijährigen Tätigkeit auf dem Gebiet der Unfallchirurgie nach der Approbation nicht gegeben sei. Mit Schreiben
vom 26. Februar 1999, dem eine Rechtsmittelbelehrung und eine Kopie des Beschlusses beigefügt waren, teilte der LVBG dem Kläger
diese Entscheidung mit.
Der Kläger erhob dagegen am 6. April 1999 zunächst Widerspruch, über den bisher nicht entschieden wurde, und am 12. Juli 1999
sodann Klage. Nachdem der ursprünglich beklagte LVBG eingewandt hatte, nicht er, sondern der gemeinsame Ausschuss bzw die
durch ihn handelnden Vertragspartner des Ärzteabkommens seien die verantwortlichen Entscheidungsträger, hat der Kläger die
Klage umgestellt und beantragt, die Spitzenverbände der Unfallversicherungsträger und die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV)
zu verpflichten, ihn als H-Arzt zuzulassen. Sozialgericht (SG) und Landessozialgericht (LSG) haben die Klage als zulässig und insbesondere die Beklagten als passivlegitimiert angesehen.
Die Beteiligung als H-Arzt erfolge nicht durch Verwaltungsakt, sondern durch öffentlich-rechtlichen Vertrag, der von den Spitzenverbänden
und der KÄV gemeinsam mit dem Arzt abzuschließen sei. In der Sache haben beide Vorinstanzen einen Anspruch des Klägers auf
Beteiligung verneint. Das LSG hat in seinem die Berufung zurückweisenden Urteil vom 26. Januar 2005 auf die "Anforderungen
der Unfallversicherungsträger für die Beteiligung am H-Arzt-Verfahren" und die darin festgelegten Zulassungsvoraussetzungen
verwiesen, die der Kläger nicht erfülle. Dass die "Anforderungen" von den Spitzenverbänden und nicht von den einzelnen Unfallversicherungsträgern
erlassen worden seien, sei durch die gesetzliche Ermächtigung in §
34 Abs
1 Satz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII) gedeckt. Auch inhaltlich stünden die der Qualitätssicherung dienenden Zulassungsvoraussetzungen mit höherrangigem Recht
in Einklang.
Mit der Revision rügt der Kläger Verstöße gegen materielles Gesetzes- und Verfassungsrecht. Die Anforderungen für die Beteiligung
am H-Arzt-Verfahren müssten nach der klaren Regelung in §
34 Abs
1 Satz 2
SGB VII von den jeweiligen Unfallversicherungsträgern aufgestellt werden. Eine Übertragung auf die Spitzenverbände verbiete sich
nicht nur vom Wortlaut, sondern auch aus systematischen Erwägungen. Denn in den verschiedenen Absätzen des §
34 SGB VII werde genau zwischen den Unfallversicherungsträgern auf der einen und den Verbänden der Unfallversicherungsträger auf der
anderen Seite unterschieden. Von daher sei auszuschließen, dass der Gesetzgeber die Vorschrift etwa versehentlich zu eng gefasst
habe. Da die "Anforderungen" von einer sachlich unzuständigen Stelle erlassen worden seien, komme ihnen keine rechtliche Wirkung
zu.
Abgesehen davon werde durch die starren Regelungen zu den Qualifikationsnachweisen die Berufsfreiheit der zulassungswilligen
Ärzte in unzulässiger Weise eingeschränkt. Dafür, dass bei der Feststellung der fachlichen Befähigung zum H-Arzt Tätigkeiten
auf dem Gebiet der Unfallchirurgie nur anerkannt würden, wenn sie nach der Approbation abgeleistet worden seien, gebe es keinen
sachlichen Grund. Denn auch durch die Tätigkeit als Arzt im Praktikum werde eine entsprechende Qualifikation erworben, was
sich daran zeige, dass die betreffenden Zeiten bei der ärztlichen Weiterbildung angerechnet werden könnten. Auf den Vorschlag,
seine unfallmedizinischen Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen eines Kolloquiums zu überprüfen, sei der Zulassungsausschuss
nicht eingegangen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Januar 2005 und das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom
4. März 2002 aufzuheben und die Beklagten unter Aufhebung der Entscheidung des Ausschusses Ärzte/Unfallversicherungsträger
zu verpflichten, ihn an der besonderen unfallmedizinischen Heilbehandlung als H-Arzt zu beteiligen.
