Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen in der sozialen Pflegeversicherung; Berücksichtigung von Finanzhilfen
aus Konzessionsabgaben nach dem Niedersächsischen Gesetz über das Lotterie- und Wettwesen
Gründe:
I
Der Kläger, ein als eingetragener Verein organisierter Verband der Freien Wohlfahrtspflege, betreibt in Sö. das von den Pflegekassen
zur Versorgung ihrer pflegebedürftigen Versicherten zugelassene (§
72 SGB XI) Pflegeheim "Haus S." mit 48 Dauerpflegeplätzen und 10 Tagespflegeplätzen. Das Projekt wurde ua mit einer Finanzhilfe in
Höhe von 1 000 000 DM aus den Konzessionsabgaben der Lotterie- und Wettunternehmen finanziert. Diese Finanzhilfe wurde zu
Anfang sowohl von dem Kläger als auch von dem beklagten Landkreis E. bei der Berechnung und Festsetzung der betriebsnotwendigen
Investitionsfolgeaufwendungen als Eigenkapital des Klägers behandelt und deshalb bei den Zinsen für eingesetztes Eigenkapital
sowie bei den Abschreibungen auf Gebäude und Inventar berücksichtigt. Dementsprechend wurde der Tagesbetrag, den der Kläger
den Pflegeheimbewohnern bei der vollstationären Dauerpflege nach §
82 Abs
3 Satz 1 und
2 SGB XI in Rechnung stellen durfte, für die Zeit vom 1.1.1999 bis zum 30.6.2000 auf 17,10 DM festgesetzt. Die Investitionsfolgeaufwendungen
betrugen in diesem Zeitraum bei der Tagespflege 11,16 DM pro Kalendertag. Diese Kosten wurden seinerzeit aber nicht den in
Tagespflege befindlichen Personen in Rechnung gestellt, sondern an deren Stelle einkommensunabhängig vom Land Niedersachsen
im Wege der Einrichtungsförderung nach dem Gesetz zur Planung und Förderung von Pflegeeinrichtungen nach dem
SGB XI (Niedersächsisches Pflegegesetz - NPflegeG) getragen.
Für die Folgezeit vom 1.7.2000 bis zum 30.6.2001 beantragte der Kläger die Festsetzung der Tagesbeträge auf 16,07 DM (Dauerpflege)
und 9,97 DM (Tagespflege). Der Beklagte lehnte diese Anträge ab und setzte die Tagesbeträge auf 12,97 DM (Dauerpflege) und
8,03 DM (Tagespflege) fest (zwei Bescheide vom 16.10.2000, gemeinsamer Widerspruchsbescheid vom 19.6.2001). Zur Begründung
berief sich der Beklagte auf einen Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales (MFAS) vom 6.6.2000
(Az: 107.1-43 590/14.1), wonach die den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege zustehenden Finanzhilfen aus Konzessionsabgaben
nach dem Niedersächsischen Gesetz über das Lotterie- und Wettwesen (NLottG) hinsichtlich der Berechnung der betriebsnotwendigen
Investitionsfolgeaufwendungen nicht als Eigenkapital des Einrichtungsträgers, sondern als Mittel aus "öffentlicher Förderung"
durch das Land anzusehen seien, sodass diese Mittel bei der Verzinsung von Eigenkapital sowie bei den Abschreibungen auf Gebäude
und Inventar nicht berücksichtigt werden dürften. Der Kläger hält diese rechtliche Wertung für rechtswidrig.
Das VG Osnabrück hat die am 18.7.2001 erhobene Klage zuständigkeitshalber an das SG Osnabrück verwiesen (Beschluss vom 24.5.2002).
Die Klage war ursprünglich gegen die Widerspruchsbehörde (Bezirksregierung Weser-Ems) gerichtet und ist am 27.7.2001 auf den
jetzigen Beklagten umgestellt worden. Die Vorinstanzen haben diese Umstellung als schlichte Berichtigung des Passivrubrums
angesehen und die Klage deshalb als rechtzeitig erhoben erachtet.
