Berufsschadensausgleich in der Kriegsopferversorgung, vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben
Gründe:
I
Streitig ist die Gewährung von Berufsschadensausgleich (BSchA).
Der 1938 geborene Kläger erlitt im Mai 1945 auf der Flucht vor sowjetischen Truppen eine Verletzung am linken Unterarm, in
deren Folge der Arm unterhalb des Ellenbogengelenks amputiert wurde. Der Beklagte erkannte zuletzt durch bindenden Bescheid
vom 23. März 1984 als Schädigungsfolgen "Verlust des linken Unterarmes, Stumpflänge fünf Zentimeter, Bewegungseinschränkung
des Ellenbogengelenks" an und stellte fest, die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei hierdurch um 60 vH gemindert.
Seinen schulischen Weg beendete der Kläger im März 1956 mit der mittleren Reife. Anschließend war er als Praktikant in einer
Wäscherei tätig und begann 1957 eine Ausbildung zum Wäschereikaufmann. Diese beendete er nicht, arbeitete kurzfristig als
Aushilfe in der Wäscherei der Eltern und absolvierte vom 1. April 1958 bis zum 31. März 1961 eine Ausbildung zum (Industrie)Kaufmann.
Nach deren erfolgreichem Abschluss arbeitete er wiederum in der Wäscherei der Eltern und legte 1965 die Prüfung als Textilpflegemeister
ab. Als solcher war er danach sowohl im elterlichen Betrieb, als auch zur Aushilfe bei seinem Bruder beschäftigt. Im Mai 1969
nahm er eine Stelle als Betriebsassistent an. Ab 1970 besuchte er das L. , um dort die Reifeprüfung
nachzuholen, mit dem Ziel, Gewerbelehrer zu werden. Diese Ausbildung beendete er wegen des Todes der Eltern vorzeitig. Zwischen
1972 und 1977 arbeitete der Kläger als Textilpflegemeister - nach seinen eigenen Angaben als Betriebsleiter - und Industriekaufmann.
Nach einer kurzen Zeit als Aushilfe im Betrieb des Bruders meldete er sich dann im Februar 1977 arbeitslos. Während des Leistungsbezugs
vom Arbeitsamt absolvierte er einen Lehrgang zum Erwerb betriebswirtschaftlichen Grundwissens (Oktober 1977 bis Juni 1978)
und nahm an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beim Finanzamt (Juli bis Dezember 1979) teil. 1980 folgte ein Lehrgang zum Speditionskaufmann,
den er mit einer Prüfung abschloss und dem sich - nach seinen eigenen Angaben - eine Tätigkeit als Speditionskaufmann bei
der Firma T. bis Februar 1984 anschloss. Von März bis Oktober 1984 war er nochmals als Wasch- und
Plättmeister tätig und arbeitete von Januar 1989 bis Januar 1990 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in der Universitätsbibliothek
F. . Im Übrigen bezog er von Oktober 1984 bis Juni 1990 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit vom Arbeitsamt.
Ein erster Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung wurde 1984 von der Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte (BfA) mit der Begründung abschlägig beschieden, dieser sei noch in der Lage, seine bisherigen Berufe als Wasch-
und Plättmeister sowie Speditionskaufmann vollschichtig auszuüben. Durch Bescheid vom 5. August 1991 bewilligte ihm die BfA
dann (rückwirkend ab 1. Juni 1990) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit mit der Begründung, er könne auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt zwar noch halb- bis untervollschichtig Erwerbstätigkeiten verrichten, der Teilzeitarbeitsmarkt sei jedoch verschlossen.
Die Zeitrente wurde durch Bescheid vom 23. September 1994 verlängert und ab 1. April 1997 in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit
auf Dauer umgewandelt.
Zwei Anträge des Klägers auf Gewährung von BSchA wurden durch bindend gewordene Bescheide des Beklagten abgelehnt (Bescheid
vom 16. Juni 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 1988, bestätigt durch Urteil des Sozialgerichts
Frankfurt am Main >SG< vom 18. August 1992, sowie Bescheid vom 9. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 15. Mai 1996). Zur Begründung führte der Beklagte, wie auch in einem erläuternden Schreiben an den Kläger vom 21. November
1996, aus: Selbst wenn angenommen werde, der Kläger habe die Ausbildung zum Wäschereikaufmann aus gesundheitlichen Gründen
abgebrochen - immerhin sei er Textilpflegemeister geworden -, seien die Ausbildungsberufe zum Industrie- und Speditionskaufmann
zumindest gleichwertig. Weder in den Ausbildungen, noch bei der Ausübung dieser Berufe sei er durch die Schädigungsfolgen
beeinträchtigt. Den Besuch des L. , um die Reifeprüfung zu erlangen, habe er nicht aus gesundheitlichen
Gründen abgebrochen. Seine Arbeitslosigkeit hänge ebenso wenig wie die Verrentung wegen Erwerbsunfähigkeit mit den Schädigungsfolgen
zusammen, sondern sei auf die Arbeitsmarktsituation zurückzuführen.