Die Beklagten beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision des Klägers ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen
werden muss, damit Verfahrenshindernisse, die einer Entscheidung über den erhobenen Anspruch entgegenstehen, beseitigt werden
können (§ 170 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Ein solches Hindernis ist die fehlende Passivlegitimation der derzeitigen Beklagten.
Der Kläger hat die ursprünglich gegen den LVBG gerichtete Klage bereits in erster Instanz geändert und sowohl in der mündlichen
Verhandlung vor dem SG als auch später im Berufungsverfahren die Verurteilung der Spitzenverbände der Unfallversicherungsträger und der KÄV beantragt.
Diese Institutionen sind indes nicht die richtigen Anspruchsgegner, weil die Entscheidung über die Zulassung als H-Arzt nicht
von ihnen, sondern von dem LVBG zu treffen ist und im konkreten Fall auch getroffen wurde.
Die Zuständigkeit des LVBG ergibt sich aus §
34 Abs
2 SGB VII in Verbindung mit dem zwischen den Bundesverbänden der Unfallversicherungsträger und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
geschlossenen Vertrag über die unfallmedizinische Versorgung.
§
34 Abs
2 SGB VII bestimmt, dass die Unfallversicherungsträger an der Durchführung der besonderen unfallmedizinischen Behandlung die Ärzte
und Krankenhäuser zu beteiligen haben, die den von ihnen nach §
34 Abs
1 Satz 2
SGB VII festgelegten Anforderungen entsprechen. Das Nähere zur Beteiligung niedergelassener Ärzte haben die Spitzenverbände der Unfallversicherungsträger
und die Kassenärztliche Bundesvereinigung in dem Vertrag geregelt, den sie in Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus §
34 Abs
3 Satz 1
SGB VII mit Wirkung für ihre Mitglieder über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte und die Art und Weise der
Abrechnung geschlossen haben. § 32 Abs 1 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger vom 29. November 2000 (DÄ 2001, Sonderbeilage
zu Heft 4) sieht ebenso wie die inhaltsgleiche Regelung in dem früheren, im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung noch in
Kraft befindlichen Abkommen Ärzte/Unfallversicherungsträger (Ärzteabkommen) vom 23. März 1984 (DÄ 1984, B-2111) vor, dass
die Zulassung als H-Arzt bei dem zuständigen Landesverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften zu beantragen ist. Über
den Antrag entscheidet nach § 32 Abs 2 des Vertrages ein Ausschuss, der sich aus je drei Vertretern der für den Praxissitz
des Arztes zuständigen KÄV und des zuständigen Landesverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften zusammensetzt.
Mit der Einrichtung eines paritätisch besetzten Ausschusses orientieren sich die Vertragspartner an dem Modell, das im Krankenversicherungsrecht
für die Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung entwickelt worden ist. Anders als die dortigen Zulassungs-
und Berufungsausschüsse (siehe dazu §§
96,
97 SGB V; §
70 Nr 4
SGG) ist der für die Beteiligung am H-Arzt-Verfahren vorgesehene Ausschuss indessen weder gegenüber den Vertragspartnern rechtlich
verselbstständigt und mit eigenen rechtlichen Befugnissen ausgestattet noch in einem Prozess beteiligtenfähig. Seinen Entscheidungen
kann deshalb, wie das LSG mit Recht angenommen hat, nur im Innenverhältnis zwischen Unfallversicherungsträgern und KÄV Bedeutung
zukommen. Im Außenverhältnis entscheidet der zuständige Landesverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, der das Votum
des Ausschusses in eine gegenüber dem Arzt wirkende Zulassungsentscheidung umsetzt. Nur dieses Verständnis der vertraglichen
Regelung wird den gesetzlichen Vorgaben aus §
34 Abs
3 Satz 1
SGB VII gerecht; denn danach obliegt die Zulassung als H-Arzt nicht einem paritätisch besetzten Gremium als Einrichtung der gemeinsamen
Selbstverwaltung von Berufsgenossenschaften und Ärzten, sondern allein den Unfallversicherungsträgern. Dass für sie als Entscheidungsträger
der jeweilige Landesverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften handeln soll, ergibt sich aus den Regelungen in § 32 Abs
1 Satz 2 und Abs 3 des Vertrages sowie aus der Parallele zu den Vorschriften über die Zulassung als Durchgangsarzt, die ausdrücklich
dem Landesverband übertragen ist (§ 24 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger).
