Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Pflegesätze und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung durch die Schiedsstelle für die
soziale Pflegeversicherung im Land Nordrhein-Westfalen
Anforderungen an die Berücksichtigung eines Gewinnzuschlags
Beteiligung der Einrichtungsbewohner
Erforderlichkeit eines externen Vergleichs mit vergleichbaren Einrichtungen
Berücksichtigung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität
Refinanzierung prognostischer Gestehungskosten
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs aus dem Bereich der Pflegeversicherung, mit dem die
beklagte Schiedsstelle die Pflegesätze sowie die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung eines Pflegeheims unter Berücksichtigung
eines 4 %igen Gewinnzuschlags festsetzte.
Die Beigeladene ist Trägerin des vollstationären Pflegeheims "C. St. E." in R., bezüglich dessen ein Versorgungsvertrag mit
den klagenden Kostenträgern besteht. Sie forderte die Klägerin zu 1., - die in Nordrhein-Westfalen landesweit agierende Arbeitsgemeinschaft
der Pflegekassen (deren Mitglieder die zunächst gesondert als Klägerinnen zu 2. bis 7. erfasst gewesenen Pflegekassen sind)
- im Mai 2015 zu Vergütungsverhandlungen für den Zeitraum vom 1.7.2015 bis zum 30.6.2016 auf. Die Beigeladene forderte dabei
von den Kostenträgern neben den prospektiv kalkulierten Gestehungskosten ua einen "Risikozuschlag" von 4 % der Gesamtkosten,
den die Klägerin zu 1. und der zu 8. klagende Sozialhilfeträger nicht akzeptierten. Deshalb beantragte die Beigeladene am
6.8.2015 die Festsetzung der Pflegesätze und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung durch die Beklagte.
Die Beklagte setzte die Pflegesatzvergütungen für die genannte Zeit entsprechend dem Antrag der Beigeladenen differenziert
nach Pflegestufen sowie die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung fest und zwar einschließlich des begehrten Zuschlags von
4 %: In der Pflegevergütung sei ein angemessener Zuschlag zur Vergütung des Unternehmerrisikos zu berücksichtigen. Wegen der
Unwägbarkeiten einer Steuerung über die Auslastungsquote sei insoweit ein umsatzbezogener Prozentsatz zu bevorzugen. Hierfür
werde im Rahmen des Beurteilungsspielraums der in §
44 Abs
1 SGB I für den Bereich des Sozialrechts normierte Verzugszins in Höhe von 4 % herangezogen. In dieser Regelung liege die normative
Bewertung längerfristig pauschalierter Gewinnerwartungen zum Ausgleich eines durch Nichtzahlung entgangenen Gewinns, der auch
den durchschnittlichen Gewinnerwartungen in der Wirtschaft entspreche. Gründe für eine Abweichung nach oben oder unten seien
weder ersichtlich noch von den Beteiligten vorgetragen. Insbesondere sei nicht plausibel, dass - wie von Klägerseite geltend
gemacht - ein Gewinnzuschlag bereits in den detailliert anzugebenden, prospektiven Kosten enthalten sein könnte. Eines externen
Vergleichs mit der Situation anderer vergleichbarer Pflegeeinrichtungen habe es wegen der "unstreitig angemessenen Kostenansätze"
nicht bedurft. Eine ggf unterbliebene Anhörung des Heimbeirats oder der Bewohner der Einrichtung könne sich allein auf das
Vertragsverhältnis zwischen Einrichtung und Bewohnern auswirken, nicht aber auf die hier nur betroffenen Festlegungen der
Pflegesätze und Entgelte im Verhältnis zwischen Einrichtung und Kostenträgern (Schiedsspruch vom 3.12.2015).
Auf die dagegen gerichtete Klage hat das (erstinstanzlich zuständige) LSG den Schiedsspruch aufgehoben und die Beklagte zum
erneuten Erlass eines Schiedsspruchs unter Beachtung seiner Rechtsauffassung verurteilt: Die Berücksichtigung eines an §
44 SGB I orientierten pauschalen 4%igen Gewinnzuschlags sei sachwidrig und überschreite den Beurteilungsspielraum der Beklagten. Als
Nachteilsausgleich für einen Zinsschaden regele §
44 SGB I einen völlig anderen Lebenssachverhalt als die für die Festsetzung von Pflegesätzen oder Entgelten für Unterkunft und Verpflegung
erforderliche Kalkulation eines erst künftig entstehenden vertraglichen Anspruchs. Zur Bemessung einer (mit zu berücksichtigenden)
angemessenen Gewinnmöglichkeit seien sowohl die allgemeinen unternehmerischen Risiken von Pflegeheimen als auch die Kostenstrukturen
der jeweiligen Pflegeeinrichtung zu ermitteln. Die notwendige Bewertung einer angemessenen Relation zwischen unternehmerischen
Risiken und Gewinnmöglichkeiten könne regelmäßig nur auf der Grundlage eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens
erfolgen, auch wenn damit ein erhöhter Aufwand für die Schiedsstelle verbunden sei (Urteil vom 6.4.2017).
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung von §
82 Abs
1 Satz 1, §§
84,
85 SGB XI. Sie sei als Schiedsstelle Klagegegnerin und als solche auch wegen ihres Unterliegens in der Vorinstanz rechtsmittelbefugt.
Der auf der Rechtsprechung des BSG basierende, nach Grund und Höhe aber umstrittene Gewinn- bzw Wagniszuschlag habe durch das am 1.1.2017 in Kraft getretene
Dritte Pflegestärkungsgesetz (vom 23.12.2016, BGBl I 3191; PSG III) eine gesetzliche Grundlage erhalten, jedoch ohne dass
es Hinweise zu Kriterien oder Maßstäben seiner Berechnung gebe. Mangels betriebsspezifischer Einzelrisiken habe allein der
in Bezug auf allgemeine branchenspezifische Risiken angemessene Gewinnzuschlag ermittelt werden müssen. Wie bereits zuvor
Schiedsstellen in Hessen und Baden-Württemberg habe sie (die Beklagte) sich dabei an normativen Wertungen orientiert, nämlich
an den gesetzlich pauschalierten Gewinnerwartungen bei Verzugszinsen für Sozialleistungen. Im Anschluss daran habe sie geprüft,
ob individuelle Gründe - insbesondere auf Grund der Betriebsergebnisse der beiden Vorjahre - für eine Abweichung nach oben
oder nach unten sprächen. Zwar seien die Pflegesätze prospektiv zu vereinbaren, jedoch die zu erwartenden Selbstkosten zum
Ausgangspunkt zu nehmen. Dieser Ansatz belasse aber zu wenig Spielraum für Gewinnmargen. Untersuchungen zum unternehmerischen
Wagnis in der stationären Pflege bestätigten die Angemessenheit der Höhe des 4%igen Gewinnzuschlags. Das vom LSG in seinem
Urteil angenommene rechtliche Erfordernis einer regelmäßig durchzuführenden Beweisaufnahme durch Einholung von Sachverständigengutachten
entspreche weder dem Charakter noch dem Sinn und Zweck eines Schiedsverfahrens und könne ebenfalls keinen Bestand haben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. April 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das vorgenannte Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Die Kläger zu 1. und zu 8. beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie halten das LSG-Urteil unter Hinweis auf bereits ergangene Rechtsprechung des 3. Senats des BSG für zutreffend und betonen, dass der Gewinnzuschlag durch eine Relation zwischen den bestehenden Risiken und den Gewinnmöglichkeiten
zu ermitteln sei. Hierzu bedürfe es der Vorlage des um die Investitionskosten bereinigten von einem Wirtschaftsprüfer testierten
Jahresabschlusses für die jeweilige Einrichtung und bisweilen zudem noch eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens.
Das Bedürfnis nach einer schnellen Lösung dürfe aber nicht zu Lasten einer fundierten Entscheidung gehen. Die Festlegung der
Gewinnchance müsse von der Schiedsstelle hinreichend begründet werden, woran es hier mangele. Trotz des insoweit eingeschränkten
Überprüfungsmaßstabs der Gerichte dürfe sich die Beurteilung zur Höhe des Gewinnzuschlags nicht sachwidrig und willkürlich
an einer für die Vergütungs- und Entgeltfestsetzung in der Pflegeversicherung gar nicht einschlägigen Norm des
SGB I orientieren. Der Gewinnzuschlag sei vielmehr individuell bezogen auf das jeweilige Heim zu ermitteln und dürfe deshalb nicht
durch eine allgemein geltende und am Umsatz orientierte prozentuale Pauschale festgelegt werden. Ein prozentualer Zuschlag
auf die Aufwandspositionen führe zu sachwidrigen Vorteilen für Einrichtungen mit hohen Gestehungskosten und setze daher falsche
Anreize für unwirtschaftliches Verhalten. Der Gewinnzuschlag von 4 % sei aber wegen der geringen Risiken von Pflegeeinrichtungen
und der auch ohne zusätzliche Gewinnzuschläge erwirtschafteten Gewinne ohnehin deutlich überzogen. Im "Pflegeheim Rating Report
2017" (Autoren: Heger, ua, Heidelberg, 2017) werde der durchschnittliche Jahresüberschuss nach Steuern für freigemeinnützige
Einrichtungen mit nur 2,2 % und für privat-gewerbliche Einrichtungen mit 4,7 % angegeben, wobei im hier betroffenen Nordrhein-Westfalen
das bundesweit höchste Pflegesatzniveau bestehe. Schließlich dürfe der Zuschlag nicht auf das Gesamtbudget, sondern allenfalls
auf die Pflegevergütung ohne die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung aufgeschlagen werden, und es fehle an dem erforderlichen
externen Vergleich.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Sie trägt ergänzend zu den Ausführungen der Beklagten vor, das LSG habe zutreffend mit Tatbestandswirkung festgestellt, dass
in dem Angebot der Kläger keine Gewinnmarge enthalten sei. Eine solche Marge sei ihr (der Beigeladenen) aber zwingend einzuräumen
und dürfe nach der Rechtsprechung des BSG auch durch einen umsatzbezogenen Prozentsatz auf Pflegesätze und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung festgelegt werden.
