Anspruch auf Vergütung einer vollstationären Krankenhausbehandlung, Prüfung der Notwendigkeit
Gründe:
I. Im Revisionsverfahren allein noch streitig ist der Anspruch auf Vergütung einer vollstationären Krankenhausbehandlung in
Höhe von 6.390,65 Euro für die Zeit vom 20.3. bis zum 22.4.2002.
Eine bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patientin (I. P.) war in der Zeit vom 7.1. bis zum 22.4.2002 in einem von
der klagenden GmbH betriebenen Krankenhaus (früher: Fachklinik Sch.) vollstationär untergebracht. Die Aufnahme erfolgte aufgrund
einer vertragsärztlichen Verordnung ihres Hausarztes, in der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit wegen einer "Alkoholkrankheit,
jetzt mit Wahrnehmungsstörungen" attestiert worden war. Die Aufnahmediagnose der Klinik lautete "Alkoholabhängigkeit, Alkoholentzugssyndrom,
mnestisches Syndrom in Remission, verzögerte Trauerreaktion und Pankreatitis". Die Beklagte erklärte zunächst die Kostenübernahme
bis zum 15.2.2002 (Schreiben vom 24.1.2002), hielt die stationäre Behandlung dann aber nur bis zum 27.1.2002 für gerechtfertigt,
weil die Entgiftungsphase zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen gewesen sei und die weitere Behandlung auch außerhalb eines Krankenhauses
hätte durchgeführt werden können. Dementsprechend nahm sie ihre Kostenzusage ab 28.1.2002 zurück und lehnte auch die am 12.2.2002
beantragte Verlängerung der Kostenübernahme über den 15.2.2002 hinaus ab (Schreiben vom 18.3. und 4.9.2002). Da die Behandlungskosten
bereits bis zum 31.1.2002 gezahlt worden waren, behielt sich die Beklagte zudem die Rückforderung der Zahlung für die Zeit
vom 28.1. bis zum 31.1.2002 vor (Schreiben vom 3.4.2002).
Die Rechnungen der Klägerin vom 5.3.2002 über 3.092,25 Euro (Behandlungszeit 1.2. bis 15.2.2002) und vom 2.9.2002 über 12.861,45
Euro (restliche Behandlungszeit ab 16.2.2002 bis zur Entlassung am 22.4.2002) wurden nicht beglichen. Zur Begründung bezog
sich die Beklagte auf zwei Gutachten des MDK nach Aktenlage vom 14.3. und 21.5.2002. Der Gutachter Dr. H. hatte ausgeführt,
bei der Versicherten bestehe eine langjährige Alkoholabhängigkeit mit erheblichen Folgeschäden im Sinne einer Korsakow-Symptomatik
mit den typischen Einschränkungen der Orientierungsfähigkeit und des Gedächtnisses. Die Therapiebedürftigkeit und die Therapieziele
seien für diese Patientin kaum definierbar, eine Rehabilitationsindikation bestehe nicht. Vielmehr werde eine typische qualifizierte
Entgiftung durchgeführt, wobei ein selbstbestimmtes Leben auf Dauer nicht wieder möglich sein werde. Die Versicherte müsse
in einer geeigneten Betreuungs- oder Wohneinrichtung untergebracht werden.
Eine stationäre Behandlung sei für höchstens 21 Tage gerechtfertigt. Eine Verlängerung ließe sich allenfalls aus einer psychosozialen
Indikation herleiten, nicht aber aus einer streng medizinischen Begründung (Gutachten vom 14.3.2002). Der Gutachter Sch. hatte
ergänzt, die von der Klägerin durchgeführten Maßnahmen (zB Hirnleistungstraining, Training der Alltagsfähigkeit, medikamentöse
Behandlung) zur "Planung und Überprüfung auf Wirklichkeitsgerechtheit der weiterführenden Betreuung in einer Tagesstätte,
des Besuchs von Selbsthilfegruppen und der Strukturierung der Resttageszeit durch die Familie in der Wohnung der Patientin
sowie die Erstellung eines ausreichenden ambulanten Hilfsnetzes" seien durchaus als sinnvolle rehabilitative Maßnahmen anzusehen,
allerdings nur auf einfachstem Niveau. Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung nach Abschluss der Entgiftung sei jedoch
nicht erkennbar; vielmehr fielen die Maßnahmen "unter Einschränkungen in den Bereich der Reha-Behandlung, für die eine andere
Kostenträgerzuständigkeit zu erörtern sei" (Gutachten vom 21.5.2002). Die Klägerin wandte dagegen ein, die stationäre Behandlung
sei über den 31.1.2002 hinaus notwendig und auch erfolgreich gewesen, weil die Versicherte am 22.4.2002 in ihre eigene Wohnung
habe entlassen werden können.
Das Sozialgericht (SG) hat Gutachten des Internisten Dr. L. vom 28.11.2003 und des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 28.12.2003 zu der Frage
eingeholt, ob die stationäre Behandlung der Versicherten P. vom 1.2. bis 21.4.2002 "notwendig" bzw "erforderlich" gewesen
sei, und die Beklagte sodann unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, geltend gemachte Behandlungskosten bis zum 7.4.2002
zu übernehmen und darauf ab 30.3.2002 Zinsen in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen
(Urteil vom 26.1.2004). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Entscheidung der Krankenhausärzte, die Versicherte bis zum 22.4.2002 vollstationär zu behandeln, sei für
die Zeit bis zum 7.4.2002 nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Durch die diversen Behandlungsmaßnahmen habe sie soweit
stabilisiert werden können, dass sie unter entsprechender ambulanter Behandlung und Betreuung wieder in die eigene Wohnung
habe entlassen werden können. Dies widerlege die anfängliche Einschätzung des MDK, die Versicherte sei nicht rehabilitationsfähig
gewesen. Allerdings wäre eine Entlassung schon am 8.4.2002 möglich gewesen, wenn auch nicht in die häusliche Umgebung. Zwar
sei die Versicherte durch das schwere Korsakow-Syndrom an einer rechtsverbindlichen Willensentscheidung gehindert gewesen
und hätte gegen ihren erklärten natürlichen Willen nicht untergebracht werden können. Doch mit der am 19.3.2002 erfolgten
Bestellung einer amtlichen Betreuungsperson mit dem Aufgabenkreis "Aufenthaltsbestimmung, Vermögensvorsorge, Gesundheitsangelegenheiten,
Vertretung vor Ämtern und Behörden sowie Wohnungsangelegenheiten" habe sich ein alternativer Handlungsspielraum für Absprachen
und ambulante Betreuungsmaßnahmen eröffnet.
Innerhalb von 14 Tagen nach Einrichtung der Betreuung hätte die psychosoziale Nachsorge geregelt werden können. Eine Entlassung
wäre dann auch medizinisch vertretbar gewesen, sodass Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nur bis zum 7.4.2002 bestanden habe.
Die Entscheidung des SG ist von der Beklagten mit dem Ziel angefochten worden, die Klage insgesamt - also auch für die Zeit vom 1.2. bis zum 7.4.2002
- abzuweisen. Die Klägerin hat Anschlussberufung eingelegt mit dem Ziel der Stattgabe der Klage auch für die Zeit vom 8.4.
bis zum 22.4.2002. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG geändert und die Beklagte verurteilt, "die Kosten der Krankenhausbehandlung für die Zeit vom 1.2. bis zum 19.3.2002 nebst
Zinsen gemäß vertraglicher Vereinbarung" zu zahlen; die weiter gehende Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin
hat es abgewiesen (Urteil vom 12.4.2005).
Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Krankenhausbehandlung der Versicherten sei nach dem Ende der Entgiftungsphase weiterhin
medizinisch erforderlich gewesen. Eine Krankenhausbehandlung im Rechtssinne sei auch tatsächlich durchgeführt worden. Es habe
sich nicht nur um eine Rehabilitationsmaßnahme gehandelt. Die Versicherte sei im Rahmen einer Gruppe von fünf Patienten mit
ähnlichem Krankheitsbild behandelt worden, wobei die Behandlungsmaßnahmen (zB Strukturprogramme und Gedächtnistraining, Computertraining)
von Ergotherapeuten, Sozialtherapeuten und Pflegepersonal unter ärztlicher Anleitung und Koordination durchgeführt worden
seien. Die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit habe aber nur bis zu der Betreuerbestellung am 19.3.2002 bestanden. Vorher
habe es der Gesundheitszustand der Versicherten nicht erlaubt, dass sie - ohne Gefahr eines Rückfalls - aus eigener Überlegung
und eigenem Antrieb heraus ein verhältnismäßig selbstständiges Leben in ihrer häuslichen Umgebung hätte führen können. Ab
dem 20.3.2002 hätte die medizinische Versorgung der Versicherten indes ambulant erfolgen können. Entgegen der Meinung des
SG könne es für den Zahlungsanspruch der Klägerin nicht darauf ankommen, ob sich ein Betreuer zunächst in die Materie einarbeiten
und ungefähr zwei Wochen Zeit für die Regelung der psychosozialen Nachsorge und der sonstigen notwendigen Rahmenbedingungen
haben müsse. Die Tatsache, dass administrative oder faktische Hindernisse einer Krankenhausentlassung zunächst noch entgegen
gestanden hätten, sei bei der nach §
39 SGB V gebotenen objektiven Betrachtungsweise nicht relevant. Dass die Beklagte über das Ende ihrer Sachleistungspflicht ab 20.3.2002
kein förmliches Verwaltungsverfahren durchgeführt und deshalb auch keinen entsprechenden Verwaltungsakt gegenüber der Versicherten
erlassen habe, sei ebenso unerheblich wie der Umstand, dass sie zuvor auch keine konkrete, sofort verfügbare Behandlungsmöglichkeit
außerhalb eines Krankenhauses aufgezeigt habe. Dadurch habe weder ein Sachleistungsanspruch der Versicherten noch ein Vergütungsanspruch
der Klägerin begründet werden können.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§§
27,
39,
109 SGB V). Sie macht geltend, bei der Krankenbehandlung sei den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen (§
27 Abs
1 Satz 3
SGB V). Die Versicherte habe daher eine medizinische Behandlung im Krankenhaus in einem Umfang verlangen können, die eine Rückkehr
in die eigene Wohnung ermöglicht habe. Erst am 22.4.2002 seien der Gesundheitszustand der Versicherten so weit stabilisiert
und alle sonstigen Rahmenbedingungen (engmaschige ambulante Betreuung, Versorgung durch Familienangehörige) sichergestellt
gewesen, dass eine Entlassung nach Hause habe verantwortet werden können.
Die Möglichkeit einer vorübergehenden Unterbringung und Versorgung der Versicherten in einer Betreuungs- oder Wohneinrichtung
(zwischen Krankenhausentlassung und Rückkehr in die eigene Wohnung) habe nach ihrem Kenntnisstand nicht bestanden und sei
von der Beklagten auch nicht aufgezeigt worden.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 12.4.2005 und des SG Schleswig vom 26.1.2004 zu ändern und die Beklagte zu
verurteilen, an sie weitere 6.390,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 17.9.2002
zu zahlen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil des LSG und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision der Klägerin ist im Sinne der teilweisen Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der
Sache an das LSG zur weiteren Sachaufklärung begründet.
Das Urteil des LSG verletzt Bundesrecht; der erkennende Senat vermag aber nicht abschließend in der Sache zu entscheiden,
weil es dazu an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen fehlt (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG). Die bisher getroffenen Feststellungen lassen nicht erkennen, ob und inwieweit tatsächlich Krankenhausbehandlung über den
19.3.2002 hinaus erbracht worden ist und inwieweit die Notwendigkeit zur Behandlung mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses
bestanden hat. Deshalb kann der Senat nicht beurteilen, ob der geltend gemachte Zahlungsanspruch begründet ist oder nicht.
1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist
allerdings nicht - wie das LSG meint (Urteil vom 12.4.2005 - Umdruck S 7) - "ein Erstattungsanspruch zwischen öffentlichen
Rechtsträgern", sondern der Anspruch eines Leistungserbringers (hier: Krankenhaus) gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der
Vergütung für die Krankenhausbehandlung einer Versicherten. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage
nach §
54 Abs
5 SGG geltend, denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers
gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt
nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer
Klagefrist nicht geboten.
Seitens der Klägerin ist auch die bei Zahlungsklagen grundsätzlich erforderliche Bezifferung des Anspruchs erfolgt. Betrifft
ein Zahlungsanspruch einen abgeschlossenen Vorgang aus der Vergangenheit, ist er zur Vermeidung eines ansonsten im Raum stehenden
zusätzlichen Streits über die Höhe des Anspruchs konkret zu beziffern (BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1 zu Kostenerstattungsansprüchen); es muss also grundsätzlich ein bestimmter (bezifferter) Zahlungsantrag
gestellt und dargelegt werden, wie sich dieser Betrag im Einzelnen zusammensetzt.
Dies hat die Klägerin in allen Instanzen getan. Unzureichend ist jedoch die jeweilige Tenorierung der Vorinstanzen, vor allem
des LSG, das sowohl den konkret von der Beklagten zu zahlenden Betrag offen gelassen hat, zumal dieser einfach zu ermitteln
gewesen wäre, als auch zur Zahlung von "Zinsen gemäß vertraglicher Vereinbarung" verurteilt hat. Letztlich bleibt dieses Versäumnis
revisionsrechtlich aber ohne Folgen, da das Urteil des LSG hinsichtlich der Zeit vom 1.2. bis zum 19.3.2002 mangels Revision
der Beklagten rechtskräftig geworden und der ausgeurteilte Zahlbetrag zwar nicht beziffert, aber ohne weiteres bezifferbar
ist, was zu seiner Konkretisierung ausreicht (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2).
2. a) Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin ist §
109 Abs
4 Satz 3
SGB V iVm der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2002.
Im Unterschied zu anderen Bundesländern besteht in Schleswig-Holstein kein Sicherstellungsvertrag zwischen den dortigen Landesverbänden
der Krankenkassen und der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein eV zur Regelung allgemeiner Bedingungen der Krankenhausbehandlung
nach §
112 Abs
2 Nr
1 SGB V, der ergänzend zur Bestimmung der Voraussetzungen und Modalitäten der Zahlungspflichten der Krankenkassen heranzuziehen wäre.
Zwar existiert ein "Vertrag gemäß §
112 Abs
2 Nr
2 SGB V zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung" vom 31.3.1995, der inzwischen zum 1.12.2003 durch
eine neue Vereinbarung modifiziert worden ist; dieser Vertrag enthält jedoch keine Einzelheiten über die Voraussetzungen und
Modalitäten der Zahlungspflichten. Wegen des Fehlens einschlägiger landesrechtlicher Vorschriften ist deshalb allein auf die
maßgebliche Pflegesatzvereinbarung zurückzugreifen (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 1).
Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme
der Leistung durch den Versicherten. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser iS des §
109 Abs
4 Satz 2
SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung (
BPflV) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträgern festgelegt wird (BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3). Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten
auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit
vorliegen, wobei unter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Krankheitszustand zu verstehen ist, dessen Behandlung den Einsatz
der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 §
112 Nr
1). Eine Krankenkasse ist nach §
109 Abs
4 Satz 3
SGB V iVm der jeweiligen Pflegesatzvereinbarung verpflichtet, die vereinbarten Entgelte zu zahlen, wenn eine Versorgung im Krankenhaus
durchgeführt und iS von §
39 SGB V erforderlich (gewesen) ist. Das lässt sich nach den bisher getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen für den hier noch
streitigen Behandlungszeitraum nicht abschließend beurteilen.
b) Die Frage, ob der Anspruch erkrankter Versicherter auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus voraussetzt,
dass Krankenhausbehandlung allein aus medizinischen Gründen erforderlich ist, weil das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen
der Krankenbehandlung nicht erreicht werden kann, und in welchem Umfang dies gerichtlich überprüfbar ist, wurde von zwei Senaten
des Bundessozialgerichts (BSG) in der Vergangenheit unterschiedlich beantwortet. Zum Erfordernis der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit
wollte der 1. Senat allein auf den Gesundheitszustand des Patienten abstellen und danach entscheiden, ob dieser - losgelöst
von sonstigen persönlichen Umständen - eine stationäre Versorgung mit den Mitteln eines Krankenhauses erfordert. Nach der
Rechtsprechung des 3. Senats sollte das Merkmal der Erforderlichkeit der Behandlung im Krankenhaus dagegen nicht abstrakt,
bezogen auf den festgestellten medizinischen Bedarf, sondern konkret, bezogen auf die speziellen Versorgungsbedürfnisse des
Versicherten, zu verstehen sein.
Krankenhausbehandlung wurde danach auch dann als notwendig angesehen, wenn ein Patient, der an sich ambulant hätte behandelt
werden können, wegen der Art der Erkrankung oder aus anderen Gründen eine Betreuung durch hinreichend geschulte medizinische
Hilfskräfte in geschützter Umgebung benötigte und andere bedarfsgerechte Einrichtungen als das Krankenhaus weder flächendeckend
vorhanden waren noch im Einzelfall konkret zur Verfügung standen. Darüber hinaus bestand zwischen 1. und 3. Senat eine Divergenz
in der Frage der gerichtlichen Kontrolldichte.
Der Große Senat (GS) des BSG ist zur Klärung dieser unterschiedlichen Standpunkte angerufen worden und hat mit Beschluss vom
25.9.2007 (GS 1/06 - GesR 2008, 83, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) folgende Entscheidung getroffen:
1. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich nach medizinischen Erfordernissen.
Reicht nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthalts
auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen eine spezielle
Unterbringung oder Betreuung benötigt und wegen des Fehlens einer geeigneten Einrichtung vorübergehend im Krankenhaus verbleiben
muss.
2. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall uneingeschränkt
zu überprüfen. Es hat dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes
auszugehen. Eine "Einschätzungsprärogative" kommt dem Krankenhausarzt nicht zu.
Ausgehend von dieser Entscheidung des GS des BSG ist der vorliegende Sachverhalt zu beurteilen und dabei vor allem zu konkretisieren,
was unter "medizinischen Erfordernissen" zu verstehen ist (dazu 2. d). Darüber hinaus ist es erforderlich, die Ausführungen
des GS zum Umfang der (nachträglichen) Überprüfbarkeit der Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung - insbesondere in einem
sozialgerichtlichen Verfahren - zu verdeutlichen und zu ergänzen, welche konkreten Anforderungen an eine gerichtliche Beweiserhebung
zu stellen sind (dazu 2. e).
Zuvorderst ist jedoch die Frage zu klären, ob die gesetzlichen Voraussetzungen zur Abrechenbarkeit einer Krankenhausleistung
überhaupt vorliegen - ob also tatsächlich eine Krankenhausbehandlung iS von §
112 SGB V stattgefunden hat. Denn im Abrechnungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse kommt es nicht nur auf die Beurteilung
der Notwendigkeit einer bestimmten Behandlung an, sondern zunächst auch darauf, ob das Krankenhaus seiner Vorleistungspflicht
aus §
109 Abs
4 Satz 2
SGB V nachgekommen ist und diese Behandlung auch tatsächlich durchgeführt hat. Mit anderen Worten: Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung
ist in allen nachträglichen Abrechnungsstreitigkeiten - um einen solchen handelt es sich hier - erst dann zu prüfen, wenn
feststeht, dass im Einzelfall auch tatsächlich eine Krankenhausbehandlung stattgefunden hat (dazu 2. c).
c) Die Krankenkasse hat die Vergütung für eine Krankenhausbehandlung grundsätzlich erst dann zu entrichten, wenn das Krankenhaus
zuvor seine Leistung erbracht hat; ein Anspruch auf Abschlagszahlungen bei länger dauernden Erkrankungen bleibt davon unberührt
(§
14 Abs
4 BPflV). Welche Leistungen eine Krankenhausbehandlung umfassen muss, ist allerdings gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. §
107 Abs
1 SGB V umschreibt lediglich in organisatorischer Hinsicht (vgl BT-Drucks 11/2237 S 196 zu § 115 [zu Absatz 1]) die Krankenhäuser
als Einrichtungen, die im Unterschied zu Rehabilitationseinrichtungen (§
107 Abs
2 SGB V) der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über
ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich
anerkannten Methoden arbeiten sowie mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichen Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischen
Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu
erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, und
in denen die Patienten untergebracht und verpflegt werden können. Aus der Umschreibung, dass die Krankenbehandlung "vorwiegend"
durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung zu erfolgen hat, lässt sich der Schluss ziehen, dass dies die wesentlichen
Leistungen eines Krankenhauses darstellen (vgl Peters/Schmidt, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: Juli 2006, §
39 SGB V RdNr 37). § 2 KHG, der für psychiatrische Fachkliniken wie die Klägerin auch nach Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems durch das
Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG) weiterhin
gilt (vgl § 17b Abs 1 Satz 1 KHG; § 1 Abs 2 Nr 3 KHEntgG idF des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002 [BGBl I 1412]), bleibt als ältere Vorschrift (1972) noch dahinter zurück.
Danach sind Krankenhäuser Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder
Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden
Personen untergebracht und verpflegt werden können. Wie der Senat bereits früher ausgeführt hat (Urteil vom 28.2.2007, SozR
4-2500 § 39 Nr 7), bestehen zwischen dem Krankenhausbegriff, der Krankenhausbehandlung und der Pflicht zu ihrer Vergütung
enge Wechselbeziehungen.
Was die Begriffsbestimmung für Krankenhäuser ausmacht, beeinflusst den Inhalt der Krankenhausbehandlung und umgekehrt (vgl
auch Peters/Schmidt, aaO, §
39 SGB V RdNr
41, 216). Als Krankenhausleistungen werden in §
2 Abs
1 BPflV insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung
im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung genannt. §
2 Abs
2 BPflV begrenzt die Krankenhausleistungen auf die im Einzelfall unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses
nach Art und Schwere der Krankheit medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten, soweit sie notwendig
ist.
Damit sind die wesentlichen Merkmale genannt, die eine stationäre Krankenhausbehandlung prägen. Eine stationäre Behandlung
muss danach nicht zwingend Arznei-, Heil- und Hilfsmittel umfassen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig sind. Andererseits
reicht es aber nicht aus, wenn nur Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung gestellt werden. Zwar sieht §
13 BPflV vor, dass die Vertragsparteien Abteilungspflegesätze, einen Basispflegesatz und entsprechende teilstationäre Pflegesätze
vereinbaren. Dabei dient der Abteilungspflegesatz als Entgelt für ärztliche und pflegerische Tätigkeit und die durch diese
veranlassten Leistungen, während der Basispflegesatz als Entgelt für nicht durch ärztliche und pflegerische Tätigkeit veranlasste
Leistungen des Krankenhauses dient. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass bei Gewährung von Unterkunft und Verpflegung
ohne ärztliche Behandlung eine stationäre Behandlung erbracht wird, die mit dem Basispflegesatz zu vergüten wäre. Abteilungspflegesatz
und Basispflegesatz sind lediglich Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung des tagesgleichen Pflegesatzes, der für verschiedene
Abteilungen eines Krankenhauses entsprechend dem unterschiedlichen Kostenaufwand unterschiedlich ausfallen kann. Mit den differenzierten
tagesgleichen Pflegesätzen sollten lediglich ein preis- und leistungsorientierteres Vergütungssystem sowie wirksame Anreize
zur Wirtschaftlichkeit, insbesondere zur Verweildauerverkürzung geschaffen werden (Dietz/Bofinger, KHG,
BPflV und Folgerecht, Stand: Juni 2006, §
13 BPflV Anm I 4).
Krankenhausbehandlung ist vielmehr eine komplexe Gesamtleistung (vgl speziell zur psychiatrischen Behandlung BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4 und BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4). Sie umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, die im Rahmen einer ambulanten Versorgung oder medizinischen
Rehabilitation entweder überhaupt nicht oder nicht in dieser Weise, insbesondere dieser Kombination und Konzentration, ergriffen
werden könnten. Dabei ist einzuräumen, dass die Grenzen nicht generell abstrakt gezogen werden können, sondern die Übergänge
fließend sind. Im Kern handelt es sich bei der Krankenhausbehandlung um den kombinierten Einsatz personeller (Ärzte, Therapeuten,
Pflegepersonal) und sächlicher (Arzneien, technische Apparaturen) Mittel zu Behandlungszwecken. Die in der Regel daneben zur
Verfügung gestellte Unterkunft und Verpflegung sowie die reine Grundpflege (zB Waschen, Anziehen) haben lediglich dienende
Funktion. Sie sollen die erfolgversprechende Durchführung der stationären Behandlung ermöglichen. Das Entgelt, das weiterhin
auch dann als Pflegesatz bezeichnet wird (vgl § 2 Nr 4 KHG), wenn DRG-Fallpauschalen abgerechnet werden, erhält das Krankenhaus für die erbrachte Gesamtleistung (Urteil des Senats
vom 28.2.2007, SozR 4-2500 §
39 Nr 7; vgl auch Peters/Schmidt, aaO, §
39 SGB V RdNr 100 f).
Die beklagte Krankenkasse kann deshalb nur dann zur Bezahlung der geltend gemachten Kosten verpflichtet sein, wenn und soweit
die Klägerin über den 19.3.2002 hinaus noch eine Krankenhausbehandlung der Versicherten durchgeführt hat. Dies ist nach den
nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und deshalb für den Senat bindenden (§
163 SGG) Feststellungen des LSG bis Ende März 2002 zu bejahen. Das LSG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.4.2005 den
Chefarzt der Klägerin Dr. Sch. "informatorisch zu der Art der Behandlung der Versicherten in dem hier streitigen Zeitraum
gehört", ohne das Ergebnis allerdings in der Niederschrift festzuhalten, wie es gemäß §
122 SGG iVm §
160 Abs
3 Nr
4 ZPO vorgesehen ist. Das LSG hat auch nicht klargestellt, ob die Anhörung von Dr. Sch. als Beteiligter iS von §
112 Abs
2 Satz 1
SGG oder als sachverständiger Zeuge (§
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
414 ZPO) erfolgt ist. Gleichwohl sind die vom LSG gewonnenen Erkenntnisse aus der "informatorischen Anhörung" des Chefarztes Dr.