Die vertraglichen Regelungen über die Zulassung als H-Arzt und die Kompetenzzuweisung an die Landesverbände der gewerblichen
Berufsgenossenschaften sind durch die gesetzliche Ermächtigung in §
34 Abs
3 SGB VII gedeckt und verletzen kein höherrangiges Recht.
Aus der Beschreibung des Vertragsgegenstandes in §
34 Abs
3 Satz 1
SGB VII ("Durchführung der Heilbehandlung, Vergütung der Ärzte und Zahnärzte, Art und Weise der Abrechnung") ist zum Teil geschlossen
worden, dass sich die Regelungsbefugnis der Vertragspartner auf Vereinbarungen über die Durchführung der Zusammenarbeit mit
dem bereits zugelassenen Leistungserbringer beschränke und die Zulassung selbst nicht umfasse (so Krasney in: Brackmann, Handbuch
der Sozialversicherung,
SGB VII, Stand: 2006, §
34 RdNr 21). Diese Auslegung erscheint in Ansehung des aus dem übrigen Wortlaut und dem Gesamtzusammenhang ersichtlichen Zwecks
der Ermächtigungsvorschrift zu eng. Wenn das Gesetz den Vertragspartnern ausdrücklich aufgibt, die von den Unfallversicherungsträgern
gemäß §
34 Abs
1 Satz 2
SGB VII festgelegten fachlichen und organisatorisch-technischen Voraussetzungen für eine Beteiligung als H-Arzt beim Abschluss der
Verträge zu berücksichtigen, so zeigt dies, dass dem Gesetzgeber offenkundig eine umfassende Regelung aller mit der Sicherstellung
der besonderen unfallmedizinischen Heilbehandlung durch vertragsärztliche Leistungserbringer zusammenhängenden Detailfragen
vorgeschwebt hat.
Dass hierzu auch das Zulassungsverfahren gehört, muss auch deshalb angenommen werden, weil das Gesetz selbst sich zu diesem
Punkt eigener Vorgaben enthält. Die Vorschrift, dass die Unfallversicherungsträger die hierfür geeigneten Ärzte als H-Ärzte
zu beteiligen haben (§
34 Abs
2 SGB VII), kommt ohne ergänzende Ausführungsbestimmungen nicht aus. Denn es bedarf zumindest der Festlegung, welche Stelle die Zulassungsentscheidung
treffen soll und welches Verfahren dabei einzuhalten ist. Dabei kann die Aufgabenzuweisung an "die Unfallversicherungsträger"
nicht so verstanden werden, dass jede Berufsgenossenschaft und jede Unfallkasse eigene H-Ärzte für ihre jeweiligen Versicherten
bestellen soll, mit der Folge, dass der an einer solchen Tätigkeit interessierte Arzt sich bei jedem der zahlreichen Versicherungsträger
im Bundesgebiet um eine Zulassung bemühen müsste. Vielmehr muss schon aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die Möglichkeit
bestehen, durch vertragliche Vereinbarung gemeinsame Zulassungsinstanzen zu schaffen, um auf diesem Wege eine gleichmäßige,
allen Trägern und ihren Versicherten zur Verfügung stehende Versorgung mit H-Ärzten sicherzustellen.
Wortlaut und Sprachgebrauch des Gesetzes schließen eine Übertragung der Zulassungsentscheidung auf die Landesverbände der
gewerblichen Berufsgenossenschaften nicht aus. Zwar wird bei der Festlegung der Zuständigkeiten in den verschiedenen Absätzen
des §
34 SGB VII sehr genau zwischen den Unfallversicherungsträgern auf der einen und ihren Verbänden auf der anderen Seite unterschieden.
Daraus folgt jedoch zunächst nur, dass bestimmte Aufgaben bereits unmittelbar durch Gesetz den Verbänden anvertraut sind.