Zwar führe dies bei höherpreisigen Pflegeeinrichtungen zu höheren Gewinnmargen; das sei aber wegen des dadurch erhöhten Risikos
auch sachlich gerechtfertigt. Denn die Kosten beruhten fast ausschließlich auf der Personalstruktur. Sie böten deshalb kein
Einsparpotential, beinhalteten aber - zB bei Nichterreichen des kalkulierten Auslastungsgrades - ein größeres Risiko. Dem
Angebot der Kläger liege dagegen ein unrealistischer, kalkulatorischer Auslastungsgrad von 98 % zugrunde, der in der Praxis
regelmäßig nicht erreicht werde und dadurch Verluste bewirke. Dies sei durch einen höheren Gewinnzuschlag auszugleichen. Aufgrund
der zahlreichen gesetzlichen Verpflichtungen und weitreichenden Kontrollen (zB zur Leistungsqualität und zur Hygiene, einschließlich
des strengen Sanktionsregimes bis hin zur Schließungsmöglichkeit) seien die unternehmerischen Risiken von Pflegeeinrichtungen
regelmäßig höher als die der meisten anderen Unternehmen in der deutschen Wirtschaft. Die vom LSG für erforderlich gehaltene
Einholung von Sachverständigengutachten zur Bewertung von üblichen unternehmerischen Risiken sei unnötig, aus Kosten- sowie
aus Zeitgründen unverhältnismäßig und komme daher nur in Betracht, wenn besonders hohe oder besonders niedrige unternehmerische
Risiken dargelegt würden. Letzteres sei hier nicht der Fall.
II
A) Die allein von der beklagten Schiedsstelle - nicht (auch) von der beigeladenen Trägerin des betroffenen Pflegeheims - erhobene
Revision ist zulässig.
Die Beklagte ist schon aufgrund ihrer formellen Beschwer durch das ihren Anträgen nicht folgende Urteil des LSG rechtmittelbefugt
(vgl allgemein zB BSGE 86, 126, 129 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 289 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 130b Nr 2 RdNr 13; BSGE 126, 149 = SozR 4-2500 § 130b Nr 1, RdNr 16). Die Klage gegen einen Schiedsspruch nach §
85 Abs
5 iVm §
76 SGB XI ist gegen die ihn erlassende Schiedsstelle zu richten, die nach §
70 Nr 4
SGG beteiligtenfähig ist. Die Beklagte kann geltend machen, durch das ihren Schiedsspruch aufhebende Urteil des LSG und die Verpflichtung
zur erneuten Entscheidung in ihren Rechten verletzt zu sein.
B) Die Revision der Beklagten ist aber unbegründet. Das LSG hat ihren Schiedsspruch vom 3.12.2015 betreffend die Pflegesätze
und Entgelte in dem von der Beigeladenen betriebenen Pflegeheim im Zeitraum vom 1.9.2015 bis 30.6.2016 zu Recht aufgehoben
und sie zur erneuten Entscheidung über die Schiedsanträge verpflichtet. Hierbei hat die Beklagte die Rechtsauffassung des
erkennenden Senats zu beachten.
1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigenden Sachurteilsvoraussetzungen der Klage gegen den Schiedsspruch
der Beklagten vom 3.12.2015 sind erfüllt. Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage iS des §
54 Abs
1 SGG statthaft und zulässig. Der Schiedsspruch ist ein Verwaltungsakt, der von der Schiedsstelle als Behörde iS von § 1 Abs 2 SGB X erlassen wurde (stRspr, vgl zuletzt BSGE 122, 248 = SozR 4-3300 § 76 Nr 1, RdNr 16). Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§
78 Abs
1 Satz 2 Nr
1 SGG iVm §
85 Abs
5 Satz 4
SGB XI). Die Kläger zu 1. und 8. sind als (Mit-)Adressaten des Schiedsspruchs klagebefugt. Die erstinstanzliche Zuständigkeit des
LSG folgt aus §
29 Abs
2 Nr
1 SGG.
Einer notwendigen Beiladung der Heimbewohner bzw deren nach landesrechtlichen Vorschriften einzurichtender Interessenvertretung
oder sonstiger (weiterer) vom Schiedsspruch betroffener Kostenträger nach §
75 Abs
2 SGG bedurfte es trotz der unmittelbaren Verbindlichkeit des Schiedsspruchs auch für Drittbetroffene (vgl §
85 Abs
6 Satz 1 Halbsatz 2
SGB XI) nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats werden die Interessen der Pflegebedürftigen sowie der nach §
85 Abs
2 SGB XI an einer Pflegesatzvereinbarung nicht zu beteiligenden sonstigen Kostenträger von den beteiligten Kostenträgern treuhänderisch
mit wahrgenommen, weshalb jedenfalls im Regelfall die Beiladung nicht notwendig iS von §
75 Abs
2 SGG ist (BSGE 87, 199, 201 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 17; BSGE 112, 1 = SozR 4-3300 § 115 Nr 1, RdNr 23).
2. Die Beklagte ist passivlegitimiert und war zur Festsetzung der Pflegesätze nach §
85 Abs
5 Satz 1, §
76 SGB XI sowie der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung nach §
87 Satz 1 und
3 Halbsatz 1, §
85 Abs
5 Satz 1, §
76 SGB XI (jeweils idF des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes - PflegeWEG - vom 28.5.2008, BGBl I 874, [so auch im Folgenden, soweit
nicht anders gekennzeichnet]) sachlich zuständig. Die beigeladene Trägerin der betroffenen Pflegeeinrichtung durfte die beklagte
Schiedsstelle anrufen, da seit Aufnahme der Vertragsverhandlungen die Frist von sechs Wochen (§
85 Abs
5 Satz 1
SGB XI) abgelaufen war. Ein endgültiges Scheitern der Vertragsverhandlungen oder ein Mindestmaß an Verhandlungsbereitschaft fordert
das Gesetz nicht.
3. Der Schiedsspruch der Beklagten ist aber gleichwohl rechtswidrig und war daher aufzuheben: Ausgehend von den für die gerichtliche
Überprüfung von Schiedssprüchen geltenden Rechtmäßigkeitsmaßstäben (dazu im Folgenden a) ergibt sich, dass die Beklagte in
ihrem Schiedsspruch in mehrfacher Hinsicht zwingendes, für die soziale Pflegeversicherung geltendes Gesetzesrecht nicht hinreichend
beachtete; denn er erging unter Verletzung von Verfahrensrecht einschließlich nicht hinreichender Sachverhaltsermittlungen
und überschreitet auch materiellrechtlich die gesetzlich vorgegebenen Grenzen des Beurteilungsrahmens; der Schiedsspruch leidet
daran, dass beim Festsetzungs- und Schiedsverfahren die einzuholende Stellungnahme der heimrechtlichen Interessenvertretung
des Pflegeheims nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt wurde (dazu im Folgenden b). Rechtsfehlerhaft ist des Weiteren
der Ansatz der beklagten Schiedsstelle, sich für berechtigt zu halten, eine Gewinnmarge zugunsten der Beigeladenen unabhängig
von deren eigenen (internen) Gestehungskosten und von einem (externen) Vergleich mit vergleichbaren Pflegeeinrichtungen festzusetzen;
hierin liegt eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums und eine Verkennung der eigenen Amtsermittlungspflicht (dazu c).
