Anfechtungsberechtigung eines Vertragsarztes gegen die Genehmigung zur Durchführung von Maßnahmen künstlicher Befruchtung
für ein Medizinisches Versorgungszentrum
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der der Beigeladenen zu 1. erteilten Genehmigung zur Durchführung künstlicher
Befruchtung nach §
121a SGB V.
Der Kläger ist als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung mit Sitz in K. zugelassen.
Er verfügt über die Schwerpunktbezeichnung "gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin" und eine Genehmigung zur
Durchführung künstlicher Befruchtung nach §
121a SGB V. Auf diese Maßnahmen entfallen nach seinen eigenen Angaben ca 90 % seines Praxisumsatzes.
Die Beigeladene zu 1. ist eine GmbH, deren Alleingesellschafterin das Klinikum M. gGmbH ist. Sie betreibt ein Medizinisches
Versorgungszentrum (MVZ) in R. und ein MVZ in B.. Für das MVZ R., das in den Fachgebieten Frauenheilkunde und Geburtshilfe
sowie Anästhesiologie ab dem 1.4.2010 zugelassen war, beantragte die Beigeladene zu 1. am 19.8.2010 eine Genehmigung nach
§
121a Abs
2 SGB V, die die Beklagte mit Beschluss vom 26.11.2010 (Bescheid 30.11.2010) erteilte. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies
die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.5.2011 zurück, weil der Kläger durch die erteilte Genehmigung nicht in eigenen
Rechten betroffen sei. Das SG hat mit Urteil vom 25.4.2012 die Klage abgewiesen. Sie sei zwar zulässig, aber unbegründet. Durch die Genehmigung nach §
121a Abs
2 SGB V werde dem MVZ R. nicht die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert, sondern nur ein weiterer
Leistungs- und Abrechnungsbereich genehmigt. Leistungs- und Abrechnungsgenehmigungen wie die Genehmigung zur Durchführung
künstlicher Befruchtungen seien nicht mit einer Ermächtigung und anderen Statusgewährungen vergleichbar, die den Zugang zur
vertragsärztlichen Versorgung eröffneten. Es bestehe auch zwischen dem Kläger und den Beigeladenen kein Vorrang-Nachrangverhältnis.
Das in §
121a Abs
2 Nr
2 SGB V normierte Erfordernis der "bedarfsgerechten" Durchführung der In-vitro-Fertilisationen (IVF) entfalte keine drittschützende
Wirkung. Der Konkurrenzschutz sei allenfalls ein Rechtsreflex.
Das LSG hat mit dem angefochtenen Urteil die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger sei nicht berechtigt, die Genehmigung
zugunsten der Beigeladenen zu 1. anzufechten. Die Genehmigung nach §
121a SGB V sei nicht mit einer Statusgewährung verbunden. Für die Erteilung der Genehmigung seien auch nicht die Zulassungsgremien zuständig,
sondern die Landesverwaltungen. Die Genehmigung sei akzessorisch und untrennbar mit dem Zulassungsstatus verbunden. Insofern
sei sie vergleichbar mit einer Zweigpraxisgenehmigung, bei der der hinzutretende Konkurrent ebenfalls bereits über einen Status
verfüge. Anders als die Zusicherung eines Dialyseversorgungsauftrags ermögliche die Genehmigung zur Erbringung reproduktionsmedizinischer
Leistungen keine Ausnahme von Zulassungsbeschränkungen. Das Gesetz normiere auch keinen Vorrang derjenigen, die bereits über
eine Genehmigung nach §
121a Abs
2 SGB V verfügten. Das Erfordernis der Bedarfsgerechtigkeit solle einer Entwicklung vorbeugen, die durch immer mehr Leistungserbringer
zu einem Absenken der Indikationsschwelle für künstliche Befruchtungen führe. Mit der Genehmigung solle die bedarfsgerechte
Durchführung solcher Leistungen sichergestellt werden. Der Gesetzgeber mache mit der Formulierung "Gewähr für die bedarfsgerechte
Durchführung" die Genehmigung nicht davon abhängig, dass ein von den bereits praktizierenden Genehmigungsinhabern nicht gedeckter
Versorgungsbedarf bestehe. Es komme ansonsten im Gesetz durch besondere Formulierungen zum Ausdruck, wenn der konkurrierende
