Rechtmäßigkeit einer Antragsfrist für Zulassungsanträge zur vertragsärztlichen Versorgung
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist die Besetzung eines Vertragsarztsitzes für Radiologie im Planungsbereich der kreisfreien Stadt
B. streitig.
Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für Westfalen-Lippe stellte mit Beschluss vom 7.7.2006 fest, dass im Planungsbereich
der Stadt B. die Zulassungsbeschränkungen für Radiologen mit der Maßgabe aufzuheben seien, dass Zulassungen nur bis zum erneuten
Eintreten einer Überversorgung erfolgen dürften. Wörtlich heißt es in dem Beschluss:
"Anträgen auf Zulassung für diese Bereiche/Arztgruppen/Psychologische Psychotherapeuten kann - sofern die zulassungsrechtlichen
Voraussetzungen erfüllt sind - entsprochen werden; allerdings dürfen Zulassungen nur bis zum erneuten Eintreten einer Überversorgung
erfolgen. Der Zulassungsausschuss hat unter denjenigen Antragstellern eine Auswahl zu treffen, deren Zulassungsanträge innerhalb
einer Frist von zwei Monaten nach Veröffentlichung eingegangen sind. Anträge sind zu richten an den jeweiligen Zulassungsausschuss
oder an eine Dienststelle der KVWL."
Der Beschluss wurde in der Ausgabe 8/2006 des Westfälischen Ärzteblatts bekannt gegeben. Daraufhin beantragten der Kläger
und der Beigeladene zu 8. ihre Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Der 1951 geborene Kläger ist seit dem 1.7.2001
in M. als Facharzt für Radiologie niedergelassen. Sein Zulassungsantrag ging am 13.11.2006 beim Zulassungsausschuss für den
Regierungsbezirk D. ein. Der 1941 geborene Beigeladene zu 8. ist seit dem 1.7.1976 als Facharzt für Radiologie und seit dem
1.1.2003 als Facharzt für Nuklearmedizin in einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft niedergelassen
und zur vertragsärztlichen Versorgung in B. zugelassen. Er beantragte mit am 11.8.2006 beim Zulassungsausschuss eingegangenen
Schreiben seine Zulassung als Facharzt für Radiologie in B.. Für den Fall seiner bestandskräftigen Zulassung als Facharzt
für Radiologie verzichtete er auf die Zulassung als Facharzt für Nuklearmedizin.
Mit Beschluss vom 22.11.2006 stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die Zulassung des Beigeladenen zu 8. als Facharzt
für Nuklearmedizin unter der Bedingung der bestandskräftigen Zulassung als Facharzt für Radiologie ende. Gleichzeitig ließ
der Zulassungsausschuss ihn in B. als Facharzt für Radiologie zur vertragsärztlichen Versorgung zu. Den Antrag des Klägers
lehnte der Ausschuss als verspätet ab. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Beschluss vom 26.9.2007 zurück und
ordnete den Sofortvollzug an. Die Bewerbungsfrist von zwei Monaten habe ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung, die hier am
4.8.2006 erfolgt sei, zu laufen begonnen. Die Anordnung einer solchen Frist sei zulässig. Der Kläger habe die Frist mit der
am 13.11.2006 beantragten Zulassung um mehr als einen Monat überschritten. Ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach
§ 27 SGB X möglich sei, könne schon deshalb offenbleiben, weil ein Wiedereinsetzungsantrag nicht gestellt worden sei. Im Übrigen habe
der Beigeladene zu 8. unter Berücksichtigung der in Nr 23 BedarfsplanungsRichtlinien-Ärzte (BedarfsplRL) genannten Auswahlkriterien
zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden müssen.
Im Verlauf des anschließenden Gerichtsverfahrens hat der Beigeladene zu 8. den Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes
in B. gestellt und zum 31.12.2008 auf seine Zulassung mit der Maßgabe der bestandskräftigen Zulassung eines Praxisnachfolgers
verzichtet. Der Zulassungsausschuss hat den einzigen Bewerber, Dr. M., als Facharzt für Diagnostische Medizin auf dem ehemaligen
Vertragsarztsitzes des Beigeladenen zu 8. zugelassen. Hiergegen hat der Kläger Widerspruch erhoben und nach der Zurückweisung
seines Widerspruchs Klage. Das Verfahren ruht derzeit.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 2.9.2009 abgewiesen. Der Beschluss des Landesausschusses sei weder formell noch materiell zu
beanstanden. Der Beklagte sei nur verpflichtet gewesen, Anträge zu berücksichtigen, die bis zwei Monate nach Veröffentlichungsdatum,
mithin bis zum 4.10.2006, eingegangen seien. Das LSG hat mit Urteil vom 12.5.2010 die Berufung hiergegen zurückgewiesen. Nach
§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL habe der Zulassungsausschuss nur die nach der Bekanntmachung des Beschlusses des
Landesausschusses fristgerecht und vollständig abgegebenen Zulassungsanträge zu berücksichtigen. Der Antrag des Klägers sei
aber nicht fristgerecht eingegangen. Die Frist sei als Ausschlussfrist zu interpretieren. Insofern sei schon der Wortlaut
der Regelung unmissverständlich. Dieses Verständnis entspreche auch dem Sinn und Zweck des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL.
Eine Frist von sechs bis acht Wochen sei auch vor dem Hintergrund von Art
12 GG angemessen und ausreichend, um potenzielle Bewerber in die Lage zu versetzen, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen.
Die Grundsätze, die die Verwaltungsgerichte zu Bewerbungsfristen im Beamtenernennungsverfahren entwickelt hätten, ließen sich
auf das Zulassungsrecht nicht übertragen. Schließlich sei auch die Auswahlentscheidung des Beklagten rechtmäßig.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, der Landesausschuss sei nicht befugt, eine Frist für die Bewerbung um einen
Vertragsarztsitz nach einer Entsperrung des Planungsbereichs zu bestimmen. Selbst wenn man eine Kompetenz für die Fristsetzung
unterstelle, handele es sich nicht um eine Ausschlussfrist. Schließlich sei für eine solche Frist auch der Ablauf nicht wirksam
in Gang gesetzt worden. Der Beklagte habe außerdem von seinem Ermessen in rechtswidriger Weise Gebrauch gemacht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12.5.2010 und das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 2.9.2009
aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 26.9.2007 rechtswidrig gewesen ist.
Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig.
Der Beigeladene zu 8. beantragt ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) sei nicht gehalten, in seinen Richtlinien feste Fristen vorzugeben. Nach der Rechtsprechung
des BSG liege es im Interesse der Sicherstellung der Versorgung, wenn der Landesausschuss die Fristsetzung an den besonderen
Gegebenheiten des jeweiligen Planungsbereichs ausrichte. Zu einem geordneten Auswahlverfahren gehöre eine Ausschreibung und
eine Fristsetzung. Nur eine Ausschlussfrist stelle den fairen Wettbewerb unter Konkurrenten sicher. Zulassungsverfahren könnten
sonst durch noch am Tag der Sitzung des Zulassungsausschusses eingereichte Zulassungsanträge torpediert werden.
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Die angefochtene Entscheidung des Beklagten war rechtswidrig.
1. Nachdem der Beigeladene zu 8. nicht mehr über die ihm erteilte Zulassung verfügt, kann die ursprünglich gegen die Ablehnung
seines Zulassungsantrags gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers gemäß §
54 Abs
1 Satz 1 Halbsatz 2
SGG sowie die Anfechtungsklage gemäß §
54 Abs
1 Satz 1 Halbsatz 1
SGG gegen die Zulassung des Beigeladenen zu 8. nur noch als Fortsetzungsfeststellungsklage nach §
131 Abs
1 Satz 3
SGG fortgeführt werden. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere im Hinblick auf die Präjudizialität für Folgeansprüche zu
bejahen.
2. Rechtsgrundlagen für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung
in einem bislang überversorgten Planungsbereich sind §
95 Abs
2 iVm §
103 Abs
3 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen des § 16b Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und des § 23 BedarfsplRL (in der ab dem 1.4.2007 geltenden Fassung [BAnz
Nr 64 vom 31.3.2007, S 3491], Abs 1 wortgleich mit Nr 23 Satz 1, Abs 3 wortgleich mit Nr 23 Satz 4 und 5 BedarfsplRL idF des
Beschlusses des GBA vom 20.12.2005 [BAnz Nr 68 vom 6.4.2006, S 2539]).
Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die vom dafür zuständigen Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen
(vgl §
90 SGB V) angeordnete Aufhebung der Zulassungssperre die Zulassung nur eines weiteren Facharztes für Radiologie in dem Planungsbereich
ermöglichte und deshalb ein Auswahlverfahren unter mehreren vorliegenden Bewerbungen durchzuführen war.
a. Kommt der Landesausschuss zu dem Ergebnis, dass Überversorgung nicht mehr besteht, ist nach § 23 Abs 1 BedarfsplRL der
Aufhebungsbeschluss mit der Auflage zu versehen, dass Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürfen, bis für die
Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist. Der Senat hat bereits entschieden, dass diese Bestimmung über die partielle Aufhebung
einer Zulassungsbeschränkung rechtmäßig ist (BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 8). In diesem Zusammenhang hat der Senat auch die Übertragung von Regelungsbefugnissen zur
Verfahrensweise bei der Anordnung oder Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen auf den GBA gebilligt.
b. Allerdings bedurfte nach der Rechtsprechung des Senats (aaO RdNr 20 ff) die Regelung in Nr 23 Satz 2 BedarfsplRL (idF vom
15.6.2004 [BAnz Nr 165 vom 2.9.2004, S 19677] = aF) zum Verfahren bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern um einen nach partieller
Entsperrung eines Planungsbereichs zu besetzenden Vertragsarztsitz noch einer weiteren Konkretisierung, um den verfassungsrechtlichen
Vorgaben zu entsprechen. Die Festlegung, dass über die Anträge allein nach Maßgabe der Reihenfolge ihres Eingangs beim Zulassungsausschuss
zu entscheiden ist, genügte den aus Art
12 Abs
1 GG abzuleitenden Anforderungen an eine angemessene Verfahrensgestaltung nicht in vollem Umfang. Da die Gestaltung des Auswahlverfahrens
für einen - wenn auch nur in örtlicher Hinsicht - beschränkt möglichen Berufszugang unmittelbar Einfluss auf die Konkurrenzsituation
und damit auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung nimmt, ist vor allem bei der Art der Bekanntgabe der offenen Stellen und
bei der Terminierung von Bewerbungen und Besetzungsentscheidungen die Komplementärfunktion des Verfahrens für die Verwirklichung
der Berufsfreiheit der Bewerber zu beachten (vgl BVerfGE 73, 280, 296). Durch die Art der Verfahrensgestaltung muss gewährleistet werden, dass eine lediglich von zufälligen Umständen abhängige
und für Manipulationen anfällige Zuteilung der Vertragsarztzulassung nicht stattfindet (BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 21).
Zu dem Verfahren bestimmt § 16b Abs 4 Ärzte-ZV, dass die Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen in den für die amtlichen Bekanntmachungen
der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen ist. Dieses Publikationserfordernis soll sicherstellen,
dass die potenziellen Zulassungsbewerber über die nunmehr wieder bestehenden Zulassungsmöglichkeiten informiert werden (BSGE
94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 22 unter Bezugnahme auf BSGE 79, 152, 154 = SozR 3-2500 § 103 Nr 1 S 3). Hierin kommt nach Auffassung des Senats deutlich die Verpflichtung zum Ausdruck, vor
einer Entscheidung über Zulassungsanträge in dem bislang gesperrten Planungsbereich alle potenziellen Bewerber in gleichmäßiger
Weise und so rechtzeitig über die Zulassungsmöglichkeiten in Kenntnis zu setzen, dass die Bewerber in der Lage sind, ihr Niederlassungsvorhaben
zu konkretisieren und einen vollständigen Zulassungsantrag vorzulegen. Sie müssen daher, bevor nach der Veröffentlichung einer
partiellen Entsperrung eine Auswahlentscheidung getroffen wird, eine reelle Chance haben, die jetzt erst sinnvollen Vorbereitungsmaßnahmen
- zB Erschließung geeigneter Praxisräume, Abklärung der Finanzierung der Niederlassung und Beendigung eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses
- einzuleiten und ihren Zulassungsantrag nach § 18 Ärzte-ZV entsprechend zu gestalten. Der Zulassungsausschuss wird dazu nach
der Rechtsprechung des Senats in der Regel zumindest sechs bis acht Wochen nach Bekanntgabe der neu eröffneten Zulassungsmöglichkeit
abwarten müssen, ehe er seine Auswahlentscheidung unter den bis dahin vollständig vorgelegten Zulassungsanträgen trifft. Nur
wenn ausnahmsweise der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad in dem betroffenen Planungsbereich bereits unterschritten
sein sollte, kann im Interesse einer raschen Sicherstellung der Versorgung der Versicherten ein beschleunigtes Verfahren gerechtfertigt
sein. Im Rahmen einer fairen und transparenten Verfahrensgestaltung wird der Zulassungsausschuss die Bewerber auch über den
Zeitpunkt seiner Auswahlentscheidung unterrichten müssen, damit diese sich auf den Termin einstellen und die notwendigen Unterlagen
für eine Zulassung bis dahin beibringen können (BSG aaO).
Der Senat hat schließlich beanstandet, dass die Auswahlentscheidung selbst in der ergänzenden verfahrensrechtlichen Regelung
in Nr 23 Satz 2 BedarfsplRL aF ausschließlich an die Reihenfolge des Eingangs der Zulassungsanträge beim Zulassungsausschuss
geknüpft wurde (aaO, RdNr 23). Das alleinige Abstellen auf den in tatsächlicher Hinsicht oftmals von vielen Zufälligkeiten
abhängigen Eingang der vollständigen Zulassungsanträge bei dem Ausschuss werde der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Auswahlentscheidung
für die Berufschancen der Bewerber nicht gerecht. Zu einem geordneten Auswahlverfahren für eine exklusiv zu vergebende Position
gehöre vielmehr, dass für alle potenziellen Bewerber dieselbe von vornherein in der Ausschreibung bekannt gegebene Frist zur
Verfügung stehe, um sich zu bewerben und die hierfür erforderlichen Unterlagen beizubringen. Dies könne das sog "Windhundprinzip"
in Nr 23 Satz 2 BedarfsplRL aF nicht gewährleisten.
Dem GBA hat der Senat aufgegeben (aaO, RdNr 24), nähere Regelungen zu treffen, nach denen künftig in einem für alle Bewerber
fairen Verfahren die Auswahl unter mehreren Zulassungsanträgen erfolgen soll. Hierfür komme einerseits der Rückgriff auf Kriterien
in Frage, welche die bestmögliche Versorgung der Versicherten in dem betreffenden Planungsbereich zum Ziel hätten (berufliche
Eignung bzw Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit), die aber in §
103 Abs
4 Satz 4
SGB V bislang nur für die Auswahl im Rahmen einer Praxisnachfolge gesetzlich normiert seien. Andererseits stelle auch das Prioritätsprinzip,
das ebenfalls in §
103 Abs
4 Satz 4 (seit dem 1.1.2009 Satz 5)
SGB V - in Gestalt des Approbationsalters - und zudem in §
103 Abs
5 SGB V - in Form der Wartelisten für gesperrte Planungsbereiche - geregelt ist, prinzipiell ein geeignetes Auswahlkriterium dar.