Der jetzt streitige, im Januar 1998 gestellte Antrag des Klägers auf BSchA wurde durch Bescheid vom 9. März 1998 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 12. März 1999 abschlägig beschieden. Zur Begründung bezog sich der Beklagte zum einen auf seine
bisherigen Ausführungen und führte ergänzend aus: Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei im Wesentlichen auf die schlechte
Arbeitsmarktsituation für Erwerbsgeminderte zurückzuführen. Um etwaigen Änderungen - sowohl in der gesundheitlichen Situation
als auch am Arbeitsmarkt - Rechnung tragen zu können, sei die Rente zunächst auf Zeit bewilligt worden. Die Umwandlung in
eine Dauerrente sei nur deswegen erfolgt, weil eine weitere Befristung auf Grund von §
102 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) nicht mehr möglich und mit dem Wiedererlangen einer vollen Erwerbsfähigkeit nicht zu rechnen gewesen sei.
Auch im Gerichtsverfahren ist der Kläger bislang erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 8. November 2001 und Urteil des Hessischen Landessozialgerichts >LSG< vom 18. November 2004). Das LSG hat zur Begründung
im Wesentlichen dargelegt:
Der Beklagte habe bei der Erteilung der Bescheide aus den Jahren 1986 bis 1996 das Recht weder unrichtig angewandt, noch sei
er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen (§ 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch >SGB X<). Der Gewährung von BSchA stehe
zwar nicht entgegen, dass bei dem Kläger keine besondere berufliche Betroffenheit iS des § 30 Abs 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) festgestellt worden sei. Gleichwohl habe er in der Vergangenheit keinen Anspruch auf BSchA gehabt; auch stelle die Umwandlung
der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit in eine solche auf Dauer keinen neuen anspruchsbegründenden Tatbestand dar.
Es seien dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der berufliche Lebensweg des Klägers ohne die anerkannten
Schädigungsfolgen anders verlaufen wäre. Der Berufseinstieg als Wäscher und Plätter erscheine auf Grund der familiären Verhältnisse
folgerichtig. Der Kläger habe alle Berufsausbildungen erfolgreich abgeschlossen; er sei nicht schädigungsbedingt an dem Erlernen
und Ausüben der verschiedenen Berufe gehindert gewesen. Hinweise dafür, dass die Ausübung der Berufe schädigungsbedingt eine
besondere Tatkraft erfordert habe, seien ebenfalls nicht vorhanden. Die häufigen Zeiten der Arbeitslosigkeit seien tatsächlich
und rechtlich wesentlich auf die Arbeitsmarktsituation zurückzuführen. Raum für die Anwendung von § 30 Abs 14 BVG iVm § 7 Abs 1 Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) bestehe nicht; die Berechnungsvorschrift für BSchA auf Grund einer Schädigung
vor der Beendigung der Schulausbildung sei nur dann anzuwenden, wenn die Schädigung den beruflichen Werdegang beeinträchtigt
habe.
Die Gewährung der Zeitrente beruhe neben den Schädigungsfolgen auf einer reaktiven Depression und entscheidend auf der Arbeitsmarktlage.
Die Umwandlung der Zeit- in die Dauerrente sei nur unter dem Aspekt des §
102 SGB VI und damit des Auslaufens der Fristen für eine Weitergewährung der Zeitrente beachtlich. Ein schädigungsbedingtes Ausscheiden
aus dem Erwerbsleben könne auch nicht im Wege der Beweiserleichterung unterstellt werden, vergleichbar dem Ausscheiden wegen
Rentenbezugs auf Grund von Schwerbehinderung ab Vollendung des 60. Lebensjahres. Mit dieser von der Rechtsprechung entwickelten
Beweiserleichterungsregel sollten lediglich die Schwerbeschädigten beim Zugang zum kriegsopferrechtlichen BSchA den schwerbehinderten
Arbeitnehmern und Beamten gleichgestellt werden, die mit 60 Jahren allein durch ihren Antrag und die Vorlage des Schwerbehindertenausweises
den rentenrechtlichen Versicherungs- oder beamtenrechtlichen Versorgungsfall herbeiführen könnten. Hier sei eine andere Fallgestaltung
gegeben, in der eine Beweiserleichterung nicht in Betracht komme.