Die Beklagte überschritt ebenfalls ihren Beurteilungsspielraum bei der gemessen am Gesamtumsatz pauschal mit 4% - angelehnt
an §
44 SGB I - vorgenommenen Bemessung der der Beigeladenen zuerkannten Gewinnmöglichkeiten ("Risiko- bzw Gewinnzuschlag") (dazu d). Die
Beklagte berücksichtigte schließlich ebenfalls nicht, dass das Gesetz unterschiedliche Vorgaben für die Bemessung der Pflegesätze
einerseits und der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung andererseits enthält (dazu e). Schließlich mangelt es an hinreichenden
Erwägungen der Beklagten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der durch Schiedsspruch zustande gekommenen neuen Vergütungsvereinbarung
(dazu f). All dies führt zur Zurückweisung der Revision der Beklagten und zur Bestätigung des der Klage stattgebenden LSG-Urteils
mit der Maßgabe, dass die Beklagte bei einem - im Falle fortbestehender fehlender Einigungsbereitschaft der Klägerseite und
der Beigeladenen - erforderlich werdenden neuen Schiedsspruch die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.
a) Einer paritätisch und sachkundig besetzten Schiedsstelle kommt - nach ständiger Rechtsprechung aller mit Schiedsverfahren
befassten Senate des BSG - bei ihrer Entscheidungsfindung grundsätzlich ein weitreichender Beurteilungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten
gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist (vgl zB BSGE 122, 248 = SozR 4-3300 § 76 Nr 1, RdNr 29 mwN [Schiedsstelle nach § 76 SGB XI]; BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 §
120 Nr
4, RdNr
26 [Schiedsstelle nach §
120 Abs
4 SGB V iVm § 18a KHG]; BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 10 RdNr 18 [Schiedsstelle nach § 114 SGB V]; BSGE 116, 227 = SozR 4-3500 § 77 Nr 1, RdNr 9, 14 und BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 2 RdNr 12 [jeweils Schiedsstelle nach § 77 SGB XII]; BSGE 126, 149 = SozR 4-2500 § 130b Nr 1, RdNr 22, 39 und BSG SozR 4-2500 § 130b Nr 2 RdNr 32 [Schiedsstelle nach § 130b SGB V]). Deshalb dürfen die Landessozialgerichte - auch wenn sie den Schiedsspruch wegen Rechtswidrigkeit aufheben - die
Pflegesätze und Entgelte in der Regel nicht selbst festsetzen, sondern haben die Sache an die Schiedsstelle zur Herbeiführung
eines rechtmäßigen neuen Schiedsspruchs zurückzugeben. Trotz ihres weitreichenden Beurteilungsspielraums hat die Schiedsstelle
zwingendes Gesetzesrecht verfahrensrechtlicher und auch materiell-rechtlicher Art zu beachten. Der Schiedsspruch muss in einem
fairen Verfahren auf der Basis eines hinreichend ermittelten Sachverhalts ergehen und sich innerhalb der Grenzen des Beurteilungsspielraums
halten (stRspr vgl insbesondere BSGE 122, 248 = SozR 4-3300 § 76 Nr 1, RdNr 30 mwN). Die Grenzen des Beurteilungsspielraums ergeben sich aus den jeweiligen spezialgesetzlichen
Vorgaben. In Bezug auf die Darlegungstiefe reicht es insoweit regelmäßig aus, dass die maßgebenden Gründe des Schiedsspruchs
wenigstens andeutungsweise erkennbar sind und dass er Sachverhalt, Verfahrensablauf, Anträge und Erwägungen der Schiedsstelle
sowie die dafür maßgebenden normativen Kriterien einschließlich ihrer Gewichtung enthält (vgl zB zuletzt Senatsurteile vom
4.7.2018 - B 3 KR 20/17 R, BSGE 126, 149 = SozR 4-2500 § 130b Nr 1, RdNr 55 und B 3 KR 21/17 R, SozR 4-2500 § 130b Nr 2 RdNr 41 f [jeweils Erstattungsbetrag der Krankenkassen für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen und
Zusatznutzen]; BSG [6. Senat] BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11; kritisch mit Blick auf Rspr des BVerwG zum Krankenhausfinanzierungsrecht Bieback jurisPR-SozR 8/2019 Anm 1
unter C).
b) Gegen zwingende verfahrensrechtliche Vorgaben verstößt der angefochtene Schiedsspruch, weil die Beklagte bereits gar nicht
geprüft und positiv festgestellt, sondern es für entbehrlich gehalten hat, ob die Beigeladene eine schriftliche Stellungnahme
der nach heimrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Interessenvertretung der Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims eingeholt
und - wie nach §
85 Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB XI erforderlich - ihren Unterlagen beigefügt hatte. Die Beklagte legte eine ggf eingeholte Stellungnahme jedenfalls ihrer Entscheidung
nicht zugrunde, weder bei der Festsetzung der Pflegesätze noch bei den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung; für letztere
verweist §
87 Satz 3
SGB XI ausdrücklich auch auf die entsprechende Geltung von §
85 SGB XI. Im Schiedsspruch wird hierzu demgegenüber rechtsirrig sogar ausdrücklich ausgeführt, dass es für die Ermittlung der Pflegesätze
und der Entgelte gar nicht relevant sei, ob der Heimbeirat oder die Bewohner der Einrichtung ordnungsgemäß über die angestrebte
Erhöhung informiert worden seien. Das ist mit §
85 Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB XI nicht vereinbar.
Nach dieser Vorschrift hat das Pflegeheim den für die Vergütungsforderung darzulegenden Nachweisen "die schriftliche Stellungnahme
der nach heimrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Interessenvertretung der Bewohnerinnen und Bewohner beizufügen". Danach
muss der Interessenvertretung der Heimbewohner/innen die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme zu der Forderung nach
Erhöhung der Pflegesätze und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung eingeräumt werden und zwar grundsätzlich schon vor Beginn
der Pflegesatzverhandlungen (in diesem Sinne auch: Plantholz/Bahnsen, RsDE 71 [2010], S 1, 30, mit Ausführungen zur zivilrechtlichen
Rechtslage bei Entgelterhöhungen). Die Stellungnahme ist zwingend in die Abwägung bei der Festsetzung dieser Vergütungen einzubeziehen.
Sowohl aus dem Wortlaut des §
85 Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB XI als auch aus seiner Entstehungsgeschichte ergibt sich, dass der Interessenvertretung der Pflegeheimbewohner/innen die Möglichkeit
zur schriftlichen Stellungnahme schon durch diese bundesrechtliche Vorschrift selbst eingeräumt wird und die Vorschrift nicht
nur für den Fall einer landesrechtlich vorgesehenen Stellungnahmemöglichkeit gilt. Denn die in der Norm enthaltene Verweisung
auf das Landesheimrecht bezieht sich nach dem Wortlaut ausschließlich auf die Interessenvertretung der Heimbewohner/innen
als solche, dh auf deren Bildung und Zusammensetzung, nicht dagegen auf die Stellungnahmemöglichkeit selbst. Eine solche wird
in der bundesrechtlichen Vorschrift vielmehr - unabhängig von der jeweiligen Ausgestaltung des Landesheimrechts im Detail
- vorausgesetzt.
Die genannte Vorschrift geht auf das Gesetz zur Qualitätssicherung und zur Stärkung des Verbraucherschutzes in der Pflege
vom 9.9.2001 (BGBl I 2320; PQsG) zurück und nahm in der ursprünglichen Fassung auf § 7 Abs 4 des (bundesrechtlichen)
Heimgesetzes (Neubekanntmachung vom 5.11.2001, BGBl I 2970, zuletzt idF des Gesetzes vom 27.12.2003, BGBl I 3302) Bezug. Danach war dem
Heimbeirat oder dem Fürsprecher eines Heimes Gelegenheit für eine schriftliche Stellungnahme zu einem Entgelterhöhungsverlangen
des Heimträgers einzuräumen. Mit dem Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (vom 28.5.2008, BGBl
I 874; PflegeWEG) erhielt die Vorschrift mit Wirkung zum 1.7.2008 ihre heutige Gestalt. Ausweislich der Gesetzesbegründung
(Gesetzentwurf der Bundesregierung zum vorgenannten Gesetz, BT-Drucks 16/7439 S 72, zu Nr 51, zu Buchst b, Doppelbuchst aa)
war damit ausdrücklich keine inhaltliche Änderung gegenüber der zuvor geltenden Rechtslage beabsichtigt. Es handelte sich
vielmehr lediglich um eine redaktionelle Anpassung, die als Folge der Föderalismusreform notwendig wurde, kraft derer gemäß
Art
74 Abs
1 Nr
7 GG das öffentlich-rechtliche Heimrecht zum 1.9.2006 in die Zuständigkeit der Länder überging. Die bundesrechtlich vorgesehenen
Beteiligungsrechte der Interessenvertretung sollten demnach nicht eingeschränkt oder unter einen landesrechtlichen Vorbehalt
gestellt werden.
