LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2013 - 2 R 4/13
Rechtmäßigkeit der Erhebung von Säumniszuschlägen wegen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen in der gesetzlichen
Rentenversicherung
1. Im Rahmen des dreiseitigen Nachversicherungsverhältnisses zwischen ehemaligem Arbeitgeber, ausgeschiedenem Arbeitnehmer
und Rentenversicherungsträger ist der ehemalige Arbeitgeber verpflichtet, bei Ausscheiden eines Beschäftigten eine Entscheidung
(Aufschubentscheidung) darüber zu treffen, ob Nachversicherungsbeiträge gezahlt werden sollen oder nicht und ob Beiträge nachzuentrichten
sind.
2. Ist der Arbeitgeber dieser Pflicht nachgekommen, so ist es ausschließlich Aufgabe des Rentenversicherungsträgers, zu prüfen,
ob eine Aufschubentscheidung des Dienstherren vorliegt und anderenfalls die Beitragsnachentrichtung festzusetzen. Der ehemalige
Arbeitgeber ist auch nicht unter der Geltung des 6. Sozialgesetzbuchs verpflichtet, nach Erteilung einer Aufschubentscheidung
den Fortbestand eines von ihm darin bejahten Aufschubgrundes zu prüfen und die Nachversicherung bei dessen Wegfall von sich
aus durchzuführen (in Fortführung zu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.12.2009 - L 3 R 106/09 -, das so zur Rechtslage unter der RVO/AVG entschieden hat).
Fundstellen: NZS 2013, 739
Normenkette: AVG § 125 ,
,
,
Vorinstanzen: SG Stuttgart 29.11.2012 S 22 R 7600/09
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.630,50 € festgesetzt.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob das klagende Land Säumniszuschläge in Höhe von 19.630,50 € wegen der verspäteten Zahlung
von Nachversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen zu entrichten hat.
Der am 1951 geborene Beigeladene wurde mit Urkunde des Klägers vom 24. November 1999 mit Wirkung zum 1. Dezember 1999 unter
Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von drei Jahren zum Wissenschaftlichen Assistenten ernannt. Er war
dem Ärztlichen Direktor der Abteilung Augenheilkunde I an der Eberhard-Karls-Universität T. zugeordnet. Mit Ablauf des 30.
November 2002 schied er ohne Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung aus dem Beamtenverhältnis aus. Mit Schreiben vom 19.
November 2002 wies ihn die Verwaltung des Klinikums, Geschäftsbereich A, auf das Ende des Beamtenverhältnisses auf Zeit bei
der Universität zum 30. November 2002 hin. Nach Beendigung des Beamtenverhältnisses sei er nachzuversichern; diesbezüglich
solle er sich mit dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg in Verbindung setzen. Mit Schreiben vom 27.
November 2002 teilte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg dem Beigeladenen mit, es sei verpflichtet
zu prüfen, ob für die beim Land Baden-Württemberg zurückgelegten versicherungsfreien Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung
Nachversicherungsbeiträge an den zuständigen Versicherungsträger entrichtet werden müssten. Ein Nachversicherungsangebot an
den Versicherungsträger könne nur erfolgen, wenn Aufschubgründe nach § 184 Abs. 2 bis 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB VI) nicht entgegenstünden. Er werde gebeten, den beiliegenden Vordruck auszufüllen und an das Landesamt für Besoldung und Versorgung
zurückzusenden. Diese Erklärung des Beigeladenen zu §§ 184, 233 SGB VI mit Datum vom 5. Dezember 2002 ging beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg am 9. Dezember 2002 ein.
Der Beigeladene gab an, dass er die feste Absicht habe, innerhalb von zwei Jahren nach seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis
wieder in ein Beamtenverhältnis zum Kläger einzutreten. Dies sei auch objektiv zu erwarten. Es sei davon auszugehen, dass
er wieder die Position eines Wissenschaftlichen Assistenten beim Universitätsklinikum Tübingen, Augenklinik, besetzen werde.
Eine (unmittelbare) Fortsetzung seines befristeten Arbeitsverhältnisses sei nicht möglich gewesen, da ein Verlängerungsantrag
bei der DFG zur Gegenfinanzierung seiner Stelle nicht rechtzeitig habe eingereicht werden können. Dies werde im Dezember 2002
geschehen. Der Zeitpunkt des voraussichtlichen Beginns seiner Beschäftigung werde unter dem Vorbehalt der Genehmigung des
Verlängerungsantrages der 1. März oder 1. April 2003 sein. Daraufhin erteilte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg
am 16. Dezember 2002 eine Aufschubbescheinigung, welche an die Beklagte und den Beigeladenen übersandt wurde. Als Grund für
den Aufschub der Durchführung der Nachversicherung und somit der Beitragszahlung an den Rentenversicherungsträger wurde angeführt,
dass der Beigeladene voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach seinem Ausscheiden eine andere versicherungsfreie Beschäftigung
aufnehmen werde, in der wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft Versicherungsfreiheit bestehe oder eine Befreiung
von der Versicherungspflicht erfolge und bei der der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft berücksichtigt
werde.
