Anspruch auf Vergütung von Medikamenten aus einer Krankenhausapotheke; Keine einheitliche vollstationäre Krankenhausbehandlung
bei ambulanter Chemotherapie mit anschließender stationärer Behandlung im gleichen Haus aufgrund unvorhergesehener Komplikationen
Gründe:
I
Streitig ist die Vergütung von Medikamenten, die von der Krankenhausapotheke der Klägerin zur Versorgung einer bei der Beklagten
versicherten Patientin abgegeben wurden.
Die Klägerin betreibt ein nach §
108 SGB V zugelassenes Krankenhaus mit einer Krankenhausapotheke, für die mit der Beklagten eine Vereinbarung nach §
129a SGB V über die Abgabe von Arzneimitteln an ambulant behandelte Patienten gemäß § 14 Abs 4 Apothekengesetz besteht (Vereinbarung vom 31.3.2005).
Am 15.2.2007 führte ein zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigter, bei der Klägerin angestellter Krankenhausarzt
in der Ermächtigungsambulanz bei der Versicherten eine Chemotherapie durch, bei der ihr Medikamente aus der Krankenhausapotheke
verabreicht wurden. Als es nach Beginn der Carboplatin-Infusion bei der Versicherten zu einem Schweißausbruch mit Unwohlsein,
Magendrücken, Palpitationen und Tachykardie kam, wurde die Infusion gestoppt und das Notfallteam des Krankenhauses gerufen,
das der Versicherten nach Feststellung zu niedriger Sauerstoffwerte solchen verabreichte. Die wieder stabilisierte Versicherte
wurde bis zum nächsten Tag stationär aufgenommen. Für den Krankenhausaufenthalt stellte die Klägerin der Beklagten die DRG
E64D (Respiratorische Insuffizienz) in Höhe von insgesamt 601,93 Euro in Rechnung; zusätzlich berechnete sie die Medikamente
mit 2663,43 Euro (nach Abzug der gesetzlichen Zuzahlung der Versicherten).
Die Beklagte zahlte die Rechnungsbeträge zunächst in voller Höhe. Ab Januar 2009 forderte sie die Rückzahlung der Kosten für
die Medikamente, weil diese während der stationären Behandlung abgegeben worden und daher mit von der Vergütung für die Krankenhausbehandlung
umfasst seien, und rechnete schließlich den Betrag mit anderen fälligen Zahlungsansprüchen aus Medikamentenabrechnungen der
Krankenhausapotheke auf.
Das SG hat die Beklagte zur Zahlung verurteilt und ausgeführt, die Medikamente seien im Rahmen der ambulanten Chemotherapie verordnet
worden und nicht Teil der stationären Krankenhausbehandlung, die zu dieser Zeit weder begonnen habe noch vorgesehen gewesen
sei. Das LSG hat die Berufung der Beklagten - nach einer geringfügigen Rücknahme der Klage auf Zinsen ab Rechtshängigkeit
- zurückgewiesen und zusätzlich ausgeführt, die Beklagte habe die Forderung außerhalb der gemäß §
9 Abs
3 Satz 2 der Vereinbarung nach §
129a SGB V geregelten Frist von zwölf Monaten nach Ende des Kalendermonats, in dem die vereinbarte Lieferung erfolgt sei, beanstandet.
Mit der Revision macht die Beklagte geltend, eine ambulant begonnene Chemotherapie, die aufgrund von Komplikationen in eine
vollstationäre Behandlung überführt werde, sei als einheitliche stationäre Krankenhausbehandlung zu vergüten. Das BSG habe entschieden, dass eine begonnene ambulante Behandlung dem stationären Bereich zuzuordnen sei, wenn der Patient an dem
selben Tag im unmittelbaren Zusammenhang mit einer ambulanten Operation stationär aufgenommen werde. Maßgeblich sei nicht
der Beginn der stationären Behandlung, sondern der Gesamtzusammenhang. Andernfalls würde es zu einer doppelten Vergütung der
Leistungen kommen. §
9 Abs
3 der Vereinbarung nach §
129a SGB V finde keine Anwendung, und nach der Rechtsprechung des BSG könne aus der Versäumung einer Frist kein Verfahrenshindernis abgeleitet werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. Juni 2013 sowie das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 9. November
2012 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen der Vorinstanzen.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet (§
170 Abs
1 Satz 1
SGG). Die Aufrechnung ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Die Medikamente
sind nicht von der Abrechnung der nachfolgenden Krankenhausbehandlung umfasst, sondern im Rahmen der ambulanten Behandlung
gesondert zu vergüten.