Sch. als tatbestandliche Feststellungen für das Revisionsgericht verbindlich, da sie in seinem Urteil (Umdruck S 9 f) entsprechenden
Niederschlag gefunden haben und die dabei zutage getretenen Verfahrensmängel weder absolute Revisionsgründe (§
202 SGG iVm §
547 ZPO) darstellen noch entsprechende Verfahrensrügen von den Beteiligten erhoben worden sind.
Das LSG hat auf Grund der Ausführungen von Dr. Sch. festgestellt, dass im Falle der Versicherten P. auch im Februar und März
2002 ärztliche Krankenhausbehandlung stattgefunden hat. Die Patientin ist in einer Gruppe mit fünf weiteren Patienten mit
ähnlichen gesundheitlichen Problemen behandelt worden. Für diese Gruppe sind Strukturprogramme und ein Gedächtnistraining
veranlasst worden, welches durch ein Computertraining ergänzt worden ist.
Die Behandlungsmaßnahmen selbst sind von Ergotherapeuten, Sozialtherapeuten und Pflegepersonal nach ärztlicher Anleitung durchgeführt
worden. Zwar hat nicht an jedem Tag ein Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden, doch dies war auch nicht zwingend erforderlich.
Die Entwicklungen auf dem Gebiet der Psychiatrie sowie ihrer rechtlichen Rahmenbedingungen seit den 1970er Jahren haben dazu
geführt, Versicherten mit einem schweren psychiatrischen Leiden einen Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung zuzubilligen,
wenn nur auf diese Weise ein notwendiger komplexer Behandlungsansatz erfolgversprechend verwirklicht werden kann, dh wenn
es auf das Zusammenwirken eines multiprofessionellen Teams aus zB Diplom-Psychologen, Sozialpädagogen, Ergo-, Bewegungs- und
sonstigen Therapeuten sowie psychiatrischem Krankenpflegepersonal unter fachärztlicher Leitung ankommt (BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4; vgl auch BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 39 Nr 6). Dies ist hier der Fall gewesen, da die tatsächlich durchgeführten Behandlungsmaßnahmen nach den
Feststellungen des LSG ärztlicherseits koordiniert und betreut worden sind.
Ob auch noch im April 2002 Krankenhausbehandlung stattgefunden hat, ist vom LSG nicht eindeutig festgestellt worden. Das Berufungsgericht
hat sich zwar die Aussage von Dr. Sch. zu Eigen gemacht, dass die Versicherte "nach dieser Gruppenbehandlung nach Hause entlassen
worden sei" (dies erfolgte erst am 22.4.2002), daraus gleichzeitig aber geschlussfolgert, demnach sei "tatsächlich Krankenhausbehandlung
auch im Februar und März 2002 durchgeführt worden." Diese zeitlich nicht eindeutige Festlegung und damit die Frage, ob auch
im April 2002 noch tatsächlich Krankenhausbehandlung stattgefunden hat, wird das LSG aufzuklären haben.
Dazu kann und muss es sich im Zweifelsfall aller zur Verfügung stehenden Beweismittel bedienen.
Besondere Bedeutung wird dabei in der Regel der Krankenakte bzw Pflegedokumentation zukommen (vgl dazu Urteil des Senats vom
20.1.2005, BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 39 Nr 6), die von den Krankenhäusern zu führen und den Ärzten des MDK unter bestimmten Voraussetzungen zur
Einsichtnahme oder Überprüfung zu überlassen sind (§
276 Abs
4 Satz 1
SGB V, § 17c Abs 2 Satz 4 KHG). Auch im vorliegenden Fall sind diese Krankenunterlagen aussagekräftig und geben hinreichend Auskunft über die durchgeführten
Behandlungsmaßnahmen.
Des Weiteren kann es im Einzelfall erforderlich sein, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder durch Anhörung
von (sachverständigen) Zeugen zu erheben, soweit die Krankenunterlagen keine abschließende Beurteilung zulassen, bis zu welchem
Zeitpunkt tatsächlich noch Krankenhausbehandlung stattgefunden hat.
d) Wie bereits ausgeführt (s oben 2. a), korrespondiert der Zahlungsanspruch des Krankenhauses mit dem Anspruch des Versicherten
auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß muss nicht nur tatsächlich Krankenhausbehandlung durchgeführt worden sein, beim Versicherten
müssen grundsätzlich auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer solchen Leistung der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen bzw vorgelegen haben. Der geltend
gemachte Zahlungsanspruch ist deshalb nur gerechtfertigt, wenn die Versorgung der Versicherten P. im Krankenhaus der Klägerin
iS von §
39 SGB V erforderlich gewesen ist. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen
Krankenhaus (§
108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre,
vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§
39 Abs
1 Satz 2
SGB V). Konkret umfasst die Krankenhausbehandlung alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die
medizinische Versorgung eines Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege,
Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung (§
39 Abs
1 Satz 3
SGB V). Wie der GS des BSG in seinem Beschluss vom 25.9.2007 (aaO, RdNr 18) festgestellt hat, könnte der reine Gesetzestext in
Bezug auf die Interpretation, was unter dem Merkmal der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zu verstehen ist, mehrere
Deutungen zulassen; aus der Aufgabenstellung der GKV, der Systematik des Krankenversicherungsrechts sowie dem Zweck und der
Entstehungsgeschichte des §
39 Abs
1 SGB V ergibt sich aber mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Krankenkasse eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nur schuldet,
wenn der Gesundheitszustand des Patienten sie aus medizinischen Gründen erfordert. Reicht nach den Krankheitsbefunden eine
teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten einer dennoch durchgeführten
vollstationären Krankenhausbehandlung auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung
zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötigt, die gegenwärtig außerhalb des Krankenhauses
nicht gewährleistet ist.
Der GS des BSG hat allerdings nicht näher dargelegt, wie der unbestimmte Rechtsbegriff "aus medizinischen Gründen" konkret
auszufüllen ist; dazu hatte er in Anbetracht der ihm zur Entscheidung vorgelegten Fragen auch keine weitere Veranlassung.
Im vorliegenden Fall hat der erkennende Senat deshalb in Anlehnung an die Vorgaben des GS des BSG näher zu prüfen, wie dieser
unbestimmte Rechtsbegriff fallbezogen auszufüllen ist, ob also die weitere Krankenhausbehandlung der Versicherten P. über
den 19.3.2002 hinaus "aus medizinischen Gründen" erforderlich gewesen ist. Aus sprachlicher Sicht hat der Begriff keinen eindeutigen
Inhalt, er ist gewissermaßen unscharf und muss erst durch Auslegung konkretisiert werden.
Entscheidend ist dabei immer die medizinische Erfordernis im Einzelfall; Maßstab kann nicht ein "objektiver Patient" und dessen
abstrakte Krankheitsgeschichte sein. Die Auslegung muss deshalb stets eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalls einschließen,
in dem der Begriff konkret angewandt werden soll. Der GS des BSG (aaO, RdNr 31) geht davon aus, dass sich der hier in Rede
stehende unbestimmte Rechtsbegriff immer unschwer durch Auslegung so konkretisieren lässt, dass sein Inhalt eindeutig feststeht.
Dies mag in einfach gelagerten Fällen so sein, in denen es nur auf die Art der Erkrankung ankommt und es deshalb nur eine
richtige Entscheidung geben kann, wobei weder den Vertragsparteien des Leistungserbringerrechts noch den Sozialgerichten ein
Beurteilungsspielraum eingeräumt ist. Problematischer kann es jedoch in Fällen mit komplexen medizinischen Sachverhalten liegen
- etwa bei langwierigen psychiatrischen Erkrankungen und bei schwierigen Prognoseentscheidungen, die ein Abwägen der Erfolgsaussichten
mit den Risiken verlangen - oder wenn die medizinische Komponente durch soziale, familiäre oder humanitäre Gründe mitgeprägt
wird. Dies gilt erst recht, wenn es nicht um die originäre (vorherige) Feststellung der Tatbestandsmerkmale des §
39 Abs
1 SGB V geht, sondern (wie hier) um ihre nachträgliche Beurteilung im Rahmen eines Abrechnungsstreits nach §
109 Abs
4 Satz 3
SGB V. Ein Beurteilungsspielraum ist den Vertragsparteien des Leistungserbringerrechts und den Sozialgerichten aber auch in diesen
Fällen nicht eingeräumt.
aa) Die Entscheidung des GS des BSG vom 25.9.2007 ist in der Literatur nicht ohne Widerspruch geblieben (Korthus, KH 2008,
153; Ladage, KH 2008, 511). Insbesondere wird befürchtet, dass die Krankenhäuser ihre Patienten nun trotz Fehlens einer konkreten Weiterbehandlungsmöglichkeit
(vorzeitig) entlassen werden, wodurch die Gefahr einer erheblichen Gesundheitsverschlechterung entstehe. Als Alternative verbliebe
lediglich die Möglichkeit, die Patienten weiterhin ohne Vergütungsanspruch in stationärer Betreuung zu behalten - diese Variante
werde in Zukunft wohl die häufigere Handlungsoption darstellen, da die Krankenhäuser schon aus haftungs- und strafrechtlichen
Gründen oftmals keine Möglichkeit sähen, weiter krankenbehandlungsbedürftige Patienten zu entlassen, ohne deren Gesundheit
zu gefährden. Nach der Rspr des GS des BSG würden die Krankenhäuser trotz entsprechender Leistungserbringung keine Vergütung
durch die GKV beanspruchen können, wodurch die ohnehin bereits in vielen Krankenhäusern angespannte Finanzlage zusätzlich
belastet werde (Korthus, aaO, S 155). Zudem würden strukturelle Defizite auf dem Gebiet der Krankenversorgung zu Lasten der
Versicherten gehen und damit der in §
27 Abs
1 SGB V gewährleistete - umfassende - Anspruch auf Krankenbehandlung in unzulässiger Weise eingeschränkt (Ladage, aaO, S 513).
