Zulässigkeit der Ablehnung eines Antrags nach § 109 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren bei einer Verzögerung des Rechtsstreits durch grobe Nachlässigkeit
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1960 geborene Klägerin, die am 30. April 1978 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland zuzog, absolvierte keine
Berufsausbildung. Vom 25. Mai 1987 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 17. Januar 2011 war sie als Maschinenarbeiterin
versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Beendigung der Lohnfortzahlung bezog sie vom 28. Februar 2011 bis 17. Juli 2012 Krankengeld
und sodann bis 2. November 2013 Arbeitslosengeld.
Vom 27. Juli bis 17. August 2011 absolvierte die Klägerin eine ambulante medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Psychosomatisch-Psychotherapeutischen
Rehabilitationszentrum (PPRZ) S.. Leitender Arzt Dr. H. diagnostizierte in seinem Entlassungsbericht vom 25. August 2011 eine
rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine schwere
Innenohrschwerhörigkeit links stärker als rechts, einen hochgradigen Tinnitus beidseits und eine arterielle Hypertonie. Er
führte aus, die therapeutische Zugänglichkeit der Klägerin in der Einzeltherapie sei auch aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse
äußerst eingeschränkt gewesen. Die Klägerin sei sehr auf ein somatisches Krankheitskonzept fokussiert gewesen. Aufgrund ihrer
Schwerhörigkeit habe sie keine Chance gehabt von der Atemtherapie zu profitieren. Die Klägerin wurde mit einem Leistungsvermögen
von unter drei Stunden täglich für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenarbeiterin und auch für leichte Tätigkeiten
überwiegend im Sitzen ohne besondere Anforderungen an Gang- und Standsicherheit, Zwangshaltung und Tätigkeiten mit besonderen
Anforderungen an die Hörfähigkeit sowie erhöhte Gefährdungs- und Belastungsfaktoren entlassen.
Am 25. November 2011 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung führte sie aus, sie halte sich wegen
Depression, eines starken Tinnitus, seit fünf Jahren bestehenden Schlafstörungen, Schwindel, Vergesslichkeit, Schmerzen am
Beckenboden und Senkwehen seit 17. Januar 2011 für erwerbsgemindert. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie B. diagnostizierte
in seinem Gutachten vom 21. Februar 2012 u.a. unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit der Klägerin
auf Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft (L 6 SB 5571/10) angefallenen Unterlagen, insbesondere des auf Antrag der Klägerin gemäß §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erstatteten orthopädischen Gutachtens des Orthopäden Dr. Sc. vom 30. Oktober 2011 (Diagnosen u.a. Anpassungsstörung, Tinnitus
mit Schwerhörigkeit links mehr als rechts mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit), sowie Arztbriefen
und Bescheinigungen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. La. aus den Jahren 2005 bis 2011, eine nach heutiger Einschätzung
depressive Entwicklung, leichtgradige depressive Symptomatik, überwiegend dysthyme Unterlagerung, eine Innenohrschwerhörigkeit
linksbetont, einen Tinnitus aurium linksseitig und eine geringgradig ausgeprägte, undifferenzierte Somatisierungsstörung mit
auch Angabe von somatoformen Beschwerden. Hinweise für eine höhergradige depressive Symptomatik hätten nicht erhoben werden
können. Das Medikament Duloxetin, mit dem die psychische Symptomatik behandelt werde, sei im Blut nicht nachweisbar gewesen.
Insgesamt sei die ambulante psychiatrische Behandlung mit nur sehr weitmaschigen Kontakten zum Nervenarzt, offensichtlich
fehlender suffizienter psychopharmakologischer Behandlung und nicht durchgeführter Regelpsychotherapie als nicht intensiv
zu bezeichnen. Insofern könne auf eine Intensivierung verwiesen werden. Die Klägerin könne ihre bisherige Tätigkeit als Arbeiterin
mit Lärmbelästigung nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Mittelschwere Wechseltätigkeiten ohne Nachtschicht und
Akkord sowie ohne Tätigkeiten mit vermehrter Lärmbelastung seien der Klägerin noch sechs Stunden und mehr täglich möglich.
Mit Bescheid vom 2. März 2012 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab.