Die Klage richtete sich in erster und zweiter Instanz gegen beide Bescheide des Beklagten. Im Revisionsverfahren ist nur noch
der Bescheid zur Tagespflege streitbefangen. Die den Bescheid zur Dauerpflege betreffende Klage war erfolgreich. Das SG hat diesen Bescheid aufgehoben, weil der Kläger für die gesonderte Berechnung betriebsnotwendiger Investitionsfolgeaufwendungen
gegenüber den in Dauerpflege befindlichen Heimbewohnern keine Zustimmung der zuständigen Landesbehörde nach §
82 Abs
3 Satz 3
SGB XI benötigt habe, sondern die gesonderte Berechnung dort nur anzuzeigen gewesen sei (§
82 Abs
4 SGB XI). Es habe keine öffentliche Förderung der Dauerpflegeplätze in dem Pflegeheim stattgefunden. Die bis Ende 2003 gezahlten
Aufwendungszuschüsse nach § 13 NPflegeG für einkommensschwache Pflegebedürftige stellten keine einrichtungs- bzw objektbezogene
Förderung iS der §§
9 und
82 Abs
3 SGB XI dar, sondern eine bewohner- bzw subjektbezogene Sozialleistung sui generis, sodass der Bescheid zur Dauerpflege rechtswidrig
sei. Das LSG hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen und ergänzend ausgeführt, auch die Verwendung
der Finanzhilfe im Rahmen der Errichtung des Objekts löse keine Zustimmungsbedürftigkeit nach §
82 Abs
3 SGB XI aus, weil nur eine aktuelle Objektförderung zur Zustimmungsbedürftigkeit führe, nicht aber eine in der Vergangenheit erfolgte
Förderung, wie es hier der Fall sei. Diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden, weil der - insoweit allein beschwerte
- Beklagte keine Revision eingelegt hat.
Das SG hat den im Revisionsverfahren nur noch streitbefangenen Bescheid zur Tagespflege ebenfalls aufgehoben (Urteil vom 23.6.2006).
Das LSG hat diese Entscheidung im - diesbezüglich von beiden Beteiligten betriebenen - Berufungsverfahren geändert und die
Klage insoweit abgewiesen (Urteil vom 24.2.2010). Der Bescheid über die öffentliche Förderung der Tagespflegeplätze mit täglich
8,03 DM sei rechtmäßig. Bei der Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsfolgeaufwendungen seien nach § 9 Abs 3 NPflegeG
die Finanzhilfen aus den Konzessionsabgaben nicht zu berücksichtigen, weil es sich dabei nicht um Eigenkapital der Heimträger,
sondern um eine mittelbare staatliche Förderung handele, die bei der Verzinsung des Eigenkapitals und bei den Abschreibungen
für das Gebäude und das Inventar außer Ansatz bleiben müsse. Die auf die Festsetzung eines höheren Tagesbetrages gerichtete
Klage sei deshalb unbegründet.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zwar beruhe der Förderanspruch allein
auf Normen des niedersächsischen Landesrechts (§§ 9 und 11 NPflegeG). Die Auslegung der Normen verletze aber Bundesrecht,
weil sich das LSG auf einige systematische Erwägungen beschränkt, die historische Entwicklung und die Gesetzesmaterialien
zum NPflegeG und NLottG aber außer Acht gelassen und auf diese Weise den Rahmen zulässiger Auslegung überschritten habe. Dadurch
habe das LSG Bundesrecht in Form des Willkürverbots (Art
3 Abs
1 iVm Art
20 Abs
3 GG) missachtet. Die "historisch-teleologische Auslegung" beider Gesetze ergebe nämlich, dass die Mittel aus den Konzessionsabgaben
aufgrund eines Rechtsanspruchs an die Verbände ausgezahlt werden und die Gelder deshalb als Eigenmittel und gerade nicht als
öffentliche Förderung anzusehen seien. Auch in der am 27.3.1998 getroffenen Vereinbarung zwischen dem Land Niedersachsen und
den in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Verbände seien diese Finanzhilfen ausdrücklich
den "Eigenmitteln" zugeordnet.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Niedersachsen-Bremen vom 24.2.2010 - L 15 P 40/06 - und des SG Osnabrück vom 23.6.2006 zu ändern, den Bescheid des Beklagten vom 16.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19.6.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1.7.2000 bis zum 30.6.2001 die förderfähigen Investitionsfolgeaufwendungen
für die Tagespflegeplätze auf kalendertäglich 9,97 DM (5,10 Euro) festzusetzen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Nach Maßgabe der Auslegung des niedersächsischen Landesrechts durch das LSG, die
im vorliegenden Rechtsstreit für den erkennenden Senat verbindlich ist (§
162 SGG), erweist sich der angefochtene Förderbescheid zur Tagespflege als rechtmäßig. Die auf Festsetzung eines höheren Förderbetrags
gerichtete Klage konnte deshalb keinen Erfolg haben.