Mit dieser Kritik kann sich der erkennende Senat bei der revisionsrechtlichen Entscheidung des vorliegenden Einzelfalles nicht
näher auseinandersetzen. Denn der Beschluss des GS des BSG vom 25.9.2007 bindet zwar gemäß §
41 Abs
7 Satz 3
SGG nur den vorlegenden 1. Senat, mittelbar aber auch alle übrigen Senate des BSG, da eine Abweichung von der oa Entscheidung
des GS des BSG nach §
41 Abs
2 SGG nur nach erneuter Anrufung und Entscheidung des GS des BSG möglich wäre (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl 2005, §
41 RdNr 22; Schmidt in: Hennig,
SGG, Stand: Aug 2007, §
41 RdNr 30). Dies ist nicht beabsichtigt; der erkennende 3. Senat folgt der vorstehend skizzierten Rspr des GS des BSG in allen
entscheidungserheblichen Punkten.
Weder der GS des BSG noch der erkennende 3. Senat verschließen sich dabei der Erkenntnis, dass im Vordergrund der Diskussion
immer der Anspruch des Versicherten auf umfassende Krankenbehandlung stehen muss, wobei gerade auch den besonderen Bedürfnissen
psychisch Kranker Rechnung zu tragen ist (§
27 Abs
1 Satz 3
SGB V). Offensichtlich hat eine solche Krankenbehandlung hier auch bis zum Entlassungstag der Versicherten P. stattgefunden, wobei
streitig ist, ob dies über den 19.3.2002 hinaus eine Behandlung mit den typischen - besonderen - Mitteln eines Krankenhauses
war und falls ja, ob diese notwendig iS von §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V gewesen ist. Verneint man eine dieser beiden Fragen, dann stellt sich die weitere Frage, in wessen Risikosphäre es fällt,
dass die Versicherte zwar an sich hätte entlassen werden können, tatsächlich aber erst zum 22.4.2002 entlassen worden ist,
weil vorher - unterstellt - die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen noch nicht erfüllt waren. Es geht also nicht um die
mögliche Verkürzung des Anspruchs der Versicherten auf Krankenbehandlung, sondern allein darum, wer die Kosten des Krankenhauses
trägt, das eine zwar noch "kranke", aber nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftige Versicherte nicht "auf die Straße setzt",
weil ihre Unterkunft/Unterbringung (noch) nicht gesichert ist. Handelt es sich um wirtschaftlich nicht leistungsfähige - bedürftige
- Versicherte, dann hat der Sozialhilfeträger für die Kosten der die häusliche Umgebung ersetzenden Kosten aufzukommen; diesen
hat das Krankenhaus ggf frühzeitig einzuschalten, damit er die im Einzelfall erforderlichen Leistungen nahtlos und zügig erbringen
kann (§
12 Abs
1 Nr
1 SGB IX). Entsprechendes gilt für die übrigen in §
6 Abs
1 SGB IX genannten Rehabilitationsträger. Für den Bereich der GKV hat der Gesetzgeber diese Pflicht der Leistungsträger zur Zusammenarbeit
in §
11 Abs
4 SGB V (idF des GKV-WSG vom 26.3.2007 - BGBl I 378) noch einmal konkretisiert: Danach haben Versicherte Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere
zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche, wobei die betroffenen Leistungserbringer
für eine sachgerechte Anschlussversorgung der Versicherten zu sorgen und sich gegenseitig die erforderlichen Informationen
zu übermitteln haben. Ziel dieses Versorgungsmanagements ist der reibungslose Übergang zwischen Akutversorgung, Rehabilitation
und Pflege, um vor allem Pflegebedürftigkeit oder eine baldige stationäre Wiedereinweisung zu vermeiden (vgl BTDrucks 16/3100
S 96). Handelt es sich indes - dies wird der Ausnahmefall sein - um Versicherte, die nicht nach § 19 SGB XII leistungsberechtigt
sind und ihr Leben unabhängig von Sozialhilfe bestreiten können (§ 1 Satz 2 SGB XII), dann sind sie eigenverantwortlich und
selbst zahlungspflichtig, wobei jedoch der Grundsatz des Vertrauensschutzes zu beachten ist (vgl BSGE 96, 161, 169 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8; BSGE 82, 158, 162 f = SozR 3-2500 § 39 Nr 5).
Werden die hier grob skizzierten und vom Gesetzgeber vorgegebenen Wege eingehalten, müssen Krankenhäuser nicht auf ihnen zustehende
Vergütungen verzichten, wenn sie im Einzelfall nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftige Versicherte nicht "auf die Straße
setzen", weil deren Unterkunft/Unterbringung (noch) nicht gesichert ist.
bb) Schon im Beschluss des GS des BSG vom 25.9.2007 wird deutlich, dass die Feststellung dessen, was unter "medizinischen
Erfordernissen" im Sinne des ersten Tenors zu verstehen ist, im Einzelfall erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten bereiten
kann. Hatte der 1. Senat des BSG in seiner Vorlagefrage noch darauf abgestellt, dass der Anspruch eines Versicherten auf vollstationäre
Krankenhausbehandlung voraussetze, dass hierfür "allein medizinische Gründe" erforderlich seien (aaO, RdNr 5), so findet sich
das Wort "allein" im Tenor des Beschlusses des GS des BSG nicht mehr, und zwar aus gutem Grund: An späterer Stelle weist der
GS (aaO, RdNr 21) selbst darauf hin, "dass außermedizinische Gesichtspunkte wie die Lebensumstände und die häusliche Situation
des Versicherten etwa bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind, ob ein chirurgischer Eingriff im konkreten Fall ambulant
durchgeführt werden kann oder ob ausnahmsweise eine stationäre Aufnahme erfolgen muss, weil eine ausreichende Überwachung
und Nachbetreuung des Patienten in seiner häuslichen Umgebung nicht gewährleistet ist". Denn es liegt auf der Hand, dass neben
der Diagnose einer bestimmten Erkrankung auch noch andere, nicht rein medizinische Gründe dafür maßgeblich sein können, ob
ein Patient stationär oder ambulant behandelt wird - etwa das Alter eines Versicherten oder sein Allgemeinzustand.
cc) Entscheidend für die Festlegung der Kriterien, ob Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit iS von §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V vorliegt, sind immer die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls.
Dies folgt schon aus §
39 Abs
1 Satz 3, 1. Halbsatz
SGB V, wonach die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen umfasst, die im Einzelfall
nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere
ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung. Krankenhausbehandlung
ist dabei grundsätzlich zielgerichtet iS von §
27 Abs
1 Satz 1
SGB V. Sie muss notwendig sein, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden
zu lindern, und hierfür müssen "die besonderen Mittel eines Krankenhauses" erforderlich sein (s oben 2. c). Diese Voraussetzungen
sind von den Tatsachengerichten in jedem Einzelfall festzustellen. Abgrenzungsprobleme können dabei vor allem bei folgenden
Fallgruppen auftreten, wobei Überschneidungen durchaus möglich und bei länger andauernden Erkrankungen sogar wahrscheinlich
sind: So kann es grundsätzlich zweifelhaft sein, ob die Behandlung einer Krankheit im Einzelfall besonders intensiver medizinischer
Betreuung bedarf und deshalb stationär durchzuführen ist oder ob sie ohne Inanspruchnahme der besonderen Mittel eines Krankenhauses
- ambulant - erfolgen kann (Fallgruppe 1). Des Weiteren kann problematisch sein, in welchem zeitlichen Rahmen eine stationäre
Behandlung erfolgen muss bzw ab wann eine ambulante Weiterbehandlung ausreichend ist (Fallgruppe 2). Zudem war in der Vergangenheit
oft umstritten, ob (weitere) Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit auch dann anzunehmen ist, wenn zwar noch eine behandlungsbedürftige
Krankheit vorliegt, diese indes nicht mehr zwingend in einem Krankenhaus behandelt werden muss, gleichwohl aber eine Unterbringung
des Versicherten aus anderen Gründen (Pflegebedürftigkeit, Verwahrlosung, Selbst- oder Fremdgefährdung) notwendig ist (Fallgruppe
3).