Der Kläger rügt mit der vom LSG zugelassenen Revision die Verletzung von § 30 Abs 3 BVG. Er trägt vor: Den Schädigungsfolgen komme zumindest die Bedeutung einer wesentlich mitwirkenden Bedingung für sein vorzeitiges
Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu. Zwar sei die Arbeitsmarktlage ausschlaggebend für die Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit
gewesen und es bestehe auf Grund der Nachschadensregelung des § 30 Abs 11 BVG keine Handhabe dafür, allein mit "Arbeitslosigkeit" einen Anspruch auf BSchA zu begründen. Gleichwohl müsse im vorliegenden
Fall berücksichtigt werden, dass er als erwerbsunfähiger Rentner aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei. Gerade die Regelung
des § 30 Abs 11 BVG verbiete es insoweit, die Arbeitsmarktlage in die Anspruchsprüfung einzubeziehen. Die Rente sei zudem nicht als Leistung
wegen Arbeitslosigkeit, sondern Erwerbsunfähigkeit bewilligt worden, also auch wegen der gesundheitlichen Einschränkungen
bei einer schädigungsbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von immerhin 60 vH. Ihm müsse daher die Beweiserleichterung
im Hinblick auf den Bewertungsanteil zugute kommen, in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur
vorzeitigen Altersrente wegen Schwerbehinderung/Schwerbeschädigung. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass ganz allgemein seit
Jahren die vorzeitige Verrentung aus gesundheitlichen Gründen wegen der Arbeitsmarktlage erfolge. Häufig werde dabei auf die
Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zurückgegriffen, wenn im rentennahen Alter beispielsweise die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
für eine vorzeitige Altersrente nicht gegeben seien. Es sei daher nicht einsichtig, wenn in diesen Fallkonstellationen der
Nachweis des schädigungsbedingten Anteils am Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gefordert werde, zumal dieser Nachweis ebenso
schwer zu erbringen sei, wie der bei Eintritt des 60. Lebensjahres und vorliegender Schwerbeschädigung. Ferner sei es in die
wissenschaftliche und öffentliche Diskussion geraten, dass traumatische Kriegsereignisse bei der Bewertung schädigungsabhängiger
Verursachungsanteile noch nicht hinreichend berücksichtigt würden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Hessischen LSG vom 18. November 2004 sowie den Gerichtsbescheid des SG Frankfurt am Main vom 8. November 2001
und den Bescheid des Beklagten vom 9. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 1999 aufzuheben sowie
den Beklagten zu verurteilen, ihm unter Rücknahme des Bescheides vom 16. Juni 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13. September 1988 und des Bescheides vom 9. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 1996
Berufsschadensausgleich zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Ausführungen im Urteil des LSG für zutreffend und führt ergänzend aus: Bei der Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit
hätten Nichtschädigungsleiden und die Arbeitsmarktlage im Vordergrund gestanden. Die Schädigungsfolgen seien keine annähernd
gleichwertige Bedingung für die Rentengewährung gewesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt
(§
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz >SGG<).
II
Die Revision ist zum Teil unzulässig und zum Teil iS der Zurückverweisung an das LSG begründet.
Streitgegenstand des Rechtsstreits ist die Anfechtung des Bescheides vom 9. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 12. März 1999 (im Folgenden: Bescheide 1998/1999) sowie die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von BSchA. Dieser
Streitgegenstand ist wiederum unter drei rechtlich selbstständigen Aspekten zu überprüfen.
Zum einen hat der Beklagte die Gewährung von BSchA vor dem Ausscheiden des Klägers aus dem Erwerbsleben mit der Begründung
abgelehnt, der Kläger sei auf Grund der vielfältigen Ausbildungen, die er absolviert habe, nicht schädigungsbedingt beruflich
beeinträchtigt. Die Arbeitslosigkeit stehe nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit den Schädigungsfolgen. Er hat insoweit
mit den hier angefochtenen Bescheiden 1998/1999 den bestandkräftigen Bescheid vom 16. Juni 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13. September 1988 (im Folgenden: Bescheide 1986/1988) einer erneuten Überprüfung iS des § 44 SGB X unterzogen.