1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.
a) Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist eröffnet. Der Streit um die öffentliche Förderung der Tagespflege in zugelassenen
Pflegeheimen nach § 11 NPflegeG stellt eine sozialgerichtliche Streitigkeit dar, weil sich die Rechtsgrundlage in einem dem
System der Pflegeversicherung zuzurechnenden Gesetz befindet und eine "die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig
ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur" sowie "das Nähere zur Planung und zur Förderung der
Pflegeeinrichtungen" (§
9 Satz 1 und
2 SGB XI) regelnde Materie betroffen ist (§
51 Abs
1 Nr
2 SGG). Daher kommt es nicht darauf an, dass wegen der nicht angefochtenen Verweisung des Rechtsstreits durch das VG an das SG (Beschluss vom 24.5.2002) ohnehin eine Bindung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit bezüglich der Rechtswegfrage gemäß
§
17a GVG eingetreten war.
b) Die Klagefrist von "einem Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes" (§
87 Abs
1 Satz 1
SGG) ist gewahrt worden, obwohl der Kläger die Klage erst am 27.7.2001, also nach Ablauf der bis zum 21.7.2001 reichenden Monatsfrist,
von der Bezirksregierung Weser-Ems (Widerspruchsbehörde) auf den Landkreis E. als jetzigem Beklagten umgestellt hat. Es handelt
sich nicht um einen gewillkürten Parteiwechsel auf Beklagtenseite im Sinne einer Klageänderung nach §
99 Abs
1 und
2 SGG, sondern nur um eine schlichte Berichtigung des Passivrubrums im Verhältnis von Widerspruchs- und Ausgangsbehörde, die auch
noch nach Ablauf der Klagefrist zulässig ist (BSGE 51, 213, 214 = SozR 2200 § 539 Nr 78; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl 2008, §
92 RdNr 6, 7 und §
99 RdNr 6a mwN). Die Klagefrist betrug einen Monat, weil die Rechtsmittelbelehrung des Widerspruchsbescheids zutreffend und
vollständig war, obgleich sie keinen Hinweis darauf enthält, dass die Klage gegen die Ausgangsbehörde und nicht gegen die
Widerspruchsbehörde zu richten war. Die Angabe des richtigen Klagegegners ist nach §
66 SGG iVm §
85 Abs
3 Satz 3
SGG kein notwendiger Bestandteil der Rechtsmittelbelehrung im Widerspruchsbescheid.
2. Rechtsgrundlage für den die Zeit vom 1.7.2000 bis zum 30.6.2001 betreffenden Förderanspruch ist § 11 iVm § 9 NPflegeG vom
22.5.1996 (Nds GVBl Nr 10/1996, S 245). Das Gesetz ist am 1.7.1996 in Kraft getreten (Nds GVBl Nr 14/1996, S 360) und hinsichtlich
der §§ 9 und 11 durch das Gesetz zur Änderung des NPflegeG vom 29.1.1998 (Nds GVBl Nr 3/1998, S 50), durch Art 10 des Haushaltsbegleitgesetzes
1999 vom 21.1.1999 (Nds GVBl Nr 2/1999, S 11) sowie durch Art 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2002 vom 18.12.2001 (Nds GVBl
Nr 35/2001, S 806) nicht geändert worden. Die Ursprungsfassung des NPflegeG aus dem Jahre 1996 galt nach Maßgabe der zwischenzeitlichen
Änderungen durch die angegebenen Gesetze in der Fassung der Neubekanntmachung des NPflegeG vom 25.4.2002 (Nds GVBl 14/2002,
S 145) bis zum 31.12.2003. Die danach erfolgten Änderungen durch das weitere Gesetz zur Änderung des NPflegeG vom 11.12.2003
(Nds GVBl 30/2003, S 425), das am 1.1.2004 in Kraft getreten ist, sowie die späteren Änderungen des Gesetzes sind hier nicht
von Interesse, weil der Streitgegenstand allein die Zeit bis zum 30.6.2001 betrifft.