Status nur bei Vorliegen eines noch bestehenden Versorgungsbedarfs erteilt werde. Jedenfalls nach den zum 1.1.2004 in Kraft
getretenen Leistungseinschränkungen nach §
27a SGB V könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass durch nicht bedarfsgerechte Erbringung genehmigungspflichtiger Leistungen
rechtlich geschützte Interessen von Genehmigungsinhabern berührt würden. Schließlich erfolge auch die Vergütung außerhalb
der Gesamtvergütung, sodass Leistungen eines Konkurrenten nicht zur Verringerung der eigenen Vergütung führen würden.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die Regelung des §
121a Abs
2 SGB V sei drittschützend. Die Leistungen zur künstlichen Befruchtung iS von §
27a SGB V stellten einen eigenständigen Leistungsbereich dar, der eine besondere Praxisstruktur und ein Team von Fachleuten erfordere.
Bei der Genehmigung handele es sich faktisch um eine statusbegründende Entscheidung. Da sie vom Erfordernis der Bedarfsgerechtigkeit
abhänge, komme ihm als Inhaber einer Genehmigung nach §
121a SGB V auch ein Vorrang gegenüber neu hinzutretenden Leistungserbringern zu. Wie bei den Dialyseleistungen sei zu berücksichtigen,
dass im Einzelfall hohe Investitionskosten entstünden.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 5.12.2012 sowie des SG Stuttgart vom 25.4.2012 und den Bescheid des Beklagten vom
26.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.5.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über seinen Widerspruch gegen die der Beigeladenen zu 1. mit Beschluss vom 26.11.2010
(Bescheid vom 30.11.2010) erteilte Genehmigung nach §
121a SGB V zu entscheiden.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Bereits aufgrund des Zulassungsstatus könnten Leistungen zur Herbeiführung
einer Schwangerschaft erbracht werden. Die Genehmigung nach §
121a SGB V eröffne lediglich einen weiteren Leistungsbereich. Sie sei auch anders als die Genehmigung eines Versorgungsauftrags zur
Dialyseversorgung nicht Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung.
Die übrigen Beigeladenen äußern sich im Revisionsverfahren nicht.
II
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Dem Kläger steht die Berechtigung zur (Dritt-)Anfechtung der der Beigeladenen zu 1. für
das MVZ R. erteilten Genehmigung nach §
121a SGB V zu. Die Beklagte wird unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Widerspruch des Klägers gegen die
der Beigeladenen zu 1. erteilte Genehmigung nach §
121a SGB V zu entscheiden haben.
1. Der Senat entscheidet in sog paritätischer Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen
und der Vertragsärzte gemäß §
40 Satz 1, §
33 Abs
1, §
12 Abs
3 Satz 1
SGG. Dieser Rechtsstreit ist den "Angelegenheiten des Vertragsarztrechts" zuzuordnen, wie der Senat bereits mehrfach in Verfahren
entscheiden hat, in denen die Genehmigung nach §
121a SGB V Streitgegenstand war (vgl zuletzt Urteil vom 5.6.2013 - B 6 KA 28/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR - RdNr 11 mwN).
2. Die Revision des Klägers ist begründet. Das LSG hat zu Unrecht entschieden, dass der Kläger nicht zur Anfechtung der der
Beigeladenen zu 1. erteilten Genehmigung berechtigt ist.
a) Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des
Senats zweistufig (s BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22 - 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; zuletzt BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 18 und Nr 31 RdNr 27). Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt
erteilte Begünstigung (zB Zulassung, Ermächtigung) anzufechten. Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung
in der Sache zutrifft.
Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten
(sog defensive Konkurrentenklage), hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG [Kammer] SozR 4-1500 § 54
Nr 4) im Einzelnen dargestellt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach müssen erstens (1) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen
Leistungen anbieten, weiterhin (2) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert
und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner (3) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber
demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom
Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22 - 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 18; zuletzt BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 18 und Nr 31 RdNr 27).
Das BVerfG hat in einem Beschluss vom 23.4.2009 an diese Rechtsprechung angeknüpft (BVerfG [Kammer], Beschluss vom 23.4.2009
- 1 BvR 3405/08 - GesR 2009, 376 = NVwZ 2009, 977) und ausgeführt, dass eine unter dem Aspekt der Berufsfreiheit nach Rechtsschutz verlangende Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse
dann in Frage steht, wenn den bereits zum Markt zugelassenen Leistungserbringern ein gesetzlicher Vorrang gegenüber auf den
Markt drängenden Konkurrenten eingeräumt ist (BVerfG aaO unter II.1.a unter Bezugnahme auf seinen früheren Beschluss vom 17.8.2004).
aa) Die Voraussetzung für die Anfechtungsberechtigung, dass der Anfechtende und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich
die gleichen Leistungen erbringen, ist hier erfüllt. Dafür muss ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen, durch das plausibel
wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten
hat (zuletzt BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22 - 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 30). Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob sich faktisch der Patientenkreis des Anfechtenden mit dem Patientenkreis
desjenigen, dessen Berechtigung angegriffen wird, in relevantem Maße überschneidet (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24: mehr als 5 %; ebenso BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Das Bestehen eines solchen faktischen Konkurrenzverhältnisses ist im Verhältnis von
zwei ca 30 km voneinander entfernt liegenden reproduktionsmedizinischen Praxen plausibel. Angesichts des eng umgrenzten Tätigkeitsbereichs
und der Besonderheit der Leistung, für deren Inanspruchnahme regelmäßig auch weitere Wege in Kauf genommen werden, ist bei
einer solchen Entfernung ein real bestehendes Konkurrenzverhältnis anzunehmen (hierzu und zur Darlegungslast vgl BSGE 103,
269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 26 f, 30; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 22 f).
bb) Die Anfechtungsberechtigung scheitert nicht daran, dass die Genehmigung nach §
121a SGB V keinen vertragsarztrechtlichen Status vermittelt. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10) zur Dialysegenehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren
vom 16.6.1997 entschieden, dass bloße Abrechnungsgenehmigungen nicht von Konkurrenten angefochten werden können, weil sie
nur die Erweiterung des durch die jeweilige fachbezogene Qualifikation eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht
aber diesen Kern selbst und den ihm zugrundeliegenden Basis-Status betreffen. Der entschiedene Fall betraf einen bereits zugelassenen
Arzt, dem die Dialysegenehmigung einen zusätzlichen Leistungsbereich eröffnete. Die Erteilung der Genehmigung hierfür war
allein an Qualitäts- bzw Qualifikationsgesichtspunkten auszurichten. Eine solche Konstellation hat der Senat aber für die
Erteilung eines (Dialyse-)Versorgungsauftrags nach neuem Recht nicht mehr angenommen (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 und Nr 31). Er hat dort vielmehr eine Anfechtungsberechtigung der bereits eine Dialysepraxis betreibenden Berufsausübungsgemeinschaft
bejaht. Dabei hat der Senat zunächst ausgeführt, dass die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags Voraussetzung
für eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1 Buchst e Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) und untrennbar mit dieser Statusentscheidung verbunden ist. Vor allem hat der Senat aber darauf abgestellt,
dass die nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anlage 9.1 (Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassenvertrag Ärzte [BMV-Ä/EKV-Ä])
durchzuführende Bedarfsprüfung Drittschutz für diejenigen vermittelt, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen
sind.