c. Diesem Auftrag ist der GBA durch den Beschluss vom 20.12.2005 über eine Änderung der BedarfsplRL nachgekommen (BAnz Nr
68 vom 6.4.2006, S 2539). Er hat im Hinblick auf die Entscheidung des Senats die Regelung, dass über die Anträge allein nach
Maßgabe der Reihenfolge ihres Eingangs beim Zulassungsausschuss zu entscheiden ist, aufgehoben. Gleichzeitig hat er in Nr
23 Satz 4 Nr 1 (seit dem 1.4.2007: § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1) BedarfsplRL die Bestimmung aufgenommen, dass der Beschluss des
Landesausschusses über die partielle Entsperrung eines Planungsbereichs zum nächstmöglichen Zeitpunkt in den für amtliche
Bekanntmachungen der KÄV vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen ist. In der Veröffentlichung sind nach Nr 23 Satz 4 Nr 2
Satz 1 (seit dem 1.4.2007: § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 1) BedarfsplRL die Entscheidungskriterien nach Nr 3 und die Frist (in
der Regel sechs bis acht Wochen) bekannt zu machen, innerhalb der potentielle Bewerber ihre Zulassungsanträge abzugeben und
die hierfür erforderlichen Unterlagen gemäß § 18 Ärzte-ZV beizubringen haben. Dem Zulassungsausschuss hat der GBA in Nr 23
Satz 4 Nr 2 Satz 2 (seit dem 1.4.2007: § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 2) BedarfsplRL vorgegeben, bei dem Auswahlverfahren nur
die nach der Bekanntmachung fristgerecht und vollständig abgegebenen Zulassungsanträge zu berücksichtigen. Als Kriterien für
die Auswahl nach pflichtgemäßem Ermessen hat der GBA in Nr 23 Satz 4 Nr 3 (seit dem 1.4.2007: § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3) BedarfsplRL
die berufliche Eignung, die Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, das Approbationsalter und die Dauer der Eintragung
in die Warteliste gemäß §
103 Abs
5 Satz 1
SGB V aufgenommen. In Nr
23 Satz 5 (seit dem 1.4.2007: § 23 Abs 3 Satz 2) BedarfsplRL wurde schließlich bestimmt, dass bei der Auswahl unter mehreren
geeigneten Bewerbern die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes und ihre Beurteilung im Hinblick auf die bestmögliche Versorgung
der Versicherten berücksichtigt werden.
Den vom Senat statuierten Anforderungen ist damit Genüge getan. An die Stelle des "Windhundprinzips" hat der GBA konkrete
Eignungskriterien gesetzt, wobei er die vom Senat genannten Kriterien aufgegriffen hat. Dass er keine Vorgaben für die Gewichtung
der Kriterien gemacht hat, ist nicht zu beanstanden und ermöglicht eine an den besonderen Umständen jedes Einzelfalls orientierte
Beurteilung (vgl Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, S 143). Für die Verfahrensgestaltung hat er vorgegeben,
dass der Beschluss über die partielle Entsperrung in den dafür vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen ist, womit der Anforderung
des § 16b Abs 4 Ärzte-ZV genügt wird. Es entspricht der Forderung nach einer fairen und transparenten Verfahrensgestaltung,
dass der veröffentlichte Beschluss die Kriterien nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 BedarfsplRL und eine Frist benennen muss, in
der der vollständige Zulassungsantrag zu stellen ist. Bei der Bestimmung der Länge der Frist hat der GBA die vom Senat benannte
Zeitspanne von "zumindest sechs bis acht Wochen" (BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 22) aufgegriffen. Dass er auch insoweit auf eine exakte Festlegung verzichtet, entspricht
ebenfalls der Entscheidung des Senats, der auch ausgeführt hat, dass ein besonderer Versorgungsbedarf im Planungsbereich eine
Verkürzung der Frist rechtfertigen kann, es mithin sinnvoll erscheint, die Frist jeweils nach den Gegebenheiten des Einzelfalls
zu bestimmen. Schließlich hat nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL der Zulassungsausschuss nur fristgerecht und
vollständig vorgelegte Zulassungsanträge zu berücksichtigen.
d. Die vom Landesausschuss festzusetzende Frist für die Antragstellung ist als Ausschlussfrist zu qualifizieren (aA Bayerisches
LSG Urteil vom 23.4.2008 - L 12 KA 443/07 -, MedR 2009, 491). Dem LSG ist zuzustimmen, dass bereits die strikte Anordnung in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL, wonach der Zulassungsausschuss
nur fristgerecht und vollständig abgegebene Zulassungsanträge berücksichtigt, ein solches Verständnis nahelegt. Dafür spricht
aber vor allem der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit in einem grundrechtsrelevanten Bereich. Im Lichte des Grundrechts aus
Art
12 Abs
1 GG ist das Auswahlverfahren so auszugestalten, dass es in seiner zeitlichen Abfolge eindeutig vorhersehbar und in seiner Dauer
angemessen ist. Das dient auch dem durch Art
12 Abs
1 iVm Art
3 Abs
1 GG gewährleisteten Anspruch auf Chancengleichheit. Daneben besteht an der zeitnahen Erteilung einer Zulassung regelmäßig ein
besonderes öffentliches Interesse, weil die Besetzung vakanter Vertragsarztsitze einer lückenlosen Versorgung der Versicherten
dient.
Die vom Landesausschuss kraft der Ermächtigung durch die BedarfsplRL gesetzte Frist ist eine behördlich gesetzte Frist iS
des § 26 SGB X. Hierzu gehören auch Fristen, für die zwar ein gesetzlicher Rahmen besteht, der aber von der Behörde konkretisiert werden
kann (vgl Hauck in Hauck/Noftz, SGB X, Stand August 2011, K § 26 RdNr 4a). So liegt der Fall hier. § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 1 BedarfsplRL sieht eine Frist von in der Regel sechs bis acht Wochen
vor; innerhalb dieses Rahmens erfolgt zur Vorbereitung der Zulassungsentscheidung die konkrete Festsetzung durch den Landesausschuss.
Wird eine solche behördlich gesetzte Frist versäumt, kann zwar keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X erfolgen, die Frist kann aber nach § 26 Abs 7 SGB X verlängert werden. Das gilt auch, soweit die behördliche Frist als Ausschlussfrist zu verstehen ist (vgl BSG SozR 5750 Art
2 § 51a Nr 66 S 140). Die Entscheidung über die Fristverlängerung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (vgl von Wulffen
in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 26 RdNr 13). Insofern besteht eine Parallele zu den Bewerbungsfristen im Beamtenrecht, die von der verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung allerdings als Ordnungsfristen angesehen werden (vgl OVG NRW Beschluss vom 19.5.2011 - 6 B 427/11 - juris RdNr 6; OVG NRW Beschluss vom 5.4.2002 - 1 B 1133/01 - juris RdNr 13; Bayerischer VGH Beschluss vom 17.12.2009 - 3 CE 09.2494 - juris RdNr 27 ff). Es kann dahinstehen, ob es dem Schutz des Grundrechts aus Art
12 Abs
1 GG dient, wenn die Berücksichtigung einer nicht fristgerecht eingereichten Bewerbung bzw eines Antrags von dem - im Einzelfall
schwer nachvollziehbaren und vor allem nachprüfbaren - Stand des Bewerbungsverfahrens statt von der strikten Einhaltung einer
für alle Beteiligten gleichen und leicht nachvollziehbaren Frist abhängig gemacht wird. Im Hinblick auf die Besonderheiten
des vertragsärztlichen Zulassungsverfahrens sind jedenfalls insofern Modifikationen geboten. Im formalisierten Zulassungsverfahren
wird eine Verlängerung der Antragsfrist im Hinblick auf den Gleichbehandlungsanspruch der potentiellen Bewerber einerseits
und das Interesse an einer funktionsfähigen vertragsärztlichen Versorgung andererseits regelmäßig nur in Betracht kommen,
wenn außergewöhnliche Umstände vorgetragen oder ersichtlich sind. Erfolgt ausnahmsweise eine Verlängerung der Bewerbungsfrist,
ist diese wiederum in derselben Weise zu veröffentlichen wie die erste Fristsetzung (vgl Hesral in Ehlers, Fortführung von
Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 1152).
Es bedarf keiner Entscheidung, ob auf den erst im November 2006 eingegangenen Zulassungsantrag des Klägers hin die Bewerbungsfrist
hätte verlängert werden müssen oder zumindest dürfen. Jedenfalls durfte die Bewerbung des Klägers hier nicht allein wegen
Fristversäumnis unberücksichtigt bleiben, weil es bereits an einer wirksamen Fristsetzung fehlte. Zwar hielt sich die Länge
der Frist mit zwei Monaten innerhalb der Bandbreite der möglichen Zeiträume von zumindest sechs bis zu acht Wochen. Für eine
transparente Verfahrensgestaltung ist aber weiter erforderlich, dass der Fristablauf von den Betroffenen eindeutig bestimmt
werden kann und damit vorhersehbar ist. Das ist grundsätzlich nur dann gewährleistet, wenn der Fristbeginn und/oder das Fristende
mit einem konkreten Datum benannt sind (vgl BVerfG [Kammer], NVwZ 2011, 113). Daran fehlt es hier. Der Beschluss des Landesausschusses nennt weder ein Datum für den Fristbeginn noch für das Ende der
Frist. Die Bezugnahme auf die "Veröffentlichung" des Beschlusses könnte man allenfalls dann noch als ausreichend bestimmt
ansehen, wenn das Datum der Veröffentlichung im Westfälischen Ärzteblatt als amtlichem Mitteilungsblatt der örtlich zuständigen
KÄV ohne Weiteres erkennbar wäre. Aus dem Gesamtzusammenhang war zwar klar, dass Bezugspunkt die Veröffentlichung des Beschlusses
selbst sein sollte (und nicht die Bekanntgabe gegenüber dem Zulassungsausschuss vgl LSG Baden-Württemberg, MedR 2010, 519). Das Datum des Erscheinens des Westfälischen Ärzteblatts als möglicher Zeitpunkt des Fristbeginns war dem Mitteilungsblatt
jedoch nicht zu entnehmen. An der Überprüfung dieser generellen Tatsache war der Senat nicht durch die in §
163 SGG angeordnete Bindung an tatrichterliche Feststellungen gehindert. Weder auf dem Deckblatt der Zeitschrift noch auf der Seite
des Abdrucks des Beschlusses fand sich ein konkretes Datum. Lediglich die Bezeichnung als Ausgabe "08/06" deutete auf den
Erscheinungszeitpunkt hin. Damit konnte der Fristbeginn hier auch nicht anhand eines Erscheinungsdatums der Veröffentlichung
bestimmt werden.
Das tatsächliche Erscheinen einer Publikation, auf das der Beklagte abgestellt hat, ist für die Bestimmung eines Fristbeginns
ungeeignet. Für Personen, die - wie der Kläger - nicht der Kammer angehören, die die Mitteilungen herausgibt, oder ansonsten
deren regelmäßiger Adressat sind, ist dieses Datum bereits nicht ohne Weiteres erkennbar. Die tatsächliche Verfügbarkeit einer
Zeitschrift ist überdies von zahlreichen Unwägbarkeiten abhängig und erfolgt auch nicht notwendig in dem auf einer der periodisch
erscheinenden Ausgabe ausgewiesenen Monat. Eine Anknüpfung an den letzten Tag im August als Fristbeginn scheidet damit ebenfalls
aus. Der Beklagte hätte den Antrag des Klägers mithin noch berücksichtigen müssen.
Da der Beklagte den Kläger von vornherein nicht in die Auswahl einbezogen, sondern dem aus seiner Sicht einzigen zulassungsfähigen
Bewerber - den Beigeladenen zu 8. - die Zulassung erteilt hat, war der angefochtene Bescheid rechtwidrig. Gründe für eine
Ermessensreduzierung auf Null bei der Auswahlentscheidung sind nicht erkennbar. Es ist vielmehr nicht ausgeschlossen, dass
der Beklagte den Kläger an Stelle des Beigeladenen zu 8. rechtmäßig hätte zulassen können. Angesichts der langjährigen fachärztlichen
Tätigkeit des Klägers und des Beigeladenen zu 8. wäre dem Umstand, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Bewerbung 55 Jahre alt
gewesen ist, keine Bedeutung dahingehend zugekommen, dass der Beigeladene zu 8. hätte vorgezogen werden müssen. Vielmehr hätte
bei einer Bewerberkonkurrenz dieser Art Anlass zu der Prüfung bestanden, ob ein schon 65 Jahre alter Arzt tatsächlich noch
langfristig an der Versorgung der Versicherten teilnehmen will. Das zeigt auch der vom Beigeladenen zu 8. bereits knapp 14
Monate nach der Entscheidung des Beklagten erklärte Zulassungsverzicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Halbsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von §§
154 ff
VwGO.