Weitere Einzelheiten zur Förderung von Pflegeeinrichtungen sind geregelt in der aufgrund der §§ 14 und 19 Abs 2 NPflegeG erlassenen
"Verordnung zur Durchführung des Niedersächsischen Pflegegesetzes" (DVO-NPflegeG) vom 20.6.1996 (Nds GVBl Nr 11/1996, S 280).
In dem hier streitigen Zeitraum galt die DVO-NPflegeG in der Fassung der Neubekanntmachung vom 28.7.2000 (Nds GVBl Nr 15/2000,
S 209), die zum 1.7.2000 in Kraft getreten ist.
a) Nach § 11 Abs 1 NPflegeG erhalten Träger von teilstationären Pflegeeinrichtungen, zu denen zB die Heime mit Tagespflegeplätzen
gehören (§
41 Abs
1 SGB XI), sowie Träger von Einrichtungen der Kurzzeitpflege (§
42 SGB XI) Zuschüsse in Höhe der Aufwendungen nach §
9 NPflegeG. §
9 Abs 1 bis 3 NPflegeG enthält folgende Regelungen: "(1) Nach den §§ 10 bis 13 wird eine Förderung nur gewährt für: 1. Folgeaufwendungen
aus betriebsnotwendigen Investitionen nach Maßgabe der Verordnung nach § 14 Nr. 4 für die Herstellung, Anschaffung, Wiederbeschaffung
oder Ergänzung a) von Gebäuden und b) von sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegütern, deren Anschaffungswert den in der Verordnung
nach § 14 Nr. 3 festgelegten Mindestbetrag überschreitet, 2. Aufwendungen für Miete, Pacht, Nutzung oder Mitbenutzung von
Gebäuden und sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegütern nach Nummer 1 Buchst. b, soweit ein durch Verordnung nach § 14 Nr.
6 bestimmter Höchstbetrag nicht überschritten wird. (2) Folgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind die Zinsen für
Fremd- und Eigenkapital, Abschreibungen mit Ausnahme der Sonderabschreibungen sowie die Aufwendungen für Instandhaltung und
Instandsetzung nach Maßgabe der Verordnung nach § 14 Nr. 5. (3) Zum Eigenkapital im Sinne des Absatzes 2 gehören nicht Mittel
aus unmittelbarer oder mittelbarer staatlicher Förderung, zweckgebundene Mittel aus einer Förderung durch öffentlichrechtliche
Körperschaften oder Anstalten sowie durch staatlich geförderte Stiftungen und das aus diesen Mitteln Erworbene. Folgeaufwendungen
aus Investitionen, die aus Mitteln nach Satz 1 getätigt werden, werden bei einer Förderung nach diesem Gesetz nur insoweit
berücksichtigt, als sie dem Träger der Pflegeeinrichtung tatsächlich entstehen. Werden Aufwendungen nach Absatz 1 aus Mitteln
nach Satz 1 gefördert, so wird diese Förderung auf eine Förderung nach diesem Gesetz angerechnet."
b) Rechtsgrundlage für die geleistete Finanzhilfe in Höhe von 1 000 000 DM war § 7 NLottG. Den Spitzenverbänden der Freien
Wohlfahrtspflege in Niedersachsen steht ein bestimmter Anteil an dem Aufkommen aus der Konzessionsabgabe als Finanzhilfe nach
§ 7 Abs 2 Satz 1 Nr 2 NLottG zu. Damit hat der niedersächsische Gesetzgeber den Spitzenverbänden einen nach Grund und Höhe
geregelten gesetzlichen Anspruch verschafft. Maßgebend ist für den streitigen Zeitraum das NLottG in seiner Ursprungsfassung
vom 21.6.1997 (Nds GVBl 12/1997, S 289). Das NLottG ist an die Stelle der Lotterieverordnung vom 6.3.1937 (Nds GVBl, Sonderband II S 636), des Gesetzes über die Veranstaltung Staatlicher Lotterien im Lande Niedersachsen
vom 20.3.1948 (Nds GVBl, Sonderband I S 579), des Gesetzes über das Zahlenlotto in der Fassung vom 19.8.1970 (Nds GVBl, S
312) und des Gesetzes über Sportwetten in der Fassung vom 19.8.1970 (Nds GVBl, S 309) getreten. Die Änderungen der §§ 6 und
7 durch Art 7 des Haushaltsbegleitgesetzes 2001 vom 15.12.2000 (Nds GVBl Nr 25/2000, S 379) sind hier nicht von Interesse.
Unerheblich sind auch die weiteren Änderungen, weil sie nur die Zeit ab 1.1.2002 und damit nicht den streitigen Zeitraum betreffen.
Nach den §§ 7 und 9 NLottG dient die Finanzhilfe der Erfüllung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben der Spitzenverbände.
Das NLottG galt bis zum 31.12.2007. Es ist zum 1.1.2008 durch das Niedersächsische Gesetz zur Neuordnung des Glücksspielrechts
vom 17.12.2007 (Nds GVBl Nr 42/2007, S 756) abgelöst worden, das in den §§ 14 und 16 eine den §§ 7 und 9 NLottG vergleichbare
Regelung zur Gewährung von Finanzhilfen und deren Zweckbestimmung (Erfüllung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben) enthält.
c) Die 15 in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Verbände haben am 27.3.1998 mit
dem Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Sozialministerium, eine "Vereinbarung über die Verwendung der
Konzessionsabgaben nach dem Gesetz über das Lotterie- und Wettwesen vom 21. Juni 1997..." (Vereinbarung 1998) geschlossen.
Dieser Landesvertrag beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs 1 Satz 1 NLottG und verpflichtet die Verbände der Freien
Wohlfahrtspflege, die Finanzhilfen für die in der Anlage 1 aufgeführten wohlfahrtspflegerischen Aufgaben zu verwenden (§ 2
Abs 1 Vereinbarung 1998). Die Verbände sind berechtigt, die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel an ihre Mitglieder weiterzuleiten,
wobei sie zu gewährleisten haben, dass auch die Mitglieder die vertraglichen Verpflichtungen der §§ 3 bis 8 beachten (§ 2
Abs 2 Satz 1 und 2 Vereinbarung 1998). Bei der Finanzierung von Vorhaben, die nach gesetzlichen Bestimmungen des Bundes- oder
Landesrechts förderfähig sind (zB nach dem NPflegeG) oder für deren Betrieb Pflegesätze oder Entgelte gefordert werden, sind
die Finanzhilfen "als Eigenmittel unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften unter der Voraussetzung einsetzbar, dass in
Höhe des eingesetzten Betrages auf eine Verzinsung verzichtet wird" (§ 3 Abs 2 Vereinbarung 1998).
Nach diesen Regelungen hat der Beklagte den Förderbetrag für die Tagespflegeplätze kalendertäglich auf 8,03 DM festgesetzt
und die vom Kläger begehrte Festsetzung auf 9,97 DM abgelehnt, weil er die geleistete Finanzhilfe aus den Konzessionsabgaben
nicht den Eigenmitteln des Klägers, sondern den Mitteln aus staatlicher Förderung iS des § 9 Abs 3 NPflegeG zugerechnet hat,
sodass insoweit die Verzinsung als Eigenkapital sowie der Ansatz bei den Abschreibungen auf Gebäude und Inventar ausschied.