Ohne die vorgenommene gesetzlich vorgesehene Partizipation der von den Auswirkungen der Entgelt- und Vergütungsfestsetzungen
in erster Linie betroffenen Heimbewohner/innen basiert der hier angefochtene Schiedsspruch weder auf einem den gesetzlichen
Anforderungen entsprechenden Verfahren noch auf einem hinreichend ermittelten Sachverhalt, weshalb der Schiedsspruch auch
inhaltlich nicht auf der nach dem Gesetz heranzuziehenden Beurteilungsgrundlage beruht. Die besondere materiell-rechtliche
Bedeutung der Beteiligung der Interessenvertretung der Pflegeheimbewohner/innen erschließt sich vor allem vor dem Hintergrund,
dass dies die einzige Mitwirkungsmöglichkeit derjenigen ist, die letztlich von den ausgehandelten bzw von der Schiedsstelle
festgesetzten Preisen für Pflegeleistungen, Unterkunft und Verpflegung direkt betroffen sind. Denn nach §
85 Abs
6 Satz 1 Halbsatz 2
SGB XI sind die festgesetzten Vergütungen auch "für die in dem Heim versorgten Pflegebedürftigen und deren Kostenträger unmittelbar
verbindlich". Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass die Pflegebedürftigen zum einen die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung
in voller Höhe selbst tragen (vgl §
4 Abs
2 Satz 2 am Ende
SGB XI), und zum anderen trotz des Umstandes, dass gerade die Pflegebedürftigen maßgebend an der Tragung der Kosten für Pflegeleistungen,
Betreuung und ggf der medizinischen Behandlungspflege (zur Definition der Pflegesätze siehe §
84 Abs
1 Satz 1
SGB XI) beteiligt sind: Nach der gesetzlichen Konzeption des
SGB XI gewähren die Pflegekassen den Betroffenen die als Sachleistung konzipierte stationäre bzw teilstationäre Pflege grundsätzlich
nur in Form eines die Pflege teilfinanzierenden pauschalen Geldbetrags (vgl §
4 Abs 1 Satz 1 ["soweit es dieses Buch vorsieht"] und Abs
2 Satz 2
SGB XI ["werden ... von Aufwendungen entlastet"]). Dieser Betrag richtet sich nicht nach der Höhe der für die Sachleistung tatsächlich
anfallenden Kosten, sondern ist abhängig vom jeweils anerkannten Ausmaß der Pflegebedürftigkeit des Betroffenen, dh von der
bei ihm festgestellten Pflegestufe (vgl §
15 SGB XI idF des bis 31.12.2016 geltenden Rechts) bzw dem bei ihm festgestellten Pflegegrad (vgl §
15 SGB XI idF des seit 1.1.2017 geltenden Zweiten Pflegestärkungsgesetzes vom 21.12.2015, BGBl I 2424; PSG II; vgl im Einzelnen § 4
Abs 2 Satz 2, §
41 Abs
2, §
42 Abs
2, §
43 Abs
2, §
43a SGB XI; zum Ganzen näher zB Udsching in Udsching/Schütze,
SGB XI, 5. Aufl 2018, Einl RdNr 2 und §
4 RdNr 6, 7; Wiegand, ebenda, § 43 RdNr 3, 9; Schütze, ebenda, § 82 RdNr 8). Da dieser die Sachleistungsgewährung ermöglichende
Anspruch auf einen bestimmten geldlichen Gesamtwert gedeckelt ist, mithin - nach der Art einer Teilkasko-Versicherung - weder
kostendeckend sein soll noch bei eintretenden Kostensteigerungen einem (automatischen) Anpassungsmechanismus unterliegt, fallen
Pflegesatzerhöhungen in der Regel ausschließlich den Heimbewohner/innen zur Last bzw - soweit keine Kompensation durch eine
private Pflegezusatzversicherung eingreift (vgl §§
126 ff
SGB XI) - deren Angehörigen oder (bei Bedürftigkeit) dem Sozialhilfeträger. Nicht zuletzt diese Konzeption hat seit Einführung der
sozialen Pflegeversicherung dazu geführt, dass gerade die von den Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen neben den
begrenzten Leistungen der Pflegeversicherung aufzubringenden Eigenanteile im Zeitablauf massiv gestiegen sind, auch in dem
im vorliegenden Rechtsstreit betroffenen Bundesland Nordrhein-Westfalen (vgl zu allem nur zB Schmergal, "Sozialfall über Nacht",
DER SPIEGEL Nr 34 vom 17.8.2019, S 33 f; spiegel online vom 24.9.2019 [recherchiert am selben Tag]: https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/pflege-eigenanteil-von-heimbewohnern-steigt-auf-1930-euro-pro-monat-a-1288275.html).
Die Mitwirkung der von den Auswirkungen der Entscheidung über die Höhe der Pflegesätze und Entgelte in erster Linie betroffenen
Personen hat aber auch für die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsetzung durch nur auf untergesetzlicher Ebene tätige Institutionen
besondere Bedeutung (vgl zur fehlenden hinreichenden Legitimation von Rechtsetzungsakten gegenüber Dritten, deren Angelegenheiten
dadurch "mit hoher Intensität" geregelt werden, ohne dass die Drittbetroffenen daran selbst mitwirken können BVerfGE 140,
229 RdNr 22 [kraft verbindlichen Richtlinienrechts des Gemeinsamen Bundesausschusses in der gesetzlichen Krankenversicherung
nicht verordnungsfähige Medizinprodukte]). Den gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsbefugnissen der Interessvertretung der Heimbewohner/innen
kommt auch nicht etwa deshalb nur - wie die Beklagte in ihrem Schiedsspruch meint - geringes Gewicht zu, weil diese bei den
Vergütungsverhandlungen und am Schiedsverfahren nicht selbst mitwirken. Zwar werden die Interessen der Heimbewohner/innen
von den beteiligten Kostenträgern treuhänderisch mit wahrgenommen (vgl BSGE 87, 199, 201 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 15; BSGE 112, 1 = SozR 4-3300 § 115 Nr 1, RdNr 23). Diese Interessenwahrnehmung durch die - selbst nicht in erster Linie von einer Vergütungs-
bzw Entgelterhöhung betroffenen - Pflegekassen ist allerdings nicht in jeder Hinsicht geeignet, die fehlende vorgeschriebene
Mitwirkung einer gewählten Interessenvertretung funktionell und rechtlich zu kompensieren. Funktionell kann die Interessenvertretung
der Heimbewohner/innen in die Verhandlungen und das Schiedsverfahren nämlich eine Binnenperspektive und eine spezifische Interessenlage
einbringen, welche den als Vertragsparteien nach §
85 Abs
2 SGB XI einbezogenen Kostenträgern nicht immer in gleicher Weise präsent und geläufig sein muss. Die Interessenvertretung bewertet
die konkreten Zustände und Angebote in dem Pflegeheim, über dessen Kostenansätze verhandelt wird, und die Interessen der betroffenen
Bewohner/innen typischerweise vor einem ganz anderen Hintergrund als die Kostenträger: Die - im Streitfall über Leistungen
als Anspruchs- und Klagegegner der Pflegebedürftigen auftretenden (und daher oftmals gerade nicht "im selben Lager" wie die
Pflegebedürftigen stehenden) - Pflegekassen unterliegen der Gefahr, wegen ihrer ohnehin finanziell gedeckelten Aufwendungen
möglicherweise nur aus einer eher begrenzten, eigene Belange in den Vordergrund stellenden institutionellen Perspektive heraus
zu agieren (zB Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität nach §
84 Abs
2 Satz 7 [aktuell Satz 8]
SGB XI); der Blick der auf der Kostenträgerseite nur subsidiär einstandspflichtigen Sozialhilfeträger könnte demgegenüber eher auf
ihr eigenes fiskalisches Interesse und weniger auf das Ausmaß der Belastung der primär kostentragungspflichtig bleibenden
Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen gerichtet sein.
c) Bezogen auf die inhaltlichen Festlegungen ist bereits der Ansatz der beklagten Schiedsstelle, eine Gewinnmarge zugunsten
der Beigeladenen völlig losgelöst sowohl von den kalkulierten Gestehungskosten als auch von einem externen Vergleich festzusetzen,
offenkundig mit dem Gesetz nicht vereinbar. Damit überschritt die Beklagte sowohl ihren Beurteilungsspielraum als auch verkannte
sie den Umfang ihrer Amtsermittlungspflicht.
aa) Nach den gesetzlichen Vorgaben müssen die Pflegesätze leistungsgerecht sein (§
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI idF des Ersten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften - Erstes Pflegestärkungsgesetz
- PSG I, vom 17.12.2014, BGBl I 2222, im Folgenden wird auf diese Fassung Bezug genommen), und sie müssen es dem Pflegeheim
bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen
(§
84 Abs
2 Satz 4
SGB XI). Überschüsse verbleiben dem Pflegeheim; Verluste sind von ihm zu tragen. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität ist zu
beachten. Bei der Bemessung der Pflegesätze einer Pflegeeinrichtung können die Pflegesätze derjenigen Pflegeeinrichtungen,
die nach Art und Größe sowie hinsichtlich der in §
84 Abs
5 SGB XI genannten Leistungs- und Qualitätsmerkmale im Wesentlichen gleichartig sind, angemessen berücksichtigt werden (§
84 Abs
2 Satz 6 bis 8
SGB XI). Im Pflegesatzverfahren hat das Pflegeheim Art, Inhalt, Umfang und Kosten der Leistungen, für die es eine Vergütung beansprucht,
durch Pflegedokumentationen und andere geeignete Nachweise rechtzeitig vor Beginn der Pflegesatzverhandlungen darzulegen und
- soweit dies zur Beurteilung seiner Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit im Einzelfall erforderlich ist - auf Verlangen
einer Vertragspartei zusätzliche Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen (§
85 Abs
3 Satz 2 und
3 SGB XI idF des PflegeWEG vom 28.5.2008, BGBl I 874).
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl grundlegend BSGE 102, 227 = SozR 4-3300 § 85 Nr 1, RdNr 22 ff; dazu zB Hänlein, Externer Vergleich und ortsübliche Vergütung in der stationären Pflege,
Freiburg im Breisgau, 2010; zuletzt BSGE 113, 258 = SozR 4-3300 § 85 Nr 4, RdNr 14 mwN) sind auf der Basis der vorgenannten Vorschriften Pflegesatzverhandlungen und eventuell
nachfolgende Schiedsstellenverfahren grundsätzlich nach einem zweigliedrigen Prüfschema durchzuführen: In einem ersten Schritt
ist Grundlage der Verhandlungen über Pflegesätze und Entgelte die Abschätzung der voraussichtlichen Kosten der in der Einrichtung
erbrachten Leistungen nach §
85 Abs
3 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3
SGB XI ("Prognose der künftigen Aufwendungen der Einrichtung"). Daran schließt sich dann in einem zweiten Schritt die Prüfung der
Leistungsgerechtigkeit nach §
84 Abs
2 Satz 1,
4 und
6 bis
8 SGB XI an. Maßgebend hierfür sind die Kostenansätze vergleichbarer Leistungen in anderen Einrichtungen (sog "externer Vergleich").