1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist
der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung einer Vergütung in Höhe von 2663,43 Euro für Medikamente,
die von der Krankenhausapotheke an Versicherte der Beklagten abgegeben wurden. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht
mit der (echten) Leistungsklage nach §
54 Abs
5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der Zahlungsklage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit
im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 20 mwN; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10), auch wenn es um die Abrechnung von Kosten für Medikamente zur Versorgung eines Versicherten geht. Ein Vorverfahren
war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.
2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit
einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 2663,43 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten
Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Apothekenleistungen für Versicherte der Beklagten sind demgegenüber unstreitig.
Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher
konkreten Leistungen von Medikamenten geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt,
dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Zahlungsansprüche
aus der Abrechnung von Medikamenten aus der Krankenhausapotheke in Höhe von weiteren 2663,43 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte
sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung
selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 5).
3. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch
zur wechselseitigen Erfüllung zweier Forderungen ist §
69 Abs
1 Satz 3
SGB V iVm §§
387 ff
BGB (vgl BSG Urteil vom 18.6.2014 - B 3 KR 10/13 R - Juris, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Die Erfüllungswirkung ist jedoch nicht eingetreten und der Zahlungsanspruch der Klägerin ist
weiter offen, denn die Voraussetzungen der Aufrechnung sind nicht gegeben. Die Beklagte hat keinen Erstattungsanspruch über
2663,43 Euro gegen die Klägerin.
Die Beklagte hat die von der Krankenhausapotheke der Klägerin für die Versicherte zubereiteten und abgegebenen Medikamente
zu Recht vergütet, weil der Klägerin insoweit ein gegenüber der Vergütung für die stationäre Behandlung gesonderter Entgeltanspruch
zustand (dazu 4. - allg zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon
BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f). Aus diesem Grund bedurfte es keiner Entscheidung zu der Frage, ob die Beklagte die
Abrechnung der Medikamente durch die Klägerin verspätet beanstandet hat (dazu 5.).
4. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für Leistungen der Krankenhausapotheke ist
§
129a SGB V iVm §
5 der entsprechenden Vereinbarung zwischen den Beteiligten vom 31.3.2005.
Nach §
129a Satz 3
SGB V darf eine Krankenhausapotheke verordnete Arzneimittel zu Lasten der Krankenkasse nach Maßgabe einer entsprechenden Vereinbarung
mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses an Versicherte abgeben. Die Beteiligten haben am 31.3.2005 eine Vereinbarung
gemäß §
129a SGB V über die Abgabe von Arzneimitteln der Krankenhausapotheke an Versicherte gemäß § 14 Abs 4 Apothekengesetz geschlossen. Gegenstand der Vereinbarung ist nach deren §
1 die Abgabe und Abrechnung von verordneten Arzneimitteln gemäß §
31 Abs
1 Satz 1
SGB V, von Sprechstundenbedarf und von Hilfsmitteln gemäß Anlage 1 aus der Krankenhausapotheke des Krankenhausträgers gemäß §
129a SGB V iVm § 14 Abs 4 Apothekengesetz. Die Klägerin darf danach Arzneimittel ihrer Krankenhausapotheke gegenüber der Beklagten nur im Rahmen der ambulanten Versorgung
von Versicherten mit Arzneimitteln gemäß §
31 Abs
1 Satz 1
SGB V abrechnen. Arzneimittel, welche die Klägerin im Rahmen von stationärer Krankenhausbehandlung zum Einsatz bringt, werden nicht
gesondert, sondern im Rahmen der Krankenhausbehandlung - regelmäßig über Fallpauschalen - vergütet.
Die Voraussetzungen für die gesonderte Abrechnung von Medikamenten aus der Krankenhausapotheke sind erfüllt, weil Prof. Dr.