Dieses Ergebnis ist im vorliegenden Verfahren revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
3. In Niedersachsen erfolgte die Förderung von Kurzzeit- und Tagespflegeplätzen hinsichtlich der betriebsnotwendigen Investitionsfolgeaufwendungen
im streitbefangenen Zeitraum nicht wie bei der Dauerpflege durch bewohnerbezogene Aufwendungszuschüsse (§ 13 NPflegeG), sondern
mittels öffentlichen Zuschüssen nach § 11 NPflegeG, wobei für die Berechnung der Folgeaufwendungen aus betriebsnotwendigen
Investitionen die Regelungen des § 9 Abs 1 bis 3 NPflegeG maßgeblich waren. Bei der öffentlichen Förderung nach § 11 NPflegeG
kam es - im Unterschied zu den bewohnerbezogenen Aufwendungszuschüssen gemäß § 13 NPflegeG - nicht auf die Einkommensverhältnisse
der Pflegedürftigen an. Es handelte sich bei den Zuschüssen nach § 11 NPflegeG somit auch nicht um Sozialleistungsansprüche
der Pflegebedürftigen, sondern um unmittelbare Ansprüche der Einrichtungsträger. Dementsprechend hat der Beklagte für die
Tagespflegeplätze auch keine Zustimmung zur gesonderten Berechnung von betriebsnotwendigen Investitionsfolgeaufwendungen erteilt
(§
82 Abs
3 SGB XI), sondern einen konkreten Förderbetrag für die Investitionsfolgeaufwendungen festgesetzt. Die Auszahlung der Mittel durch
das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben (§ 1 Abs 3 Vereinbarung 1998) erfolgte im Rahmen des vom Beklagten
in dem Bescheid vom 16.10.2000 dargestellten Abrechnungsverfahrens direkt an den Kläger. Es handelte sich bei der Festsetzung
des Förderbetrages und der Auszahlung der Mittel also um eine unmittelbare staatliche Förderung, die von vornherein nicht
in den Regelungsbereich des §
82 Abs
3 und
4 SGB XI fiel. Dies hat das SG noch übersehen, ist aber vom LSG zutreffend erkannt worden.
4. Für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides kommt es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage an, ob
die dem Kläger gezahlte Finanzhilfe aus den Konzessionsabgaben als staatliche Förderung oder aber als Eigenkapital in die
Berechnung der Förderbeträge zu den Folgeaufwendungen aus betriebsnotwendigen Investitionen einzustellen ist. Das LSG hat
- ebenso wie der Beklagte - die Einstufung als Eigenkapital unter Hinweis auf die Regelung des § 9 Abs 3 Satz 1 NPflegeG abgelehnt,
weil diese bestimme, dass Mittel aus unmittelbarer oder mittelbarer staatlicher Förderung, zweckgebundene Mittel aus einer
Förderung durch öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Anstalten oder staatlich geförderte Stiftungen und das aus diesen
Mitteln Erworbene nicht zum Eigenkapital iS des § 9 Abs 2 NPflegeG gehören. Die Ansicht des LSG, es gehe um eine mittelbare
staatliche Förderung im Sinne dieser Ausnahmebestimmung, ist hier für den erkennenden Senat bindend (§
162 SGG), weil diese Auslegung und Anwendung des niedersächsischen Landesrechts durch das LSG Bundesrecht nicht verletzt.
5. Nach dem Revisionsvorbringen des Klägers beruht das vom LSG gefundene Ergebnis auf einer Auslegung des Landesrechts, die
den Rahmen zulässiger Auslegung überschreite und damit das Willkürverbot des Art
3 Abs
1 iVm Art
20 Abs
3 GG verletze. Bei der Rechtsfindung habe das LSG die historische Entwicklung und die Gesetzesmaterialien zum NPflegeG und zum
NLottG nicht beachtet und insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Finanzhilfe aufgrund eines Rechtsanspruchs an die Verbände
ausgezahlt werde. Damit wird eine Rüge der Verletzung von Bundesrecht zwar in zulässiger Weise geltend gemacht, in der Sache
ist die Rüge aber nicht begründet.
a) Nach §
162 SGG kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts
oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk
des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Hier geht es um die Auslegung niedersächsischen Landesrechts (NPflegeG und NLottG),
dessen Geltung nicht über den örtlichen Zuständigkeitsbereich des LSG Niedersachsen-Bremen hinausreicht. Die zweite Alternative
des §
162 SGG scheidet also von vornherein aus. Aber auch die erste Alternative dieser Vorschrift, nämlich die Verletzung einer Vorschrift
des Bundesrechts, ist hier nicht gegeben. Das LSG hat bei der Auslegung und Anwendung des niedersächsischen Landesrechts nicht
gegen bundesrechtliche Vorschriften verstoßen.
aa) Eine Verletzung von Bundesrecht liegt nicht bereits dann vor, wenn das Revisionsgericht aus seiner Sicht zu einem anderen
Auslegungsergebnis kommen würde. Das Revisionsgericht darf nicht generell der Frage nachgehen, ob bei der Anwendung irrevisiblen
Rechts allgemeine Auslegungsgrundsätze verletzt worden sind. Auch wenn derartige Auslegungsgrundsätze mit Rücksicht auf ihre
Allgemeingültigkeit normativen Charakter haben, kommt ihnen jedoch gegenüber den Vorschriften, bei deren Auslegung sie angewendet
werden, keine eigenständige Bedeutung zu. Sie sind dann Teil des irrevisiblen Rechts, sodass die Rüge der Verletzung allgemeiner
Auslegungsregeln eine irrevisible Norm nicht revisibel macht (BSGE 62, 131, 135 = SozR 4100 § 141b Nr 40; stRspr). Revisibilität ist erst erreicht, wenn die Grenze zum Willkürverbot (Art
3 Abs
1 iVm Art
20 Abs
3 GG) überschritten ist, ein Auslegungsergebnis also unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar erscheint (BVerfGE
86, 59, 63; 80, 48, 51; 83, 82, 84; Jarass/Pieroth,
GG, 11. Aufl 2011, Art
3 RdNr 38, 39).
bb) Da eine Revision sich nur nicht auf eine "Verletzung" irrevisibler Vorschriften stützen kann, geht das BSG ferner davon
aus, dass §
162 SGG der Anwendung einer nicht revisiblen Rechtsnorm durch das Revisionsgericht dann nicht entgegensteht, wenn sie das LSG völlig
unberücksichtigt gelassen und damit gar nicht ausgelegt und angewandt hat - und demnach auch nicht hat "verletzen" können
(BSGE 7, 122, 125; BSGE 53, 242, 245 = SozR 2200 § 1248 Nr 36; BSGE 62, 131, 133 = SozR 4100 § 141b Nr 40; BSGE 71, 163, 165 = SozR 3-5050 § 15 Nr 4; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, IX RdNr 301 mwN).
Ein solcher Fall liegt hier ebenfalls nicht vor.
b) Das LSG hat sich in dem angefochtenen Urteil eingehend mit den Regelungen in § 9 NPflegeG und § 7 NLottG sowie mit dem
Inhalt der Vereinbarung 1998 beschäftigt (Urteilsumdruck S 11/12), hat dabei systematische Überlegungen angestellt und ist auch auf das vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegte Rechtsgutachten
der Rechtsanwälte Prof. Dr. R. und L. vom 2.6.2000 zum Rechtscharakter der Mittel aus der Lotterie "GlücksSpirale" eingegangen.
Auf dieser Grundlage hat das LSG entschieden, dass der von dem Beklagten erlassene Förderbescheid vom 16.10.2000 zur Tagespflege
auf einer zutreffenden Berechnungsgrundlage ergangen ist und auch keine Rechenfehler enthält. Die Finanzhilfe aus den Konzessionsabgaben
nach dem NLottG sei als mittelbare staatliche Förderung iS des § 9 Abs 3 Satz 1 NPflegeG anzusehen und könne daher nicht als
Eigenmittel bzw Eigenkapital des Einrichtungsträgers verbucht und behandelt werden. Die Finanzhilfe dürfe daher nicht bei
der Verzinsung des Eigenkapitals sowie bei den Abschreibungen auf Gebäude und Inventar berücksichtigt werden.