Eine vergleichbare Konstellation ist bei der Genehmigung nach §
121a SGB V gegeben. Zwar besteht keine untrennbare Verknüpfung zwischen Genehmigung und Statusentscheidung wie bei dem Dialyse-Versorgungsauftrag
und der Sonderbedarfszulassung nach § 36 Buchst e Satz 1 BedarfsplRL (in der ab dem 1.1.2013 geltenden Fassung vom 20.12.2012).
Es kann aber grundsätzlich eine Sonderbedarfszulassung für reproduktionsmedizinische Leistungen nach § 36 Buchst a bis c BedarfsplRL
erteilt werden. Die Statusentscheidung setzt dann die vorherige Erteilung einer Genehmigung nach §
121a SGB V durch die zuständige Landesbehörde voraus (zum Vorrang der Genehmigung vgl BSG Urteile vom 5.6.2013 - B 6 KA 28/12 R und B 6 KA 29/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Die Berechtigung, die die Genehmigung nach §
121a SGB V vermittelt, ist unabhängig davon, ob ein vertragsarztrechtlicher Status bereits besteht oder erst angestrebt wird, geeignet,
die Wettbewerbssituation des bereits reproduktionsmedizinisch tätigen Arztes zu beeinträchtigen. Dabei ist unerheblich, ob
infolge der Vergütung außerhalb der Gesamtvergütungen möglicherweise keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Honorierung
der einzelnen Leistungen durch den Hinzutritt eines weiteren Leistungserbringers zu besorgen sind. Mit der Genehmigung zur
Durchführung künstlicher Befruchtungen ist eine ausschließlich hierauf ausgerichtete Praxisführung verbunden, die mit einer
hohen Kostenbelastung einhergeht, und die daher nur bei entsprechender Auslastung einen wirtschaftlichen Betrieb gewährleistet.
Aufgrund des hohen apparativen und personellen Aufwands unterscheidet sich eine reproduktionsmedizinisch ausgerichtete Praxis
so deutlich von einer gynäkologischen Praxis ohne diesen Schwerpunkt, dass die tatsächlichen Auswirkungen einer Genehmigung
denen einer Statusentscheidung nahekommen. Auch wenn in jeder gynäkologischen Praxis Leistungen zur Behandlung von Fertilitätsstörungen
erbracht werden können, wird dem Vertragsarzt oder MVZ mit der Genehmigung nach §
121a SGB V nicht nur ein weiterer, zusätzlicher Leistungsbereich eröffnet, sondern eine qualitativ andersartige Teilnahmemöglichkeit.
Die Krankenbehandlung nach §
27 Abs
1 Satz 4
SGB V zielt darauf ab, die Fähigkeit ganz oder teilweise wiederherzustellen, auf natürlichem Wege eine Schwangerschaft herbeizuführen.
Maßnahmen, die sich als Teil einer künstlichen Befruchtung erweisen, regelt das Gesetz demgegenüber allein im Rahmen des §
27a SGB V (BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 12 RdNr 10), und diese dürfen nur nach vorheriger Genehmigung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt
werden. Die IVF mit anschließendem Embryo-Transfer sowie die übrigen in Ziffer 10 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses
über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung (vgl zu deren Rechtmäßigkeit zuletzt BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 8/12 R - SozR 4-2500 § 27a Nr 14) genannten Methoden setzen eine spezielle apparativ-technische Ausstattung der Praxis voraus und
erfordern das Zusammenwirken mehrerer ärztlicher und nichtärztlicher Fachgebiete. So muss etwa nach Ziffer 22.1 Satz 3 der
Richtlinien neben der operativen Gynäkologie auch die Reproduktionsbiologie mit dem Schwerpunkt der In-vitro-Kultur vertreten
sein. Nicht zuletzt verdeutlicht die insgesamt geringe Anzahl der Leistungserbringer - nach den vom Kläger vorgelegten Daten
des Deutschen IVF-Register im Jahr 2006 im Bundesgebiet 129 - den Grad der erforderlichen Spezialisierung.