Zum Zweiten hat der Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen für BSchA unter dem Gesichtspunkt des vorzeitigen Ausscheidens
aus dem Erwerbsleben mit dem Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit verneint. Da es sich insoweit um eine rechtlich selbstständige
Begründung handelt, kann es dahinstehen, ob dieser Aspekt bereits Gegenstand des sich an das Verwaltungsverfahren bezüglich
der Bescheide 1986/1988 anschließenden Gerichtsverfahrens vor dem SG Frankfurt am Main und dem Hessischen LSG gewesen ist,
das erst nach dem Beginn der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit beendet wurde (Erledigungserklärung vom 11. November
1993). Ginge man hiervon aus, wären die Bescheide 1986/1988 auch insoweit, allerdings unabhängig von dem erst genannten rechtlichen
Aspekt, nach § 44 SGB X zu überprüfen gewesen. Anderenfalls hätte der Beklagte mit dem Bescheid vom 9. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 15. Mai 1996 (im Folgenden: Bescheide 1995/1996) im Hinblick auf die Begründung des BSchA mit dem vorzeitigen Ausscheiden
aus dem Erwerbsleben über einen neuen Leistungsantrag iS des §
16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) zu entscheiden gehabt. Wird nämlich die Gewährung einer Dauerleistung abgelehnt und stellt der Betroffene wegen dieses Bescheides
später einen Antrag auf einen Zugunstenbescheid gemäß § 44 Abs 1 SGB X, so verfolgt der Betroffene außer dem Maximalziel, die erstrebte Leistung rückwirkend, dh auf Grund des mit dem Altbescheid
abgelehnten Antrages, zu erhalten, auch das weniger weit reichende Ziel, die Leistung wenigstens vom Zeitpunkt seines Neuprüfungsantrages
an zu beziehen, und sei es auch wegen erst nach Erlass des aufzuhebenden Bescheides eingetretener tatsächlicher und/oder rechtlicher
Umstände. Der Kläger begehrt - was sich aus seinem eigenen Vorbringen ergibt - nicht nur die Aufhebung der von ihm für fehlerhaft
gehaltenen Altbescheide, sondern er möchte ggf auch auf anderem Wege die Gewährung der ihm - nach seiner Auffassung - zustehenden
Leistung erreichen. Der Leistungsträger darf in diesem Fall zwar den auf § 44 SGB X gestützten Antrag nicht zugleich als Antrag nach § 48 SGB X behandeln, weil der Altbescheid selbst keine Dauerwirkung entfaltet hat (vgl BSGE 58, 27, 28, 29 = SozR 1300 § 44 Nr 16). Er muss über ihn aber in aller Regel auch als neuen Leistungsantrag entscheiden. Lehnt er
die beantragte Rücknahme des - vom Antragsteller als rechtswidrig angesehenen - Ablehnungsbescheides nach § 44 Abs 1 SGB X ab, so bedeutet dies in aller Regel auch, dass er die Voraussetzungen für eine Leistung unter Berücksichtigung inzwischen
eingetretener neuer Umstände ebenfalls verneint (vgl BSG SozR 3-3100 § 30 Nr 18, S 46, 47). Nach der Begründung der hier angefochtenen
Bescheide 1998/1999 hat der Beklagte die Gewährung von BSchA jedenfalls auch unter diesem Gesichtspunkt erneut verworfen.
Zum Dritten hat der Beklagte mit den Bescheiden 1998/1999 die Gewährung von BSchA wegen eines weiteren hinzugetretenen Umstandes
in der Gestalt der Umwandlung der Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit in eine solche auf Dauer abgelehnt. Für die Einbeziehung
auch dieses rechtlichen Aspekts in den Streitgegenstand gelten die vorhergehenden Ausführungen entsprechend.
Hinsichtlich des ersten Teilaspektes - Überprüfung des Bescheides vom 16. Juni 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13. September 1988 im Hinblick auf eine berufliche Schädigung vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben - ist die Revision
unzulässig. Sie genügt insoweit nicht den Formerfordernissen des §
164 Abs
2 SGG.
Nach §
164 Abs
2 SGG muss die Revision neben einem bestimmten Antrag und der Bezeichnung der verletzten Norm auch die Gründe enthalten, die aus
Sicht des Revisionsführers das Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Erforderlich ist daher eine zumindest kurze Auseinandersetzung
mit den Gründen des angefochtenen Urteils (vgl nur: BSG SozR 1500 § 164 Nr 12). Hieran mangelt es im vorliegenden Fall bezüglich
des Teils des LSG-Urteils, der den erstgenannten rechtlichen Gesichtspunkt betrifft. Das LSG hat insoweit ausgeführt, aus
dem Akteninhalt ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der berufliche Lebensweg des Klägers ohne die anerkannten Schädigungsfolgen
anders verlaufen wäre, als mit den anerkannten Schädigungsfolgen. Der Kläger sei weder schädigungsbedingt gehindert gewesen,
die erlernten Berufe auszuüben, noch sei zu ihrer Ausübung eine besondere Tatkraft erforderlich gewesen. Die häufigen Zeiten
der Arbeitslosigkeit seien auf ein Überangebot an Arbeitskräften, nicht jedoch die Schädigungsfolgen zurückzuführen. Hierauf
geht der Kläger in seiner Revisionsbegründung nicht ein. Er stellt ausschließlich auf das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben
durch den Bezug der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit und später auf Dauer als die seiner Ansicht nach einen Anspruch
auf BSchA auslösenden Faktoren ab.
Im Übrigen ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der in der Sache zu prüfende Anspruch des Klägers richtet sich zunächst nach § 44 Abs 1 SGB X: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden
sind, ist danach der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist im Revisionsverfahren nicht festzustellen. Der Senat kann nicht abschließend
entscheiden, ob der Kläger - entgegen den bindenden Bescheiden - einen Anspruch auf BSchA auf Grund seines Ausscheidens aus
dem Erwerbsleben mit Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hat. Es sind im Übrigen keine nach den Bescheiden 1995/1996
eingetretenen Umstände ersichtlich, die erstmalig einen Anspruch des Klägers auf BSchA begründen könnten.