Mit Schreiben vom 3. März 2009 bat die Beklagte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg um Prüfung der
Nachversicherung zugunsten des Beigeladenen für den Zeitraum der versicherungsfreien Beschäftigung vom 1. Dezember 1999 bis
30. November 2002. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg führte sodann die Nachversicherung am 17.
März 2009 durch; mit Wertstellung vom 19. März 2009 gingen Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 30.660,44 € bei der Beklagten
ein. Zur Prüfung der Erhebung von Säumniszuschlägen bat die Beklagte mit Schreiben vom 28. April 2009 um Mitteilung, zu welchem
Zeitpunkt der Wegfall des Aufschubgrundes eingetreten sei und wann man Kenntnis von diesem Sachverhalt erhalten habe. Mit
Schreiben vom 8. Mai 2009 teilte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg der Beklagten mit, der Wegfall
des Aufschubgrundes sei mit dem 1. April 2003 eingetreten.
Mit Anhörungsschreiben vom 9. Juli 2009 teilte die Beklagte dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg mit,
dass sie wegen verspäteter Zahlung der Nachversicherungsbeiträge beabsichtige, einen Säumniszuschlag in Höhe von 19.630,50
€ mittels Verwaltungsakt zu fordern. Gemäß § 184 Abs. 1 Satz2 SGB VI i.V.m. § 24 Abs.1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB IV) sei für Nachversicherungsbeiträge, die nicht spätestens bis zum Ablauf von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit gezahlt werden,
für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag in Höhe von 1 v.H. des rückständigen, auf 50,00 € nach unten
abgerundeten Betrages zu zahlen. Vorliegend ergebe sich unter Zugrundelegung eines Eintritts der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge
am 2. April 2003, eines Beginns der Säumnis am 2. Juli 2003 und des Eingangs der Nachversicherungsbeiträge mit Wertstellung
vom 19. März 2009 eine Säumnis von 69 Monaten. Der Säumniszuschlag in Höhe von 19.630,50 € errechne sich durch Vervielfältigung
der - auf 50,00 € abgerundeten - Nachversicherungsschuld in Höhe von 28.472,38 € zu Beginn der Säumnis am 2. Juli 2003 mit
der Anzahl der Säumnismonate um 1%. Der Kläger äußerte sich nicht.
Mit Bescheid vom 20. Oktober 2009 erhob die Beklagte unter Wiederholung ihrer Ausführungen aus dem Anhörungsschreiben auf
die gezahlten Nachversicherungsbeiträge einen Säumniszuschlag in Höhe von 19.630,50 €. Sie führte noch aus, dass nach § 24 Abs. 2 SGB IV ein Säumniszuschlag zwar nicht zu erheben sei, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft mache, dass er unverschuldet keine
Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe. Nach Aktenlage seien aber Gründe, die gegen das Bestehen des Anspruchs auf Säumniszuschläge
sprächen, nicht zu erkennen.
Hiergegen hat der Kläger am 12. November 2009 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie hat der Einrede der Verjährung erhoben. Die Verjährung des Säumniszuschlags richte sich nach § 25 Abs. 1 SGB IV. Danach verjährten Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien.
Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjährten in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig
geworden seien. Für Nebenforderungen - wie Säumniszuschläge - würden die gleichen Verjährungsfristen gelten wie für die Hauptforderung.
Die Einrede der Verjährung könne auch beschränkt auf den Säumniszuschlag erhoben werden. Die Nachversicherungsbeiträge seien
seitens des klagenden Landes nicht vorsätzlich vorenthalten worden. Zum Vorsatz gehöre das "Wissen und Wollen" der zum gesetzlichen
Tatbestand gehörenden objektiven Merkmale. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) würden Beiträge vorsätzlich vorenthalten, wenn der Zahlungspflichtige in Kenntnis seiner Beitragspflicht bewusst und gewollt
keine Beiträge an den Versicherungsträger abführe. Ein gewisses voluntatives Element müsse vorhanden sein. Da der Kläger lediglich
eine rechtliche Konstruktion sei und aus sich selbst heraus nicht handeln könne, bedürfe es für die Feststellung einer subjektiven
Seite der Zurechnung von Wissen, Wollen, Kenntnis und Fähigkeit der auf der Seite der rechtlichen Konstruktion stehenden menschlichen
Mitarbeiter. Im Detail sei vorliegend nicht mehr feststellbar, wie es zur fehlerhaften Sachbearbeitung gekommen sei; eine
pauschale Vorsatzzuweisung könne nicht erfolgen. Die Klägerin habe vom Wegfall des Aufschubgrundes keinerlei Kenntnis erhalten.