Soweit die Unfallversicherungsträger angesprochen werden, wendet sich das Gesetz ersichtlich nicht an die einzelne Berufsgenossenschaft
oder Unfallkasse, sondern an "die Unfallversicherungsträger" als Institution. Aus der Formulierung in §
34 Abs
2 SGB VII kann deshalb nicht abgeleitet werden, dass die Entscheidung über die Beteiligung eines Arztes an der h-ärztlichen Versorgung
dem einzelnen Unfallversicherungsträger vorbehalten sein soll. Nachdem bereits das unter der Geltung der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) geschlossene Ärzteabkommen vom 23. März 1984 eine für alle Unfallversicherungsträger einheitliche Zulassungspraxis eingeführt
und die Zuständigkeit für die Beteiligung am H-Arzt-Verfahren auf den jeweiligen Landesverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften
bzw einen dort angesiedelten Zulassungsausschuss übertragen hatte, wäre vom Gesetzgeber eine Klarstellung zu erwarten gewesen,
wenn er die langjährige vertragliche Praxis nicht hätte billigen wollen.
Aus alledem folgt, dass sich der Anspruch des Arztes auf Beteiligung an der besonderen unfallmedizinischen Behandlung entsprechend
§ 32 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger gegen den zuständigen Landesverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften
richtet und auch im Prozess gegen ihn geltend gemacht werden muss.
Der LVBG ist als nichtrechtsfähige Personenvereinigung gemäß §
70 Nr 2
SGG beteiligtenfähig. Nichtrechtsfähige Personenvereinigungen im Sinne dieser Vorschrift sind Personenmehrheiten, auch Verbände
von juristischen Personen, die nicht selbst rechtsfähig sind oder sonst juristischen Personen gleichgestellt sind. Sie sind
fähig, als Kläger, Beklagter oder Beigeladener an einem Verfahren vor einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit teilzunehmen,
soweit ihnen in Bezug auf den Prozessgegenstand eigene Rechte und Pflichten zustehen (zu dieser Voraussetzung in Anlehnung
an §
61 Nr 2
VwGO: BSG SozR 1500 §
70 Nr 3). Letzteres ist beim LVBG hinsichtlich der ihm vertraglich übertragenen Aufgaben der Fall.
Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, denn die Entscheidung über die Beteiligung als
H-Arzt ergeht durch Verwaltungsakt. Der anderslautenden Auffassung des Berufungsgerichts, das ebenso wie die Unfallversicherungsträger
(vgl Nr 6.1 der Anforderungen für die Teilnahme am H-Arzt-Verfahren idF vom 1. Mai 2001) und der überwiegende Teil der unfallversicherungsrechtlichen
Literatur (Benz in: Schulin, Handbuch der Sozialversicherung, Unfallversicherungsrecht, 1996, §
44, RdNr 76; ders in: Hauck/Noftz,
SGB VII, Stand: 2006, K §
34 RdNr 8; Ricke in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 2006, §
34 SGB VII RdNr 6; Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung, 1997, §
34 SGB VII RdNr 21; Schmitt,
SGB VII, 2. Aufl 2004, §
34 RdNr 21) eine Zulassung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag verlangt, kann nicht gefolgt werden.
Die Beziehungen der Unfallversicherungsträger zu den an der besonderen unfallmedizinischen Heilbehandlung teilnehmenden Ärzten
und Krankenhäusern sind öffentlich-rechtlicher Natur. Das war schon bisher allgemein anerkannt (vgl BSGE 71, 27, 28 f = SozR 3-2200 § 559 Nr 1 mwN) und ist durch die detaillierte Ausgestaltung der Vorschriften über die h-ärztliche Versorgung
im
SGB VII weiter verdeutlicht worden. Die für die Beteiligung am H-Arzt-Verfahren in §
34 SGB VII vorgesehenen Entscheidungsstrukturen sind denen des Krankenversicherungsrechts nachgebildet. Dort besteht seit langem Konsens,
dass die Zulassung von Ärzten und nichtärztlichen Leistungserbringern, also die Entscheidung über das "Ob" der Teilnahme an
der medizinischen Versorgung der Versicherten, durch Verwaltungsakt zu treffen ist (vgl Hess in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht,
Stand: 2006, §
95 SGB V RdNr 12; §
124 SGB V RdNr 3a; §
126 SGB V RdNr 3; BSG SozR 3-2500 §
124 Nr 2 S 13 f; BSG SozR 3-2500 § 126 Nr 1 S 4 f). Der Grund liegt darin, dass es sich um eine durch normative Vorgaben festgelegte,
gebundene Entscheidung handelt, die für eine vertragliche Gestaltung keinen Spielraum lässt.