Zwar kann sich der Kläger weder darauf berufen, er habe in seinem Erwerbsleben eine besondere Tatkraft aufwenden müssen, was
ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bedingt habe (1), noch darauf, dass die Arbeitsmarktlage als Ursache für
die Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit auf Grund der Regelung des § 30 Abs 11 BVG von vornherein außer Betracht zu bleiben habe (2). Auch ist die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Beweiserleichterung
bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben mit einer Altersrente wegen Schwerbehinderung ab Vollendung des 60. Lebensjahres
auf die Situation bei dem Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht übertragbar (3). Es fehlt jedoch an hinreichenden
Feststellungen des LSG dazu, ob die anerkannten Schädigungsfolgen das Ausscheiden des Klägers aus dem Erwerbsleben durch den
Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wesentlich mitbedingt haben (4).
(1) Nach § 30 Abs 3 BVG idF vom 29. Juli 1994 (BGBl I 1890) erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer
Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, nach Anwendung des Abs 2 einen BSchA in Höhe von 42,5 vH des auf volle
Deutsche Mark nach oben abgerundeten Einkommensverlustes (Abs 4) oder, falls dies günstiger ist, einen BSchA nach Abs 6. Spätere
Änderungen des § 30 BVG haben für den Kläger keine günstigere Rechtslage gebracht. In Rechtsprechung und Literatur ist allgemein anerkannt, dass
der Anspruch auf BSchA trotz des Hinweises in § 30 Abs 3 auf § 30 Abs 2 BVG nicht von der vorhergehenden Feststellung eines besonderen beruflichen Betroffenseins abhängig ist. Anspruch auf BSchA kann
auch ohne einen solchen auf Erhöhung der MdE wegen des besonderen beruflichen Betroffenseins bestehen (vgl BSGE 33, 60, 61 = SozR Nr 47 zu § 30 BVG mwN; Urteil des Senats vom 28. April 2005 - B 9a/9 VJ 1/04 R, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR, JURIS; s auch Hansen,
Der Berufsschadensausgleich, 1996, S 68; Förster in Wilke ua Soziales Entschädigungsrecht, 7. Auflage, 1992, § 30 RdNr 44).
Zwar kann es für den Ursachenzusammenhang zwischen Schädigungsleiden und Berufsaufgabe - auch mit Bewilligung einer Rente
wegen Erwerbsunfähigkeit - entscheidend bedeutsam sein, ob der Beschädigte seinem Beruf nur unter Aufwendung von außerordentlicher
Tatkraft nachgehen konnte. Diese tatsächliche Voraussetzung kann sowohl ein besonderes berufliches Betroffensein im Sinn des
§ 30 Abs 2 BVG begründen (vgl BSG SozR 3100 § 30 Nr 22, S 96) als auch einen Anspruch auf die Versorgungsleistung nach § 30 Abs 3 BVG. Falls sie zu bejahen ist, besteht ein starkes Anzeichen dafür, dass die Schädigungsfolgen neben schädigungsunabhängigen
Umständen zumindest eine annähernd gleichwertige Ursache dafür gewesen sind, den Beruf nicht mehr auszuüben und die Rente
in Anspruch zu nehmen.
Das LSG hat im vorliegenden Fall allerdings festgestellt, der Kläger sei in der Ausübung seiner erlernten Berufe durch die
Schädigungsfolgen nicht erheblich behindert gewesen; er habe insoweit wegen der Schädigungsfolgen keine außergewöhnliche Tatkraft
aufwenden und außergewöhnliche Anstrengungen unternehmen müssen. Er sei nicht wegen der Einschränkungen durch die Schädigungsfolgen
arbeitslos geworden, sondern wegen eines Überangebots an Arbeitskräften in den Berufsbereichen, in denen er Kenntnisse besessen
habe. Diese Feststellungen sind für das Revisionsgericht bindend (§
163 SGG). Der Kläger hat dagegen keine Verfahrensrügen erhoben, die den gesetzlichen Anforderungen nach der ständigen Rechtsprechung
der Revisionsgerichte genügten (§
164 Abs
2 Satz 3
SGG; vgl hierzu: BSG SozR Nr
14 zu §
103 SGG; Nr 64 zu §
162 SGG; Nr 28 zu §
164 SGG; BSG Urteil vom 13. August 1986, - 9a RV 12/84, JURIS). Dementsprechend kann er unter diesem Gesichtspunkt keinen BSchA beanspruchen.