Ferner liege ein Organisationsverschulden nicht vor. Sie habe ausreichend Vorkehrungen getroffen, um die vollständige Abarbeitung
aller Fälle zu gewährleisten. Auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. November 2007 (Aktenzeichen:
L 4 R 2218/05), worin die genannten Vorkehrungen ausführlich erläutert und für ausreichend erachtet worden seien, werde verwiesen. Der
Umstand, dass 2009 die Nachversicherungsbeiträge entrichtet worden seien, obwohl diese ebenfalls bereits verjährt gewesen
seien, spräche gegen eine vorsätzliche Vorenthaltung der Beiträge.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Klägerin müsse sich ein Organisationsverschulden und somit zumindest bedingten
Vorsatz bezüglich der Nichtabführung der Nachversicherungsbeiträge zurechnen lassen. Jede Behörde oder Körperschaft des öffentlichen
Rechts sei verpflichtet, ihren Geschäftsbereich so zu organisieren, dass die ordnungsgemäße Erledigung der ihr obliegenden
wichtigen Aufgaben gewährleistet sei. Dazu gehöre auch, eine Kontrollfunktion zu schaffen, um sicherzustellen, dass die Nachversicherung
in allen Fällen tatsächlich durchgeführt werde. Liege zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus einer versicherungsfreien Beschäftigung
- wie hier - ein Aufschubgrund wegen der voraussichtlichen Aufnahme einer erneut versicherungsfreien Beschäftigung innerhalb
von zwei Jahren vor, habe sich der Arbeitgeber/Dienstherr davon zu überzeugen, dass es auch tatsächlich zu dieser fristgerechten
Aufnahme der Beschäftigung gekommen sei. Der Kläger hätte durch Kontrollfunktionen dafür Sorge tragen müssen, dass die Nachversicherung
nach dem Wegfall des Aufschubgrundes für den Beigeladenen umgehend durchgeführt werde.
Mit Urteil vom 29. November 2012 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2009 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid
der Beklagten vom 20. Oktober 2009 sei rechtswidrig; die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, Säumniszuschläge zu erheben.
Gemäß § 24 Abs. 2 SGB IV seien Säumniszuschläge dann nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit
festgestellt werde, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft mache, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht
gehabt habe. Ein solcher Fall liege hier vor. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts könne der Kläger selbst keine Kenntnis
von bestimmten Umständen haben. Es könne nur darum gehen, inwieweit er sich das Wissen seiner Organwalter bzw. Bediensteten
entsprechend § 166 Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB) zurechnen lassen müsse. Eine (positive) Kenntnis vom Nachversicherungsfall des Beigeladenen des seinerzeit beim Kläger zuständigen
Amtswalters sei vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließe indes auch
das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sogenanntes Organisationsverschulden) eine unverschuldete
Unkenntnis im Sinne des § 24 Abs.2 SGB VI aus. Dem Kläger sei vorliegend eine verschuldete Unkenntnis vom Wegfall des Aufschubgrundes und damit vom Nachversicherungsfall
jedoch auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Organisationsmangels anzulasten. Jede juristische Person sei verpflichtet,
den Geschäftsbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass die ordnungsgemäße Erledigung der ihr obliegenden wichtigen
Aufgaben gewährleistet sei. Komme eine Behörde diesen Pflichten nicht nach, so könne sie sich auf unverschuldete Unkenntnis
nicht berufen, wenn der jeweilige Sachbearbeiter bei ordnungsgemäßer Regelung des Geschäftsgangs entsprechende Kenntnis hätte
haben müssen. Ein solches Organisationsverschulden sei dem Kläger nicht vorzuwerfen. Der für den Vorgang des Beigeladenen
zuständige Bedienstete hätte bei ordnungsgemäßer Regelung des Geschäftsgangs weder im Zeitpunkt des Wegfalls des Aufschubgrundes
noch nach Ablauf der in § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGBVI benannten Zwei-Jahres-Frist nach dem Ausscheiden des Beigeladenen
aus dem Beamtenverhältnis Kenntnis davon haben müssen, dass der von ihm im Zeitpunkt der Erteilung der Aufschubbescheinigung
angenommene Aufschubgrund tatsächlich nicht mehr bestanden habe. Er war nicht dazu verpflichtet, die Angaben des Beigeladenen
in seiner Erklärung vom 5. Dezember 2002 auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Erst recht habe ihm nachfolgend keine Kontroll- und
Überwachungspflicht oblegen, ob der Beigeladene die von ihm in seiner Erklärung vom 5. Dezember 2002 angegebene Beschäftigung
als Wissenschaftlicher Assistent tatsächlich aufgenommen habe oder nicht. Er habe nicht die Pflicht gehabt, zu prüfen, ob
der angenommene Aufschubgrund nachträglich entfallen sein könnte. Vielmehr treffe die Verpflichtung, zu prüfen, ob ein Aufschubgrund
bestehe und fortbestehe im Rahmen des dreiseitigen Nachversicherungsverhältnisses zwischen ehemaligem Arbeitgeber, ausgeschiedenem
Arbeitnehmer und Rentenversicherungsträger nicht den Kläger, sondern ausschließlich die Beklagte. Die Rechtsbeziehungen im
dreiseitigen Nachversicherungsverhältnis gestalteten sich wie folgt: Der ehemalige Dienstherr treffe als zuständige Stelle
gemäß § 184 SGBVI eine Aufschubentscheidung. Dabei handele es sich aber lediglich um eine Entscheidung über eine auf dem Gebiet
des Verwaltungs- oder Arbeitsrechts liegende Vorfrage, mit der nur für den jeweiligen Bereich der öffentlichen Verwaltung
eine Regelung darüber getroffen werde, ob Nachversicherungsbeiträge für einen ohne beamtenrechtliche Versorgung ausgeschiedenen
Beschäftigten beim Vorliegen eines Aufschubgrundes gezahlt werden sollten oder nicht. Die Aufschubentscheidung beschränke
sich somit auf die Mitteilung, dass und weshalb der Arbeitgeber meine, Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger
(noch) nicht zahlen zu müssen. Mit der Aufschubentscheidung werde nicht im Sinne des Rentenrechts und für das Gebiet der Sozialversicherung
mit rechtlicher Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger, dem Arbeitgeber und dem Versicherten abschließend darüber entschieden,
ob im Einzelfall für den ausgeschiedenen Beschäftigten der Aufschub der Nachentrichtung von Beiträgen eingetreten sei und
der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber die Beiträge tatsächlich nachzuentrichten habe oder nicht. Die Aufschubentscheidung
sei vielmehr neben dem Vorliegen des Aufschubgrundes nur eine weitere Voraussetzung dafür, dass im Sinne der Rentenversicherung
die Nachentrichtung der Beiträge aufgeschoben sei. Ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 184 Abs. 2 SGB VI für einen Aufschub der Beitragsnachentrichtung gegeben seien und ob eine wirksame Aufschubentscheidung vorliege, entscheide
hingegen der Rentenversicherungsträger durch rechtsmittelfähigen Bescheid mit rechtlicher Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber
und dem Versicherten. Dabei sei der öffentlich-rechtliche Dienstherr im Rahmen dieser sozialversicherungsrechtlichen Rechtsbeziehungen
der Entscheidungsgewalt des Rentenversicherungsträgers unterworfen, dem die Entscheidung über die Rechte und Pflichten aus
der Rentenversicherung "ausschließlich" zustehe. Sei der Arbeitgeber seiner Pflicht, im Falle des Ausscheidens eines Beschäftigten
eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Nachversicherungsbeiträge gezahlt werden sollten oder nicht ('Aufschubentscheidung)
und gegebenenfalls die Beiträge nachzuentrichten bzw. bei Annahme eines Aufschubgrundes eine Aufschubbescheinigung zu erteilen,
nachgekommen, so sei es nunmehr alleinige Aufgabe des Rentenversicherungsträgers, zu prüfen, ob eine Aufschubentscheidung
vorliege und ein materiell-rechtlicher Aufschubgrund tatsächlich (fort-)bestehe bzw. andernfalls die Beitragsnachentrichtung
durch Bescheid für die Beteiligten verbindlich festzustellen. Dem Rentenversicherungsträger obliege somit im Wege eines Erst-Recht-Schlusses
zwingend auch allein die Pflicht, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für das fortbestehen eines Aufschubgrundes zu
überprüfen, um gegebenenfalls nach dessen Wegfall die Nachentrichtung der Beiträge vom ehemaligen Arbeitgeber zu fordern.
Der Kläger habe somit unverschuldet keine Kenntnis vom Nachversicherungsfall und von der Beitragszahlungspflicht gehabt.
Die Beklagte hat gegen das ihr gegen Empfangsbekenntnis am 12. Dezember 2012 zugestellte Urteil am 2. Januar 2013 beim Landessozialgericht
Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, in der vom SG herangezogenen Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2009 ging es um eine Aufschubbescheinigung
des Arbeitgebers vom 21. November 1977, über deren Wirksamkeit nach dem vor dem 1. Januar 1992 geltenden Recht der Rentenversicherungsträger
durch rechtsmittelfähigen Bescheid mit Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber und dem Versicherten zu entscheiden hatte. Zum 1.
Januar 1992 sei das Aufschubrecht geändert worden. Nunmehr hätten nach § 184 Abs. 3 SGB VI die Arbeitgeber über das Vorliegen eines Aufschubgrundes zu entscheiden und nach Abs. 4 der Vorschrift die Aufschubbescheinigung
zu erteilen. Eines rechtsmittelfähigen Bescheids des Rentenversicherungsträgers bedürfe es nicht mehr. Die Prognoseentscheidung,
ob die Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren "voraussichtlich" erfolgen werde, liege
in der Verantwortung des Arbeitgebers, wobei der Rentenversicherungsträger an die erteilte Aufschubbescheinigung nicht gebunden
sei, wenn er einen Aufschubgrund nicht (mehr) für gegeben halte. Der Arbeitgeber müsse sich deshalb vergewissern, ob die in
§ 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI genannte "Voraussicht" Realität geworden sei. Da der Kläger keine Anweisung an seine Mitarbeiter zur Überprüfung der tatsächlichen
Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung bei einer aufgrund der Prognoseentscheidungen nach § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erteilten Aufschubbescheinigung gegeben habe, sei ihm ein Organisationsverschulden vorzuwerfen, das zur verschuldeten Unkenntnis
von der Zahlungspflicht führe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Dem Land sei ein Organisationsverschulden nicht vorzuwerfen, da der zuständige
Bedienstete weder im Zeitpunkt des Wegfalls des Aufschubgrundes noch nach dem Ablauf der in § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI benannten Frist von zwei Jahren nach dem Ausscheiden des Versicherten aus dem Beamtenverhältnis Kenntnis davon hätte haben
müssen, dass der im Zeitpunkt der Erteilung der Aufschuberscheinigung angenommene Aufschubgrund tatsächlich nicht mehr bestanden
habe. Dem klagenden Land habe diesbezüglich keine Kontroll- und Überwachungspflichten oblegen. Sowohl unter Geltung des Angestelltenversicherungsgesetzes
bzw. der Reichsversicherungsordnung wie auch unter Geltung des SGB VI oblag bzw. obliege die Pflicht zur Kontrolle und Überprüfung der Aufschubbescheinigung dem Rentenversicherungsträger. Eine
Rechtsänderung mit Auswirkung auf diese Pflicht sei nicht erfolgt. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung sei nach dem
Recht vor dem 1. Januar 1992 zuständig gewesen für die Entscheidung, ob die Entrichtung der Beiträge aufgeschoben werde. Diese
Zuständigkeit bestehe auch nach Einführung des Sechsten Sozialgesetzbuchs. Die bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erteilende Aufschubbescheinigung sei nach "altem" Recht der Beklagten zu übersenden
gewesen; dies sei auch weiterhin gemäß § 184 Abs. 4 SGBVI so. Eine Änderung im Hinblick auf die Entscheidungsgewalt der Beklagten
sei nicht eingetreten. Die Beklagte hätte - damals wie heute - die Entscheidung des Landes überprüfen und gegebenenfalls Nachweise
für das Vorliegen des Aufschubgrundes anfordern bzw. die Nachversicherungsbeiträge per Bescheid einfordern können. In der
mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 29. November 2012 habe der Beklagtenvertreter angegeben, dass der Beigeladene
tatsächlich seit Juli 2004 arbeitslos gemeldet gewesen sei; dies sei der Beklagten auch bekannt gewesen. Es sei ein Verstoß
gegen § 242 BGB, dem Land ein Organisationsverschulden vorzuwerfen, gleichzeitig jedoch positive Kenntnis vom beruflichen Status des Beigeladenen
gehabt zu haben. Das Land habe erst in der mündlichen Verhandlung von der Arbeitslosigkeit erfahren.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten
des Klägers und der Beklagten (je ein Band), die Gerichtsakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Ihr Bescheid vom 20. Oktober 2009 ist rechtswidrig und verletzt den
Kläger in seinen Rechten; zu Recht hat das SG in seinem Urteil vom 29. November 2012 den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2009 aufgehoben.
Das SG ist ausgehend von den hier maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zutreffend zu der Rechtsauffassung gelangt, dass gemäß §
24 Abs. 2 SGB VI vorliegend vom Kläger keine Säumniszuschläge zu erheben waren, weil der Kläger unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht
im Bezug auf die Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladenen hatte. Zutreffend geht das SG davon aus, dass im Rahmen des (Nachversicherungs-)Verhältnisses ausschließlich die Beklagte befugt und verpflichtet war,
nach entsprechender Prüfung verbindlich festzustellen, ob ein Aufschubgrund tatsächlich besteht und somit ihr im Wege eines
Erst-Recht-Schlusses die Pflicht oblag, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für das Fortbestehen eines (zunächst angenommenen)
Aufschubgrundes zu überprüfen, um gegebenenfalls nach dessen Wegfall die Nachentrichtung der Beiträge von dem ehemaligen Arbeitgeber
(dem Kläger) zu fordern. Diesbezüglich nimmt der Senat ausdrücklich auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Urteils des
SG Bezug und sieht von einer weiteren Ausführung von Gründen insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:
Die Auffassung der Beklagten, dass zum 1. Januar 1992 das Aufschubrecht mit Inkrafttreten des SGB VI geändert worden sei, dass nunmehr nach § 184 Abs. 3 SGB VI die Arbeitgeber über das Vorliegen eines Aufschubgrundes zu entscheiden hätten und nach Abs. 4 der Vorschrift die Aufschubbescheinigung
zu erteilen hätten, weshalb die Prognoseentscheidung, ob die Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung innerhalb von
zwei Jahren" voraussichtlich" erfolgen werde, in der Verantwortung des Arbeitgebers liege und sich der Arbeitgeber deshalb
vergewissern müsse, ob die in § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGBVI genannte "Voraussicht" Realität geworden sei, teilt der Senat
nicht. § 184 SGBVI ersetzte zum 1. Januar 1992 die Regelungen der § 1403 RVO und § 125 AVG. Ein wesentlicher Unterschied - der ohne Bedeutung für die vorliegende Rechtsfrage ist - zum bis 31. Dezember 1991 geltenden
Recht besteht darin, dass im neuen Recht das Nichtvorhandensein eines Aufschubgrundes zu den Voraussetzungen für den Eintritt
des Nachversicherungsfalles zählt; nach altem Recht hatte der Aufschub nur Einfluss auf die Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge.
Er gehörte also zur Durchführung der Nachversicherung. Der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drucksache 11/4124,
zu § 179 S. 187 f.) ist zu entnehmen: "... Abs.2 Nr. 2 entspricht § 1403 Abs.1 Buchst. a und d RVO, § 125 Abs.1 Buchst. a und d AVG. Einem Bedürfnis der Praxis entsprechend erweitert er die Frist von einem Jahr auf zwei Jahre. Wie bisher muss auch künftig
zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung eine hinreichend sichere, auf objektiven Merkmalen
beruhende Erwartung bestehen, dass der Beschäftigte innerhalb der Frist erneut eine Beschäftigung aufnimmt, in der er wegen
Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft versicherungsfrei ist oder von der Versicherungspflicht befreit wird. ... Abs.
3 übernimmt § 1403 Abs. 3 RVO, § 125 Abs. 3 AVG in der Form, in der diese Vorschrift in der Praxis ausgelegt und angewandt werden." Schon diese amtliche Begründung im Gesetzesentwurf
macht deutlich, dass bezüglich der Zuordnung von Rechten und Pflichten im Rahmen des dreiseitigen Nachversicherungsverhältnisses
zwischen ehemaligem Arbeitgeber, ausgeschiedenem Arbeitnehmer und Rentenversicherungsträger eine wesentliche Änderung nicht
stattgefunden hat, die im Hinblick auf die Pflicht des Rentenversicherungsträgers, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen
für das Fortbestehen eines Aufschubgrundes zu überprüfen, zu einem anderen Ergebnis führen würde. Bereits nach dem früheren
Recht war davon auszugehen, dass es sich bei der Aufschubentscheidung lediglich um die Entscheidung einer dafür zuständigen
Stelle über die auf dem Gebiet des Verwaltungs- oder Arbeitsrechts liegende Vorfrage handelte, mit der nur für den jeweiligen
Bereich der öffentlichen Verwaltung eine Regelung darüber getroffen wurde, ob Nachversicherungsbeiträge für einen ohne beamtenrechtliche
Versorgung ausgeschiedenen Beschäftigten gezahlt werden sollen oder nicht. Mit der Aufschubentscheidung war nicht im Sinne
des Rentenrechts oder für das Gebiet der Sozialversicherung mit rechtlicher Wirkung gegenüber dem Sozialversicherungsträger,
dem Arbeitgeber und dem Versicherten abschließend darüber entschieden, ob im Einzelfall für den ausgeschiedenen Beschäftigten
der Aufschub eingetreten war und die Beiträge zu zahlen waren oder nicht. Die Entscheidung über die dienstrechtlichen Vorfragen
oblag dem Arbeitgeber, die Entscheidung über Rechte und Pflichten aus der Rentenversicherung stand ausschließlich dem Rentenversicherungsträger
zu (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.12.2009 - L 3 R 106/09 -). Im Rahmen dieser sozialversicherungsrechtlichen Rechtsbeziehung war der öffentlich-rechtliche Dienstherr der Entscheidungsgewalt
des Rentenversicherungsträgers unterworfen; dieser hatte gegebenenfalls, sofern er Aufschubgründe verneinte, die Zahlung der
Nachversicherungsbeiträge vom Dienstherrn durch Verwaltungsakt zu fordern (vgl. BSG SozR 2200 § 1403 Nr. 2, 4, 6). Der Gesetzgeber hat diese frühere Regelung in dieser Auslegung und Anwendung in § 184 SGBVI übernommen. Die
bereits früher inhaltlich reduzierte Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers ist nunmehr noch dadurch gemindert, dass das Vorliegen
eines Aufschubgrundes bereits dem Eintritt des Nachversicherungstatbestandes entgegensteht. Der Rentenversicherungsträger
ist nicht gehindert, die Pflicht zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge durch Verwaltungsakt festzustellen und die Beiträge
zu fordern, wenn er die Voraussetzungen dafür gegeben sieht. Er ist dabei nicht an eine Aufschubentscheidung gebunden und
hat lediglich die tatsächliche Gestaltung des versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses hinzunehmen. Die Aufschubentscheidung
ist notwendige Voraussetzung dafür, dass der Rentenversicherungsträger das Vorliegen von Aufschubgründen prüfen muss oder
darf. Die Entscheidung des Arbeitgebers über den Aufschub hat deshalb für die Rentenversicherung nur noch deklaratorischen
Charakter (vgl. Hauck/Haines, SGBVI, §184 Rdnr. 33). Aus dieser Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen im dreiseitigen Nachversicherungsverhältnis,
die nach altem wie nach neuem Recht im Wesentlichen die gleiche ist, hat das SG zu Recht den Schluss gezogen, dass es alleine die Pflicht des Rentenversicherungsträgers ist, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen
für das Fortbestehen eines Aufschubgrundes zu überprüfen, um gegebenenfalls nach dessen Wegfall die Nachentrichtung der Beiträge
vom ehemaligen Arbeitgeber zu fordern (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, aaO).
Selbst wenn - entgegen der Ansicht des Senats - von einer Pflicht des Klägers auszugehen wäre, das (Fort-)Bestehen eines Aufschubgrundes
in der Person des Beigeladenen zu kontrollieren und - gegebenenfalls - bei dann eingetretener Kenntnis vom Wegfall des Aufschubgrundes
für eine rechtzeitige Zahlung der Nachversicherungsbeiträge an die Beklagte Sorge zu tragen, so wäre vorliegend dennoch von
einer unverschuldeten Unkenntnis des Klägers vom Wegfall des Aufschubgrundes und vom Eintritt der Zahlungspflicht in Bezug
auf die Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladenen mangels eines Organisationsverschuldens des Klägers auszugehen.
Ein Organisationsverschulden des Klägers, aufgrunddessen von einer billigenden Inkaufnahme der Nichtabführung von Nachversicherungsbeiträgen
auszugehen wäre, lag nicht vor. Der Kläger hat überzeugend vorgetragen, dass das zuständige Landesamt für Besoldung und Versorgung
ausreichende Vorkehrungen traf, deren Zweck es war, die vollständige Erfassung und Abarbeitung aller Nachversicherungsfälle
zu gewährleisten (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.11.2007 - L 4 R 2218/05 -). Der Kläger hat im Klageverfahren vor dem SG eine Stellungnahme zum Umfang der angewandten Kontrollmaßnahmen der Abteilung III des Landesamtes für Besoldung und Versorgung
vom 13. August 2007, eine Arbeitsanweisung im Hinblick auf die Durchführung der Nachversicherung bzw. die Erteilung einer
Aufschubbescheinigung vom 26. November 1993 und eine weitere Arbeitsanweisung betreffend die Nachversicherung von Beamten
auf Widerruf vom 5. Februar 1996 vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass im Hinblick auf die Organisationsänderung im Jahre 1996
- die Nachversicherung von Beamten wurde in die Zuständigkeit der Besoldungsarbeitsgebiete übertragen - in den Monaten Juni
und Juli 1995 umfangreiche Schulungsmaßnahmen durchgeführt und jedem Bearbeiter eine umfangreiche "Arbeitshilfe Nachversicherung"
an die Hand gegeben wurde. Diese Arbeitshilfe hat u.a. auch Verfahrensbeschreibungen darüber, wann und wer welche Arbeitsschritte
durchzuführen hat, enthalten. So war dort geregelt, dass der Kontenführer (Bearbeiter) die Nachversicherungs- bzw. Aufschubdaten
ermittelt und in das EDV-Verfahren eingibt sowie dass die maschinelle Überweisung der Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger
nur nach Überprüfung und Freigabe durch die Sachbearbeiter erfolgen kann. Außerdem war es sowohl dem Arbeitsbereich "Vorgangsprüfung
zur Qualitätssicherung und internes Kontrollsystem" beim Landesamt für Besoldung und Versorgung als auch dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt
Stuttgart anhand von Stichproben und Schwerpunktkontrollen jederzeit möglich, die ordnungsgemäße Durchführung der Nachversicherung
zu überprüfen. Im Übrigen wurde gerade im Hinblick auf die Erhebung von Säumniszuschlägen die fristgerechte Abarbeitung der
Nachversicherungsfälle durch den Fachbereich zusätzlich durch die Nachversicherungsarbeitsgebiete überwacht. Hierzu wurden
durch die EDV-Abteilung Überwachungslisten über die Fälle erstellt, in denen nach dem unversorgten Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis
innerhalb eines bestimmten Zeitraums noch keine Eingabe in das Nachversicherungsprogramm (Aufschub oder Nachversicherung)
getätigt worden war. Die Listen gingen an die Nachversicherungsarbeitsgebiete, die den Sachverhalt überprüften und gegebenenfalls
die betroffenen Arbeitsgebiete dazu anhielten, die Nachversicherung bzw. den Aufschub fristgerecht durchzuführen. Den Nachversicherungsarbeitsgebieten
war es möglich, bei der EDV-Abteilung selektive Fallgestaltungen abzufragen, bei denen nach der Beendigung des Dienstverhältnisses
keine Nachversicherung erfolgt war. Ein seit Herbst 2006 im Einsatz befindliches EDV-System enthält auch eine Anwendung zur
Terminüberwachung, die für die Überwachung des fristgerechten Rücklaufs der versandten Erklärungsvordrucke zur Nachversicherung
genutzt wird und bietet wegen der Erfassung der eingehenden und ausgehenden Post hinsichtlich der Nachversicherung auch den
Vorteil, dass die Nachversicherungsarbeitsgebiete jederzeit Einblick in den Bearbeitungsstand des Fachbereichs nehmen können,
ohne hierzu dort Akten anfordern zu müssen.
Mit dieser Organisationsregelung war zwar nicht zu gewährleisten, dass alle Fälle zwingend erledigt wurden, jedoch bestand
eine nicht unerhebliche Kontrolldichte. Aus welchen Gründen der Fall des Beigeladenen trotzdem im Hinblick auf die Durchführung
der Nachversicherung nicht bearbeitet wurde, bleibt im Dunkeln. Die näheren Umstände sind nicht mehr aufzuklären. Allein deshalb
kann allerdings nicht darauf geschlossen werden, dass eine vorsätzliche Vorenthaltung von Nachversicherungsbeiträgen vorgelegen
hat. Ein billigendes Inkaufnehmen kann nicht, auch vor allem nicht mit den lediglich allgemein erhaltenen Erwägungen der Beklagten,
unterstellt werden.
Im Übrigen ist im Hinblick auf die Durchführung der Nachversicherung für den Beigeladenen vorliegend die Besonderheit gegeben,
dass - so der Bevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 29. November 2012 - dieser tatsächlich seit Juli 2004 - also innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums des § 184 Abs.2 Nr. 2
SGBVI - arbeitslos gemeldet war, was der Beklagten auch bekannt gewesen war. Wenn aber der Beklagten bekannt war, dass der
Beigeladene sogar innerhalb des zweijährigen "Aufschubzeitraumes" arbeitslos war, somit also nicht einer versicherungsfreien
Beschäftigung nachging, die ein Aufschubgrund gewesen wäre, wäre es "von Amts wegen" die Pflicht der Beklagten gewesen, im
Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit für das Erheben von Nachversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen zu prüfen, ob
ein Aufschubgrund (weiterhin) gegeben war oder nicht. Da der Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt positiv Kenntnis von Tatsachen
hatte, die ihn dazu hätten veranlassen müssen, in eigener gesetzlicher Zuständigkeit zu prüfen, ob Nachversicherungsbeiträge
vom Kläger für den Beigeladenen per Verwaltungsakt zu fordern waren, hätte sich ein - unterstelltes - pflichtwidriges Verhalten
des Klägers dahingehend, selbst zu prüfen, ob beim Beigeladenen ein Aufschubgrund (weiterhin) gegeben war, nicht ursächlich
für die verspätete Nachentrichtung der Versicherungsbeiträge ausgewirkt.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahrens beruht auf §§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 1 Nr. 4, § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Für die Festsetzung des Streitwerts war maßgebend die Höhe der geltend gemachten Forderung von 19.630,50 €.
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