Fallgruppe 1: Krankenbehandlung, die nicht der besonderen Mittel eines Krankenhauses bedarf, ist grundsätzlich ambulant durchzuführen;
insbesondere die vollstationäre Krankenhausbehandlung ist nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung (vgl
§
39 Abs
1 Satz 2
SGB V "weil ... nicht"). Ob die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt
werden kann, ist immer an Hand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen; es kommt auf die Art und Schwere der
Krankheit im Einzelfall an und ob dafür die medizinische Versorgung eines Versicherten gerade im Krankenhaus notwendig ist.
Allerdings lässt sich die Frage, ob ambulante oder stationäre Behandlung angezeigt ist, nicht immer eindeutig beantworten.
So hat schon der 1. Senat des BSG (Urteil vom 4.4.2006, BSGE 96, 161, 169 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8) darauf hingewiesen, dass für die ärztliche Entscheidung, Behandlungsverfahren ambulant oder
stationär durchzuführen, vor allem Risikoabwägungen ausschlaggebend sind. Dabei kommt es insbesondere auf den Gesundheitszustand
des Versicherten an, aber auch andere Faktoren können eine Rolle spielen - denn eine medizinische Versorgung, die als solche
nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse in der Regel ambulant vorgenommen wird, kann gleichwohl
auf Grund besonderer Gegebenheiten des Einzelfalles eine stationäre Krankenhausbehandlung erfordern (Urteil des erkennenden
Senats vom 19.11.1997, SozR 3-2500 § 107 Nr 1 S 7). Entscheidend ist zudem, dass eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst
geeignete ambulante Variante überhaupt zur Verfügung steht, und zwar so, dass sie für den Versicherten verfügbar und in zumutbarer
Weise erreichbar ist.
Diese am Einzelfall orientierte Betrachtungsweise schließt indes einen Rückgriff auf allgemeine Regeln und Erkenntnisse nicht
aus. Durch das GSG vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) ist §
115b SGB V neu eingefügt und damit die Möglichkeit des ambulanten Operierens im Krankenhaus zugelassen worden. Der Gesetzgeber hat die
Einzelheiten hierzu nicht selbst ausformuliert, sondern in §
115b Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V festgelegt, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der Krankenkassen), die
Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen
einen Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe vereinbaren. Außerdem hat er
in §
115b Abs
1 Satz 2
SGB V bestimmt, dass die Operationen und stationsersetzenden Eingriffe, die in der Regel ambulant durchgeführt werden können, in
einer Liste zu erfassen und zudem allgemeine Tatbestände zu bestimmen sind, bei deren Vorliegen eine stationäre Durchführung
erforderlich sein kann. Dementsprechend ist am 17.8.2006 ein Vertrag "Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe
im Krankenhaus" (AOP-Vertrag) geschlossen worden. In Anlage 1 zu diesem Vertrag werden Leistungen bezeichnet, die regelmäßig
ambulant erbracht werden können, aber nicht zwangsläufig ambulant erbracht werden müssen - entscheidend bleiben die Verhältnisse
des Einzelfalles (§§ 2 Abs 2 und 3 Abs 2 AOP-Vertrag). Diese als Orientierungshilfe für den Arzt gedachte Kennzeichnung besitzt
jedoch gleichwohl rechtliche Relevanz, da von ihr nur aus wichtigen Gründen abgewichen werden kann, die in § 3 Abs 3 AOP-Vertrag
näher bezeichnet werden: Bei Vorliegen bzw Erfüllung der dort genannten und in einer Anlage 2 näher substantiierten Kriterien
ist in der Regel eine stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich. Wird sie durchgeführt, ist dies im Rahmen der Fehlbelegungsprüfung
nach § 17c KHG nicht zu beanstanden (vgl auch Wahl in: jurisPK-
SGB V, 2008, §
39 RdNr 73 mwN) und damit auch für die Abrechnung des Krankenhauses mit der Krankenkasse verbindlich.
Besonders problematisch kann die grundsätzliche Abgrenzung stationär - ambulant im Bereich psychiatrischer Erkrankungen sein.
Denn Versicherte mit einem schweren psychiatrischen Leiden haben nach der Rspr des BSG Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung,
wenn nur auf diese Weise ein erforderlicher komplexer Behandlungsansatz durch das Zusammenwirken eines multiprofessionellen
Teams unter fachärztlicher Leitung erfolgversprechend verwirklicht werden kann (BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4). Vor allem bei psychiatrischer Behandlung - um die es auch hier geht - kann der Einsatz von krankenhausspezifischen
Gerätschaften in den Hintergrund treten und allein schon die Notwendigkeit des kombinierten Einsatzes von Ärzten, therapeutischen
Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und
eine stationäre Behandlung erforderlich machen. Nach diesen Grundsätzen wird das LSG - unterstellt, die Krankenhausbehandlung
hat tatsächlich bis zum 22.4.2002 fortgedauert - zu prüfen haben, ob die Versicherte P. in der hier noch streitigen Zeit bis
zu ihrer Entlassung weiterhin behandelt worden ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten
oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, und hierfür die besonderen Mittel des Krankenhauses erforderlich gewesen sind. Dabei
ist auch zu überprüfen, ob der erforderliche komplexe Behandlungsansatz, wie er hier nach den Feststellungen des LSG durch
das Zusammenwirken eines multiprofessionellen Teams unter fachärztlicher Leitung stattgefunden hat, nach den Regeln der ärztlichen
Kunst ambulant überhaupt realisierbar war und für die Versicherte P. in Anbetracht ihres Gesundheitszustandes in zumutbarer
Weise zur Verfügung gestanden hätte.
Fallgruppe 2: Die Dauer einer Erkrankung spricht für sich allein nicht für oder gegen ihre Behandlungsbedürftigkeit in einem
Krankenhaus; entscheidend sind auch hier grundsätzlich die jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalles. Ging man früher noch
davon aus, dass bei Dauerleiden oder chronischen Erkrankungen, die jahrelang ohne nennenswerten Erfolg behandelt worden sind,
eine Vermutung dafür besteht, dass sie keiner aussichtsreichen Behandlung mehr zugänglich sind, ist die Medizin in dieser
Hinsicht nunmehr deutlich zurückhaltender; selbst schwere psychiatrische Leiden werden heute als therapierbar und medizinisch
beeinflussbar angesehen (BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4; weitere Nachw bei Wahl, aaO, § 39 RdNr 60). Deshalb hat das LSG im vorliegenden Fall auch zu Recht
nicht darauf abgestellt, dass bei der Versicherten P. eine langjährige Alkoholkrankheit vorgelegen hat. Schwierigkeiten bereitet
demgegenüber häufig - so auch hier - die Festlegung des Zeitpunkts, bis zu dem die besonderen Mittel eines Krankenhauses zur
Behandlung einer Krankheit erforderlich gewesen sind bzw ab wann eine ambulante oder sonstige nicht vollstationäre Weiterbehandlung
nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend gewesen wäre. Grundsätzlich gilt, dass eine nicht vollstationäre - ambulante
- Weiterbehandlung nach der Art der Erkrankung und den Verhältnissen des Einzelfalles möglich und zumutbar und das Behandlungsrisiko
konkret beherrschbar sein muss.
Insbesondere darf durch die Entlassung des Versicherten in ambulante Weiterbehandlung kein gesundheitlicher Nachteil drohen
(zB unkontrollierte Nachblutungsgefahr). Maßgeblich sind nach den Vorgaben des GS des BSG vom 25.9.2007 nur medizinische Erwägungen;
reicht nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthalts
auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen vorübergehend
im Krankenhaus verbleibt (aaO, erster Tenor). Deshalb ist es für den Senat vorliegend nicht nachvollziehbar, dass die Betreuerbestellung
zum 19.3.2002 maßgeblich für die Stabilisierung des Behandlungserfolges gewesen sein soll mit der Folge, dass stationäre Krankenhausbehandlung
ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erforderlich gewesen ist. Die Betreuerbestellung war nach den Feststellungen des LSG (Urteil
vom 12.4.2005, Umdruck S 5) ursächlich dafür, dass alternative Handlungsspielräume für die Versicherte P. eröffnet worden
sind, um so die psychosoziale Nachsorge regeln zu können.
Dies sagt jedoch nichts darüber aus, ob der Gesundheitszustand der Patientin zu diesem Zeitpunkt und möglicherweise auch gerade
durch dieses Ereignis schon so weit gebessert war, dass sie in ambulante Weiterbehandlung hätte entlassen werden können.