V. der Versicherten am 15.2.2007 Medikamente zur Chemotherapie im Rahmen einer ambulanten Behandlung gemäß §
31 Abs
1 Satz 1
SGB V verordnet und verabreicht hat.
a) Der bei der Klägerin tätige Krankenhausarzt Prof. Dr. V. war gemäß §
116 SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt und führte die Behandlung der Versicherten am 15.2.2007 auf
der Basis dieser Ermächtigung als ambulante Chemotherapie unter Einsatz der hierfür medizinisch erforderlichen Medikamente
durch. Für Krankenhausärzte, die nach §
116 SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt sind, gelten nach der ständigen Rechtsprechung
des BSG grundsätzlich dieselben Bestimmungen und Anforderungen wie für Vertragsärzte, soweit sie im ambulanten vertragsärztlichen
Bereich tätig werden (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 §
87 Nr 16, RdNr 34 mwN). Die Verordnung von Arzneimitteln erfolgt daher nach §
31 SGB V. Die Versicherte war um 8:50 Uhr in die Ermächtigungsambulanz der Klägerin zur ambulanten Chemotherapie durch Prof. Dr. V.
einbestellt worden. Ein stationärer Aufenthalt der Versicherten war nicht geplant oder vorgesehen. Es handelte sich mithin
um eine ambulante Behandlung, in deren Rahmen Arzneimittel gemäß §
31 Abs
1 Satz 1
SGB V verordnet und zur Anwendung gebracht wurden. Diese sind nach der Vereinbarung gemäß §
129a SGB V vom 31.3.2005 zu vergüten.
b) Die als ambulante Chemotherapie geplante und begonnene Behandlung ist nicht dadurch zu einer stationären Behandlung geworden,
dass die Versicherte aufgrund von Komplikationen noch am gleichen Tag stationär aufgenommen werden musste. Eine ambulant durchführbare
und so auch geplante und begonnene ambulante Behandlung durch ermächtigte Krankenhausärzte wird nicht nachträglich aufgrund
einer anschließenden stationären Behandlung im Krankenhaus, die wegen einer unvorhergesehenen Komplikation notwendig wurde,
zum Bestandteil einer einheitlichen vollstationären Krankenhausbehandlung.
Krankenhausbehandlung wird in ihren verschiedenen Varianten in §
39 SGB V beschrieben. Nach §
39 Abs
1 Satz 1
SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§
115a SGB V) sowie ambulant (§
115b SGB V) erbracht. Sie umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und
Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche
Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung (§
39 Abs
1 Satz 3
SGB V). Das Gesetz enthält damit keine Definition des Begriffs der "stationären Krankenhausbehandlung", sondern nur eine Leistungsumschreibung.
Die ambulante Behandlung durch hierzu ermächtigte Krankenhausärzte nach §
116 SGB V stellt jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Krankenhausbehandlung dar, sondern erfolgt im Rahmen der vertragsärztlichen
Versorgung.
Leistungen, die im ambulanten, vertragsärztlichen Versorgungssektor bereits erbracht worden sind, können grundsätzlich nicht
durch spätere Ereignisse nachträglich dem stationären Sektor zugerechnet werden. Die Leistungen sind vielmehr gesondert abzurechnen
und zu vergüten; die Schnittstelle, dh der Übergang von vertragsärztlicher Versorgung zu stationärer Behandlung ist - schon
wegen der getrennten Abrechnungssysteme - punktgenau zu ermitteln. Denn der in der vertragsärztlichen Versorgung unmittelbar
mit der Leistungserbringung entstandene Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes gegen die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV)
geht nicht aufgrund zeitlich später eintretender Komplikationen, die eine stationäre Behandlung erfordern, unter. Es handelt
sich - auch im Falle einer Behandlung durch einen nach §
116 SGB V ermächtigten Krankenhausarzt - um einen eigenen Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes gegen die KÄV und nicht um einen
Anspruch des Krankenhausträgers. Das ergibt sich auch aus §
120 Abs
1 Satz 3
SGB V. Danach wird die "den ermächtigten Krankenhausärzten zustehende Vergütung (...) für diese" vom Krankenhausträger mit der
KÄV abgerechnet. Ein unmittelbar gegen die Krankenkasse gerichteter Vergütungsanspruch des Krankenhausträgers kann erst mit
dem Erbringen von Krankenhausleistungen entstehen.
Die eindeutige Zuordnung der ambulanten Behandlung durch ermächtigte Krankenhausärzte nach §
116 SGB V zur vertragsärztlichen Versorgung und nicht zu den Krankenhausleistungen ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift
und ist durch die Rechtsprechung des 6. Senats bestätigt worden (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 §
87 Nr 16, RdNr 34 mwN). Die ambulanten Leistungen der nach §
116 SGB V tätig werdenden Krankenhausärzte sind daher trotz ihrer engen Beziehungen zum Krankenhaus nicht dem Krankenhaus zuzurechnen.