Daraus folgend sind Pflegesätze und Entgelte dann leistungsgerecht iS von §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI, wenn 1. die voraussichtlichen Gestehungskosten der Einrichtung nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden, und wenn
sie 2. in einer angemessenen und nachprüfbaren Relation zu den Sätzen anderer vergleichbarer Einrichtungen stehen. Geltend
gemachte Pflegesätze und Entgelte sind dann nicht angemessen, wenn Kostenansätze und erwartete Kostensteigerungen nicht plausibel
erklärt werden können oder die begehrten Sätze im Verhältnis zu anderen Pflegeeinrichtungen unangemessen sind. Plausibel sind
die begehrten Pflegesätze grundsätzlich dann, wenn sie bei wirtschaftlicher Betriebsführung die voraussichtlichen Gestehungskosten
der Einrichtung unter Zuschlag einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos und eines etwaigen zusätzlichen persönlichen
Arbeitseinsatzes sowie einer angemessenen Verzinsung ihres Eigenkapitals decken (vgl zuletzt BSGE 113, 258 = SozR 4-3300 § 85 Nr 4, RdNr 14, 26).
cc) Die Beklagte hat hier schon auf der ersten Stufe keine hinreichende Angemessenheitsprüfung der von der Beigeladenen dargelegten
prospektiven Gestehungskosten vorgenommen.
Der Senat kann schon der Prämisse der beklagten Schiedsstelle nicht folgen, dass die von der Beigeladenen dargelegten prospektiv
kalkulierten Gestehungskosten ohne den gesondert geforderten Gewinnzuschlag quasi "gesetzt" bzw "unabänderlich" seien und
keinen Spielraum für Gewinne ließen, weil die Kostenträger solche Gewinnmöglichkeiten nicht konkret aufgezeigt hätten. Dies
verkennt, dass es sich insoweit nicht um eine "Tatsachenfrage" handelt, die ggf zwischen zwei Beteiligten mit gegensätzlichen
Interessen quasi "unstreitig" gestellt werden könnte. Zutreffend ist vielmehr, dass es dabei um entscheidende Bewertungen
geht, die von der Schiedsstelle als sachkundig und paritätisch besetztes Gremium in eigener Verantwortung und auch mit Blick
auf unmittelbar mitbetroffene Dritte vorzunehmen sind. All das ist nicht nur deshalb der Fall, weil es sich um eine Prognose
handelt, die regelmäßig Raum für Wertungen lässt. Die Schiedsstelle muss sich vielmehr auch von der Plausibilität und der
Nachvollziehbarkeit der prospektiv dargelegten Kostenkalkulation ein eigenes Bild machen und mindestens die wesentlichen Eckpunkte
der Kostenstruktur der Einrichtung einer wertenden Betrachtung im Hinblick auf Gewinnmöglichkeiten unterziehen. Der Senat
hat in dieser Hinsicht bereits in seinem Urteil vom 29.1.2009 - B 3 P 7/08 R (BSGE 102, 227 = SozR 4-3300 § 85 Nr 1, RdNr 25) ausgeführt, dass aus den dargelegten voraussichtlichen Gestehungskosten die Kostenstruktur
des Pflegeheims erkennbar und seine Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit im Einzelfall beurteilbar sein muss. Das impliziert
entsprechende Prüf- und Bewertungspflichten insbesondere in Bezug auf Möglichkeiten, Gewinne zu erzielen. Dass auch plausibel
und nachvollziehbar dargelegte Gestehungskosten im Einzelfall bereits unterschiedliche Gewinnmöglichkeiten enthalten können,
macht in gleicher Weise auch das Senatsurteil vom 16.5.2013 - B 3 P 2/12 R (BSGE 113, 258 = SozR 4-3300 § 85 Nr 4, RdNr 19) deutlich, nach dem ein externer Vergleich zur Beurteilung der Leistungsgerechtigkeit einer
Vergütungsforderung auch in Bezug auf die mit den Gestehungskosten geltend gemachte Zahlung von Tariflöhnen erforderlich ist.
Des Weiteren kann es keinem Zweifel unterliegen, dass auch im Rahmen von Gestehungskosten, die für sich betrachtet nicht unwirtschaftlich
sind, unterschiedliche Gewinnmöglichkeiten enthalten sein können: So wird nach dem Vorbringen der Beteiligten in Nordrhein-Westfalen
grundsätzlich - unabhängig vom tatsächlich in der Vergangenheit erreichten Auslastungsgrad der Einrichtung - mit einem Auslastungsgrad
von 98 % für vollstationäre Einrichtungen kalkuliert. Erst die Betrachtung des tatsächlich in den zurückliegenden Jahren erreichten
Auslastungsgrades der Einrichtung kann aber Aufschluss darüber geben, ob dieser Punkt im Folgejahr wahrscheinlich eher positiv
zu Buche schlagen wird, weil die kalkulierten 98 % regelmäßig übertroffen werden oder ob die angesetzten 98 % wahrscheinlich
nicht erreicht werden können (was dann negativ zu verbuchen wäre). Es ist gerade Aufgabe der Schiedsstelle, sich mit solchen
einrichtungsspezifischen Unterschieden zu befassen und dabei nach ihrem Ermessen ggf auch zu berücksichtigen, ob eine Einrichtung
den durchschnittlichen Auslastungsgrad wegen eines hinreichenden anderweitigen Versorgungsangebots voraussichtlich nicht erreicht
oder ob diese Einrichtung zur Vorhaltung ausreichender Pflegeplätze für die betroffene örtliche Versorgungsinfrastruktur von
besonderer Bedeutung ist. Auch andere Kostenpunkte bieten durchaus mehr oder weniger Spielraum für das Einpreisen von Gewinnen.
Denn es macht einen wesentlichen Unterschied aus, ob eine Einrichtung alle Leistungen mit eigenem Personal erbringt oder ob
große Leistungspakete im Wege eines Outsourcing extern vergeben und bei anderen Unternehmen "einkauft" werden, welche in die
Preise bereits ihrerseits eine Gewinnspanne einkalkulieren. Ein wesentlicher Eckpunkt für die Beurteilung der Angemessenheit
der geforderten Vergütung dürfte regelmäßig auch die Höhe eines oder mehrerer Geschäftsführerentgelte und -nebenleistungen
(zB Dienstwagenregelungen, Bonus- und Freistellungsregelungen, der Geschäftsführung zuarbeitender Personalkörper, uÄ) sein,
durch welche mehr oder weniger große Teile der Gewinne bereits "abgeschöpft" werden können. Daneben lassen aber regelmäßig
auch noch andere sich auf die Kostenhöhe auswirkende Faktoren erkennen, ob die zukünftigen Kosten von einer Einrichtung eher
großzügig kalkuliert wurden, selbst wenn die Schwelle zur Unwirtschaftlichkeit dabei noch nicht überschritten wurde. Auch
die in den Vorjahren tatsächlich erzielte Gewinne bzw Verluste können - bei entsprechend plausiblen Nachweisen - die Basis
für eine Bewertung weiterer Gewinnmöglichkeiten sein. Das Pflegeheim hat deshalb nach §
85 Abs
3 Satz 2
SGB XI rechtzeitig vor Beginn der Pflegesatzverhandlungen geeignete Nachweise darzulegen und - soweit dies zur Beurteilung seiner
Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit im Einzelfall erforderlich ist - nach §
85 Abs
3 Satz 3
SGB XI ggf zusätzliche Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, einschließlich pflegesatzerheblicher Angaben zum Jahresabschluss
nach §
85 Abs
3 Satz 4
SGB XI. Diese Vorschriften gelten auch, wenn die grundsätzlich geeigneten Nachweise im Rahmenvertrag nach §
75 Abs
2 SGB XI oder in einer Rahmenvereinbarung nach §
86 Abs
3 SGB XI näher konkretisiert sind. Nur für Pflegeheime, die nach §
86 Abs
2 SGB XI der Vereinbarung einheitlicher Pflegesätze für die gleichen Leistungen durch die auf Landesebene zu bildende Pflegesatzkommission
zustimmen, treten einrichtungsindividuelle Gegebenheiten in den Hintergrund. In diesem Fall können Gewinnmöglichkeiten auch
stärker pauschaliert werden.
dd) Den zweiten Prüfungsschritt - die vergleichende Bewertung mit anderen Einrichtungen - hat die beklagte Schiedsstelle ebenfalls
bewusst nicht vorgenommen, weil die Angemessenheit der von der Beigeladenen geforderten Pflegesätze und Entgelte bis auf die
Gewinnmarge "unstreitig" sei. Auch hier gilt allerdings, dass die Beurteilung der Angemessenheit der geforderten Pflegesätze
keine "Tatsache" ist, die zwischen den Vertragsparteien unstreitig gestellt werden könnte. Soweit der Pflegesatz nicht durch
eine Einigung der Vertragsparteien festgesetzt wird, ist die Angemessenheitsprüfung der geforderten Vergütung sowohl nach
der ersten Prüfungsstufe als auch anhand des externen Vergleichs in vollem Umfang Aufgabe der Schiedsstelle, die diese grundsätzlich
in eigener Verantwortung und unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes (vgl hierzu näher unten ee) durchzuführen
hat.