Die Klägerin erhob am 26. März 2012 Widerspruch. Sie trug vor, der medizinische Sachverhalt spreche dafür, dass eine Erwerbsminderung
vorliege. Dr. La. führte in seinem am 30. März 2012 bei der Beklagten eingegangenen "Widerspruch" vom 8. März 2012 aus, dass
die Einschätzung bzw. Beurteilung, wonach die Klägerin an einer leichtgradigen depressiven Symptomatik leide, absolut nicht
der Realität entspreche. Die depressive Symptomatik sei ohne Zweifel mittelgradig bis schwer ausgeprägt. Die Klägerin sei
auch nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu bewältigen. Auch von Seiten des PPRZ sei ausgeführt
worden, dass ihre Leistungsfähigkeit aufgehoben sei. Die Beklagte hörte hierzu Arzt B., der bei der Beurteilung des bisherigen
Leistungsvermögens verblieb (Stellungnahme vom 21. Juni 2012). Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2012 wies der bei der
Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Nach Auffassung des Sozialmedizinischen Dienstes seien unter
Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung
von Erwerbstätigkeiten keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen der Klägerin für Tätigkeiten auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Ihr seien noch mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, Akkord und Tätigkeiten mit
vermehrter Lärmbelastung sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Er, der Widerspruchsausschuss, habe sich mit allen vorgetragenen
medizinischen und rechtlichen Sachverhalten auseinandergesetzt und keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Klägerin auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch weniger als sechs Stunden (somit keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung) oder
weniger als drei Stunden (somit keine Rente wegen voller Erwerbsminderung) täglich arbeiten könne. Da das sozialmedizinische
Ergebnis schlüssig und nachvollziehbar sei, schließe er, der Widerspruchsausschuss, sich der Beurteilung des Sozialmedizinischen
Dienstes an. Auch den rechtlichen Schlussfolgerungen, die sich daraus ergäben, stimme er zu.
Am 3. August 2012 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie trug vor, sie erfülle die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die maßgebliche Gesundheitsstörung
liege bei ihr auf psychiatrischem Fachgebiet. Der sie behandelnde Arzt Dr. La. habe bei ihr eine mittelgradig ausgeprägte
depressive Störung diagnostiziert. Dr. La. und Dr. H. hätten ihr Leistungsvermögen auf unter drei Stunden eingeschätzt. Die
Feststellungen des Gutachters B. könnten vor diesem Hintergrund nicht überzeugen. Durch ihre Schwerhörigkeit komme es darüber
hinaus zu einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung. Vor dem Hintergrund, dass nach Aussage des Sachverständigen Arzt
für Neurologie und Psychiatrie Dr. He. (hierzu im Folgenden) sich die somatoforme Schmerzstörung in andauernden, schweren
und quälenden Schmerzen äußere, sei dessen Einschätzung ihres Leistungsvermögens nicht nachvollziehbar. Sowohl eine im Grenzbereich
zu einer mittelgradigen Depression liegende Erkrankung als auch die somatoforme Schmerzstörung führten zu einer quantitativen
Einschränkung des Leistungsvermögens.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte die ärztliche Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
Dr. E.-D. vom 16. April 2013 vor, die die Auffassung vertrat, dass bei Würdigung aller Gutachten, sachverständigen Zeugenauskünfte
und Befundberichte nichts gegen die von der Beklagten vertretene Leistungseinschätzung spreche.