Die Krankenhausärzte werden im Rahmen ihrer Ermächtigung nach §
116 SGB V nicht für das Krankenhaus tätig, sondern erbringen im eigenen Namen eine vertragsärztliche Leistung auf eigene Rechnung.
Schon aufgrund dieser personellen, organisatorischen und häufig auch räumlichen Trennung zwischen der ambulanten Behandlung
durch Krankenhausärzte in der Ermächtigungsambulanz und den Leistungen des Krankenhauses kann eine als ambulante Behandlung
begonnene Therapie grundsätzlich nicht durch nachträgliche Ereignisse zu einer stationären Leistung des Krankenhauses werden.
Das würde zu einer Vermengung der rechtlich strikt getrennten Abrechnungssysteme über die KÄV einerseits und unmittelbar durch
die Krankenkasse andererseits führen. Insoweit steht der ermächtigte Arzt einem in eigener Praxis tätigen Vertragsarzt gleich.
Schließlich haben Versicherte, die ambulant behandelt werden, regelmäßig keinen Anspruch auf vollstationäre Behandlung. Denn
dies setzt voraus, dass das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung
einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§
39 Abs
1 Satz 2
SGB V). Auch vorliegend war eine stationäre Behandlung der Versicherten zur Zeit der Leistungserbringung - insbesondere zu dem
Zeitpunkt, als die Medikamente der Chemotherapie zum Einsatz kamen - noch nicht erforderlich.
Vereinbarungen eines nach §
116 SGB V ermächtigten Krankenhausarztes mit dem Träger des Krankenhauses über die Abführung von Teilen der im Rahmen der Ermächtigung
bezogenen Vergütung an den Krankenhausträger vermögen an dieser grundsätzlichen Trennung zwischen Leistungen im Rahmen der
vertragsärztlichen Versorgung und Krankenhausleistungen nichts zu ändern.
c) Aus dem Senatsurteil vom 4.3.2004 (BSGE 92, 223 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1) kann die Beklagte nichts für ihren von diesen Grundsätzen abweichenden Standpunkt herleiten. Streitig
war in dem damals zur Entscheidung stehenden Fall die Abgrenzung von vollstationärer operativer Versorgung und ambulanter
Operation iS des §
115b SGB V nach einer unter Vollnarkose erfolgten Entfernung von Weisheitszähnen mit einem Aufenthalt der Patientin im Krankenhaus zwischen
7:00 Uhr und 17:00 Uhr am Behandlungstag. Zur Abgrenzung dieser beiden Krankenhausleistungen hat der Senat auf die physische
und organisatorische Eingliederung der Versicherten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses abgestellt. Dabei
hat er ausdrücklich betont, dass eine einheitliche vollstationäre Behandlung gegeben ist, wenn sich nach Durchführung der
ambulant geplanten Operation aus medizinischen Gründen die Notwendigkeit ergibt, die Patientin über Nacht im Krankenhaus zu
beobachten und/oder auch weiter zu behandeln (BSG, aaO, RdNr 23).
Diese Rechtsprechung ist speziell auf Krankenhausleistungen zugeschnitten und kann nicht auf Leistungen von Leistungserbringern
aus verschiedenen Versorgungssektoren angewandt werden, die ihre Leistungen gesondert abrechnen. Denn das Krankenhaus erbringt
regelmäßig Leistungen, ohne von Anfang an wissen zu können, nach welchen Regeln die Leistungen später abgerechnet werden.
Die Aufnahmeuntersuchung muss durchgeführt werden, ohne abschätzen zu können, ob diese im Rahmen einer Fallpauschale oder
anderweitig abgegolten wird. Auch die Fallpauschale selbst steht endgültig erst nach Abschluss der Behandlung fest. Nur vor
diesem Hintergrund handelt es sich auch dann um eine einheitliche, vollstationäre Krankenhausbehandlung, wenn eine ambulant
durchführbare und so auch geplante und begonnene Operation im Krankenhaus wegen einer Komplikation im nachoperativen Verlauf
eine ständige Beobachtung und weitere Behandlung über die Nacht hinweg erforderlich macht und der Patient daher nicht wie
geplant noch am gleichen Tag entlassen werden kann. Wird der Patient an demselben Tag in unmittelbarem Zusammenhang mit einer
ambulanten Operation "stationär aufgenommen", gehen auch die Vertragsparteien nach §
6 Abs
1 Satz 2 des Vertrages nach §
115b SGB V vom 22.3.1993 (bzw §
7 Abs
2 des ab 1.1.2004 gültigen Vertrags) davon aus, dass die Leistungen nach einer einheitlichen stationären Behandlung zu vergüten
sind. Deshalb kann die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht auch nach Beginn der Behandlung getroffen werden.
Auswirkungen auf die Zuordnung vor der Aufnahmeentscheidung schon durchgeführter Behandlung zur ambulanten oder stationären
Versorgung kann die Aufnahmeentscheidung aber nur haben, wenn die zuvor durchgeführte Behandlung auch eine solche "des" Krankenhauses
war. Ein Bündel von Leistungen kann nur dann als einheitliche stationäre Krankenhausbehandlung gewertet und vergütet werden,
wenn die umfassten Einzelleistungen solche des Krankenhauses (einschließlich der vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter
nach § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 2 Krankenhausentgeltgesetz) sind, für die dem Krankenhausträger der Vergütungsanspruch zusteht. Das ist - wie dargelegt - bei der ambulanten Behandlung
durch Krankenhausärzte nach §
116 SGB V nicht der Fall. Hier ist eine Eingliederung der Versicherten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses erst
mit ihrer Notaufnahme erfolgt. Die zuvor erbrachten Leistungen erfolgten gerade nicht im Rahmen des Versorgungssystems des
Krankenhauses, sondern im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durch den hierzu ermächtigten Krankenhausarzt, der die
Medikamente nach §
31 Abs
1 Satz 1
SGB V verordnete. Ergibt sich während oder nach einer ambulanten vertragsärztlichen Behandlung die Notwendigkeit einer unmittelbar
anschließenden stationären Versorgung, beginnt diese erst mit der Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes.
d) Das kann anders zu beurteilen sein, wenn sich an eine zunächst ambulant begonnene Therapie in den Räumen des Krankenhauses
typischer- und vorhersehbarerweise eine stationäre Aufnahme anschließt, die Behandlung also richtigerweise von vornherein
stationär hätte durchgeführt werden müssen. Das ist aber bei der Chemotherapie nicht der Fall. Deshalb ist auch der vom 6.
Senat am 8.9.2004 entschiedene Sachverhalt (SozR 4-2500 § 39 Nr 3 = SozR 4-5540 § 45 Nr 1 = SozR 4-5550 § 43 Nr 1), in welchem
den Patienten schon im Vorfeld der Operation der anschließende Aufenthalt in einer Privatklinik durch Merkblätter empfohlen
wurde, mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Da in diesem Fall die Aufenthalte der Patienten nach der Operation in der
Privatklinik durch die operierenden Ärzte veranlasst waren, wurde die Krankenhausbedarfsplanung unterlaufen, gegen die Zuordnung
von Leistungen zur vertragsärztlichen bzw stationären Versorgung der Versicherten verstoßen und die Möglichkeiten, operative
Leistungen im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen, unzulässig erweitert. Vor diesem Hintergrund
hat der 6. Senat in der oben genannten Entscheidung ausgeführt, für Leistungen eines Vertragsarztes, die dieser nicht gemäß
den Bestimmungen des Vertragsarztrechtes erbracht habe, könne ihm auch kein Vergütungsanspruch zustehen.
Diese Ausführungen sind nicht auf unvorhergesehen eingetretene Komplikationen im Rahmen einer grundsätzlich ambulant durchführbaren
Chemotherapie übertragbar. Es entspricht dem Wirtschaftlichkeitsgebot, Chemotherapien ambulant durchzuführen, soweit sich
im Vorfeld keine Hinweise dafür zeigen, dass eine Krankenhausbehandlung erforderlich werden könnte. Dann müssen diese Leistungen
aber auch vergütet werden, wenn sich das Risiko unvorhergesehener Komplikationen im Einzelfall verwirklicht und (zusätzlich)
ein anschließender Krankenhausaufenthalt erforderlich wird. Einem niedergelassenen Vertragsarzt kann grundsätzlich die Vergütung
für erbrachte ambulante Behandlungen nicht verweigert werden, wenn der Patient in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Behandlung
stationär aufgenommen wird. Dies gilt genauso für ambulante Behandlungen durch nach §