An diese Interpretation des niedersächsischen Landesrechts ist der erkennende Senat gebunden (§
162 SGG), weil das LSG den Rahmen zulässiger Auslegung nicht überschritten und weder das Willkürverbot (Art
3 Abs
1 iVm Art
20 Abs
3 GG) verletzt noch andere Verfassungsgrundsätze missachtet hat. Die Auslegung des Landesrechts verstößt auch nicht offensichtlich
gegen bundesrechtliche Norminhalte. Die Nichtberücksichtigung der historischen Entwicklung zum Rechtscharakter der Finanzhilfen
aus den Konzessionsabgaben und der Gesetzesmaterialien zum NLottG sowie der abweichenden Zwecke der Finanzhilfen einerseits
(Einsatz zur Erfüllung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben) und der staatlichen Förderung nach den §§ 8 ff NPflegeG andererseits
(Förderung der Pflegeeinrichtungen) hat nicht ein solches Gewicht, dass das vom LSG befürwortete Auslegungsergebnis als nicht
mehr rechtlich vertretbar und damit als willkürlich bewertet werden müsste.
c) Der Bindungswirkung dieser Auslegung steht auch nicht entgegen, dass der erkennende Senat die Rechtsansicht des LSG nur
partiell teilt. Im Revisionsverfahren B 3 P 3/10 R (Urteil vom 10.3.2011, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen), das einen Parallelfall betraf, stand ein Bescheid
über die aufsichtsbehördliche Zustimmung zur gesonderten Berechnung betriebsnotwendiger Investitionsfolgeaufwendungen bei
der Dauerpflege nach §
82 Abs
3 SGB XI zur Debatte. Insoweit konnte der erkennende Senat den gesamten Streitstoff unter Einschluss des niedersächsischen Landesrechts
revisionsrechtlich überprüfen, weil das LSG das einschlägige Landesrecht - aus seiner Sicht folgerichtig - selbst gar nicht
ausgelegt und angewandt hat, nachdem es zu der Rechtsauffassung gelangt war, die gesonderte Berechnung der betriebsnotwendigen
Investitionsfolgeaufwendungen habe der Kläger beim Beklagten lediglich anzeigen müssen (§
82 Abs
4 SGB XI).
Der erkennende Senat hat in jenem Verfahren entschieden, dass die Finanzhilfen aus den Konzessionsabgaben von Lotterie- und
Wettunternehmen (§ 7 NLottG) bei der Berechnung und Festsetzung der Investitionsfolgeaufwendungen als Eigenkapital iS von
§ 9 Abs 2 NPflegeG und nicht als staatliche Förderung iS des § 9 Abs 3 NPflegeG zu berücksichtigen sind. Allerdings kann dieses
Eigenkapital bei der Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsfolgeaufwendungen nicht uneingeschränkt eingesetzt werden:
Eine gesonderte Berechnung ist zwar möglich hinsichtlich der Abschreibungen auf Gebäude und Inventar, nicht jedoch in Bezug
auf die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. Letzteres ist schon durch die bereits erwähnte Regelung in § 3 Abs 2 Vereinbarung
1998 ausgeschlossen.
Diese - im Ergebnis also nur hinsichtlich der Abschreibungen abweichende - Rechtsauffassung des erkennenden Senats, die er
im Verfahren B 3 P 3/10 R entwickelt hat, ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht verbindlich, weil bezüglich der revisionsgerichtlichen Überprüfung
von Berufungsurteilen immer nur das konkret angefochtene Urteil zu betrachten ist und die erst am 10.3.2011 entwickelte Rechtsauffassung
des BSG dem LSG naturgemäß nicht bekannt sein konnte. Die Revision des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.
6. Die Kostenentscheidung beruht noch auf §
193 SGG in seiner bis zum 1.1.2002 geltenden Fassung, weil der Rechtsstreit bereits im Jahr 2001 anhängig geworden ist (vgl §
197a SGG iVm Art 17 Abs 1 Satz 2 des 6.
SGG-Änderungsgesetzes vom 17.8.2001, BGBl I 2144).