Darüber hinaus sind die Feststellungen des LSG zur Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit widersprüchlich: Zum einen hat das
Berufungsgericht darauf abgestellt, dass erst die Betreuerbestellung zum 19.3.2002 die Möglichkeit eröffnet habe, eine anderweitige
Unterbringung und Betreuung der Versicherten zu ermöglichen; zum anderen wird als wesentlich angesehen, dass sich ihr Gesundheitszustand
im Krankenhaus so weit gebessert habe, dass sie später in den häuslichen Bereich habe entlassen werden können (Urteil vom
12.4.2005, Umdruck S 10). Das LSG hätte hier die Therapieziele der konkreten Krankenbehandlung deutlicher berücksichtigen
müssen. Mit der Formulierung der maßgeblichen Behandlungsziele in §
27 Abs
1 Satz 1
SGB V konkretisiert das Gesetz selbst den Zweck der Krankenbehandlung, den bereits §
1 Satz 1
SGB V als Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit oder Besserung des Gesundheitszustandes beschreibt (vgl auch Höfler in
Kass Komm zum Sozialversicherungsrecht - Band 1, Stand: Dezember 2007, §
27 SGB V RdNr 48). Grundsätzlich richtet sich der Anspruch auf Krankenbehandlung auf die Wiederherstellung des Zustandes vor Eintritt
der Krankheit, möglichst im Sinne einer völligen Gesundung (Höfler, aaO, RdNr 50); es soll der Status wieder erreicht werden,
der vor dem schädigenden Ereignis bestanden hat. Deshalb richtet sich zB der Anspruch auf Krankenhausbehandlung nach §
27 Abs
1 Satz 2 Nr
5 SGB V in aller Regel auf die Wiederherstellung der Gesundheit zur Alltagstauglichkeit, nicht etwa zur anschließenden Heim- oder
Pflegeunterbringung. Dies gilt auch und insbesondere für psychisch Kranke, deren besonderen Bedürfnissen bei der Krankenbehandlung
Rechnung zu tragen ist (§
27 Abs
1 Satz 3
SGB V). Zwar beinhaltet diese Vorschrift nur eine Auslegungsregel mit Hinweisfunktion, die aber zur Folge hat, dass die gesetzlich
vorgesehenen Möglichkeiten bei psychischen Krankheiten ebenfalls voll ausgeschöpft werden und das Leistungsangebot nicht hinter
demjenigen für somatisch Kranke zurückbleiben darf (vgl Urteil des Senats vom 20.1.2005 - BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4). Da die Versicherte eine Rückkehr in die eigene Wohnung anstrebte, dies medizinisch-therapeutisch
zu erreichen war (und letztlich auch erreicht worden ist) und der Sachleistungsanspruch auf die Wiederherstellung der Alltagstauglichkeit
in der eigenen Wohnung gerichtet ist, hätte das LSG hierzu konkrete Feststellungen treffen müssen.
Insbesondere wäre zu prüfen gewesen, ob die weitere Krankenhausbehandlung über den 19.3.2002 hinaus aus medizinischer Sicht
zur Wiederherstellung der Alltagstauglichkeit der Versicherten - und nicht zu deren Heimunterbringung - erforderlich gewesen
ist oder ob tatsächlich ausreichende und zweckmäßige ambulante Alternativen zur Verfügung gestanden haben, um ihre Gesundheit
im Alltagsleben - in der eigenen Wohnung - wiederherzustellen. Entsprechende Feststellungen sind nachzuholen.
Fallgruppe 3: Hier scheiden zunächst alle Fälle aus, in denen keine behandlungsbedürftige Krankheit (mehr) vorliegt, gleichwohl
aber die Unterbringung eines krankenversicherten Menschen aus anderen Gründen sinnvoll erscheint oder erforderlich ist. Ein
Anspruch auf (weitere) Krankenhausbehandlung besteht aber auch dann nicht, wenn zwar eine behandlungsbedürftige Krankheit
vorliegt, zu deren Behandlung aber nicht die besonderen Mittel eines Krankenhauses (s oben 2. c) notwendig sind, selbst wenn
infolgedessen eine anderweitige Unterbringung erforderlich ist. So begründet Pflegebedürftigkeit iS von §
14 Abs
1 SGB XI allein keinen Anspruch auf stationäre Behandlung in einem Krankenhaus; sie ist zwar krankheitsbedingt iS von §
14 Abs
2 SGB XI, doch die Hilfe bei den Verrichtungen des täglichen Lebens - §
14 Abs
4 SGB XI - stellt keine zielgerichtete Krankenbehandlung (§
27 Abs
1 Satz 1
SGB V) dar (BSGE 94, 161, 164 = SozR 4-2500 §
39 Nr 4 - jeweils mwN). Ebenso wenig reicht es aus, wenn ein Versicherter aus Verwahrungsgründen - etwa zur Verhinderung von
Selbst- oder Fremdgefährdung - in einer Einrichtung untergebracht werden muss; dies kann selbst dann gelten, wenn die Gefährdung
der eigenen oder einer anderen Person krankheitsbedingt ist (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2). Entsprechendes gilt zur Abgrenzung der stationären Krankenhausbehandlung von der medizinischen
Rehabilitation - wenn das Ziel einer Behandlung "nur" darauf abzielt, eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden,
zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§
11 Abs
2 Satz 1
SGB V, §
26 SGB IX), dann ist ein Anspruch nach §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V ausgeschlossen, weil keine akute medizinische Behandlung in Rede steht, sondern die Stabilisierung eines schon erreichten
Zustandes oder die Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte (Noftz in Hauck/Noftz, Band 2 -
SGB V, Stand: Dezember 2006, K §
39 RdNr 81; zur Abgrenzung von stationärer Krankenhausbehandlung von medizinischer Rehabilitation BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 39 Nr 6 mwN). Schließlich können auch allgemein soziale, humanitäre oder familiäre Gründe nicht zu einem
Anspruch aus §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V führen, selbst wenn diese für eine stationäre Betreuung des Versicherten sprechen, für eine Behandlung aber nicht die besonderen
Mittel eines Krankenhauses (s oben 2. c) erforderlich sind (vgl im Einzelnen Wahl, aaO, § 39 RdNr 56 mwN).
In all den genannten Fällen ist auch dann kein (weiterer) Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung begründbar, wenn zunächst
eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig gewesen ist, das Behandlungsziel nunmehr aber durch teilstationäre, vor- und
nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann, und eine fortdauernde
- anderweitige - Unterbringung erforderlich erscheint, diese mangels Platz in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtung
aber nicht nahtlos erfolgen kann. In diesen Fällen sind die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Entlassung aus dem Krankenhaus
iVm der anderweitigen Unterbringung noch nicht erfüllt - das Krankenhaus kann den zwar noch "kranken", aber nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftigen
Versicherten nicht "auf die Straße setzen", weil dessen Unterkunft/Unterbringung nicht gesichert ist. Dieses Risiko trägt
nach der Entscheidung des GS des BSG (aaO, RdNr 19 und 26) nicht die GKV; leistungspflichtig ist in der Regel vielmehr der
Sozialhilfeträger oder ggf der Versicherte selbst (s oben 2. d aa). Anders ist es jedoch dann, wenn ein Versicherter in der
Zeit bis zu seiner anderweitigen Unterbringung weiterhin behandelt werden muss, insbesondere um die Verschlimmerung seiner
Krankheit zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, und hierfür die besonderen Mittel des Krankenhauses erforderlich
sind - etwa weil ambulante Alternativen nicht zur Verfügung stehen (s oben Fallgruppe 1); dann kann ein (weiterer) Anspruch
aus §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V begründet sein und infolgedessen auch ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses.
e) Das LSG hat seine Beweiswürdigung im Wesentlichen auf die vom SG eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. L. und Dr. B. gestützt, die sich zu der vom SG gestellten Frage geäußert hatten, ob die stationäre Behandlung der Versicherten P. vom 1.2. bis 21.4.2002 "notwendig" bzw
"erforderlich" gewesen ist. In der erneuten Verhandlung wird das LSG darauf zu achten haben, dass im Rahmen der nachzuholenden
Ermittlungen konkrete Beweisfragen gestellt werden, Zeugen und Sachverständige also nur zu entscheidungserheblichen Tatsachen
gehört und ihnen keine unbestimmten Rechtsbegriffe zur Ausfüllung und Bewertung überlassen werden - Letzteres ist allein Sache
der Gerichte.
aa) Der GS des BSG hat in der Entscheidung vom 25.9.2007 ausgeführt, dass das Gericht im Streitfall grundsätzlich uneingeschränkt
zu überprüfen hat, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist. Die Entscheidung darüber,
ob dem Versicherten ein Anspruch auf Gewährung vollstationärer Krankenhausbehandlung als Sachleistung zusteht und darin eingeschlossen
die Entscheidung, ob eine stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, obliegt nicht dem Krankenhaus, sondern
der Krankenkasse, gegen die sich der Anspruch richtet (aaO, RdNr 27 f). Der Grundsatz, dass die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung
im Prozess vom Gericht vollständig zu überprüfen ist, gilt auch dann, wenn die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nachträglich
für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet (aaO, RdNr 32). Es hat dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens-
und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen, wobei diesem jedoch eine "Einschätzungsprärogative" nicht
zukommt (aaO, zweiter Tenor).