Nicht unbeachtet bleiben darf bei alledem, dass die Pflegevergütung insgesamt, dh einschließlich der einzupreisenden Gewinnmöglichkeiten,
dem Gebot der Leistungsgerechtigkeit unterliegt (§
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI), die anhand der beiden Prüfungsschritte zu bemessen ist. Insbesondere dann, wenn die Schiedsstelle in den prospektiv kalkulierten
Gestehungskosten keine hinreichenden Möglichkeiten zur Erzielung von Gewinnen sieht und eine gesonderte Gewinnmarge ansetzen
möchte, lässt sich deren Angemessenheit ohne den Vergleich mit anderen Einrichtungen nicht beurteilen. Erst dieser externe
Vergleich bietet eine Orientierung an den Marktpreisen und bindet die geforderten Pflegesätze in eine Gesamtbetrachtung ein,
die eine abschließende Bewertung der Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu anderen Pflegeeinrichtungen ermöglicht (so bereits
BSGE 113, 258 = SozR 4-3300 § 85 Nr 4, RdNr 23). Die Erforderlichkeit einer solchen Wirtschaftlichkeitsprüfung ist in §
84 Abs
2 Satz 4 und 8
SGB XI ausdrücklich gesetzlich vorgesehen. Ohne externen Vergleich lässt sich nicht ermessen, ob die geforderten Pflegesätze über
die günstigsten Eckwerte vergleichbarer Einrichtungen hinausreichen oder nicht bzw ob sie sich gerade noch im unteren Drittel
vergleichbarer Pflegevergütungen halten bzw ob, in welcher Höhe und aus welchen Gründen sie ggf darüber hinausgehen (BSGE
102, 227 = SozR 4-3300 § 85 Nr 1, RdNr 19 ff, insbes 32 ff; BSGE 113, 258 = SozR 4-3300 § 85 Nr 4, RdNr 18 ff, insbes 23). Dabei ist auch das Leistungsangebot der Einrichtung mit dem anderer Einrichtungen
zu vergleichen. Außerdem können einrichtungsindividuelle Besonderheiten aufgrund von Lage, Größe oder Ausrichtung der Einrichtung
betrachtet und bei der Angemessenheitsbewertung berücksichtigt werden. Jedenfalls lässt sich aber erst in Kenntnis dieser
Bezugskategorien im Vergleich mit anderen Einrichtungen überhaupt beurteilen, ob und in welcher Höhe ein am Umsatz bemessener
Gewinnzuschlag leistungsgerecht sein kann.
ee) Für beide genannten Prüfungsschritte unterliegt eine Schiedsstelle wie die Beklagte grundsätzlich der Amtsermittlungspflicht
nach § 20 SGB X (vgl hierzu ausführlich BSGE 122, 248 = SozR 4-3300 § 76 Nr 1, RdNr 44 f; zu - für die Pflegeversicherung nicht einschlägigen - bereichsspezifischen Ausnahmen in einem anderen Sozialleistungsbereich
vgl zB Senatsurteil vom 28.3.2019 - B 3 KR 2/18 R, Leitsatz 2 und juris RdNr 52 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 130b Nr 3 vorgesehen [Arzneimittel-Nutzenbewertung]).
Dem ist die Beklagte nicht hinreichend nachgekommen.
Die Beklagte durfte die Kostenansätze nicht nur wegen der von ihr in eigener Verantwortung vorzunehmenden Bewertung ihrer
Angemessenheit nicht unbesehen als "unstreitig" hinnehmen, nur weil die unmittelbaren Beteiligten des Schiedsverfahrens insoweit
keine Einwendungen erhoben hatten. Vielmehr ist - trotz der Mitwirkungspflichten der Beteiligten - der Amtsermittlungsgrundsatz
im Schiedsstellenverfahren nach §
76, §
85 Abs
5 SGB XI näherliegend als der Beibringungsgrundsatz. Dies nicht nur deshalb, weil die Schiedsstelle Behörde iS von § 1 Abs 2 SGB X ist und mit dem Schiedsspruch einen Verwaltungsakt erlässt. Vielmehr kommt dem Amtsermittlungsgrundsatz für Schiedssprüche
zur Festsetzung von Pflegesätzen und Entgelten für Unterkunft und Verpflegung auch deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil
die letztlich von den Vergütungserhöhungen betroffenen, in dem Heim versorgten Pflegebedürftigen nicht selbst Vertragspartei
sind und lediglich über eine einzuholende schriftliche Stellungnahme ihrer Interessenvertretung nach §
85 Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB XI am Pflegesatzverfahren beteiligt werden. Die Pflegebedürftigen haben daher selbst nicht die Möglichkeit, im Pflegesatzverfahren
noch einmal gezielt ihre Einwände gegen dargelegte Kostenansätze zu erheben. Fehlende Einwände oder Prüfungen der als Vertragsparteien
am Verfahren beteiligten Kostenträger dürfen sich daher weder zum Nachteil der Heimbewohner/innen noch zum Nachteil der am
Verfahren nicht beteiligten Kostenträger auswirken (so bereits BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 68 zu dem Gesichtspunkt, dass die Nichtbeteiligten nicht "Opfer von Beweislastentscheidungen"
werden dürfen). Soweit eine Schiedsstelle einzelne Pflegesätze oder Entgelte durch einen konkret bezifferten Betrag festsetzt,
trägt sie die Gesamtverantwortung für deren Leistungsgerechtigkeit und Angemessenheit. Dazu hat sie die Plausibilität und
Nachvollziehbarkeit der prospektiv dargelegten Kostenkalkulation hinreichend zu prüfen und deren Angemessenheit im externen
Vergleich zu bewerten. Nur vor dem Hintergrund dieser verfahrensrechtlichen Pflichten der beteiligten Kostenträger und der
Schiedsstelle kann es gerechtfertigt sein, Pflegesätze und Entgelte für die Heimbewohner/innen verbindlich festzusetzen, ohne
sie - über die Möglichkeit einer Stellungnahme ihrer Interessenvertretung hinaus - am Verfahren zu beteiligen.
ff) Anders als das LSG offenbar meint, hat die Schiedsstelle dazu allerdings nicht regelmäßig ein Sachverständigengutachten
einzuholen. Vielmehr ist die Beurteilung der Leistungsgerechtigkeit der geforderten Pflegesätze sowie der Angemessenheit der
geltend gemachten Vergütung für Unterkunft und Verpflegung originäre Aufgabe der Schiedsstelle, die zu diesem Zweck paritätisch
und sachkundig besetzt ist. Auf die von Sachkunde getragene Besetzung der Schiedsstelle nehmen auf der einen Seite die betroffenen
Pflegekassen und auf der anderen Seite die Pflegeeinrichtungen auch selbst Einfluss, indem sie in gleicher Zahl Vertreter
entsenden (§
76 Abs
2 Satz 1 und
3 SGB XI). Soweit die Schiedsstelle die Wirtschaftlichkeit einzelner Punkte der Kostenansätze der Leistungserbringer aufgrund eigener
Sachkunde dennoch nicht zu beurteilen vermag, ist es ihr nicht verschlossen, hierzu einen Sachverständigen zu hören oder zu
Einzelfragen ein Gutachten einzuholen. Dabei wird sie insbesondere Zeit- und Kostenaspekte in ihre Erwägungen dazu einfließen
lassen. Dem Sachverständigen dürfen allerdings nicht die originär von der Schiedsstelle vorzunehmenden Bewertungen überlassen
werden. Die in einer Gesamtbetrachtung vorzunehmende abschließende Beurteilung der Leistungsgerechtigkeit der festgesetzten
Pflegesätze sowie die Angemessenheit der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung ist allein Aufgabe der Schiedsstelle selbst
und obliegt allein ihrem originären Verantwortungsbereich.
d) Die Beklagte überschritt auch bei der konkreten Bemessung der einem Pflegeheim grundsätzlich zuzuerkennenden Gewinnmöglichkeit
mit 4 % gemessen am Gesamtumsatz ihren Beurteilungsspielraum.
Zwar gehört die Kalkulation der Möglichkeit, mit der Pflegevergütung Gewinne zu erzielen, nach der Rechtsprechung des Senats
zum Beurteilungsspielraum der Schiedsstelle (vgl zB BSGE 113, 258 = SozR 4-3300 § 85 Nr 4, RdNr 25 ff; zur Berücksichtigung eines Gewinn- bzw Risikozuschlags vgl aus der Literatur zB: Iffland
RsDE 74 [2013], 1 ff; Friedrich/Herten/Neldner/Hoff/Uhlig/Plantholz, Unternehmerisches Wagnis in der stationären Pflege, Heidelberg,
2018, S 31 ff, auch mit Daten zur regional differenzierten Bemessung des unternehmerischen Wagnisses auf S 65 f [Tabelle 6];
Bieback SGb 2018, 321, 323 ff; ders SRa 2019, 99 ff; zum Recht der Kinder- und Jugendhilfe: Kepert ZFSH/SGB 2019, 428 ff); allerdings gibt das Gesetz dafür richtungsweisende Maßgaben vor, nach denen jedenfalls eine derartige pauschale Orientierung
an den Verzugszinsen für Sozialleistungsberechtigte rechtswidrig ist.
Nach §
84 Abs
2 Satz 6
SGB XI verbleiben Überschüsse beim Pflegeheim; Verluste sind von ihm zu tragen. Die Pflegesätze müssen einem Pflegeheim nach §
84 Abs
2 Satz 4
SGB XI bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen.