cc) Als Genehmigungsinhaber kommt dem Kläger auch Vorrang gegenüber dem Beigeladenen zu 1. zu. Der Senat hat in einer Entscheidung
vom 17.8.2011 (SozR 4-1500 § 54 Nr 26) zum Dialyse-Versorgungsauftrag nach neuem Recht ausgeführt, dass die dort vorgesehene
spezielle Bedarfsprüfung zwar in erster Linie der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen,
daneben aber auch dem Schutz der bereits in diesem Bereich tätigen Leistungserbringer diene. Deutlich werde dies bereits darin,
dass nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä eine "kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die
Dialysepraxis" gewährleistet sein müsse, die wiederum am Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden
Dialysepraxen gemessen werde. Damit würden auch dem einzelnen Leistungserbringer, der sich in einem verhältnismäßig kleinen
Markt hoch spezialisierter Leistungen bewegt, Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang gesichert. Es entspreche sowohl
dem Gemeinwohlinteresse an einer wirtschaftlichen Versorgung als auch den Individualinteressen der Leistungserbringer, wenn
durch die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs der Leistungserbringer untereinander die Wirtschaftlichkeit einer Dialysepraxis
gewährleistet werde (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26). Diese Überlegungen können auf die Genehmigung nach §
121a SGB V übertragen werden.
Der Senat hat dementsprechend mit Urteil vom 5.6.2013 (B 6 KA 28/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) entschieden, dass das Merkmal "bedarfsgerecht" die Prüfung einschließt,
ob andere Leistungserbringer schon in ausreichendem Maße die in Frage stehenden Leistungen erbringen; insoweit sei entsprechend
der Rechtsprechung zu Bedarfsprüfungen bei Zweigpraxen, Sonderbedarfszulassungen und Ermächtigungen (vgl zB BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 53 f und BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 5 RdNr 12; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 18; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 27; vgl auch BSG SozR 4-2500 §
119 Nr 1 RdNr 18) den gemäß §
121a Abs
1 Satz 1 iVm Abs
4 SGB V zuständigen Behörden ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Dabei hat der Senat herausgestellt, dass der Gesetzgeber mit der
Regelung des §
121a SGB V unter anderem das Ziel verfolgt hat, die Zahl der Leistungserbringer zu begrenzen und so ein Absenken der Indikationsschwelle
für Maßnahmen der Reproduktionsmedizin zu verhindern (vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 26 S 72 = Juris RdNr 16 und die dort zitierte BT-Drucks 11/6760 S 16 = BR-Drucks 65/90 S 39). Dieser Gesichtspunkt ist
auch nach der weitgehenden Einschränkung der Leistungen der künstlichen Befruchtung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen
seit Änderung des §
27a SGB V zum 1.1.2004 durch Art 1 Nr 14 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14.11.2003 (BGBl 2003,
2190, 2192) nicht obsolet geworden. Das Merkmal "bedarfsgerecht" ist entgegen der Auffassung des LSG nicht auf die Prüfung zu
beschränken, ob die Leistungen am jeweiligen Bedarf der Versicherten ausgerichtet sind. Wenn der Gesetzgeber einem Absenken
der Indikationsschwelle für Maßnahmen der Reproduktionsmedizin entgegenwirken wollte, steht dies in untrennbarem Zusammenhang
mit der Zahl der Leistungserbringer. Diese stellen die medizinische Indikation für eine Behandlung nach §
27a SGB V und bestimmen damit auch die Grenzen der Leistungen im Einzelfall. Das wird auch bei der Regelung des Verfahrens nach §
121a Abs
3 SGB V deutlich, in der das Merkmal der Bedarfsgerechtigkeit als Kriterium für die Auswahlentscheidung zwischen mehreren geeigneten
Ärzten oder Einrichtungen genannt wird. Nach der Begründung der Vorschrift hat die zuständige Behörde bei ihrer Entscheidung
die Bedarfssituation und den Grundsatz der Vielfalt der Einrichtungsträger zu berücksichtigen (BT-Drucks aaO). Soweit dort
weiter auf §
109 Abs
3 Satz 1 Nr
2 SGB V hingewiesen wird, bestätigt dies ebenfalls die Beurteilung der Bedarfsgerechtigkeit nach der Zahl der Leistungserbringer.
Auch im Rahmen des §
109 Abs
3 SGB V wird die Bedarfsgerechtigkeit - anders als im Krankenhausplanungsrecht, das auf die Eignung zur Bedarfsdeckung abstellt -
danach beurteilt, ob die bereits zugelassenen Krankenhäuser zur Bedarfsdeckung ausreichen (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 25 RdNr 37 ff). Zur Beurteilung der Bedarfsgerechtigkeit gehört mithin auch die Prüfung, ob andere Leistungserbringer
schon in ausreichendem Maße die in Frage stehenden Leistungen erbringen.
Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber war rechtlich nicht gehalten, die Kriterien für eine Bedarfsprüfung
im Einzelnen vorzugeben. Insofern kann vielmehr auf die für die Bedarfsbeurteilung etwa bei der Erteilung einer Ermächtigung
oder der Genehmigung einer Zweigpraxis entwickelten Prüfungsgesichtspunkte zurückgegriffen werden. In dem am 5.6.2013 entschiedenen
Fall (B 6 KA 28/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) hat der Senat gebilligt, dass die dort beklagte Landesärztekammer im
Hinblick darauf, dass am Ort der beabsichtigten Zweigpraxis bereits andere Leistungserbringer mit entsprechender Qualifikation
und Genehmigung gemäß §
121a SGB V und mit ausreichendem Leistungsangebot tätig waren, die Erteilung einer Genehmigung abgelehnt hatte. Nach den Feststellungen
des LSG erbrachte der bereits tätige Leistungserbringer alle erforderlichen Leistungen in der gebotenen Qualität und verfügte
über ausreichende Kapazitäten ohne Wartezeiten für weitere Patienten. Dabei basierten diese Feststellungen nicht allein auf
Angaben des Leistungserbringers selbst, sondern hatten ihre Bestätigung in Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV)
gefunden. Betont hat der Senat, dass die Bedarfsgerechtigkeit nicht für die spezielle Patientenschaft einer Praxis zu beurteilen
ist, sondern abstrakt bezogen auf die in deren Einzugsbereich lebenden Versicherten. Es kann offen bleiben, ob die Größe des
Einzugsbereichs für die reproduktionsmedizinischen Leistungen allgemein oder jeweils nur konkret anhand der regionalen Besonderheiten
bestimmt werden kann. Angesichts der räumlichen Entfernung der Praxis des Klägers von derjenigen der Beigeladenen zu 1. ist
ohne Weiteres von einer Überschneidung auszugehen.
b) Da die Beklagte und die Vorinstanzen eine Anfechtungsberechtigung des Klägers verneint haben, hat eine Überprüfung der
Bedarfsgerechtigkeit der der Beigeladenen zu 1. erteilten Genehmigung bislang nicht stattgefunden. Die Beklagte wird diese
Prüfung nun nachzuholen haben. Dazu wird die KÄV den Auslastungsgrad der klägerischen Praxis mitzuteilen haben. Da der Kläger
sich auf die drittschützende Wirkung nur berufen kann, soweit er selbst betroffen ist, kommt es in diesem Verfahren ausschließlich
auf seine Auslastung an.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von §
154 Abs
1, §
162 Abs
3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten Beigeladener ist danach nicht veranlasst.
Die Beigeladene zu 1. hat sich dem im Verfahren erfolglosen Antrag der Beklagten angeschlossen; die Beigeladenen zu 2. bis
7. haben im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).