bb) Bei der gerichtlichen Überprüfung der medizinischen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung ist auch im Abrechnungsstreit
stets zu berücksichtigen, dass für die ärztliche Entscheidung, eine Krankenbehandlung vollstationär oder teil-, vor- und nachstationär
oder ambulant durchzuführen, vor allem Risikoabwägungen und die konkreten Umstände des Einzelfalles ausschlaggebend sind (BSG,
Urteil vom 4.4.2006, BSGE 96, 161, 169 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8). Davon geht auch der GS des BSG aus, dessen Entscheidung erkennbar von dem Bestreben getragen
wird, dem Krankenhausarzt keinen Beurteilungsspielraum und keine Einschätzungsprärogative im Sinne eines Entscheidungsfreiraums
mit verminderter Kontrolldichte zu gewähren (aaO, RdNr 29). Nach der Rspr des BGH, der bei der Bewertung von Ansprüchen privat
Versicherter auf medizinisch notwendige Heilbehandlung einen "objektiven Vertretbarkeitsansatz" verfolgt, ist eine vom (privaten)
Krankenversicherungsträger geschuldete Heilbehandlung dann medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen
Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig zu sehen
(BGH, Urteil vom 10.7.1996, BGHZ 133, 208, 212 f mwN; vgl auch Urteile vom 12.3.2003, BGHZ 154, 154, 166 f, und vom 21.9.2005, BGHZ 164, 122, 126 f). Im privaten Krankenversicherungsrecht kommt es also nicht darauf an, ob die Behandlung zur Erreichung des vorgegebenen
Behandlungsziels tatsächlich geeignet ist; vielmehr ist nach Auffassung des BGH die objektive Vertretbarkeit bereits dann
zu bejahen, wenn die Behandlung nach den medizinischen Erkenntnissen im Zeitpunkt ihrer Vornahme als wahrscheinlich geeignet
angesehen werden kann, auf eine Verhinderung der Verschlimmerung der Erkrankung oder zumindest auf ihre Verlangsamung hinzuwirken
(BGH, Urteil vom 10.7.1996, aaO). Im Urteil vom 21.9.2005 (aaO) heißt es sodann: "Medizinisch notwendig kann eine Behandlung
aber auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. Es genügt insoweit, wenn die medizinischen Befunde und
Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen." cc) Der
GS des BSG setzt sich nicht in Widerspruch zur Rspr des BGH (s oben 2. e bb). Auch er erkennt ausdrücklich an, dass bei einer
nachträglichen Fehlbelegungsprüfung in rechtlicher Hinsicht die Besonderheit besteht, dass die Berechtigung der Krankenhausbehandlung
nicht rückschauend aus der späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen, sondern zu fragen ist, ob sich die stationäre Aufnahme
oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt
verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (aaO, RdNr 33).
Damit folgt der GS früherer Rspr des 3. und 6. Senats des BSG, dass es dem behandelnden Arzt nicht angelastet werden kann,
wenn er auf Grund einer für ihn nicht erkennbaren Irreführung oder Fehlinformation Behandlungsmaßnahmen einleitet, die sich
später als unnötig herausstellen (Krankenhauswanderer - SozR 3-2500 § 39 Nr 4; unbegründeter Krankheitsverdacht - SozR 3-2500
§ 76 Nr 2). In solchen Fällen können der Behandlungsanspruch des Versicherten und der Vergütungsanspruch des Krankenhauses
auseinanderfallen, wenn zwar rückschauend feststeht, dass objektiv keine Notwendigkeit für eine Krankenhausbehandlung bestand,
das Krankenhaus aber im Behandlungszeitpunkt von deren Notwendigkeit ausgehen durfte und die Behandlung deshalb zu Recht zu
Lasten der Krankenkasse durchgeführt hat (so auch GS des BSG, aaO, RdNr 33).
Zusammengefasst folgt daraus, dass die Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit durch den verantwortlichen Krankenhausarzt
(§
39 Abs
1 Satz 2
SGB V) in einem Abrechnungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse immer daraufhin zu überprüfen ist, ob nach den objektiven
medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens-
und Kenntnisstand des Krankenhausarztes - ex ante - eine Krankenhausbehandlung erforderlich war, seine Beurteilung also den
medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entsprach und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen
Erfahrung stand. Dies gilt sowohl für die erstmalige Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit als auch für die
jeweiligen Folgeentscheidungen, wenn es um die Verlängerung eines Krankenhausaufenthaltes geht, wobei sich der Wissens- und
Kenntnisstand des Krankenhausarztes im Laufe einer Krankenhausbehandlung naturgemäß verändern wird. Vor allem bei der erstmaligen
Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist jedoch zu beachten, dass der Krankenhausarzt eine (medizinische) Prognose
abgeben muss, er also eine konkrete Diagnose zu stellen und dabei zukunftsorientiert zu beurteilen hat, ob die besonderen
Mittel eines Krankenhauses erforderlich sind, um eine Krankheit zu erkennen, sie zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten
oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
dd) Entsprechend konkrete und am Einzelfall orientierte Fragestellungen sind von den Tatsachengerichten in ihren Beweisanordnungen
vorzusehen und den medizinischen Sachverständigen vorzulegen. Keinesfalls ist es für die richterliche Tatsachenermittlung
ausreichend, wenn Gutachten - wie hier - zu der Frage eingeholt werden, ob die stationäre Behandlung der Versicherten P. vom
1.2. bis 21.4.2002 "notwendig" bzw "erforderlich" gewesen ist.
Damit wird den Sachverständigen die tatbestandsmäßige Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe zugemutet, die allein in den
Verantwortungsbereich der Sozialgerichte fällt, es werden indes keine konkreten und auf den entscheidungserheblichen Sachverhalt
bezogene Beweisfragen gestellt. Letzteres wäre aber erforderlich gewesen, um eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für
die hier maßgebliche Frage zu gewinnen, ob nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen
zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes - ex ante - eine
Krankenhausbehandlung der Versicherten P. über den 19.3.2002 hinaus erforderlich war, die Beurteilung des Krankenhausarztes
also den medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entsprach und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen
ärztlichen Erfahrung stand. Eine diesen Vorgaben entsprechende Beweiserhebung wird das LSG nachzuholen haben. Dabei kann und
muss es auf alle ihm nach der Prozessordnung zur Verfügung stehenden Beweismittel und nicht nur auf die von der Klägerin geführten
Dokumentationen (Krankenakten, Leistungsdokumentation, Medikamentenverordnungsblatt, ärztliche Verlaufseintragungen, Dokumentation
über Therapien und Arbeitsversuche usw) zurückgreifen, zumal diese Dokumente in der Regel nur den Verlauf des Krankenhausaufenthalts
dokumentieren sollen; aus ihnen lässt sich ablesen, ob tatsächlich Krankenhausbehandlung durchgeführt worden ist (s oben 2.
c aE), aber nicht unbedingt, ob diese gemäß den vorstehenden Kriterien auch notwendig gewesen ist.
Da im Abrechnungsstreit die Beurteilung des Krankenhausarztes - ex ante - darauf zu überprüfen ist, ob sie den medizinischen
Richtlinien, Leitlinien und Standards entspricht und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung
steht, ist es erforderlich, dass die Tatsachengerichte zunächst feststellen, ob konkrete Richtlinien, Leitlinien und Standards
für die in Rede stehende Kranken(haus)behandlung vorhanden sind; ggf sind diese zu ermitteln und den Beweisanordnungen zugrunde
zu legen. Bei der anschließenden Beauftragung eines medizinischen Sachverständigen ist zudem darauf zu achten, dass dieser
im Hinblick auf die entscheidungserheblichen Sachverhalte ausreichend qualifiziert ist, also insbesondere auf dem zu beurteilenden
medizinischen Fachgebiet ausgewiesen ist und Erfahrung mit der medizinischen Ausrichtung des betroffenen Krankenhauses besitzt.
3. Soweit sich das LSG (Urteil vom 12.4.2005, Umdruck S 12 ff) mit der Frage der Notwendigkeit einer Verwaltungsentscheidung
der Krankenkasse gegenüber einem Versicherten befasst, wenn eine langfristige psychiatrische Krankenhausbehandlung nicht länger
als Sachleistung gewährt werden soll (vgl BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2), ist hierauf nicht näher einzugehen; diese Frage hat sich mit der Entscheidung des GS des BSG vom
25.9.2007 (aaO) erledigt. Sie könnte sich allenfalls dann stellen, wenn der Versicherte bzw sein Betreuer Wert auf die Fortsetzung
der Behandlung gerade im Krankenhaus legt. Dies war hier ersichtlich nicht der Fall. Die eigene Wohnung der Versicherten P.
stand zur Verfügung, die Rückkehr dorthin war angestrebt und wurde auch erfolgreich umgesetzt. Zudem könnte eine unterbliebene
förmliche Bescheidung nicht dazu führen, dass eine Krankenhausbehandlung bei objektiv möglicher ambulanter Versorgung im Verhältnis
des Krankenhauses zur Krankenkasse weiterhin zu vergüten wäre.
4. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren bleibt dem LSG vorbehalten. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz.