Gründe:
I
Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).
Die 1970 geborene Klägerin studierte bis 1997 Architektur und schloss das Studium mit dem Hochschulgrad "Diplom-Ingenieurin"
ab. Im Anschluss hieran war sie in zwei Architekturbüros beschäftigt. Von März 2001 bis März 2002 ließ sie sich in einem Institut
für Weiterbildung, Personalentwicklung und Computertraining zum sog Webmaster weiterbilden. Im Mai 2002 legte sie vor der
Industrie- und Handelskammer erfolgreich eine Prüfung zur Multimedia-Assistentin ab. Seit September 2002 übt die Klägerin
eine Tätigkeit als sog Webdesignerin aus - zunächst als Einzelunternehmerin und seit Spätherbst 2002 in der Ateliergemeinschaft
"digital-definieren - on und offline design".
Im August 2002 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten und beantragte die Aufnahme in die Künstlersozialversicherung (KSV).
Sie gab an, Schwerpunkt ihrer Arbeit seien der Entwurf, das Layout und die künstlerische Gestaltung von Webseiten. Ihre Fähigkeiten
lägen im künstlerischen Bereich und nicht in der Programmierung; sie besitze aber auch das technische Rüstzeug zur Umsetzung
ihrer Entwürfe. Im 4. Quartal 2002 werde sie ein Arbeitseinkommen aus dieser Tätigkeit in Höhe von voraussichtlich 3.000 Euro
und im Jahr 2003 in Höhe von voraussichtlich 15.000 Euro erzielen. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2002 stellte die Beklagte
fest, dass die Klägerin nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege, weil sie als Diplom-Ingenieurin und Webmaster ausgebildet sei und diese Ausbildungsgänge nicht mit demjenigen
eines Designers vergleichbar seien. Sie erstelle Webseiten zur Internetpräsentation als Auftragsarbeiten, deren Inhalte weitgehend
vorgegeben seien. Eine durch freie schöpferische Gestaltung geprägte Tätigkeit, die derjenigen eines bildenden Künstlers oder
Designers entspreche, sei damit nicht verbunden; die Tätigkeit der Klägerin sei vielmehr der "angewandten Informatik" zuzuordnen.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2003 zurück.
Im Klageverfahren hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, sie entwickele ihre Internetseiten auf Grund eigener schöpferischer
und gestalterischer Tätigkeit. Die Gestaltungselemente seien das Ergebnis eines langwierigen kreativen Prozesses, zu dem eine
Inspirationsphase, eine künstlerische Konzeptionsphase, eine experimentelle Gestaltungsphase und eine Umsetzungsphase gehörten.
Die eher technisch ausgerichtete Umsetzungsphase sei im Vergleich zu den drei vorhergehenden schöpferischen Phasen verhältnismäßig
kurz. Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin der Versicherungspflicht nach
dem KSVG unterliege (Urteil vom 27. Mai 2004). Die Klägerin schaffe bildende Kunst iS des § 2 Satz 1 KSVG. Zwar habe sich bislang noch keine Verkehrsauffassung dazu gebildet, ob und unter welchen Voraussetzungen die Tätigkeit einer
Webdesignerin als Kunst anzusehen sei. Es komme deshalb auf das gesamte Erscheinungsbild dieser neuartigen Tätigkeit an, ob
also der eigenschöpferische Schaffensprozess im Vordergrund stehe oder mehr die technische Umsetzung überwiege. Im vorliegenden
Falle spreche die künstlerisch ausgerichtete Ausbildung der Klägerin und der detailliert geschilderte Arbeitsablauf, bei dem
die schöpferischen Phasen deutlich vorrangig seien, für eine künstlerische Tätigkeit. Dem stehe nicht entgegen, dass diese
Tätigkeit auch technische Aspekte habe; dies sei bei einer Vielzahl anderer künstlerischer Betätigungen - etwa der Bildhauerei
- ähnlich. Die Klägerin besitze zudem ausreichenden kreativen Spielraum, denn sie habe bei der Ausführung der ihr erteilten
Aufträge weitgehend freie Hand.
Die Beklagte rügt mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision eine Verletzung der §§ 1 und 2 KSVG. Die Klägerin sei weder als Industrie- noch als Grafikdesignerin einzustufen. Diesen anerkannt künstlerischen Berufen stehe
die Webdesignerin nur dann gleich, wenn sie eine professionelle Grafikausbildung vorweisen könne. Dies sei bei der Klägerin
wie bei einer Vielzahl anderer Personen, die die ungeschützte Bezeichnung "Webdesigner" benutzten und derzeit in die KSV drängten,
nicht der Fall. Von der Ausbildung her, insbesondere im Hinblick auf das abgeschlossene Architekturstudium sowie die Weiterbildung
zum Webmaster bzw zur Multimedia-Assistentin, gehöre sie zum Berufsbild eines Informatikers oder Programmierers. Auch bei
dem vom SG festgestellten Tätigkeitsbild stehe nicht die gestalterische Arbeit, sondern die technische Umsetzung im Vordergrund; diese
bestimme ganz überwiegend die Wertschätzung der klägerischen Arbeiten auf dem Markt. Entsprechend der vom Bundessozialgericht
(BSG) vorgenommenen Abgrenzung zwischen Handwerk und Kunst komme es auch hier darauf an, ob sich die Klägerin aus dem angestammten
Berufsfeld gelöst habe und in einschlägigen Fachkreisen als Künstlerin anerkannt und behandelt werde. Dies sei nicht der Fall,
wie auch die Tatsache zeige, dass sie bei der Gestaltung und Einrichtung ihrer Internetseiten zahlreiche technische Aspekte
zu berücksichtigen habe, die in der Regel ein Informatiker oder Programmierer erledige.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. Mai 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie sei bildende Künstlerin, ihre Tätigkeit gemischt künstlerisch-publizistisch; detaillierte Programmierungskenntnisse seien
nicht erforderlich. Zudem arbeite sie in der Werbung; entsprechend der Rechtsprechung des BSG sei deshalb davon auszugehen,
dass sie wie alle von der Werbebranche herangezogenen kreativen Selbstständigen zu dem Personenkreis zähle, der typischerweise
in den Schutzbereich des KSVG falle.
II
Die Sprungrevision der Beklagten ist zulässig, insbesondere hat sie die nach §
161 Abs
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erforderliche Einverständniserklärung der Klägerin fristgerecht vorgelegt. Die Sprungrevision ist aber nicht begründet;
das SG hat die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin als Webdesignerin der Versicherungspflicht
in der KSV unterliegt.
1. Gemäß § 1 Nr 1 KSVG werden selbstständige Künstler und Publizisten in der Rentenversicherung der Angestellten, in der gesetzlichen Krankenversicherung
und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig
und nicht nur vorübergehend ausüben. Nach § 2 Satz 1 KSVG ist Künstler iS dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Diese Voraussetzungen
sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Klägerin ist nach den mit der Sprungrevision nicht angreifbaren und deshalb für den
Senat bindenden (§§
161 Abs
4,
163 SGG) Feststellungen des SG seit September 2002 nicht nur vorübergehend selbstständig erwerbstätig und konnte im Jahr der Antragstellung (2002) sowie
im Folgejahr ein Arbeitseinkommen aus ihrer Betätigung erwarten, welches deutlich über der Geringfügigkeitsgrenze des § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG liegt. Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich bei der hier in Rede stehenden Tätigkeit als Webdesignerin auch
um eine künstlerische Tätigkeit iS des KSVG.
In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben,
nämlich die Musik, die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung, was darunter im Einzelnen zu verstehen
ist, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht
erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von "Künstlern" und "künstlerischen Tätigkeiten", auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen
bewusst verzichtet (BT-Drucks 8/3172, S 21). Dieser Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (vgl BSG SozR 4-5425
§ 24 Nr 6 S 42 RdNr 13 und BSGE 83, 160, 161 = SozR 3-5425 § 2 Nr 9 S 33 - jew mwN; zum Kunstbegriff des Art
5 Grundgesetz vgl BVerfGE 30, 173, 188 ff und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des KSVG vgl BT-Drucks 9/26, S 18 und BT-Drucks 8/3172, S 19 ff). Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfasst,
mit denen sich der "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)"
aus dem Jahre 1975 (BT-Drucks 7/3071) beschäftigt (BSGE 83, 160, 165 f = SozR 3-5425 § 2 Nr 9 S 37 f; BSGE 83, 246, 250 = SozR 3-5425 § 1 Nr 5 S 23; vgl auch Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 3. Aufl 2004, § 2 RdNr 3 und 9; Schriever "Der Begriff der Kunst im Künstlersozialversicherungsrecht" in: von Wulffen/Krasney >Hrsg<, Festschrift
50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, S 709, 714 f). Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten
Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines
bestimmten Kunsttyps entspricht. Bei diesen Berufsfeldern ist das soziale Schutzbedürfnis zu unterstellen, ohne dass es auf
die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- und Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird.
In dem inzwischen 30 Jahre alten Künstlerbericht der Bundesregierung wird der Beruf des/der Webdesigners/-in naturgemäß nicht
erwähnt, denn diese Tätigkeit gab es im Jahre 1975 noch nicht. Im Bereich der bildenden Kunst/Design finden sich allerdings
die Katalogberufe des künstlerischen Grafikers, des Fotodesigners, des Layouters und des Grafik-, Mode-, Textil- und Industriedesigners
(BT-Drucks 7/3071, S 7 und 12). Wer einen dieser Berufe ausübt, ist in aller Regel als Künstler anzusehen (vgl Finke/Brachmann/Nordhausen
aaO § 2 RdNr 9 und 13; Brandmüller/Zacher/Thielpape, KSVG - Band I, Stand: Januar 2002, § 2 KSVG Anm 2). Ob und ggf unter welchen Voraussetzungen die Tätigkeit eines/einer Webdesigners/-in der künstlerischen Natur einem
der vorgenannten Katalogberufe gleichsteht, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang noch nicht geklärt. Zu Recht
hat schon das SG darauf hingewiesen, dass die Neuartigkeit der hier zu beurteilenden Tätigkeit nicht gegen ihre Qualifizierung als künstlerisch
sprechen kann, denn dies würde der Vielfalt und Dynamik in der Entwicklung künstlerischer und/oder publizistischer Berufstätigkeit
widersprechen (vgl auch die Gesetzesmaterialien zum KSVG, BT-Drucks 8/3172, S 21 und 9/26, S 18). Entscheidend ist vielmehr, ob in den Werken der Webdesigner eine eigenschöpferische
Gestaltung zum Ausdruck kommt, wobei es im Einzelfall weder um die Qualität der Leistung noch darum geht, ob sie eine bestimmte
Werk- oder Gestaltungshöhe erreicht; eine Differenzierung nach "guter" oder "weniger guter" Kunst findet nicht statt (BSGE
77, 21, 29 f = SozR 3-5425 § 24 Nr 12 S 79 f; BSG SozR 3-5425 § 1 Nr 4 S 16; vgl auch Schriever aaO S 715). In Anwendung dieser
Grundsätze sind Webdesigner als Künstler iS des KSVG anzuerkennen, weil ihre Tätigkeit insbesondere der des Grafikdesigners, des Fotodesigners oder des Layouters vergleichbar
ist.
2. Webdesigner gestalten Bildschirmseiten unter ästhetischen und funktionalen Gesichtspunkten, und zwar hauptsächlich für
Internet- und Intranet-Auftritte. Der Ausbildungsgang zum Webdesigner ist derzeit, wie die Beklagte zu Recht anführt, rechtlich
nicht geregelt; die Bezeichnung ist gesetzlich nicht geschützt. Gleichwohl hat sich bereits ein fest umrissenes Berufsbild
herauskristallisiert. Soweit keine autodidaktische Spezialisierung erfolgt, wird eine in der Regel schulische und zwischen
drei bis zwölf Monate betragende Fortbildung an privaten Bildungseinrichtungen oder bei den Industrie- und Handelskammern
durchgeführt und mit einer internen Prüfung des jeweiligen Trägers abgeschlossen. Die Tätigkeit selbst umfasst zunächst die
Beratung des Kunden bei der Gestaltung von Bildschirmseiten für das Internet oder das firmeneigene Intranet. Dem folgt die
Phase des "Brainstormings" und der Ideensammlung, die in die Konzipierung des Designs von Homepages und einzelnen Bildschirminhalten
mit Hilfe von diversen Softwareprogrammen unter Beachtung der redaktionellen, technischen, finanziellen und produktspezifischen
Anforderungen übergeht. Hieran schließt sich die Gestaltung verschiedener Entwürfe an, die gelegentlich von Hand zu zeichnen
sind, meist aber auch schon mit Hilfe des Computers (PC) umgesetzt werden können. Wichtig bei dieser zeichnerisch-entwerfenden
Arbeit ist, dass gleichzeitig planend-organisierende Komponenten zu berücksichtigen sind - die Inhalte der einzelnen Seiten
dürfen nicht überfrachtet werden, der Nutzer soll mittels Links oder Buttons durch die Anwendung geführt werden, und die Gestaltung
der Bedieneroberfläche muss übersichtlich und verständlich bleiben. Die vom Webdesigner erstellten Entwürfe werden dem Kunden
präsentiert, ggf werden Feinabstimmungen vorgenommen sowie Grafik, Farbgebung, Zeichensatz usw besprochen; sodann wird das
endgültige Produkt fertig gestellt (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp - Stichwort "Web-Designer/in").
Ein vergleichbares Berufsbild weisen aber auch Grafikdesigner, Fotodesigner und Layouter auf: Grafikdesigner sind Fachleute
für visuelle Kommunikation. Sie beraten Kunden bei der visuellen Umsetzung ihrer Wünsche und entwerfen nach deren Aufträgen
grafische Kommunikationsmittel wie Anzeigen, Verpackungen, Plakate, Firmenlogos, Bildschirmoberflächen, Werbespots oder das
Design von Datenbanken, Multivisionen, Internet- und Intranetseiten, elektronischen Kiosksystemen oder Screens. Fotodesigner
haben die Aufgabe, mittels der Fotografie eigene Bildkreationen zu entwerfen, um verschiedene Produkte und Ideen bestmöglich
zu vermarkten. Sie arbeiten in Fotostudios und Ateliers der Werbe-, Mode- oder Wissenschaftsfotografie. Dabei wechseln sie
zwischen dem Studio, unterschiedlichen Aufnahmeorten, der Dunkelkammer und - für die Bildbearbeitung - dem Computerarbeitsplatz.
Layouter schließlich entwerfen und gestalten den (Bildschirm-)Seitenaufbau von Druck- und Medienseiten aller Art. Sie arbeiten
in Betrieben, in denen Texte, Bilder und Grafiken zu Vorlagen für die Print- und Non-Print-Medienproduktion gefertigt werden.
Darüber hinaus sind Layouter in allen Bereichen der Informationsverarbeitung tätig, beispielsweise in Verlagen, Grafikbüros,
Werbe- und Medienagenturen sowie in Werbeabteilungen größerer Unternehmen (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagen-tur.de/berufe/index.jsp
- Stichworte "Designer/-in - Grafik", "Designer/-in - Foto" und "Layouter/-in").
Die vorgenannten Berufsbilder sind nicht scharf voneinander zu trennen und überschneiden sich sogar, denn bei der modernen
Gestaltung der Kommunikationsmittel wird zunehmend der PC mit besonders ausgerichteter Software und Programmen zur Grafikherstellung
und Bildbearbeitung eingesetzt mit der Folge, dass die elektronisch erstellten Produkte gleichzeitig in unterschiedlichen
Medien Verwendung finden können. Lag der Schwerpunkt der Tätigkeit von Grafikdesignern früher vor allem auf der visuellen
Realisierung bestimmter Ideen und Vorstellungen durch klassische Zeichengeräte und Gestaltungsmaterialien wie Federn, Pinsel,
Farben, Raster und Folien, wird Grafikdesign heute, angefangen vom Entwurf bis hin zur Reinzeichnung, in erster Linie computerunterstützt
bewerkstelligt. Layouter benutzen ebenfalls vermehrt den PC; sie entwerfen und gestalten Druck- und Medienseiten aller Art
mit Hilfe von verschiedenen Grafik- und Bildbearbeitungsprogrammen. Moderne Fotodesigner arbeiten heute ebenfalls nicht mehr
ausschließlich mit der Kamera und im Entwicklungslabor, sie gestalten ihre Foto- und Filmaufnahmen vielmehr auch am Bildschirm
mittels entsprechender Layout- und Bildbearbeitungstechnik (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp
- Stichworte "Designer/-in - Grafik", "Designer/-in - Foto" und "Layouter/-in").
Auch die Werkzeuge von Webdesignern stammen aus den Bereichen Grafik, Zeichnung, Fotografie, Schrift und Video, nur die Benutzung
von Feder, Pinsel, Farbe, Raster und Folien ist eher selten. Vorwiegend verarbeiten sie grafische Daten (selbst gezeichnete
Computerbilder oder digitalisierte Fotos und Filme) mit dem PC und entsprechender Software (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp
- Stichwort "Web-Designer/in"). Der Vergleich zwischen den "klassischen" Berufen des Grafikdesigners, Fotodesigners und Layouters
und der neuen Tätigkeit des Webdesigners zeigt, dass sich die Aufgaben und Tätigkeiten in diesen Berufsfeldern weitgehend
decken. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen nur durch das zu bearbeitende Medium: Während das Ziel von Grafikdesignern
- klassisch - die Bearbeitung von Papier, Pappe und Folien ist, Fotografen sich mit Bildern befassen und Layouter Buch- und
Zeitungsseiten gestalten, konzipiert der Webdesigner eine Internet- oder Intranetseite nach Kundenwunsch. Das Berufsbild ist
durch die Verbreitung des Internets neu entstanden und setzt die klassischen Tätigkeiten des Grafikers usw in einem modernen
Medium fort. Deshalb ist es gerechtfertigt, das Webdesign wie alle anderen Arten des Designs, die auf speziellen technischen
Möglichkeiten und Anwendungsformen beruhen (zB Foto-, Licht-, Grafik-, Computer-, Medien- und Sound-Design), als Bestandteil
der bildenden Kunst zu betrachten; denn Kunst ist nach heutigem Verständnis nicht wesentlich durch seine Gegenständlichkeit,
sondern vielmehr durch die dem Kunstwerk Authentizität verleihende formgebende Idee zu bestimmen (Schriever aaO S 722). Auch
in der Literatur wird dieser Erkenntnis inzwischen Rechnung getragen und der Webdesigner als Künstler iS des KSVG eingeordnet (vgl Finke/Brachmann/Nordhausen aaO § 2 RdNr 17 aE >ohne Begründung< und § 24 RdNr 58 unter Bezugnahme auf SG Trier, Breithaupt 2003, 214 ff; Brandmüller/Zacher/Thielpape
aaO - Band II, Anlage 3 A/8 S 63 >ohne Begründung<).
Wenn auch der Werdegang zum Webdesigner derzeit noch nicht rechtlich geregelt ist, während die Übrigen zum Vergleich herangezogenen
Berufstätigkeiten auf landesrechtlich geregelten schulischen Ausbildungsgängen an Berufsfachschulen, teilweise auch an Berufskollegs
und privaten Einrichtungen basieren, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Webdesigner allein
deshalb nicht vergleichbar ist. Wie der Senat schon früher ausgeführt hat, lässt das KSVG nicht erkennen, dass die Ausübung von Kunst eine abgeschlossene oder gesetzlich normierte Ausbildung voraussetzt (BSGE 77,
21, 28 = SozR 3-5425 § 24 Nr 12 S 78 f). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass die Klägerin nicht den Beruf einer Designerin,
sondern denjenigen einer Architektin erlernt und in diesem Beruf einige Jahre gearbeitet hat (vgl zum Architektenberuf BSG
SozR 3-5425 § 2 Nr 11 und SozR 4-5425 § 24 Nr 1).
3. Die Klägerin erfüllt die vorstehend beschriebenen Merkmale einer Webdesignerin. Sie ist in einer Ateliergemeinschaft tätig
und erhält regelmäßig Aufträge zur Gestaltung von Internetseiten. Dabei besitzt sie - wie das SG bindend festgestellt hat - einen eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum, den sie auch trotz der Bindung an den jeweiligen
Kundenauftrag nutzen kann, weil ihr nur in groben Umrissen gestalterische Vorgaben gemacht werden. Die kreative Gestaltung
der Webseite steht dabei im Vordergrund ihrer Arbeit, während die technische Umsetzungsphase, bei der die einzelnen Elemente
des Gesamtdesigns in die Internetseite eingefügt werden, lediglich der Vollendung des Gesamtwerks dient. Damit unterscheidet
sich die Klägerin vom sog Webmaster/Webadministrator, dessen vorrangige Aufgabe darin besteht, die Internetauftritte von Unternehmen
oder Organisationen im Hinblick auf Funktionalität, Aktualität, Design und Nutzerfreundlichkeit zu strukturieren und zu betreuen.
Diese eher technisch ausgerichtete Berufsgruppe betreibt und überwacht Internet- und Applikationsserver mit dem Ziel der stabilen
Erreichbarkeit und sichert dabei den Web- und Systembetrieb sowie sensible Daten gegen Angriffe von außen ab (Nachweise unter
http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp - Stichwort "Webadministrator/in"). Derartige Fähigkeiten hat die Klägerin
zwar ebenfalls erlernt, sie übt sie jedoch nicht aus, selbst wenn ihr die dabei erworbenen Kenntnisse und Fertigkeit in ihrem
Beruf als Webdesignerin zugute kommen dürften. Doch auch ohne diese spezielle Vorbildung müsste die Klägerin zumindest grundlegende
technische Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen, um ihre Aufgaben bei der Gestaltung von Webseiten bewerkstelligen zu können
- etwa vergleichbar einem Komponisten, der Noten schreiben muss, oder einem Bildhauer, der die Grundlagen der Steinmetztechnik
beherrschen muss.
Neben dem Webadministrator haben sich weitere technisch ausgerichtete Tätigkeiten wie Informatiker, Programmierer oder Multimedia-Assistent
im Zuge der Entwicklung des Internets herausgebildet. Informatiker übernehmen Fach- und Führungsaufgaben bei der Lösung praktischer
Probleme aus Industrie, Wirtschaft, Verwaltung, Forschung und Ausbildung sowie im medizinischen Bereich mit Hilfe informations-
und kommunikationstechnischer Systeme. Dabei geht es hauptsächlich um den Entwurf und die Entwicklung von Anwendungs- und
Systemsoftware und die Betreuung von informationstechnischen Systemen. Programmierer sind in der Programmentwicklung für die
Codierung von fachlichen Anwendungsabläufen oder allgemeinen Dienstprogrammen zuständig. Ihre Aufgaben bestehen in der Umsetzung
von Vorgaben, die in ihrem Konzept abgestimmt und detailliert beschrieben sind. Multimediafachleute schließlich haben die
Aufgabe, an der Konzeption und Umsetzung von Multimediaprodukten in gestalterischer, softwaretechnischer bzw redaktioneller
Hinsicht mitzuwirken (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp - Stichworte "Informatiker/-innen",
"Programmierer/-innen" und "Multimediafachmann/-frau"). Diese Berufsgruppen sind somit auf technische Abläufe spezialisiert
und unterscheiden sich vom Webdesigner dadurch, dass sie keinen eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum besitzen. Es wäre
durchaus denkbar, dass die Klägerin ihren kreativen Prozess mit der Konzeption und Gestaltung der Webseite abschließen und
den Umsetzungsprozess einem der vorgenannten Berufsgruppen überlassen würde. Sie gleicht damit - bis auf die Unterschiedlichkeit
des Mediums - einem klassischen Grafikdesigner, der seine Künstlereigenschaft auch nicht dadurch verliert, dass er Grafiken
in Anbetracht der fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten vom Entwurf bis zur Reinzeichnung computergestützt selbstständig
erstellen kann.
Soweit die Beklagte aus einzelnen von der Klägerin erstellten Rechnungen abzuleiten versucht, dass dort die technisch-manuelle
Gestaltung von Webseiten und nicht der eigenschöpferische Gestaltungsspielraum im Vordergrund gestanden habe, ist dies für
die Beurteilung der Künstlereigenschaft der Klägerin unerheblich, denn auf das Ausmaß der gestalterischen Freiheit im Einzelfall
kommt es nicht an. Die Klägerin bietet ihre Dienste als Webdesignerin nicht zweckfrei an, sondern verfolgt dabei ein konkretes
Ziel - nämlich die Ermöglichung eines individuellen Internetauftrittes ihrer Auftraggeber. Dies kann einerseits zu deren positiver
Darstellung in der Öffentlichkeit erfolgen (Imagepflege), andererseits aber auch eine bewusste Beeinflussung potentieller
Interessenten und Kunden zum Inhalt haben (Werbung - vgl BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 6 S 34 mwN; vgl auch Finke/Brachmann/Nordhausen
aaO § 24 RdNr 136 f). Die Klägerin gehört damit zum Kreis solcher "Kreativen", deren berufliche Tätigkeit Werbezwecken dient.
Zu den Werbefotografen hat der Senat bereits wiederholt entschieden, dass diese ohne Rücksicht auf die künstlerische Qualität
ihrer Bilder und den ihnen eingeräumten Gestaltungsspielraum im Einzelfall als Künstler iS des KSVG einzuordnen sind, weil die Anfertigung der Fotografien Werbezwecken dient. Die Werbefotografie ist eine künstlerische Tätigkeit
iS der §§ 2 und 24 Abs 1 Satz 2 KSVG, ohne dass es darauf ankäme, ob dem Fotografen im Einzelfall ein kunsttypischer eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum
zur Verfügung steht, ob die Fotografien tatsächlich eine künstlerische Qualität besitzen oder ob zumindest der Fotograf im
Einzelfall für sich einen künstlerischen Anspruch erhebt (BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 3 RdNr 23; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 6 RdNr
12 ff). Dieser Kreis der "Kreativen" beschränkt sich aber nicht nur auf den Werbefotografen, sondern umfasst ebenso alle andere
Personen, die zum Gelingen eines Werbeauftrags eigenverantwortlich und nicht unerheblich beitragen (Urteil des Senats vom
12. Mai 2005 - B 3 KR 39/04 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - Visagistin; BSGE 83, 246, 250 = SozR 3-5425 § 1 Nr 5 S 23 - Regieassistentin). Zu diesem Personenkreis zählt auch die Klägerin, da sie - wie das SG bindend festgestellt hat - bei der Umsetzung ihrer gestalterischen Ideen grundsätzlich kreative Freiheiten besitzt, sodass
es - wie beim Werbefotografen - nicht darauf ankommt, ob im Einzelfall ein kunsttypischer eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum
zur Verfügung steht.
Zu Unrecht beruft sich die Beklagte schließlich auf die Rechtsprechung des Senats zur Abgrenzung von Handwerk und Kunst (BSGE
80, 136 = SozR 3-5425 § 2 Nr 5 - Cembalobauer; BSGE 82, 164 = SozR 3-5425 § 2 Nr 8 - Feintäschner). Eine solche Abgrenzung hat der Senat für erforderlich gehalten, wenn handwerkliche
Tätigkeiten schon vom Berufsbild her eine eigenschöpferische Komponente aufweisen. Insbesondere in solchen Fällen, in denen
die (kunst-)handwerkliche Betätigung sowohl die Anfertigung von Entwürfen als auch die Fertigung des Endprodukts umfasst,
ist eine Zuordnung zur Kunst nur möglich, wenn der Betroffene mit seinen Werken den handwerklichen Boden verlässt; dies lässt
sich nur dadurch feststellen, dass er in fachkundigen Kreisen als Künstler anerkannt und behandelt wird (BSG aaO; vgl auch
Schriever aaO S 719 f). Diese Rechtsprechung ist für den vorliegenden Fall indes nicht einschlägig, weil es nicht um die
Abgrenzung zu einem "kreativen" Handwerksberuf geht. Die Klägerin übt auch nicht wesentlich Tätigkeiten eines Architekten
aus, die eine Abgrenzung zu diesem im Allgemeinen technischen Beruf erforderlich machen. Sie arbeitet vielmehr - wie gezeigt
- im Bereich der Werbung und ist schon deshalb als eigenschöpferisch-gestaltende Künstlerin angesehen, ohne dass es auf die
Gestaltungshöhe ihrer Arbeitsergebnisse oder ein besonderes künstlerisches Niveau bzw die Anerkennung in Künstlerkreisen ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.