116 SGB V ermächtigte Krankenhausärzte.
e) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt die getrennte Abrechnung und Vergütung der jeweils erbrachten Einzelleistungen
auch nicht zu doppelten Vergütungsansprüchen. Der ermächtigte Krankenhausarzt erhält seine Vergütung für die ambulante Chemotherapie
von der KÄV, der Träger des Krankenhauses erhält die Vergütung für die von der Krankhausapotheke geleisteten Medikamente und
zusätzlich für den stationären Aufenthalt der Versicherten, für den aber nur die seit Eintreffen des Notfallteams erbrachten
Leistungen abgerechnet werden dürfen. Folgerichtig hat die Klägerin den stationären Aufenthalt der Versicherten nach der DRG
E64D (Respiratorische Insuffizienz) abgerechnet und nicht eine stationäre Chemotherapie. Daher sind die Medikamente für die
Chemotherapie auch nicht mit der Fallpauschale abgegolten.
5. Die Frage, ob der Beklagten auch wegen verspäteter Beanstandung der Abrechnung kein Erstattungsanspruch zustand, muss mangels
ausreichender Feststellungen offenbleiben. Nach § 9 Abs 3 Satz 2 der in Rheinland-Pfalz geltenden Vereinbarung vom 31.3.2005
nach §
129a SGB V über die Abgabe von Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke an ambulant behandelte Patienten gemäß § 14 Abs 4 Apothekengesetz können die Vertragspartner rechnerische oder sachliche Beanstandungen der Rechnungen (nur) innerhalb einer Frist von zwölf
Monaten nach Ende des Kalendermonates, in dem die vereinbarte Lieferung (Abgabedatum gemäß Anlage 2) erfolgt ist, geltend
machen, und diese Beanstandungsfrist wird durch die Frist gemäß § 8 der Vereinbarung entsprechend verlängert (§ 9 Abs 3 Satz
3 der Vereinbarung). Nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des LSG erfolgte die vorliegende Beanstandung der Abrechnung
seitens der Beklagten außerhalb dieser Frist.
Das Recht der Krankenkasse, Abrechnungen auf ihre Wirtschaftlichkeit zu überprüfen, darf aber durch Beanstandungsfristen in
Vereinbarungen nicht so weitgehend eingeschränkt werden, dass angemessene Abrechnungsprüfungen innerhalb der Frist strukturell
nicht durchgeführt werden können. Ein strukturell bedingter Ausschluss effektiver Prüfungen bestimmter Arzneimittelverordnungen
und Leistungsabrechnungen verstößt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Insoweit schließt sich der erkennende Senat der Rechtsprechung
des 6. Senats (Urteil vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 19 ff) und des 1. Senats (insbesondere Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 27/11 R - BSGE 112, 156 = SozR 4-2500 § 114 Nr 1, RdNr 35 bis 40, insbesondere RdNr 37, aber auch Urteil vom 2.7.2013 - B 1 KR 49/12 R - SozR 4-2500 § 129 Nr 9 RdNr 12) an.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass sich die Beanstandungen der Rechnungen iS des § 9 Abs 3 der Vereinbarung regelmäßig
allein auf die Überprüfung der ärztlichen Verordnungen und der Abrechnungen stützen und die Zwölf-Monatsfrist im Hinblick
auf solche Abrechnungsprüfungen vereinbart worden sei. Die Überprüfung, ob die Arzneimittel im Rahmen einer stationären Behandlung
verabreicht oder ambulant verordnet wurden, darf aber nicht durch eine Vereinbarung der Beteiligten systematisch ausgeschlossen
werden. Es würde dem Wirtschaftlichkeitsgebot zuwider laufen, wenn die Kassen solche Fehlabrechnungen praktisch sehenden Auges
hinnehmen müssten, nur weil sie die dazu erforderlichen Informationen nicht innerhalb der Frist zusammenführen können. Sollten
solche Abrechnungsprüfungen wegen des Aufwands der Verknüpfung verschiedener Datenbestände schon abwicklungstechnisch innerhalb
der vereinbarten Frist von zwölf Monaten nicht durchführbar sein, kann die Vereinbarung hierauf keine Anwendung finden. Sie
wäre dann - wenn sie nach gesetzeskonformer Auslegung auch diese Fälle erfassen sollte - insoweit nicht mit höherrangigem
Recht vereinbar.
Eine Zurückverweisung zur näheren Aufklärung der abwicklungstechnischen Erfordernisse einer solchen Überprüfung kommt aber
im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht, da die Rechnung ohnehin keinen Anlass zur Beanstandung bot.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO.