Vergütung vertragsärztlicher Leistungen
Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen in der vertragspsychotherapeutischen Versorgung auf der Grundlage von Tagesprofilen für
psychotherapeutische Gesprächsleistungen
Gründe:
I
Im Streit ist die sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorars einer Vertragspsychotherapeutin für die Quartale III/2005
und IV/2005 aufgrund einer Plausibilitätsprüfung.
Die Klägerin ist als Psychologische Psychotherapeutin zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Bezirk der beklagten
Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zugelassen. Die Beklagte berichtigte die gegenüber der Klägerin für die Quartale III/2005
und IV/2005 erlassenen Honorarbescheide und forderte von dieser mit Bescheid vom 2.12.2009 und Widerspruchsbescheid vom 17.6.2010
Honorar in Höhe von insgesamt 10 780,67 Euro (6011,26 Euro für das Quartal III/2005 und 4769,41 Euro für das Quartal IV/2005)
unter Hinweis auf das Ergebnis einer Auswertung der Tages- und Quartalsprofile zurück. Tages- und Quartalsprofile seien Indizienbeweise
für die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung. Grundlage der Tages- und Quartalsprofile sei nicht die in den Gebührenordnungspositionen
(GOP) 35150, 35200, 35201 und 35210 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) als obligater Leistungsinhalt
ausgewiesene Mindestdauer von 50 Minuten, sondern die im Anhang 3 zum EBM-Ä verbindlich festgelegte Prüfzeit von 70 Minuten.
In beiden Quartalen habe die Klägerin an jeweils mehr als 30 Tagen Leistungen mit einem erforderlichen Arbeitszeitvolumen
von täglich mehr als 12 und bis zu 17,5 Stunden abgerechnet. Im Quartal III/2005 habe die Gesamtarbeitszeit der Klägerin für
psychotherapeutische Leistungen mit 801,60 Stunden und im Quartal IV/2005 mit 795,45 Stunden auch die Grenze von 780 Stunden
überschritten. Die von der Klägerin angegebenen Umstände wie eine effektive Praxisorganisation, die auch bei anderen Therapeuten
gegeben seien, könnten derart hohe Arbeitszeiten nicht erklären. Den Rückforderungsbetrag bestimmte die Beklagte, indem sie
das für tagesprofilrelevante Leistungen gezahlte Honorar im Verhältnis der Summe der tagesprofilrelevanten Arbeitszeiten über
12 Stunden zur tagesprofilrelevanten Gesamtarbeitszeit kürzte (15,89 Prozent im Quartal III/2005 und 12,69 Prozent im Quartal
IV/2005).
Das SG Gotha hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 12.3.2014). Die von der Beklagten erstellten Tages- und
Quartalsprofile genügten den Anforderungen an Beweismittel zum Nachweis unrichtiger Abrechnungen. Der Beweis durch Indizien
sei zulässig, weil die tatsächliche Leistungserbringung durch nachträgliche Befragungen von Patienten nicht mehr aufklärbar
sei. Dass die Klägerin Gesprächsleistungen von regelmäßig mehr als 10 Stunden täglich ordnungsgemäß erbringen konnte, lasse
sich mit der behaupteten besonderen persönlichen Leistungsfähigkeit nicht erklären. Auch die von der Beklagten in Ausübung
ihres Schätzungsermessens festgesetzte Honorarkürzung begegne keinen Bedenken. Die Berufung der Klägerin hat das Thüringische
LSG unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG zurückgewiesen (Urteil vom 25.8.2016).
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, dass weder nach §
106a SGB V aF (seit 1.1.2017: §
106d SGB V) noch nach den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt
und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der KÄVen und der Krankenkassen (AbrPr-RL - DÄ 2004, A-2555) aus der Überschreitung
von festgelegten Prüfzeiten unmittelbar auf die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung geschlossen werden könne. Vielmehr habe die
KÄV im Falle von Abrechnungsauffälligkeiten zu prüfen, ob die Leistungen ordnungsgemäß oder fehlerhaft abgerechnet worden
seien. Etwas anderes folge auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG, das im Zusammenhang mit der Frage der erforderlichen Höhe der Vergütung für psychotherapeutische Leistungen eine Vollauslastung
bei wöchentlich 36 Gesprächsleistungen mit einer Dauer von mindestens 50 Minuten unterstellt habe. Das BSG habe damit keine Höchstgrenze für abrechenbare zeitgebundene Leistungen der Psychotherapie festgelegt. Die der Plausibilitätsprüfung
zugrunde zu legenden Prüfzeiten müssten so bemessen sein, dass auch ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Psychotherapeut
Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen könne. Diesen Anforderungen
würden die im Anhang 3 des EBM-Ä festgelegten Prüfzeiten nicht gerecht, weil sie nicht empirisch ermittelt, sondern lediglich
geschätzt und normativ abgeleitet worden seien. Da die Prüfzeiten für psychotherapeutische Gesprächsleistungen mit 70 Minuten
deutlich zu hoch angesetzt seien, könnten sie von einem erfahrenen, geübten und zügig arbeitenden Psychotherapeuten ohne Weiteres
unterschritten werden. Sie, die Klägerin, sei aufgrund ihrer individuellen Fähigkeiten und Erfahrungen sowie der Gestaltung
der Praxisabläufe in der Lage, die zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen im geforderten zeitlichen Mindestumfang
durchzuführen und die im Übrigen mit einer GOP abgegoltenen Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten schneller zu erbringen, als dies die meisten anderen Psychotherapeuten
könnten.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. August 2016 und des Sozialgerichts Gotha vom 12. März 2014 sowie den
Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Die Zeitprofile seien nach Maßgabe der AbrPr-RL erstellt worden.
Überschreitungen der Tagesprofile seien daher geeignete Beweismittel, um die Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen eines Vertragspsychotherapeuten
nachzuweisen. Der gesetzliche Sicherstellungs- und Gewährleistungsauftrag der KÄV liefe ins Leere, wenn bei Vertragspsychotherapeuten,
die im Kern fast nur zeitgebundene Gesprächsleistungen erbringen, Tagesprofilüberschreitungen kein Indizienbeweis für eine
nicht ordnungsgemäße Abrechnung seien. Unabhängig davon habe sie, die Beklagte, aus den Tagesprofilüberschreitungen nicht
unmittelbar auf die nicht ordnungsgemäße Abrechnung der Klägerin geschlossen, sondern weitere Prüfungen durchgeführt und ergänzende
Tatsachen festgestellt. Die Zeitprofile müssten auf Grundlage der in Anhang 3 des EBM-Ä normativ festgelegten Prüfzeiten erstellt
werden. Therapieleistungen seien nicht bereits dann ordnungsgemäß erbracht, wenn das Therapiegespräch mindestens 50 Minuten
gedauert habe, sondern bedürften einer zeitintensiven Vor- und Nachbereitung, die in der Mindestgesprächszeit nicht abgebildet
sei. Im Übrigen sei es selbst bei Berücksichtigung allein der fünfzigminütigen Mindestgesprächszeit in den Zeitprofilen ausgeschlossen,
dass die Klägerin die abgerechneten Therapieleistungen mit der notwendigen hohen Konzentration erbracht habe.
Der Senat hat Stellungnahmen des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (SpiBU) vom 5.10.2018 und der KÄBV vom 8.10.2018 als
Trägerorganisationen des Bewertungsausschusses (BewA) zu den Grundlagen der Festlegung von Prüfzeiten für die psychotherapeutischen
Einzelbehandlungen eingeholt.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Die angefochtenen Bescheide über die sachlich-rechnerische Richtigstellung
des Honorars der Klägerin sind rechtswidrig. Die Klägerin hat Leistungen in den Quartalen III/2005 und IV/2005 zwar unrechtmäßig
abgerechnet, sodass die sachlich-rechnerische Richtigstellung im Grundsatz zu Recht erfolgt ist. Die Honorarberichtigung ist
jedoch der Höhe nach zu beanstanden. Deshalb wird die Beklagte über die Richtigstellung unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Senats erneut zu entscheiden haben.
1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ist §
106a Abs
2 SGB V (hier noch idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 [aF]; heute §
106d Abs
2 SGB V). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität.
Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfung, die für Psychotherapeuten entsprechend gilt (§
72 Abs
1 S 2
SGB V), ist insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Arztes
(§
106a Abs
2 S 2
SGB V aF). Bei der Prüfung nach S 2 ist ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zugrunde zu legen;
zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zugrunde gelegt werden
(§
106a Abs
2 S 3
SGB V aF). Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach §
87 Abs
2 S 1 Halbs 2
SGB V bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen nach S 2 zugrunde zu legen (§
106a Abs
2 S 4
SGB V aF). Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob
die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des
Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - erbracht und abgerechnet worden sind (vgl BSG Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 33/16 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 17 RdNr 19; BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 6 KA 20/13 R - SozR 4-2500 § 117 Nr 6 RdNr 13; s auch Urteil vom heutigen Tag - B 6 KA 45/17 R - RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, jeweils mwN).
Die näheren Einzelheiten des Plausibilitätsprüfungsverfahrens ergeben sich aus §
8 der auf der Grundlage von §
106a Abs
6 SGB V aF vereinbarten AbrPr-RL. Dazu hat der Senat im Beschluss vom 17.8.2011 (B 6 KA 27/11 B - Juris RdNr 6) ausgeführt, dass § 8 Abs 2 AbrPr-RL gleichrangig die Ermittlung eines Tages- und eines Quartalsprofils vorsieht.
Eine weitere Überprüfung nach § 12 erfolgt gemäß § 8 Abs 3 der Richtlinie, wenn die ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen
an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als 12 Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden beträgt.
2. In Übereinstimmung mit den Vorgaben aus §
106a Abs
2 S 4
SGB V aF und §
8 der og Richtlinie hat die Beklagte der Ermittlung der täglichen Arbeitszeiten und der Quartalsarbeitszeiten der Klägerin
hier den vom BewA auf der Grundlage von §
87 Abs
2 S 1 iVm §
106a Abs
2 SGB V aF in Anhang 3 des EBM-Ä festgelegten Zeitaufwand für die von der Klägerin abgerechneten psychotherapeutischen Leistungen
zugrunde gelegt. Allerdings entsprechen die in Anhang 3 EBM-Ä getroffenen Festlegungen nicht in vollem Umfang den gesetzlichen
Vorgaben. Die für psychotherapeutische Leistungen (hier nach GOP 35140, 35150, 35200, 35201 und 35210 EBM-Ä) festgelegte Prüfzeit von 70 Minuten darf nicht zur Grundlage für die Bildung
von Tageszeitprofilen herangezogen werden; dagegen ist die Bildung von Quartalszeitprofilen auf dieser Grundlage nicht zu
beanstanden.
a) Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber dem BewA nach §
87 Abs
2 S 1
SGB V die Aufgabe übertragen hat, die im EBM-Ä bewerteten Leistungen soweit möglich auch mit Angaben für den zur Leistungserbringung
erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen, folgt, dass die Gerichte den ihm in seiner Funktion als Normgeber
zukommenden Gestaltungsspielraum zu respektieren haben (in diesem Sinne bereits zur Festlegung einheitlicher Vergütungsgrundsätze
für psychotherapeutische Leistungen: BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 6 KA 9/07 R - BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 17; BSG Urteil vom 11.10.2017 - B 6 KA 37/17 R - BSGE 124, 218 = SozR 4-2500 § 87 Nr 35, RdNr 35 mwN). Die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich darauf, ob die
äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Dies ist erst dann der
Fall, wenn die getroffene Regelung in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig
ist (so BVerwG Urteil vom 26.4.2006 -6C 19/05 - BVerwGE 125, 384 RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 29.8.2007 - B 6 KA 2/07 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 34 RdNr 15). Die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen des BewA ist somit im Wesentlichen auf die
Prüfung beschränkt, ob sich diese auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen können und ob die Grenzen des Gestaltungsspielraums
eingehalten sind. Sofern eine Norm tatsächliche Umstände zur Grundlage ihrer Regelung macht, erstreckt sich die gerichtliche
Überprüfung insbesondere darauf, ob der (E)BewA seine Festsetzung frei von Willkür getroffen hat (BSG Urteil vom 11.10.2017 - B 6 KA 37/17 R - BSGE 124, 218 = SozR 4-2500 § 87 Nr 35, RdNr 35 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 6 KA 9/07 R - BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 18; jeweils mwN).
Bei den auf der Grundlage von §
87 Abs
2 S 1 iVm §
106a Abs
2 SGB V aF in Anhang 3 des EBM-Ä festgelegten Prüfzeiten handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats um durchschnittliche
Zeiten, die so bemessen sein müssen, dass sie auch von erfahrenen und zügig arbeitenden Ärzten für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung
benötigt werden (BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - RdNr 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vgl bereits BSG Urteil vom 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234, 239 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 14 f = Juris RdNr 26 f). Von der Beachtung dieser Vorgabe kann im Regelfall ausgegangen werden,
wenn die Prüfzeit die für die Ermittlung der Punktzahlen im EBM-Ä zugrunde gelegte Kalkulationszeit unterschreitet. Dabei
ist maßgebend, dass die Kalkulationszeit die zeitliche Beanspruchung im Durchschnitt abbildet, während Prüfzeiten die Leistungsfähigkeit
auch eines besonders erfahrenen und geübten Arztes bzw Psychotherapeuten berücksichtigen. Dem entsprechen die in Anhang 3
zum EBM-Ä getroffenen Festlegungen für die Mehrzahl der Leistungen. Bei zeitgebundenen, nicht delegierbaren Leistungen werden
Prüf- und Kalkulationszeit dagegen regelmäßig übereinstimmen. Selbst wenn in Anhang 3 zum EBM-Ä Prüfzeiten für solche zeitgebundenen
Leistungen nicht ausdrücklich ausgewiesen sind, können die Zeitvorgaben aus der Leistungslegende zum Beweis dafür herangezogen
werden, dass Leistungen in dem abgerechneten Umfang nicht ordnungsgemäß erbracht worden sein können (vgl das Senatsurteil
vom heutigen Tage - B 6 KA 44/17 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe spricht der Umstand, dass die Prüfzeiten für die psychotherapeutischen Gesprächsleistungen
auf 70 Minuten festgelegt worden sind, während die Bewertung im EBM-Ä auf der Grundlage einer Kalkulationszeit von 60 Minuten
(Probatorische Sitzung nach GOP 35150, Psychotherapeutische Einzelbehandlungen in Richtlinienverfahren nach GOP 35200, GOP 35201, GOP 35210 und GOP 35220 EBM-Ä) bzw 55 Minuten (Biographische Anamnese nach GOP 35140 EBM-Ä) erfolgt ist, jedenfalls auf den ersten Blick gegen die Rechtmäßigkeit der vom BewA getroffenen Festlegungen
(vgl Clemens in Schlegel/Voelzke, juris-PK
SGB V, 3. Aufl 2016, §
106d RdNr 194: "nicht logisch"; Kleinke/Kuhlen, AZR 2008, 141, 142 f "innerer Widerspruch"). Wenn die Kalkulationszeit von 60
Minuten den durchschnittlichen Zeitaufwand des Psychotherapeuten zuzüglich delegierbarer Leistungen wiedergeben würde, dann
könnte nicht angenommen werden, dass ein erfahrener und zügig arbeitender Psychotherapeut außerstande wäre, diese Leistung
in weniger als 70 Minuten ordnungsgemäß zu erbringen. Ein Indizienbeweis für eine nicht ordnungsgemäße Abrechnung könnte auf
der Grundlage einer solchen Prüfzeit nicht geführt werden (so ausdrücklich Kleinke/Kuhlen, AZR 2008, 141, 142).
Indes haben die Trägerorganisationen des BewA auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 5.10.2018 (SpiBu) und vom 8.10.2018
(KÄBV) übereinstimmend und nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Festlegung der Prüfzeiten für die psychotherapeutischen
Gesprächsleistungen Besonderheiten zu beachten waren: Um zu gewährleisten, dass ein Arzt durch die Vergütung nach dem EBM-Ä
neben der Erstattung entstehender Kosten den sog kalkulatorischen Arztlohn erhält, wird die zeitliche Inanspruchnahme eines
Arztes bezogen auf eine bestimmte Leistung als Kalkulationszeit abgebildet und mit einem Minutenkostensatz bewertet. Ausgangspunkt
für die Bildung des Minuten-Kostensatzes war dabei eine dem Arzt zur Verfügung stehende (Brutto-)Jahresarbeitszeit von 140
148 Minuten. Diese Brutto-Jahresarbeitszeit wird um Zeiten reduziert, in denen der Arzt Tätigkeiten zu verrichten hat, die
nicht unmittelbar einer einzelnen abrechenbaren ärztlichen Leistung zugeordnet werden können. Für den größten Teil der im
EBM-Ä bewerteten Leistungen ist der BewA davon ausgegangen, dass diese sog Overheadzeiten 12,5 % der Jahresarbeitszeit ausmachen,
sodass 87,5 % der Arbeitszeit (122 629,5 Minuten pro Jahr) für die Erbringung abrechenbarer Einzelleistungen eingesetzt werden
können. Abweichend davon ist der Anteil der Arbeitszeit, die für abrechenbare Leistungen zur Verfügung steht, bezogen auf
die psychotherapeutischen Gesprächsleistungen (Einzelbehandlung) nicht mit 87,5 %, sondern mit 67,5 % in die Ermittlung der
Leistungsbewertung nach dem EBM-Ä eingeflossen. Um die Psychotherapeuten in die Lage zu versetzen, mit ihrem Zeitbudget für
abrechenbare Leistungen denselben kalkulatorischen Arztlohn zu erzielen, sind die Leistungen entsprechend höher bewertet worden.
Das ist rechnerisch über die Einstellung eines sog Produktivitätsfaktors in Höhe von 67,5 % für die psychotherapeutischen
Einzelbehandlungen bei der Ermittlung der Leistungsbewertung umgesetzt worden.
Hinter dieser Festlegung eines niedrigeren - die Psychotherapeuten begünstigenden - Produktivitätsfaktors steht letztlich
die in der Rechtsprechung zur Ermittlung der Vollauslastungsgrenze entwickelte typisierende Annahme, dass ein Psychotherapeut
unter Berücksichtigung von Feiertagen, Urlaub und Fortbildungsmaßnahmen in 43 Wochen im Jahr jeweils 36 therapeutische Sitzungen
von 50 Minuten Dauer durchführen kann (BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 14/98 R - BSGE 84, 235, 239 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255 f; BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 6/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 9 RdNr 31; vgl Steinhilper, VSSR 2000, 349, 360 f). Damit übereinstimmend kann - wie die Bundesmantelvertragspartner gegenüber dem Senat ebenfalls überzeugend dargelegt
haben - mit dem deutlich unterdurchschnittlichen Produktivitätsfaktor auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Psychotherapeuten
- im Unterschied zu somatisch tätigen Arztgruppen - aufgrund des besonderen inhaltlichen Anspruchs und des Charakters insbesondere
der Therapieleistungen gewisse Zeit für die Reflexion und Supervision benötigen.
Aus der Einstellung eines um 20 Prozentpunkte niedrigeren Produktivitätsfaktors bzw einer um ca 22,9 % niedrigeren Netto-Jahresarbeitszeit
(94 599,9 Minuten anstelle von 122 629,5 Minuten) in die Ermittlung der Leistungsbewertung folgt, dass die Prüfzeit nicht
unmittelbar aus der Kalkulationszeit abgeleitet werden kann, sondern dass auch hier der Produktivitätsfaktor in die Festlegung
einzufließen hat. Mit der Festlegung einer die Kalkulationszeit (60 Minuten) um 16,7 % überschreitenden Prüfzeit (70 Minuten)
hat der BewA seinen Gestaltungsspielraum vor diesem Hintergrund nicht überschritten. Zwar macht die Klägerin zu Recht geltend,
dass nicht aus jeder Überschreitung der in der Rechtsprechung entwickelten Grenze der Vollauslastung auf eine unrichtige Abrechnung
geschlossen werden kann. Das folgt bereits daraus, dass es sich um eine typisierende Festlegung handelt. Indes wird ein Psychotherapeut
unter Berücksichtigung der auf 70 Minuten festgelegten Prüfzeit keineswegs bereits bei Erreichen der in der Rechtsprechung
entwickelten Vollauslastungsgrenze nach den für die Plausibilitätsprüfung entwickelten Maßstäben auffällig, sondern erst bei
der Abrechnung einer ganz erheblich darüber hinausgehenden Leistungsmenge. Der vom Senat typisierend ermittelten Vollauslastungsgrenze
liegt - wie oben dargelegt - die Annahme zugrunde, dass ein Psychotherapeut in der Lage ist, in 43 Wochen im Jahr jeweils
36 therapeutische Sitzungen von 50 Minuten Dauer durchzuführen (BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 6/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 9 RdNr 31; BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 14/98 R - BSGE 84, 235, 239 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255 f = Juris RdNr 25 f). Unter Zugrundelegung einer Prüfzeit von 70 Minuten würde daraus
eine Arbeitszeit von 451,5 Stunden im Quartal resultieren. Die von KÄBV und SpiBu auf der Grundlage von §
106a Abs
6 S 1
SGB V aF (heute: §
106d Abs
6 S 1
SGB V) vereinbarte AbrPr-RL sieht die Durchführung einer Plausibilitätsprüfung wegen Abrechnungsauffälligkeiten jedoch erst bei
Überschreitung einer Gesamtarbeitszeit von 780 Stunden im Quartal vor. Dass die Prüfzeit von 70 Minuten geeignet ist, um auf
dieser Grundlage - bezogen auf das Quartal - Auffälligkeiten hinsichtlich abgerechneter psychotherapeutischer Einzelbehandlungen
festzustellen, die wiederum Anhaltspunkte für die Vermutung einer fehlerhaften Abrechnung geben können, unterliegt demnach
keinem Zweifel.
b) Die vorgenannten Gründe, die die Festlegung einer die Kalkulationszeit überschreitenden Prüfzeit bei der Prüfung nach Quartalszeitprofilen
rechtfertigen, können indes nicht auf die Prüfung nach Tageszeitprofilen übertragen werden. Nach den auch insoweit nachvollziehbaren
Darlegungen der Trägerorganisationen des BewA trägt die niedrigere Bewertung des Produktivitätsfaktors bei den zeitgebundenen
psychotherapeutischen Einzelbehandlungen und damit auch die höhere Festlegung der Prüfzeit dem Umstand Rechnung, dass Psychotherapeuten
aufgrund des Charakters der Therapieleistungen Zeiten für die Reflexion und Supervision benötigen, auf die somatischen Arztgruppen
nicht in demselben Maße angewiesen sind. Diese Tätigkeiten fallen indes typischerweise nicht an einem festgelegten Arbeitstag
an. Vielmehr kann der Therapeut solche Zeiten an Tagen mit besonders hoher Patientenzahl zurückstellen und auf andere Tage
verschieben. Deshalb eignet sich eine die Kalkulationszeit übersteigende Prüfzeit von 70 Minuten nicht für eine Prüfung nach
Tageszeitprofilen (zu den Anforderungen an die Eignung zur Prüfung nach Tageszeitprofilen vgl Steinhilper in Heidelberger
Kommentar Arztrecht Krankenhausrecht Medizinrecht, Abschnitt 4160 RdNr 35). Die Beklagte wird daher bei der Prüfung nach Tageszeitprofilen
die als Kalkulationszeit festgelegten 60 Minuten (bzw für biographische Anamnesen: 55 Minuten) auch als Prüfzeit zugrunde
zu legen haben. In diesen 60 bzw 55 Minuten sind neben der Mindestdauer der Therapie von 50 Minuten die Zeiten für die im
unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang im Durchschnitt mindestens erforderlichen Zeiten der Vor- und Nachbereitung einschließlich
der Dokumentation enthalten.
3. Dagegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beklagte aus einer Überschreitung der für die Tages-
und Quartalszeitprofile festgelegten Grenzen nicht auf die Unrichtigkeit der Abrechnung hätte schließen dürfen. Nach ständiger
Rechtsprechung des Senats kann aus der Überschreitung von Tages- oder Quartalszeitprofilen im Wege des Indizienbeweises auf
die Unrichtigkeit der Abrechnung geschlossen werden (BSG Urteil vom 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234, 238 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 13 f; BSG Urteil vom 26.1.1994 - 6 RKa 29/91 - BSGE 74, 44, 50 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 = Juris RdNr 26; BSG Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 27/11 B - Juris RdNr 9; BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - RdNr 25, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom heutigen Tage - B 6 KA 44/17 R - RdNr 14 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Auswertung der Zeitprofile kann die Fehlerhaftigkeit einer Abrechnung
aufdecken, wobei der Nachweis nicht notwendig ist, welche einzelne abgerechnete Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht ist
(BSG Urteil vom 8.3.2000 - B 6 KA 16/99 R - BSGE 86, 30, 35 = SozR 3-2500 § 83 Nr 1 S 7; BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - RdNr 25; BSG Urteil vom heutigen Tage - B 6 KA 44/17 R - RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Damit im Wesentlichen übereinstimmend bestimmt § 5 Abs 1 S 1 und 2 AbrPr-RL,
dass die Plausibilitätsprüfung ein Verfahren darstellt, mit dessen Hilfe aufgrund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender
Betrachtungen die rechtliche Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen vermutet werden kann. Anhaltspunkte für solche Vermutungen
sind Abrechnungsauffälligkeiten.
Die Klägerin hat im streitbefangenen Zeitraum eine tägliche Arbeitszeit von 12 Stunden auch unter Zugrundelegung einer Prüfzeit
von lediglich 60 Minuten an weit mehr als drei Tagen je Quartal überschritten. Sie hat in beiden Quartalen an zahlreichen
Tagen zwischen 13 und 15 zeitgebundene psychotherapeutische Einzelbehandlungen (Psychotherapien oder Probatorische Sitzungen)
abgerechnet. Nach den Angaben der Beklagten im angefochtenen Bescheid, deren Richtigkeit auch die Klägerin nicht in Zweifel
gezogen hat, hat sie außerdem mit 801,60 Stunden im Quartal III/2005 und mit 795,45 Stunden im Quartal IV/2005 eine Gesamtarbeitszeit
von 780 Stunden im Quartal überschritten.
Die Beklagte und ihr folgend das SG sowie das LSG sind zu Recht davon ausgegangen, dass das von der Klägerin angegebene hohe persönliche Leistungsvermögen und
eine besonders effiziente Praxisorganisation diese Arbeitszeiten nicht erklären können. Zwar kann aus Auffälligkeiten in Gestalt
der Überschreitung einer täglichen Arbeitszeit von 12 Stunden an mindestens drei Tagen im Quartal bzw von insgesamt 780 Stunden
im Quartal noch nicht unmittelbar darauf geschlossen werden, dass Leistungen im Umfang des Überschreitens nicht ordnungsgemäß
erbracht worden seien. Vielmehr führt die KÄV beim Vorliegen von Abrechnungsauffälligkeiten nach § 12 AbrPr-RL weitere Überprüfungen
durch, um festzustellen, ob sich die Abrechnungsauffälligkeiten zugunsten des Arztes erklären lassen. Umstände, die ein erhöhtes
Stundenaufkommen plausibel erscheinen lassen können, sind bei einer Einzelpraxis nach § 12 Abs 3 Nr 1 AbrPr-RL insbesondere
die Anstellung eines Arztes oder Assistenten, Job-Sharing oder Vertreterfälle gemäß Muster 19 der Vordruckvereinbarung. Wie
sich aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt, ist diese Aufzählung nicht abschließend. Allerdings ist in der Rechtsprechung
des Senats geklärt, dass die Regelungen zur Plausibilitätsprüfung keinen Raum für die Zugrundelegung individueller Zeiten
je nach der tatsächlichen oder vermeintlichen Kompetenz des Arztes lassen (BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - RdNr 26 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Ferner kann der Arzt nicht mit Erfolg geltend machen, dass er aufgrund
seines außergewöhnlichen individuellen Leistungsvermögens in der Lage sei, neben der Praxisorganisation einschließlich der
Anleitung und Überwachung von Hilfspersonal und neben der bei Praxen dieser Größenordnung typischerweise auch zu erwartenden
Behandlung von Privatpatienten und von Versicherten anderer Kostenträger (vgl BSG Urteil vom 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 = Juris RdNr 30) regelmäßig abrechenbare ärztliche Leistungen allein für gesetzlich krankenversicherte
Patienten im Umfang von mehr als 12 Stunden täglich bzw von mehr als 780 Stunden im Quartal zu erbringen. §
106a Abs
2 S 3
SGB V aF ermächtigt die KÄV ausdrücklich, bei der Prüfung der Plausibilität einen Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare
Leistungsvolumen zugrunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren
Leistungsvolumina zugrunde gelegt werden. Von der ihnen in §
106a Abs
6 S 1
SGB V aF (heute §
106d Abs
6 S 1
SGB V) eingeräumten Ermächtigung, in Richtlinien ua Vorgaben zu den Kriterien einer solchen Plausibilitätsprüfung zu vereinbaren,
haben die KÄBV und der SpiBu mit der Festlegung auf Tagesprofilzeiten von 12 Stunden Gebrauch gemacht, deren Überschreitung
an mehr als drei Tagen im Quartal Abrechnungsauffälligkeiten belegt. Die KÄV und die Gerichte dürfen aus einer solchen Überschreitung
von Zeitprofilen auf einen Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung schließen, wenn sich diese Überschreitungen
nicht erklären lassen.
In den angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte die von der Klägerin abgerechneten Leistungen im Einzelnen ausgewertet und
ist auf dieser Grundlage nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass die bis zu 15 Psychotherapien mit einem Arzt-Patienten-Kontakt
von mindestens 50 Minuten, die die Klägerin an zahlreichen Tagen abgerechnet hat, so nicht erbracht worden sein können. Dabei
hat die Beklagte berücksichtigt, dass die Klägerin in den beiden streitbefangenen Quartalen Leistungen von mehr als 780 Stunden
abgerechnet und damit auch die eine Abrechnungsauffälligkeit begründende Quartalsarbeitszeit überschritten hat. Nicht zu beanstanden
ist auch die Bewertung des SG - der sich das LSG angeschlossen hat -, dass es der Klägerin angesichts der hohen Konzentration, die die von ihr abgerechneten
psychotherapeutischen Gesprächsleistungen erfordern, nicht möglich gewesen sein kann, alle abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß
zu erbringen. Dabei ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass der Honoraranspruch des Vertragspsychotherapeuten nicht bereits durch die rein körperliche
Anwesenheit oder das Zuhören begründet wird. Vielmehr ist es notwendig, die Äußerungen und Reaktionen des Patienten intellektuell
aufzunehmen, diese zu verarbeiten und fachlich zu bewerten, dem Patienten ein Feedback zu geben und gegebenenfalls steuernd
einzugreifen sowie den Ablauf der Sitzung im notwendigen Umfang zu dokumentieren. Es handelt sich um dynamische Prozesse,
die jederzeit die volle und uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Therapeuten verlangen. Bei dem Umfang der von der Klägerin
abgerechneten Leistungen haben die Vorinstanzen eine diesen Anforderungen entsprechende Erbringung der abgerechneten Leistungen
zu Recht als ausgeschlossen angesehen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin steht diese Bewertung auch nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Disziplinarausschusses.
Auch dieser ist davon ausgegangen, dass die Klägerin gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen hat und dass
dem ihr anzulastenden Fehlverhalten erhebliches Gewicht zukommt. Unter anderem wegen eines nur geringgradigen Verschuldens
im Sinne einer leichten bzw einfachen Fahrlässigkeit hat der Disziplinarausschuss die Ahndung mit einer Verwarnung ausreichen
lassen. Die Unrichtigkeit der Abrechnung als solche wird durch diesen bestandskräftigen Bescheid somit bestätigt.
4. Die Beklagte hat allerdings das Ausmaß der Fehlerhaftigkeit der Abrechnung der Klägerin unrichtig beurteilt und einen zu
hohen Rückforderungsbetrag festgesetzt, indem sie bei der Bildung der Tageszeitprofile zu Unrecht für die psychotherapeutische
Einzelbehandlung Prüfzeiten von 70 anstelle der gebotenen 60 Minuten zugrunde gelegt hat. Im Falle von Abrechnungsauffälligkeiten
hat die KÄV nach § 12 Abs 2, Abs 3 AbrPr-RL "mithilfe ergänzender Tatsachenfeststellungen und Bewertungen" darüber zu entscheiden,
ob und ggf in welchem Umfang die Abrechnung unrichtig ist oder ob sich die Auffälligkeiten zugunsten des Arztes erklären lassen.
In der Sache handelt es sich dabei um eine Schätzung (vgl bereits BSG Urteil vom 26.1.1994 - 6 RKa 29/91 - BSGE 74, 44, 51 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 S 67 f = Juris RdNr 27). Ausgangspunkt der Schätzung durch die KÄV ist stets der Umstand, dass
der Arzt das pro Tag oder Quartal "höchstens abrechenbare Leistungsvolumen" iS des §
106a Abs
2 S 3
SGB V aF überschritten hat. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass die KÄV die Abrechnung des Arztes insoweit korrigiert, als
die Leistungsmenge, die über die quartalsbezogene Auffälligkeitsgrenze hinaus abgerechnet worden ist, von der Honorierung
ausgenommen wird. Je nach Art und Umfang der im Wege der Plausibilitätsprüfung aufgedeckten Abrechnungsfehler kann die Kürzung
auch darüber hinausgehen (Kürzung bis auf den Fachgruppendurchschnitt: BSG Urteil vom 26.1.1994 - 6 RKa 29/91 - BSGE 74, 44 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21). Wenn der Arzt die Streichung der über die Auffälligkeitsgrenze hinaus abgerechneten Leistungen
als fehlerhafte Schätzung in Frage stellen will, muss er Gesichtspunkte anführen, aus denen sich ergeben kann, dass sein Leistungsverhalten
korrekt war, obwohl grundsätzlich die Überschreitung der Zeitgrenzen nach § 8 AbrPr-RL eine Unkorrektheit der Abrechnung indiziert.
Welche Gesichtspunkte insoweit gleichwohl die korrekte Abrechnung belegen könnten, entzieht sich einer generellen Festlegung.
Je deutlicher jedenfalls die Grenzwerte für die zeitliche Implausibilität überschritten werden und je länger der Zeitraum
ist, für den solche Überschreitungen festgestellt werden, desto schwieriger wird es für den betroffenen Arzt zu belegen, dass
sich die Auffälligkeiten "zu seinen Gunsten erklären lassen", wie dies § 12 Abs 3 AbrPr-RL grundsätzlich gestattet. So würde
etwa das Vorbringen eines Arztes, er habe wegen der kurzfristigen Schließung einer fachgleichen Praxis im räumlichen Nahbereich
einen besonders starken Zulauf von Patienten nur durch Ausweitung der Behandlungszeiten über die Grenzen des § 8 Abs 3 AbrPr-RL
hinaus bewältigen können, eine dauerhafte Überschreitung dieser Grenzen nicht erklären können. Hier steht indes fest, dass
die Beklagte und ihr folgend das SG und das LSG bei der Schätzung von falschen Grundlagen ausgegangen sind, die eine erneute Ermittlung und Berechnung des Rückforderungsbetrags
erforderlich machen.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a SGG iVm §
155 Abs
1 S 1
VwGO und berücksichtigt, dass die Überschreitung beim Tageszeitprofil unter Zugrundelegung einer Prüfzeit von 60 anstelle von
70 Minuten deutlich geringer sein wird als die Überschreitung, die die Beklagte der Festsetzung des Regresses zugrunde gelegt
hat.