Honorierung psychotherapeutischer Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung; Einbeziehung probatorischer Leistungen
von Psychotherapeuten in die Punktwertstützung
Gründe:
I. Der Rechtsstreit betrifft die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen in den Jahren 2000 und 2001.
Der Kläger, Diplom-Psychologe, ist zur vertragsärztlichen bzw -psychotherapeutischen Versorgung zugelassen. Die damalige Kassenärztliche
Vereinigung (KÄV) S., deren Rechtsnachfolgerin - nach Vereinigung der vier KÄVen Baden-Württembergs - die beklagte KÄV ist,
hatte die vom Kläger in den Quartalen I/2000 bis IV/2001 erbrachten psychotherapeutischen Leistungen nach dem Abschnitt G
IV des damaligen Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä aF), soweit sie zeitgebunden und
genehmigungsbedürftig waren, mit einem gestützten Punktwert vergütet. Diesen hatte sie anschließend noch mehrfach - jeweils
infolge neuer Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) - erhöht, zuletzt im Verlaufe des damals bereits in der Vorinstanz anhängigen
- zeitweise ruhenden - Klageverfahrens auf schließlich 4,4898 Cent für die im Jahr 2000 und 4,6126 Cent für die im Jahr 2001
erbrachten Leistungen. Sie hatte insoweit ein (Teil-)Anerkenntnis abgegeben, und der Kläger hatte dieses angenommen.
Die Beklagte hatte es aber abgelehnt, den gestützten Punktwert auch für diejenigen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM-Ä
aF zu gewähren, die zwar zeitgebunden, aber nicht genehmigungsbedürftig waren. Insoweit hat der Kläger seine Klage auf höheres
Honorar weitergeführt. Das Sozialgericht (SG) hat diese hinsichtlich der Leistungen nach Nr 860 EBM-Ä aF (Erhebung des psychodynamischen Status mittels biografischer
Anamnese) abgewiesen. Hinsichtlich der Leistungen nach Nr 870 EBM-Ä aF (probatorische Sitzung) hat das SG dagegen die Beklagte unter Änderung ihrer Honorarbescheide für die Quartale I/2000 bis IV/2001 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 22.1.2003 - verurteilt, dem Kläger einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen
(Urteil vom 10.5.2006). In dem Urteil ist ausgeführt, auch die probatorischen Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä aF seien mit dem
gestützten Punktwert zu honorieren. Für die KÄVen, die in ihren Honorarverteilungsregelungen für die psychotherapeutischen
Leistungen "eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten" müssten (§
85 Abs
4 Satz 4
SGB V), habe der Bewertungsausschuss Vorgaben zu normieren (§
85 Abs
4a Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V). Diese habe er in seinem Beschluss vom 16.2.2000 lediglich für die zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen
des Abschnitts G IV EBM-Ä aF getroffen. Er hätte die zeitgebundenen, aber nicht genehmigungsbedürftigen Leistungen einbeziehen
dürfen; hinsichtlich der probatorischen Sitzungen hätte er dies wegen des Gleichbehandlungsgebots tun müssen. Diese seien
in §
28 Abs
3 Satz 2, §
92 Abs
6a Satz 1
SGB V ausdrücklich hervorgehoben und stünden in untrennbarem Zusammenhang mit den Leistungen nach Nr 871 ff EBM-Ä aF. Sie seien
die notwendige Voraussetzung bzw Vorstufe - nämlich Grundlage für die Diagnose und für die weitere Behandlungsplanung - vor
der eigentlichen (genehmigungsbedürftigen) Psychotherapie. Der Zusammenhang sei enger als zB bei der Leistung nach Nr 860
EBM-Ä. Eine Mengenausweitung sei bei den probatorischen Sitzungen ähnlich wie bei den Leistungen nach Nr 871 ff EBM-Ä aF beschränkt,
weil ihre Zahl vor der ersten Antragstellung auf höchstens fünf, bei der analytischen Psychotherapie auf höchstens acht begrenzt
sei. Für die Frage einer Stützung sei das Erfordernis einer Genehmigung ohne Belang; es diene nur der Feststellung der Leistungspflicht
der Krankenkasse (KK). Die probatorischen Sitzungen erforderten auch zumindest den gleichen Aufwand - zB in Bezug auf Konzentration
- wie die weiteren psychotherapeutischen Sitzungen. Sie seien für die Auslastung des Psychotherapeuten ebenfalls relevant;
ihre durchschnittliche Zahl liege zB im Falle des Klägers mit ca 70 je Quartal bei einem Viertel der Gesamtauslastung.
Mit der vom SG zugelassenen (Sprung-)Revision macht die Beklagte geltend, das SG hätte die Klage auf höhere Vergütung auch hinsichtlich der Leistungen nach Nr 870 EBM-Ä aF abweisen müssen. Das SG weiche von Urteilen des BSG ab, in denen dieses die Kombination der Zeitgebundenheit mit der Genehmigungsbedürftigkeit als
entscheidend bezeichnet und eine Stützungspflicht für die probatorischen Leistungen abgelehnt habe. Das SG habe den Sinngehalt des Zusammenhangs zwischen Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit verkannt. Die Genehmigungspflicht
habe nicht etwa nur formale Bedeutung, bewirke vielmehr, dass der Patient diese Leistungen nicht einfach von sich aus nachfragen
und der Therapeut sie nicht daraufhin - ohne Genehmigung der KK - erbringen könne. Die "Nähe" zu den zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen
psychotherapeutischen Behandlungen sei bei den probatorischen Sitzungen nicht so eng, dass der Bewertungsausschuss sie auf
Grund des Gebots der Gleichbehandlung in die Vorgabe der Punktwertstützung einbeziehen müsste. Irrelevant sei auch, wie hoch
der Anteil probatorischer Sitzungen an der Gesamtzahl der Leistungen sei und ob sie für den Therapeuten ebenso aufwendig seien
wie die eigentliche Psychotherapie.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.5.2006 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Revision bereits für unzulässig. Die Beklagte habe nicht deutlich gemacht, welche konkrete revisible Rechtsvorschrift
das SG nicht oder nicht richtig angewendet habe. Die Revision sei zudem nicht begründet. Das SG habe die Beklagte zu Recht verurteilt, ihm - dem Kläger - hinsichtlich der Vergütung der probatorischen Sitzungen der Nr
870 EBM-Ä aF einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Der Bewertungsausschuss habe
einen Spielraum, auch für Leistungen, die zeitgebunden, aber nicht genehmigungsbedürftig seien, Regelungen zu treffen. Dieser
Spielraum sei hinsichtlich der probatorischen Sitzungen auf Null reduziert, in dem Sinne, dass der Ausschuss für sie eine
Stützung ebenso wie bei den Leistungen nach Nr 871 ff EBM-Ä aF vorgeben müsse. Dies folge aus deren Ähnlichkeit und Zusammenhang
mit diesen. Sie seien ebenfalls zeitabhängig. Sie seien auch kaum einer Mengenausweitung zugänglich, wie das SG zutreffend ausgeführt habe, und nur deswegen auch nicht genehmigungsbedürftig. Sie stünden den zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen
Leistungen nahe, sie seien diesen vorgeschaltet. Die Erkenntnisse aus den probatorischen Sitzungen bildeten die Grundlage
für die Entscheidung, ob und welche Psychotherapie zu beantragen sei. Sie seien mindestens ebenso aufwendig wie die eigentlichen
Therapiestunden. Sie nähmen auch einen erheblichen Anteil an den Gesamtleistungen eines Psychotherapeuten ein, nämlich durchschnittlich
15 bis 20 %; die vom BSG vorgenommenen Auslastungsberechnungen seien unzureichend. Gleich hohe Vergütungen für probatorische
Sitzungen seien im Übrigen auch angezeigt, um zusätzliche Anreize für kürzere Behandlungen mit höchstens fünf bis acht Sitzungen
zu geben, wodurch der Bedarf nach längeren genehmigungsbedürftigen Behandlungen reduziert und insgesamt Einsparungen erzielt
würden. Der Bewertungsausschuss müsse den Punktwert der probatorischen Leistungen zumindest auf andere Art gegen ein starkes
Absinken absichern, damit sie nicht - wie in einigen KÄV-Bezirken - wegen zu geringer Vergütung kaum noch erbracht würden.
Der Bewertungsausschuss müsse jedenfalls im Rahmen der ihm aufzugebenden Neufassung des Beschlusses vom 16.2.2000 eine Neuregelung
treffen.
II. Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Gegenstand der Revision ist das Urteil des SG nur noch insoweit, als der Klage auf höhere Vergütung der probatorischen Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä aF stattgegeben worden
ist. Insoweit ist das Urteil des SG zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Revision ist zulässig. Nach §
164 Abs
2 Satz 3
SGG muss die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten und erkennen lassen, welche Bundesrechtsnorm der Revisionsführer
als verletzt ansieht, wobei diese nicht ausdrücklich genannt werden muss (s BSG, Urteil vom 27.6.2007 - B 6 KA 44/06 R -, RdNr 10 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 106 vorgesehen). Diese Ansicht muss zudem in der Revisionsbegründungsschrift
näher erläutert werden (BSG aaO RdNr 10 mwN). Diesen Anforderungen trägt die Revisionsbegründung ausreichend Rechnung. Sie
enthält einen bestimmten Antrag und lässt die als verletzt gerügte Rechtsnorm erkennen, indem ausgeführt wird, die vom SG angenommene Pflicht der Beklagten zur Stützung des Punktwerts auch der probatorischen Sitzungen sei nicht aus §
85 Abs
4 Satz 4 iVm Abs
4a Satz 1
SGB V ableitbar, wie in der Revisionsbegründung näher erläutert wird.
Die Revision ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger keinen Anspruch auf höheres Honorar für die von ihm in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführten probatorischen
Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä aF. Der Bewertungsausschuss war nicht verpflichtet, in der ihm obliegenden Normierung von Vorgaben
für eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit eine Punktwertstützung auch für die probatorischen Sitzungen nach Nr
870 EBM-Ä aF vorzusehen.
Ausgangspunkt sind die Vorschriften des §
85 Abs
4 Satz 4 und Abs
4a Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V (hier zugrunde zu legen in der zum 1.1.2000 in Kraft getretenen Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999,
BGBl I 2626). Danach hat der Bewertungsausschuss für die KÄVen, die in ihren Verteilungsmaßstäben eine angemessene Höhe der
Vergütung psychotherapeutischer Leistungen je Zeiteinheit gewährleisten müssen (§
85 Abs
4 Satz 4
SGB V), den Inhalt der von ihnen zu treffenden Regelungen zu normieren (§
85 Abs
4a Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V).
Der Bewertungsausschuss hat bei dieser Normsetzung - wie jeder Normgeber - Gestaltungsfreiheit. So wie dies für die ihm gemäß
§
87 Abs
1 Satz 1
SGB V aufgetragene Ausformung des EBM-Ä anerkannt ist (stRspr des BSG, s die Nachweise in BSG, Urteil vom 28.1.2004, BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 19), gilt das auch für die ihm gemäß §
85 Abs
4 Satz 4 iVm Abs
4a Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V obliegende Bestimmung von Vorgaben für die Gewährleistung einer angemessenen Vergütung für psychotherapeutische Leistungen
(BSG aaO RdNr 19). Die Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses erstreckt sich dabei auch auf die Entscheidung, für welche
zeitgebundenen Leistungen er eine bestimmte Höhe der Vergütung vorschreibt und für welche nicht.
Ein Anhaltspunkt, die Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses sei dahingehend eingeschränkt, dass er Vorgaben überhaupt
nur für diejenigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä aF treffen könne, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig
sind, ist weder der Wortfassung des §
85 Abs
4 Satz 4 iVm Abs
4a Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V noch den ihr zu Grunde liegenden Materialien aus dem Gesetzgebungsverfahren zu entnehmen. Zwar hat das BSG in seinem Urteil
vom 25.8.1999, auf das der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung reagiert hat, die Punktwertstützung nur für diejenigen zeitgebundenen
Leistungen gefordert, die auch genehmigungsbedürftig sind (BSGE 84, 235, 244 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 260; ebenso Urteil vom 12.9.2001, BSGE 89, 1, 10 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S 337 ff, und Urteil vom 28.1.2004, BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 8 ff, 38). Eine Begrenzung der Normsetzungsaufgabe des Bewertungsausschusses auf nur
diese Leistungen hat aber in der Gesetz gewordenen Fassung keinen Ausdruck gefunden. Diese stellt vielmehr nur auf die Zeitgebundenheit
der psychotherapeutischen Leistungen ab, ohne das weitere vom BSG genannte Merkmal "Genehmigungsbedürftigkeit" in Bezug zu
nehmen (§
85 Abs
4 Satz 4
SGB V: "... Regelungen ..., die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten." - Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz:
"Der Bewertungsausschuss ... bestimmt ... den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4 zu treffenden Regelungen"). Daher ist der Bewertungsausschuss
grundsätzlich befugt, inhaltliche Vorgaben für die angemessene Honorierung psychotherapeutischer Leistungen auch für diejenigen
Leistungen festzulegen, die nur zeitgebunden und nicht genehmigungsbedürftig sind.
Andererseits ist es dem Bewertungsausschuss aber nicht verwehrt, sich darauf zu beschränken, eine Punktwertstützung nur für
diejenigen Leistungen vorzugeben, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind. Eine solche Eingrenzung hält
sich im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass die Gesetzesvorschriften eine
Umsetzung der Rechtsprechung des BSG darstellen, die eine Punktwertstützung nur für die zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen
psychotherapeutischen Leistungen gefordert hat (zur Anknüpfung des Gesetzgebers an die Urteile des BSG vom 20.1.1999 und vom
25.8.1999 siehe die Darstellung im Senatsurteil vom 28.1.2004, BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 8; zum Abstellen auf die Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit
s insbes BSG, Urteil vom 25.8.1999, BSGE 84, 235, 244 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 260). Die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften dahin, dass diese es dem Bewertungsausschuss
gestatten, sich auf Vorgaben für die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen zu beschränken, hat
ihre Bestätigung durch die Gesetzesnovelle des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 erfahren. Der Gesetzgeber
hat mit dieser Gesetzesänderung den vom BSG vorgegebenen Zuschnitt der Arztgruppe, die von der Punktwertstützung profitieren
soll, erweitert, im Übrigen aber die Gesetzesvorschrift unverändert gelassen, also die vom Bewertungsausschuss vorgenommene
Beschränkung auf Vorgaben für die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen nicht korrigieren wollen
(s §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V idF des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190).
Die Begrenzung der Punktwertstützung auf die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen und die Ausgrenzung
derjenigen, die wie die probatorischen Sitzungen nur zeitgebunden, nicht aber genehmigungsbedürftig sind, verstößt auch nicht
- entgegen der Ansicht der Vorinstanz und des Klägers - gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art
3 Abs
1 GG. Dieses gebietet nach ständiger Rechtsprechung dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich
zu behandeln, belässt dem Normgeber aber Gestaltungsfreiheit. Dieser darf auswählen und gewichten, nach welchen Kriterien
er Sachverhalte als im Wesentlichen gleich oder ungleich ansieht; er darf auch pauschalieren, typisieren, generalisieren und
schematisieren. Nur wenn für die gleiche oder ungleiche Behandlung ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt, ist Art
3 Abs
1 GG verletzt (stRspr, vgl zB BVerfGE 115, 381, 389; 116, 164, 180, 182 f; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 27 RdNr 16, 20; BSG, Urteil vom 23.5.2007 - B 6 KA 2/06 R, RdNr 21, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, jeweils mwN).
Nach diesen Maßstäben des Art
3 Abs
1 GG ist es nicht zu beanstanden, dass der Bewertungsausschuss sich darauf beschränkt hat, eine Punktwertstützung nur für diejenigen
zeitgebundenen Leistungen vorzugeben, die auch genehmigungsbedürftig sind. Der Bewertungsausschuss durfte und darf nach dem
Merkmal "Genehmigungsbedürftigkeit" differenzieren. Die in der Psychotherapie-Vereinbarung (hier zugrunde zu legen idF vom
7.12.1998, DÄ 1998, A-3315 - §§ 2 ff) vorgeschriebene Genehmigung der KKn hat - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht nur
formale Bedeutung. Sie verhindert, dass der Patient diese Leistungen einfach von sich aus nachfragen und der Therapeut sie
daraufhin ohne Genehmigung der KK erbringen kann. Deswegen kann dieser solche Leistungen nur in enger begrenztem Maße vermehren;
er kann weder seinen Leistungsumfang noch die abrechenbare Punktemenge allein nach eigener Entscheidung nachhaltig beeinflussen
(BSG, Urteil vom 25.8.1999, BSGE 84, 235, 244 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 260; Urteil vom 12.9.2001, BSGE 89, 1, 11 = SozR aaO Nr 41 S 338). Probatorische Sitzungen kann er demgegenüber rein tatsächlich - wenn auch jeweils nur bis zu
fünf bzw acht Sitzungen (Abschnitt E 1.1.1. der Psychotherapie-Richtlinien, hier zugrunde zu legen idF vom 11.12.1998, BAnz
1999, 249) - bei so vielen Patienten nach eigener Indikationsstellung durchführen und abrechnen, wie sie seine Praxis aufsuchen
(BSGE 89, 1, 12 = SozR aaO Nr 41 S 339). Dieser Unterschied ist vom BSG bereits wiederholt herausgestellt worden (s vorgenannte BSG-Angaben
und Urteil vom 28.1.2004, BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 38). Er ist eine ausreichende Rechtfertigung dafür, dass der Bewertungsausschuss Punktwertstützungen
nur für solche Leistungen vorgeben muss, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind. Dieser ist nicht gehalten,
die Vorgaben für Stützungen auch auf solche Leistungen zu erstrecken, die zeitgebunden, aber nicht genehmigungsbedürftig sind
(so schon BSGE 84, 235, 244 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 260 und BSGE 89, 1, 11 = SozR aaO Nr 41 S 338); dies gilt auch für die Leistungen nach Nr 870 EBM-Ä aF.
Ungeachtet dieser Unterschiede, die den Bewertungsausschuss berechtigen, sich bei seinen Vorgaben gemäß §
85 Abs
4 Satz 4 iVm Abs
4a Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V auf Punktwertstützungen für die zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen zu beschränken, ist aber zu beachten,
dass die probatorischen Sitzungen zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten gehören und bei ihnen deshalb ein
beliebiger Punktwertabfall auf Dauer nicht hingenommen werden darf. Diese Leistungen werden im Gesetz ausdrücklich hervorgehoben
(s §
28 Abs
3 Satz 2, §
92 Abs
6a Satz 1
SGB V), und zwischen ihnen und den zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen der Nr 871 ff EBM-Ä aF besteht ein enger
Zusammenhang. Auf der Grundlage der probatorischen Sitzungen wird die Diagnose gestellt und die Entscheidung getroffen, ob
eine Behandlung im Sinne der Nr 871 ff EBM-Ä aF veranlasst und welche der verschiedenen Behandlungsmethoden (Verhaltenstherapie,
tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder analytische Psychotherapie) die sachgemäße ist, sowie, ob zwischen dem Therapeuten
und dem Versicherten eine ausreichende Beziehungsbasis für eine erfolgreiche Behandlung besteht. Aus dieser zentralen Funktion
probatorischer Sitzungen folgt, dass die KÄVen - im Rahmen der ihr gemäß §
85 Abs
4 Satz 2
SGB V obliegenden Ausgestaltung ihrer Honorarverteilungsregelungen - für sie eine substanzielle Honorierung gewährleisten müssen.
Näherer Erörterung, welchen Punktwert dies erfordert, bedarf es im Rahmen des vorliegend zu entscheidenden Falles allerdings
nicht. Denn für die vom Kläger in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführten probatorischen Sitzungen wurden Punktwerte von deutlich
mehr als 6 Pf (= ca 3 Cent) gewährt; dies jedenfalls reicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Halbsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Danach sind die Kosten des Revisionsverfahrens vom Kläger als dem Unterliegenden zu tragen (§
154 Abs
1 VwGO), während die Kosten des Verfahrens vor dem SG wegen seines teilweisen Obsiegens (einerseits Teilanerkenntnis der Beklagten, andererseits Unterliegen hinsichtlich der Höhervergütung
für Nr 860 und 870 EBM-Ä aF) von den Beteiligten je hälftig zu tragen sind (§
155 Abs
1 Satz 1
VwGO).