Die Voraussetzungen, die ein an der Durchführung der besonderen unfallmedizinischen Behandlung interessierter Arzt im Hinblick
auf die fachliche Befähigung, die sächliche und personelle Ausstattung und die zu übernehmenden Pflichten erfüllen muss, sind
in den von den Unfallversicherungsträgern aufgrund der Ermächtigung in §
34 Abs
1 Satz 2
SGB VII festgelegten "Anforderungen für die Teilnahme am H-Arzt-Verfahren" abschließend geregelt. Sie stehen nicht zur Disposition
der Vertragsparteien. Der Zulassungsstelle selbst ist, wie sich bereits aus dem Wortlaut des §
34 Abs
2 SGB VII ("haben ... zu beteiligen") ergibt, kein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum eröffnet; sie hat insbesondere keine Handhabe,
die Beteiligung von Bedarfsgesichtspunkten abhängig zu machen. Der antragstellende Arzt hat einen durch das Grundrecht auf
Berufsfreiheit (Art
12 Abs
1 des Grundgesetzes [GG]) und den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art
3 Abs
1 GG) garantierten Anspruch auf Zulassung, wenn er die Anforderungen erfüllt (siehe dazu auch die Begründung zum Gesetzentwurf
der Bundesregierung in BR-Drucks 263/95, S 239 zu §
34 Abs
2 SGB VII). Diese rechtlichen Rahmenbedingungen stellen sich als "entgegenstehende Rechtsvorschriften" im Sinne des § 53 Abs 1 Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) dar, die eine Beteiligung im Wege des öffentlich-rechtlichen Vertrages ausschließen und die Zulassungsentscheidung als (mitwirkungsbedürftigen)
Verwaltungsakt qualifizieren (wie hier: Krasney, aaO, § 34 RdNr 18). Soweit der Senat in früheren Entscheidungen (Urteil vom
25. Juni 1992 - 2 RU 25/91 - HV-Info 1992, 2162, 2175 zur Zulassung eines Krankenhauses zum Verletzungsartenverfahren; Urteil vom 25. Juni 1992 - 2 RU 24/91 - BSGE 71, 27 = SozR 3-2200 § 559 Nr 1 zur Beendigung einer solchen Zulassung) eine andere Auffassung vertreten und eine Gestaltung durch
öffentlich-rechtlichen Vertrag als zulässig angesehen hat, erklärt sich das aus der damaligen abweichenden Rechtslage und
steht der jetzigen Einordnung nicht entgegen.
Abweichend von der Auffassung des LSG bestehen gegen eine Zulassung von H-Ärzten durch die Landesverbände der gewerblichen
Berufsgenossenschaften keine verwaltungsverfahrensrechtlichen Einwände. Insbesondere schließt § 88 Abs 3 SGB X die Übertragung hoheitlicher Entscheidungsbefugnisse auf Verbände von Versicherungsträgern nicht aus. Verbände dürfen allerdings
nach dieser Vorschrift Verwaltungsakte nur erlassen, soweit sie hierzu durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes berechtigt
sind. Diese Voraussetzung ist indes in Bezug auf die Landesverbände der gewerblichen Berufsgenossenschaften erfüllt.