(2) Die Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes und damit die Arbeitsmarktlage, geprägt durch hohe Arbeitslosigkeit für
leistungsgeminderte Arbeitnehmer, haben als Ursache für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und damit als wesentlich
mitwirkende Bedingung für das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - nicht von vornherein
außer Betracht zu bleiben. Der Auffassung, der Arbeitsmarktanteil müsse unberücksichtigt bleiben, sodass nur noch der überwiegend
durch die Schädigungsfolgen geprägte gesundheitliche Ursachenanteil für die Rentengewährung Bedeutung erlange, der wegen der
Höhe der festgestellten MdE mit 60 vH für ein schädigungsbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben spreche, kann nicht gefolgt
werden. Entscheidend ist insoweit, dass mit der Arbeitsmarktlage eine weitere Bedingung - neben den anerkannten Schädigungsfolgen
- zu der Möglichkeit des sozial abgesicherten Ausscheidens aus dem Erwerbsleben beigetragen hat. Nur wenn die Arbeitslosigkeit
schädigungsbedingt eingetreten wäre - was das LSG bindend verneint hat -, stünde ihr Anteil an der Gewährung einer Rente wegen
Erwerbsminderung dem Anspruch auf BSchA ohne nähere Prüfung nicht entgegen (vgl BSGE 81, 150 = SozR 3-3100 § 30 Nr 18). Anderenfalls muss bewiesen werden, dass auch in Ansehung der Arbeitsmarktlage die Schädigungsfolgen
wesentlich mitwirkende Bedingungen für die Berufsaufgabe waren.
Soweit § 30 Abs 11 Satz 1 letzter Halbsatz BVG ua die schädigungsunabhängige Arbeitslosigkeit von der Nachschadensregelung ausnimmt, kann hieraus nicht gefolgert werden,
der Anteil der Arbeitsmarktlage an den Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit habe im Rahmen der
Bewertung des Kausalzusammenhangs zwischen Schädigungsfolgen und Berufsaufgabe außer Betracht zu bleiben. § 30 Abs 11 Satz 1 BVG lautet: Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten
einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung, das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer
gemindert (Nachschaden), gilt stattdessen als Einkommen das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der
der Beschädigte ohne den Nachschaden angehören würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben
gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Die Ausnahme der Arbeitslosigkeit von der Nachschadensregelung begründet nur dann
die unwiderlegliche Vermutung, dass unverschuldete Arbeitslosigkeit schädigungsbedingt eingetreten ist, wenn der Beschädigte
auch ohne sie Anspruch auf BSchA hätte. Ein solcher Anspruch kann durch schädigungsfremde Arbeitslosigkeit nur erhöht werden.
Er kann nicht zur Begründung eines Anspruchs auf BSchA dienen (vgl BSGE 81, 150, 154 = SozR 3-3100 § 30 Nr 18). Dieses wäre jedoch hier, würde man die Auffassung des Klägers teilen, die vom Gesetzgeber
nicht intendierte Folge.
Sinn der mit dem Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes
vom 18. Dezember 1975 (HStruktG-AFG - BGBl I 3113) eingeführten Regelung war es zu verhindern, dass in Fällen, in denen ein - unter Umständen auch nur geringer
- schädigungsbedingter Einkommensverlust eingetreten ist, zugleich auch versorgungsfremde, unabhängig von der Schädigung eingetretene
berufliche Einbußen mitentschädigt werden müssen (vgl BT-Drucks 7/4127 S 55). Die Regelung sollte also die öffentlichen Haushalte
vor Mehrbelastungen schützen, die dadurch entstehen können, dass schädigungsunabhängige Ereignisse einen bereits vorhandenen
Einkommensverlust vergrößern. Hiervon hat der Gesetzgeber wiederum eine Ausnahme zugelassen: Vergrößert sich der Einkommensverlust
dadurch, dass der Berechtigte arbeitslos geworden oder altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, so gilt dies
nicht als schädigungsunabhängiger Nachschaden (vgl dazu heute § 30 Abs 11 Satz 1 Halbsatz 2 BVG). Ebenso wenig wie die Ausnahmeregelung eine Handhabe für die Zuerkennung eines sonst nicht vorhandenen Anspruchs auf BSchA
bietet, kann ihr Ursachenanteil bei der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit hinweggedacht werden, um dem schädigungsbedingten
Anteil gleichsam automatisch eine wesentlich mitwirkende Rolle zuweisen zu können. Die Nachschadensregelung ist eine Regelung
zu Lasten des Beschädigten. Sie soll verhindern, dass der BSchA durch Berücksichtigung schädigungsunabhängiger Einkommensverluste
erhöht wird. Besteht ein Anspruch auf BSchA sonst nicht, so kann er nicht durch die in § 30 Abs 11 Satz 1 Halbsatz 2 BVG genannten Umstände, dh nicht durch den Eintritt von (schädigungsfremder) Arbeitslosigkeit, begründet werden. Denn in einem
solchen Fall ist die Nachschadensregelung des § 30 Abs 11 BVG insgesamt, also einschließlich ihrer Ausnahmeregelungen, unanwendbar.
(3) Der Kläger kann sich zur Anspruchsbegründung auch nicht auf eine Beweiserleichterung für das Tatbestandsmerkmal "Ausscheiden
aus dem Erwerbsleben wegen der Schädigungsfolgen" stützen. Seine Situation ist nicht derjenigen vergleichbar, für die das
BSG eine derartige Beweiserleichterung eingeräumt hat. Diese ist begrenzt auf ein sozial gesichertes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben
mit einer vorzeitigen Rente/Versorgung wegen Schwerbehinderung nach dem
SGB VI (vormals Angestelltenversicherungsgesetz/Reichsversicherungsordnung) oder dem Beamtenrecht (vgl BSGE 74, 195 = SozR 3-3100 § 30 Nr 10; SozR 3100 § 30 Nr 78; SozR 3642 § 8 Nr 7; SozR 3-3100 § 30 Nr 2; SozR 3-3642 § 8 Nr 1; SozR 3-3642
§ 8 Nr 3; SozR 3-3642 § 8 Nr 5; BSGE 71, 68 = SozR 3-3100 § 48 Nr 4). Die Beweiserleichterung ist in diesen Fällen bereits durch den Gesetzgeber vorgezeichnet, da im
Rentenversicherungs- wie auch im Beamtenrecht nicht nur auf den Nachweis verzichtet wird, dass die Schwerbehinderung den Versicherten
gezwungen habe, den Beruf aufzugeben, sondern auch auf Nachforschungen darüber, ob die Schwerbehinderung wenigstens der Grund,
also der Beweggrund, für das Ausscheiden gewesen sei. Entsprechend ist auch in der Kriegsopferversorgung vorzugehen. Zwar
hat der Senat in früheren Entscheidungen zur weiteren Begründung wiederholt darauf hingewiesen, kaum ein Beschädigter, der
jahrzehntelang mit seinem Versorgungsleiden gearbeitet habe, könne beweisen, dass er seine Erwerbstätigkeit wegen einer Verschlimmerung
des Schädigungsleidens gerade zum möglichen Rentenbeginn habe aufgeben müssen. Auch mag sich der Kläger in durchaus vergleichbarer
Beweisnot befinden. Gleichwohl unterscheidet sich seine Lage grundlegend von der des Schwerbeschädigten, der mit Vollendung
des 60. Lebensjahres vorzeitig Rente in Anspruch nehmen kann. Der Kläger musste seine mangelnde Erwerbsfähigkeit gegenüber
dem Rentenversicherungsträger nachweisen. Sie ist von diesem nicht auf Grund der Vorlage des Anerkennungsbescheides nach dem
BVG unterstellt worden. Die bloße Feststellung des schädigungsbedingten Anteils oder eine durch Bescheid festgestellte Schwerbehinderung
waren insoweit für die Entscheidung unbedeutend. Ferner konnte der Kläger nicht allein auf Grund der medizinischen Einschränkungen
zu der begehrten Leistung gelangen, sondern nur in Verbindung mit den ungünstigen Arbeitsmarktchancen für teilweise Erwerbsgeminderte.
In einer solchen Situation ist kein Raum für Beweiserleichterungen.
Für das endgültige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben durch die Umwandlung der Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit in eine solche
auf Dauer gelten keine anderen Maßstäbe. Die Verhältnisse unterscheiden sich nicht von denen, die für die Zeitrentengewährung
von Bedeutung waren. Dieses gilt sowohl für die Frage der Beweiserleichterung, als auch des Gewichts des Faktors Arbeitsmarkt.
Soweit der Kläger vorbringt, es sei nicht einleuchtend, dass im Falle eines Beschädigten im rentennahen Alter, der Erwerbsunfähigkeitsrente
erhalte, von der Beweiserleichterungsregel, wie sie vom Senat für den Fall der vorgezogenen Rente wegen Schwerbehinderung
entwickelt worden ist, abgerückt werde, verkennt er, dass Erwerbsunfähigkeitsrente, anders als die vorzeitige Altersrente,
nicht von dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters abhängig ist. Gerade sein Fall des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben
im Jahre 1990 mit 52 Jahren belegt dieses. Daran ändert es nichts, dass er bei der Umwandlung in die Dauerrente dem Rentenalter
näher gerückt war, denn das LSG hat unangefochten festgestellt, dass die Aufhebung der Befristung einzig auf §
102 SGB VI beruhte. Dieser sah in Abs
2 Sätze 3 und 4 in der Fassung vom 18. Dezember 1989 (gültig zwischen dem 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 2000) vor: Die Befristung
erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn. Sie kann wiederholt werden, darf jedoch bei sich anschließenden Befristungen
nach § 102 Abs 1 Satz 1 Nr 1 (dh, wenn begründete Aussicht besteht, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer
Zeit behoben sein kann) die Gesamtdauer von sechs Jahren nicht übersteigen. Die Folgerung des LSG, im Hinblick auf die Bedeutung
des Arbeitsmarktes habe sich für die Rentengewährung bei der Umwandlung der Zeit- in die Dauerrente keine tatsächliche Änderung
ergeben, ist insoweit nicht zu beanstanden, zumal der Kläger die Tatsachengrundlage nicht angegriffen hat.
(4) Gleichwohl kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Im Hinblick auf das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben mit der
Erwerbsunfähigkeitsrente, zunächst auf Zeit und später auf Dauer, hat das LSG zwar den Ursachenzusammenhang mit den anerkannten
Schädigungsfolgen verneint. Es hat allerdings nur festgestellt, neben den anerkannten Schädigungsfolgen und einer von dem
Rentenversicherungsträger festgestellten reaktiven Depression sei die Rentengewährung wegen der Arbeitsmarktlage - der Verschlossenheit
des Teilzeitarbeitsmarktes - erfolgt. Diese Feststellung beinhaltet keine tatrichterliche Wertung im Hinblick auf die Wesentlichkeit
der Bedingungen für den Erfolg, hier: das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben mit einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Eine
solche wäre jedoch erforderlich gewesen, denn das alleinige Nebeneinander von Schädigungsfolgen und weiteren Bedingungen lässt
nicht den Schluss zu, die Schädigungsfolgen seien keine wesentlich mitwirkende Ursache für den Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit
gewesen.
Der Ursachenzusammenhang zwischen den Schädigungsfolgen und dem beruflichen Schaden nach § 30 Abs 3 BVG ist nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen, wie der der haftungsbegründenden und -ausfüllenden Kausalität (vgl Hansen,
aaO, S 28 f). Es ist mithin der Kausalitätsbeurteilung auch im Berufsschadensrecht die Theorie der wesentlich mitwirkenden
Bedingung zu Grunde zu legen.
Danach sind die tatsächlich gegebenen Einzelfaktoren zu gewichten. Nur diejenige Bedingung, die im Verhältnis zu den Einzelbedingungen
wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg beim Eintritt konkret wesentlich mitgewirkt hat, ist ursächlich in diesem Sinne
(vgl Hansen, aaO, S 29; Fehl in Wilke ua, aaO, § 1 RdNr 67). Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind sie
rechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges
annähernd gleichwertig sind. Für den Anspruch auf BSchA genügt es dabei, wenn die Schädigungsfolgen allein oder aber im Vergleich
mit den Nichtschädigungsfolgen und anderen schädigungsunabhängigen Umständen etwa gleichwertig zu dem Erfolg beigetragen haben.
Kommt dagegen einer Nichtschädigungsfolge eine überragende Bedeutung für den Erfolg zu, so ist dieser nicht schädigungsbedingt
im Rechtssinne (vgl BSGE 1, 150; 1, 268; 6, 120; 7, 180; BSG Urteil vom 2. Oktober 1975 - 10 RV 383/74, JURIS), denn die Nichtschädigungsfolge verdrängt die anderen und ist allein als Ursache im Rechtssinne anzusehen (vgl BSG
SozR Nr 44 zu § 30 BVG; Urteil vom 21. September 1971 - 8 RV 475/70, JURIS). Im Einzelfall muss die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder Mitursache zu gelten
haben und welche nicht, aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl BSGE 1, 72, 76).
Zwar mag das LSG zu der Überzeugung gelangt sein, die Arbeitsmarktlage habe die ausschlaggebende Bedeutung für die Rentengewährung
gehabt, wenn es formuliert, sie beruhe "... und aber entscheidend auf ..." dieser. Eine derartige Wertung setzt jedoch eine
abwägende Gewichtung des Verhältnisses der einzelnen Bedingungen voraus. Die Arbeitsmarktlage in der Gestalt der Verschlossenheit
des Teilzeitarbeitsmarktes ist untrennbar mit den gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers, sei es durch die Schädigungsfolge,
sei es durch die reaktive Depression verbunden; die nur noch halb- bis untervollschichtige Leistungsfähigkeit gründet auf
diesen Gegebenheiten. Der Schädigungsfolge wiederum könnte für die Entstehung, das Ausmaß oder die zeitliche Dauer der reaktiven
Depression eine gewisse Bedeutung zukommen und insoweit oder alleine Einfluss auf den Zugang des Klägers zum Arbeitsmarkt
gehabt haben. Dieses ist ggf wiederum zu der unbestreitbar schlechten Arbeitsmarktlage für Erwerbsgeminderte in ein Verhältnis
zu setzen. Hierzu fehlt es jedoch an Tatsachenfeststellungen. Der erkennende Senat kann sie im Revisionsverfahren nicht nachholen
(vgl §
163 SGG). Entsprechende Ermittlungen werden dem LSG im wieder eröffneten Berufungsverfahren obliegen. Dieses Gericht wird danach
erneut zu beurteilen haben, ob alle drei von ihm genannten Bedingungen für die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit wesentlich
mitwirkende Ursachen waren oder ob einer von ihnen - und wenn ja welcher - eine so überragende Bedeutung zukommt, dass sie
im Rechtssinne als allein wesentlich anzusehen ist.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.