Schon diese Vorschriften lassen erkennen, dass es nicht um Gewinne gehen kann, die beispielsweise mit denjenigen bei Risikogeschäften
in der freien Marktwirtschaft vergleichbar wären. Im Vordergrund steht im vorliegend betroffenen Sozialleistungsbereich der
sozialen Pflegeversicherung die Sicherstellung der Versorgung von auf stationäre Pflege angewiesenen Pflegebedürftigen unter
Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes (ähnlich bereits BSGE 113, 258 = SozR 4-3300 § 85 Nr 4, RdNr
23). Der obligatorisch geltende Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ist in §
4 Abs
3 SGB XI an zentraler Stelle in den Einweisungsvorschriften zur Pflegeversicherung ausdrücklich normiert: Sowohl die Pflegekassen
als auch die Pflegeeinrichtungen und die Pflegebedürftigen haben darauf hinzuwirken, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich
erbracht werden. §
29 Abs
1 SGB XI konkretisiert dies ua dahin, dass Leistungen, die nicht wirksam oder nicht wirtschaftlich sind oder das Maß des Notwendigen
übersteigen, Pflegebedürftige nicht beanspruchen können, Pflegekassen nicht bewilligen und Leistungserbringer nicht zu Lasten
der sozialen Pflegeversicherung bewirken dürfen.
Daneben ist nach §
84 Abs
2 Satz 7
SGB XI der Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu beachten. Nach dem in §
70 Abs
1 SGB XI normierten Grundsatz der Beitragssatzstabilität stellen die Pflegekassen in den Verträgen mit den Leistungserbringern über
Art, Umfang und Vergütung der Leistungen sicher, dass ihre Leistungsausgaben die Beitragseinnahmen nicht überschreiten. Vereinbarungen
über die Höhe der Vergütungen, die dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität widersprechen, sind nach §
70 Abs
2 SGB XI unwirksam. Diese Vorschrift ist erkennbar dem in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Grundsatz der Beitragssatzstabilität
nach §
71 SGB V nachgebildet, nach dessen Abs
3 das Bundesministerium für Gesundheit jährlich die sogenannte Veränderungsrate feststellt, die in den hier relevanten Jahren
2015 bei 2,53 % und 2016 bei 2,95 % lag. Anders als bei den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung wirken sich Entgelterhöhungen
für Pflegeleistungen allerdings regelmäßig nicht auf die Leistungsausgaben der Pflegekassen aus, weil diese auf die gesetzlich
festgelegten Pauschalen beschränkt sind. Auch wenn deshalb Pflegesatzvereinbarungen kaum nach §
70 Abs
2 SGB XI unwirksam sein werden, darf die ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität
bei der Bemessung der Pflegesätze nach §
84 Abs
2 Satz 7
SGB XI nicht vollkommen ins Leere laufen. Vor dem Hintergrund, dass die als Vertragsparteien an der Pflegesatzvereinbarung beteiligten
Pflegekassen auch die Interessen der Pflegeheimbewohner/innen treuhänderisch wahrnehmen sollen, kann der Vorschrift zumindest
entnommen werden, dass sich die Ausgaben insgesamt - dh sowohl der von den Pflegekassen zu tragende Teil als auch die von
den Versicherten selbst aufzubringenden Kosten - an der Veränderungsrate der Einnahmen aus dem Beitragsaufkommen zu orientieren
haben. Langfristig sind nämlich bei steigenden Kosten auch die pauschalen Leistungsbeträge der Pflegekassen zu erhöhen, sodass
steigende Kosten jedenfalls auf lange Sicht mittelbar auch zu steigenden Beiträgen führen.
Vor dem aufgezeigten Hintergrund rufen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Beitragssatzstabilität die an der Pflegesatzvereinbarung
Beteiligten jedenfalls erkennbar zur Zurückhaltung auf. In diesem Zusammenhang liegt auch die Erwägung nicht fern, ob etwas
daraus zu folgen hat, dass es sich bei einzelnen Leistungserbringern um steuerrechtlich begünstigte, in ihrer wirtschaftlichen
Ausrichtung begrenzte Einrichtungen handelt, die als gemeinnützige Organisationen verfasst sind und ihre Erträge nur für gemeinnützige
Zwecke verwenden dürfen. Das Gebot der Zurückhaltung muss jedenfalls allgemein insbesondere für Gewinnmargen gelten, die Leistungserbringer
zusätzlich fordern, nachdem ihre Aufwendungen bereits vollständig prospektiv refinanziert werden. Denn Investitionsaufwendungen
- einschließlich Kapitalkosten für Gebäude und abschreibungsfähige Anlagegüter, Miete, Pacht, Erbbauzins und Nutzungskosten
für Grundstücke und Gebäude - können Pflegeeinrichtungen den Pflegebedürftigen bereits nach §
82 Abs
2 bis
4 SGB XI in voller Höhe gesondert in Rechnung stellen (nach Landesrecht geförderte Einrichtungen können lediglich die Kosten für den
Erwerb und die Erschließung von Grundstücken nicht gesondert berechnen). Die Aufwendungen, die dem Pflegeheim für die Erbringung
der Pflegeleistung einschließlich der sozialen Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege (zur Definition der Pflegesätze
vgl §
84 Abs
1 SGB XI) prospektiv entstehen, sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung (§
87 Satz 3, §
85 Abs
3 Satz 2 Halbsatz 1
SGB XI) sind regelmäßig als angemessen und leistungsgerecht zu refinanzieren, soweit sie bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendig
sind und dem externen Vergleich mit vergleichbaren Einrichtungen standhalten. Bei auf diese Weise weitgehend sichergestellter
Refinanzierung aller notwendigen prospektiven Kosten, kann es jedenfalls nicht gerechtfertigt sein, einen zusätzlichen Gewinnzuschlag
1:1 an den üblichen Gewinnmargen von Unternehmen der freien Wirtschaft zu orientieren.
Angesichts all dessen lässt sich auch eine sachlich gerechtfertigte Parallele zwischen der einem Pflegeheim zustehenden Gewinnmöglichkeit
einerseits und der in §
44 Abs
1 SGB I normierten Verzinsungsregelung für Sozialleistungen andererseits oder auch nur ein sachlich tragfähiger Ansatz für die von
der Beklagten vorgenommene Übertragung von Rechtsgedanken aus dem einen in den anderen Bereich nicht erkennen. Bei den Vergütungs-
und Entgeltansprüchen der Leistungserbringer gegen die Kostenträger als ihre Schuldner handelt es sich zweifelsfrei nicht
um Sozialleistungen (vgl für Vergütungsansprüche der Kassen-/Vertragsärzte bereits BSG [6. Senat] BSGE 56, 116, Leitsatz und 117 ff = SozR 1200 § 44 Nr 10 S 33 ff). Die Höhe der pauschalen Verzinsung von 4 % auf Sozialleistungen, die
Sozialleistungsberechtigten vorenthalten wurden, hat keinerlei Bezug zu bei diesen Betroffenen überhaupt in irgendeiner Weise
in Betracht kommenden (entgangenen) "Gewinnmöglichkeiten" oder zu "Risikozuschlägen für ein unternehmerisches Wagnis". Die
gesetzlich angeordnete Verzinsung von Sozialleistungen stellt vielmehr in erster Linie einen Ausgleich für Nachteile dar,
welche daraus resultieren, dass Geldleistungen in ihrer Eigenschaft als Sozialleistungen typischerweise die wesentliche Existenzgrundlage
für die Leistungsberechtigten bilden; die verspätete Zahlung seitens eines Sozialleistungsträgers erzwingt bei den Betroffenen
daher oftmals Kreditaufnahmen, die Auflösung von Ersparnissen oder die Einschränkung der Lebensführung (vgl insoweit zB Lilge
in ders/Gutzler,
SGB I, 5. Aufl 2019, §
44 RdNr 6). Die 4 %-Regelung kann zudem nicht losgelöst davon gesehen werden, dass der Verzinsungsbeginn nach §
44 Abs
2 SGB I grundsätzlich erst frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags einsetzt,
während die Pflegesätze prospektiv ermittelt werden. Zudem ist die Vorschrift des §
44 Abs
1 SGB I erkennbar gänzlich unabhängig von der jeweiligen Zins- und Marktlage auf Langlebigkeit und Pauschalität ausgelegt, während
die Pflegesätze - solange nicht von der Möglichkeit der Vereinbarung durch die Pflegesatzkommission nach §
86 SGB XI Gebrauch gemacht wird - einrichtungsindividuell zu vereinbaren bzw von der Schiedsstelle festzusetzen sind und dabei auch
die Laufzeiten mit festgesetzt werden. Diese betragen häufig lediglich ein Jahr, vorliegend sogar nur zehn Monate; bei längeren
Laufzeiten können Kündigungsmöglichkeiten vorgesehen werden.