Bei dem Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger, der die Zuständigkeit der Landesverbände für die Beteiligung von Ärzten an
der besonderen unfallmedizinischen Behandlung begründet, handelt es sich um einen sog Normsetzungsvertrag, durch den die vertragschließenden
Spitzenverbände der Unfallversicherungsträger und die Kassenärztliche Bundesvereinigung kraft gesetzlichen Auftrags für ihre
Mitglieder unmittelbar geltendes Recht setzen. Das Regelungskonzept der Normsetzung durch Kollektivvertrag, das seinen Ursprung
im Kassenarztrecht hat, rechtfertigt sich aus den Funktionsnotwendigkeiten eines auf dem Sachleistungsgrundsatz aufbauenden
Systems der medizinischen Versorgung und ist mit dem
Grundgesetz vereinbar (eingehend dazu: BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 64 ff mwN). Dabei ist es unschädlich, dass auf Seiten der Unfallversicherungsträger an der Normsetzung
Verbände beteiligt sind, die nicht als Körperschaften des öffentlichen Rechts, sondern als eingetragene Vereine des Privatrechts
organisiert sind. Da hinter den Verbänden die in ihnen zusammengeschlossenen körperschaftlich verfassten Versicherungsträger
stehen, ergeben sich gegen ihre Beleihung mit Rechtsetzungsbefugnissen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken
(vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 74 mwN). Die Befugnis des LVBG zum Erlass von Verwaltungsakten beruht nach alledem
auf einer wirksamen normativen Grundlage, so dass den Anforderungen des § 88 Abs 3 SGB X Genüge getan ist. Dass die Ermächtigung möglicherweise nicht in der nach § 88 Abs 3 Satz 2 SGB X vorgeschriebenen Weise bekannt gemacht worden ist, lässt ihre Wirksamkeit und die Wirksamkeit der auf ihrer Grundlage ergangenen
Bescheide unberührt (Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 5. Aufl 2005, § 88 RdNr 18).
Die für die Beteiligung am H-Arzt-Verfahren vorgeschriebene Handlungsform ist im vorliegenden Fall eingehalten worden. Denn
das Schreiben vom 26. Februar 1999, mit dem der LVBG dem Kläger die ablehnende Entscheidung bekanntgegeben hat, ist nach Form
und Inhalt ein Verwaltungsakt. Die Mitteilung, es bleibe bei der vom Ausschuss beschlossenen Ablehnung des Zulassungsantrags,
stellt sich schon äußerlich nicht als Ablehnung eines Vertragsangebots, sondern als einseitige Regelung dar. Durch die Beifügung
einer Rechtsmittelbelehrung wird der Regelungscharakter unterstrichen. Dabei kommt es für die Qualifizierung des Verwaltungshandelns
nicht auf die subjektiven Vorstellungen der entscheidenden Stelle, sondern auf den objektiven Sinngehalt der von ihr abgegebenen
Erklärung an; der Adressat einer behördlichen Maßnahme oder Entscheidung kann davon ausgehen, dass sich die ausführende Stelle
der Rechtsform bedient, die das Gesetz vorsieht (BSGE 77, 219, 222 f = SozR 3-2500 § 124 Nr 3 S 28).
Nachdem die Spitzenverbände der Unfallversicherungsträger und die KÄV nicht die richtigen Anspruchsgegner sind, müsste die
Klage im gegenwärtigen Verfahrensstadium mangels Passivlegitimation der Beklagten ohne Sachprüfung als unbegründet abgewiesen
werden. Dem Kläger muss indes aus Gründen der Prozessökonomie Gelegenheit gegeben werden, den Mangel durch eine erneute Klageänderung
(Umstellung der Klage auf den LVBG als Beklagten) zu beheben (BSGE 8, 113, 114 f; BSGE 77, 102, 103 = SozR 3-2500 §
38 Nr 1). Da dies im Revisionsverfahren nicht möglich ist (§
168 Satz 1
SGG), muss das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen werden (BSGE 20, 69, 73 = SozR § 537
RVO aF Nr 36).
Ein weiteres prozessuales Hindernis, das derzeit einer Sachentscheidung entgegensteht, liegt darin, dass die Rechtmäßigkeit
des angefochtenen Bescheides bisher nicht in einem Vorverfahren nachgeprüft worden ist. Das Widerspruchsverfahren ist vom
Kläger ordnungsgemäß eingeleitet worden. Das Widerspruchsschreiben vom 6. April 1999 ist zwar nicht innerhalb der Monatsfrist
des §
84 Abs
1 SGG beim LVBG eingegangen; der Widerspruch war aber gleichwohl rechtzeitig, weil die dem Bescheid vom 26. Februar 1999 beigefügte
Rechtsmittelbelehrung mit dem Hinweis auf die Klage als zulässigen Rechtsbehelf fehlerhaft war (§
66 Abs
2 Satz 1
SGG).
