Parallelentscheidung zu BSG - B 4 SF 1/16 R – v. 27.09.2016
Gründe:
I
In dem Verfahren geht es um eine Klage auf Erstattung überzahlter Rechtsanwaltsgebühren. Der Kläger hatte dem Beklagten auf
einen Kostenfestsetzungsbeschluss hin Rechtsanwaltsgebühren bezahlt. Auf die Erinnerung wurde der Beschluss geändert und durch
neuen Kostenfestsetzungsbeschluss die zu erstattende Anwaltsgebühr geringer festgestellt. Der Kläger fordert die danach zu
viel gezahlten Rechtsanwaltsgebühren zurück. Der Beklagte verweigert die Rückzahlung. Das zunächst angerufene AG Lübben hat
den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Cottbus verwiesen (Beschluss
vom 26.3.2015). Das SG Cottbus hat sich ebenfalls für unzuständig erklärt und beim BSG beantragt, das zuständige Gericht zu bestimmen.
II
Der Antrag ist zulässig. Das zuständige Gericht ist in entsprechender Anwendung von §
58 Abs
1 Nr
4 SGG zu bestimmen. Diese Vorschrift ist auch bei einem sogenannten negativen rechtswegübergreifenden Kompetenzkonflikt zwischen
Gerichten verschiedener Gerichtszweige anwendbar, sofern sich die beiden beteiligten Gerichte jeweils für unzuständig erklärt
haben (BSG Beschluss vom 1.7.1980 - 1 S 5/80 - SozR 1500 § 58 Nr 4; BSG Beschluss vom 11.10.1988 - 1 S 14/88; BSG Beschluss vom 16.9.2009 - B 12 SF 7/09 S; BSG Beschluss vom 21.2.2012 - B 12 SF 7/11 S). Zwar unterliegt ein nach §
17a GVG ergangener und unanfechtbar gewordener Beschluss, mit dem ein Gericht den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt
und den Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen hat, nach dem Gesetz keiner weiteren Überprüfung. Doch ist eine - regelmäßig
deklaratorische - Zuständigkeitsbestimmung im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege und der Rechtssicherheit dann
geboten, wenn es innerhalb eines Verfahrens zu Zweifeln über die Bindungswirkung der Verweisung kommt und deshalb keines der
in Frage kommenden Gerichte bereit ist, die Sache zu bearbeiten (vgl zur entsprechenden Anwendung von §
36 Abs
1 Nr
6 ZPO BGH Beschluss vom 14.5.2013 - X ARZ 167/13, MDR 2013, 1242 mwN; BGH Beschluss vom 29.4.2014 - X ARZ 172/14 - NJW 2014, 2125). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil sowohl das AG Lübben als auch das SG Cottbus den Rechtsweg zum jeweils anderen Gerichtszweig
für gegeben halten.
Das BSG ist hier als der für einen der beteiligten Gerichtszweige zuständige oberste Gerichtshof für die Bestimmung zuständig, weil
es vom SG Cottbus als erster oberster Gerichtshof um die Entscheidung angegangen worden ist.
Das SG Cottbus ist zum zuständigen Gericht zu bestimmen. Ein nach §
17a GVG ergangener Beschluss, mit dem ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit
an das Gericht eines anderen Rechtswegs verwiesen hat, ist einer weiteren Überprüfung entzogen, sobald er unanfechtbar geworden
ist. Ist das zulässige Rechtsmittel nicht eingelegt worden oder ist es erfolglos geblieben oder zurückgenommen worden, ist
die Verweisung für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtswegs gemäß §
17a Abs
2 S3
GVG bindend (so BSG Beschluss vom 16.9.2009 - B 12 SF 7/09 S - RdNr 4; BSG Beschluss vom 21.2.2012 - B 12 SF 7/11 S - RdNr 7; BGH Beschluss vom 14.5.2013 - X ARZ 167/13 - MDR 2013, 1242; BGH Beschluss vom 29.4.2014 - X ARZ 172/14 - NJW 2014, 2125).
Der Verweisungsbeschluss des AG Lübben ist auch nicht unbeachtlich, er leidet nicht an einem schweren Mangel. Es kann offen
bleiben, ob im Verfahren zur Bestimmung des Rechtswegs ein Verweisungsbeschluss vorliegt, der nach den Maßstäben überprüfbar
ist, die von der Rechtsprechung für Verweisungsbeschlüsse wegen örtlicher Unzuständigkeit angewandt werden (vgl BSG, Beschluss vom 8.5.2007 - B 12 SF 3/07 S - SozR 4-1500 § 57 Nr 2 RdNr 4, BSG Beschluss vom 16.9.2009 - B 12 SF 7/09 S - RdNr 5; BSG Beschluss vom 21.2.2012 - B 12 SF 7/11 S - RdNr 9; BGH Beschluss vom 29.4.2014 - X ARZ 172/14 - NJW 2014, 2125 mwN). Jedenfalls liegt weder der dort vorausgesetzte Verstoß gegen elementare Verfahrensgrundsätze noch eine objektiv willkürliche
Entscheidung des AG vor. Folglich bleibt es bei der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des AG an das SG, das über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden hat (vgl zum ganzen auch BSG Beschluss vom 21.12.2015 - B 4 SF 2/15 R).