Die Annahme fehlender Angemessenheit der von der Beklagten festgesetzten Pflegesätze rechtfertigt sich im vorliegend zu entscheidenden
Fall nach den Berechnungen des Senats auch daraus, dass sie schon ohne den begehrten zusätzlichen Gewinnzuschlag eine Steigerung
um ca 2,63 % enthielten, die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sogar eine Steigerung um gut 4 %. Dadurch stiegen die
Kosten allein schon stärker, als bei einer Orientierung an der gesamtwirtschaftlich bedeutsamen Veränderungsrate von 2,53
% (2015) bzw 2,95 % (2016). Dazu wurde dann noch der Gewinnzuschlag von 4 % addiert. Für die Pflegebedürftigen bedeutet dies
eine Erhöhung ihres Eigenanteils in der Pflegestufe I um monatlich 96,60 Euro allein für die Pflegesätze bzw um 178,20 Euro
insgesamt für Pflegesätze und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung; in der Pflegestufe II führte dies zu einer Erhöhung
um monatlich 138,30 Euro für die Pflegesätze bzw 219,90 Euro insgesamt und in der Pflegestufe III zu einer Erhöhung um monatlich
181,50 Euro für die Pflegesätze bzw 263,10 Euro insgesamt.
Dieser Kostenanstieg macht deutlich, dass sich die Leistungsgerechtigkeit der Pflegesätze nur unter Berücksichtigung aktueller
Daten zur Marktlage ergeben kann, insbesondere mithilfe des externen Vergleichs und in Orientierung an der aktuellen Veränderungsrate.
Dabei kann es durchaus gerechtfertigt sein, dass die Erhöhung des Pflegesatzes im Vergleich zum Vorjahr die aktuelle Veränderungsrate
übersteigt. Das kann zB der Fall sein, wenn die im Rahmen einer wirtschaftlichen Betriebsführung notwendigen Aufwendungen
nicht refinanzierbar sind, wenn der Versorgungsauftrag sonst nicht erfüllbar ist oder wenn die Vergütung insgesamt - vor allem
im Vergleich zu anderen Einrichtungen - nicht leistungsgerecht bemessen werden könnte. Wird aber - wie hier - allein schon
mit den prospektiv kalkulierten Gestehungskosten eine Erhöhung der Pflegesätze angestrebt, die der Veränderungsrate entspricht
oder diese sogar übersteigt (erste Prüfungsstufe), wird eine zusätzliche, prozentual am Umsatz ausgerichtete pauschale Gewinnmarge
regelmäßig nur dann angemessen sein, wenn sich der Pflegesatz einschließlich dieser Gewinnmarge auch im externen Vergleich
(zweite Prüfungsstufe) noch als leistungsgerecht erweist.
e) Die beklagte Schiedsstelle hat im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums schließlich auch nicht berücksichtigt, dass das Gesetz
selbst unterschiedliche Vorgaben für die Bemessung der Pflegesätze einerseits und der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung
andererseits aufstellt, die gegen eine inhaltsgleiche Übernahme der Erwägungen zu den Pflegesätzen sprechen. Die Beklagte
muss deshalb bei ihrer erneuten Entscheidung über die Schiedsanträge - soweit nötig werdend - im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums
berücksichtigen, dass sich die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung im Wesentlichen an den prospektiven Gestehungskosten
zu orientieren haben und deutlich weniger an Marktpreisen einschließlich der Einpreisung gesonderter Gewinnmargen. Denn während
die Pflegesätze "leistungsgerecht" sein müssen, müssen die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung "angemessen" sein (§
82 Abs
1 SGB XI). Letztere müssen nach §
87 Satz 2
SGB XI (idF des PflegeWEG vom 28.5.2008, BGBl I 874) in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen stehen.
Der unterschiedliche Wortlaut der "Leistungsgerechtigkeit" einerseits und der "Angemessenheit" andererseits ist zunächst der
fehlenden Sachleistungspflicht der Pflegekassen bezüglich der Unterkunft und Verpflegung geschuldet. Denn für die Kosten von
Unterkunft und Verpflegung haben die Pflegebedürftigen selbst bzw ihre Angehörigen oder sonstige Kostenträger aufzukommen,
die Pflegeversicherung beteiligt sich hieran nicht. Zur Beurteilung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Verpflegung
verweist §
87 Satz 3
SGB XI nur teilweise auf die Maßstäbe, die der Bemessung der Pflegesätze zugrunde liegen. Insbesondere unterliegen die Heimträger
denselben Nachweispflichten in Bezug auf die voraussichtlichen Gestehungskosten, und die Interessenvertretung der Heimbewohner
ist auch diesbezüglich anzuhören. Unterschiede zu den Pflegesätzen ergeben sich insbesondere aus der fehlenden Verweisung
in §
87 Satz 3
SGB XI auf §
84 Abs
2 SGB XI. Die Vorschriften, nach denen Überschüsse und Verluste beim Pflegeheim verbleiben, der Grundsatz der Beitragssatzstabilität
zu beachten sowie die Pflegesätze vergleichbarer Pflegeeinrichtungen angemessen zu berücksichtigen sind, finden daher für
die Bemessung der Entgelte von Unterkunft und Verpflegung keine Anwendung. Die Berücksichtigung der Pflegesätze vergleichbarer
Pflegeeinrichtungen dient der Ermittlung durchschnittlicher Marktpreise durch den externen Vergleich als Grundlage einer Orientierung
am Marktpreismodell. Ohne diesen externen Vergleich scheidet die Bemessung einer Gewinnmöglichkeit praktisch aus; zumindest
steht die Refinanzierung prognostischer Gestehungskosten damit deutlich im Vordergrund. Auf die Gestehungskosten nimmt §
87 Satz 3
SGB XI durch die Verweisung auf entsprechende Nachweispflichten des Pflegeheims nach §
85 Abs
3 SGB XI ausdrücklich Bezug.
Zudem dürfen große Teile der Unterkunftskosten, nämlich die Investitionskosten nach §
82 Abs
2 SGB XI, dh insbesondere die Grundstücks- und Gebäudekosten einschließlich etwaiger Mietkosten und Kosten für abschreibungsfähige
Anlagegüter einschließlich hierfür aufzuwendender Kapitalkosten, nicht in den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung berücksichtigt
werden. Diese Teile dürfen den Pflegebedürftigen ggf nur gesondert als Umlage der Aufwendungen ohne Gewinnmarge in Rechnung
gestellt werden. Auch vor diesem Hintergrund erschließt sich für typische Fälle nicht ohne Weiteres, aus welchem Sach- und
Rechtsgrund einem Pflegeheim im Hinblick auf die verbleibenden laufenden Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung eine
zusätzliche Gewinnmöglichkeit für ein unternehmerisches Wagnis eingeräumt werden müsste. Ohne dass der vorliegende Fall Anlass
bietet, alle möglichen Sachverhaltsausgestaltungen mit in Erwägung zu ziehen, liegt es nahe, einen Gewinnzuschlag auf Sachkosten
nur dann als rechtmäßig anzusehen, wenn - wie zB bei in der Einrichtung selbstproduzierten Lebensmitteln - Leistungen mit
eigenen, von den Bestandteilen der Pflegesätze abgrenzbaren Personal- und Sachkapazitäten erbracht und nicht von externen
Dritten bezogen und nur an die pflegebedürftigen Personen "weitergereicht" werden (vgl zu diesem Gesichtspunkt bereits ähnlich
oben c cc). Bezogen auf Gewinnzuschläge für solche atypischen Sachverhalte sind die dafür maßgebenden Erwägungen dann im Schiedsspruch
zu erläutern.
f) Schließlich fehlen auch hinreichende Ermittlungen der Beklagten zur Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem die Pflegesatzvereinbarung
in Kraft treten soll, sodass sie auch diesbezüglich den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht rechtsfehlerfrei wahrnehmen
konnte.
Nach §
85 Abs
6 Satz 1
SGB XI treten Pflegesatzvereinbarungen sowie Schiedsstellenentscheidungen zu dem darin unter angemessener Berücksichtigung der Interessen
der Pflegeheimbewohner/innen bestimmten Zeitpunkt in Kraft. Die Interessen der Pflegeheimbewohner/innen können jedoch erst
nach Einholung und Einbeziehung der schriftlichen Stellungnahme ihrer Interessenvertretung angemessen berücksichtigt werden.
Der Interessenvertretung ist nicht nur zur konkret geforderten Vergütungserhöhung, sondern auch zu dem vorgesehenen Zeitpunkt
des Inkrafttretens Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Dabei ist sie grundsätzlich rechtzeitig vor der geplanten Entgelterhöhung
anzuhören. Denn nach §
85 Abs
6 Satz 2
SGB XI ist ein rückwirkendes Inkrafttreten von Pflegesätzen nicht zulässig und die schriftliche Stellungnahme der Interessenvertretung
ist nach §
85 Abs
3 Satz 2
SGB XI mit den anderen Nachweisen bereits vor Beginn der Pflegesatzverhandlungen vorzulegen. Erst wenn feststeht, dass die Interessenvertretung
trotz ordnungsgemäßer Anhörung keinen Gebrauch von ihrem Stellungnahmerecht macht, kann allein auf die von Kostenträgerseite
zu übernehmende treuhänderische Wahrnehmung der Interessen der Heimbewohner/innen zurückgegriffen werden. Auch dies muss die
Beklagte bei einem neuen Schiedsspruch berücksichtigen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
1 und Abs
3 VwGO und berücksichtigt, dass die Beigeladene selbst keinen Antrag gestellt hat. Die Entscheidung über den Streitwert basiert
auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 GKG. Die Höhe entspricht der Differenz zwischen den von der Klägerseite angebotenen und den von der Schiedsstelle festgesetzten
Beträgen, hochgerechnet auf die Anzahl der Heimbewohner und auf den streitigen Zeitraum.