Das bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nach §
78 SGG obligatorische Vorverfahren ist nicht entbehrlich, weil keiner der in §
78 Abs
1 Satz 2
SGG genannten Ausnahmefälle vorliegt. Das Vorverfahren ist hier auch nicht während des Klagverfahrens dadurch nachgeholt worden,
dass der LVBG - damals noch als Beklagter - der Klage entgegengetreten ist und ihre Abweisung beantragt hat. Der früher verbreiteten
Auffassung, dass bei Identität von Widerspruchsbehörde und prozessführender Behörde in der Klageerwiderung und dem Antrag
auf Abweisung der Klage als unbegründet gegebenenfalls ein Widerspruchsbescheid gesehen werden könne, ist in der neueren Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) mit überzeugenden Gründen entgegengetreten worden (BSG SozR 3-5540 Anl 1 § 10 Nr 1 S 10 f;
vgl auch die ablehnenden Stimmen im Schrifttum: Schlegel in: Hennig,
SGG, Stand: 2006, §
78 RdNr 17; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl 2005, §
78, RdNr 3c; Binder in: Lüdtke [Hrsg], Handkommentar zum
SGG, 2. Aufl 2006, §
78 RdNr 17). Sie kann jedenfalls für die Fälle nicht gelten, in denen - wie hier - die Verwaltungsbehörde irrtümlich davon ausgegangen
ist, dass dem Betroffenen aus prozessualen Gründen kein Anspruch auf Überprüfung der getroffenen Entscheidung zusteht, und
sie sich deshalb sachlich mit dem Begehren des Klägers/Widerspruchsführers nicht befasst hat.
Auch zur Nachholung des Vorverfahrens muss dem Kläger Gelegenheit gegeben werden, bevor über seine Klage abschließend entschieden
wird (Leitherer, aaO § 78 RdNr 3a mwN).
Ergänzend ist für die weitere Sachbehandlung auf Folgendes hinzuweisen:
Bei der Prüfung, ob der Kläger die Voraussetzungen für eine Beteiligung als H-Arzt erfüllt, sind die "Anforderungen der Unfallversicherungsträger
für die Teilnahme am H-Arzt-Verfahren" vom 1. Mai 2001 (abgedruckt bei Brackmann/Krasney, aaO, § 34 RdNr 30) in der im Entscheidungszeitpunkt
maßgebenden Fassung zugrunde zu legen. Die Anwendung der früheren, im Antragszeitpunkt noch geltenden "Richtlinien über die
Beteiligung von H-Ärzten" vom 7. Oktober 1963 in der seit 1. Januar 1991 geltenden Fassung (abgedruckt bei Lauterbach, Gesetzliche
Unfallversicherung, 3. Aufl, Stand: 1996, § 557
RVO RdNr 51), die aus verfassungsrechtlichen Gründen im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip in Betracht kommen könnte, ist nicht
geboten, weil sie den Kläger im Hinblick auf die Anrechnung von Tätigkeitszeiten schlechter stellen würde.
Den Haupteinwand des Klägers, die "Anforderungen der Unfallversicherungsträger für die Teilnahme am H-Arzt-Verfahren" seien
unwirksam und für die Beteiligungsentscheidung unbeachtlich, weil sie entgegen §
34 Abs
1 Satz 2
SGB VII nicht von den Unfallversicherungsträgern, sondern von deren Spitzenverbänden festgelegt worden seien, hat das LSG mit Recht
nicht gelten lassen. Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang klargestellt, dass das Gesetz den Begriff "die Unfallversicherungsträger"
als Funktionsbezeichnung verwendet und damit nicht festlegen will, dass die übertragenen Aufgaben zwingend von dem einzelnen
Unfallversicherungsträger erledigt werden müssen. Die Annahme, der Gesetzgeber habe erreichen wollen, dass jede der seinerzeit
über 50 gewerblichen und landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sowie der zahlreichen Unfallkassen eigene Anforderungen
für die Qualitätssicherung der unfallmedizinischen Heilbehandlung entwickelt, die dann in den Verträgen nach §
34 Abs
3 SGB VII zu berücksichtigen wären, ist fernliegend. Wenn das Gesetz daher in §
34 Abs 1 Satz 2 von den Unfallversicherungsträgern spricht, schließt das nicht aus, dass diese die Aufgabe, einheitliche Qualitätsstandards
für die Heilbehandlung zu entwickeln, auf ihre Spitzenverbände übertragen.
Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.