Das SG hörte die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Dr. La. teilte unter dem 17. Dezember 2012 mit, dass
sich die Klägerin seit 2. Juli 2003 in seiner ambulanten Behandlung befinde. Die Termine seien in den ersten Jahren engmaschiger,
in den letzten Jahren ein- bis zweimal pro Quartal erfolgt. Bei den Gesprächsterminen sei meist ein Familienmitglied als Dolmetscher
mit dabei gewesen. Aktuell werde die Medikation mit Citalopram 20 mg fortgesetzt. Diagnostisch sei von einer rezidivierenden
depressiven Störung mit mittelgradig ausgeprägten depressiven Phasen auszugehen. In Übereinstimmung mit der Beurteilung des
Dr. H. halte er die Klägerin für weniger als drei Stunden täglich für leichte Arbeiten belastbar. Orthopäde Dr. Gr. führte
unter dem 22. Dezember 2012 aus, dass die Klägerin an einem chronisch rezidivierenden Lendenwirbelsäulensyndrom mit Lumboischialgie
links bei Blockierung des Sacroiliakalgelenks (SIG) links stärker als rechts, einer Brust- und Halswirbelsäulenblockierung,
einem Fersensporn und Haglund-Exostosen beidseits und einer Bursitis trochanterica links leide. Die übrigen Störungen wie
somatoforme Schmerzstörung und Verdacht auf Polymyalgia rheumatica und auf Fibromyalgie seien eher dem neurologischem Fachgebiet
zuzuordnen. Durch die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet sei eine Einschränkung insoweit zu sehen, als eine
schwere körperliche Belastung mit Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm in Zwangshaltungen der Wirbelsäule nicht
mehr durchgeführt werden sollte. Von der Beurteilung der Leistungseinschätzung im Gutachten des Arztes B. weiche er nicht
ab. Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. A. reichte am 4. März 2013 einen Befundschein zur Vorlage beim Versorgungsamt vom
27. Februar 2013 mit den Diagnosen idiopatischer Tinnitus auris beidseits, Taubheit links und mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit
rechts ein.
Sodann erstattete Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. He. das Gutachten vom 5. Juli 2013. Der Sachverständige,
der die Klägerin unter Heranziehung einer Dolmetscherin befragte, führte aus, eine Verständigung sei mit der Klägerin, die
sich mit dem rechten Ohr der Dolmetscherin zugewandt habe, ohne Schwierigkeiten möglich gewesen. Teilweise habe die Klägerin
auch direkt auf die von ihm gestellten Fragen geantwortet. Die Klägerin habe ihm gegenüber angegeben, dass sie Citalopram
20, Amineurin 10 und Dominal einnehme, wobei sie letzteres weglassen solle, weil es ihr Magenprobleme bereite. Sie stehe zwischen
5.00 und 7.00 Uhr auf, frühstücke dann in der Regel und nehme im Anschluss daran zum Teil Arzttermine wahr oder erledige insbesondere
die leichteren Sachen der Hausarbeit, sehe fern oder lese ein wenig. Wenn es ihr gut gehe, koche sie ein Mittagessen, wenn
es ihr schlecht gehe, esse sie etwas Kaltes. Abends schaue sie mit dem Ehemann fern, zu Bett gehe sie zwischen 22.00 und 23.00
Uhr. Kontakt habe sie zu ihren Kindern und deren Familien, ab und zu kämen Freundinnen oder befreundete Ehepaare. Zum Nervenarzt
gehe sie alle drei Monate. Dr. He. diagnostizierte eine depressive Erkrankung, derzeit leichte depressive Episode im Grenzbereich
zu einer mittelgradigen depressiven Episode, und anhaltende somatoforme Störungen. Die vorherrschenden Beschwerden der somatoformen
Störung seien andauernde, schwere und quälende Schmerzen, die durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung
nicht vollständig erklärt werden könnten. Die Erkrankungen würden gewisse qualitative Leistungseinschränkungen bedingen. Eine
Überforderung durch Akkord-, Nachtarbeit oder durch Arbeiten unter besonderem Zeitdruck müsse vermieden werden. Dies gelte
gleichermaßen für besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie für eine besonders hohe Verantwortung und
eine besonders hohe geistige Beanspruchung. Bei Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen seien der Klägerin Tätigkeiten
noch mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. Oktober 2013 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Dies stehe nach dem Ergebnis der medizinischen
Ermittlungen, insbesondere auf Grund des von dem Gutachter B. erstatteten Gutachtens, der sachverständigen Zeugenauskunft
des Dr. Gr. und den Ausführungen des Sachverständigen Dr. He. fest. Aus den von Dr. A. mitgeteilten Diagnosen lasse sich eine
rentenrelevante Leistungsminderung nicht ableiten. Nicht zu folgen vermöge die Kammer im Ergebnis der Einschätzung des Dr.
La. und des Dr. H.. Aus der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. La. lasse sich nicht entnehmen, auf Grund welcher konkreter
Krankheitssymptome er von einer eingeschränkten körperlichen und psychischen Belastbarkeit wie geminderten Leistungsfähigkeit
ausgehe. Überdies habe die Klägerin die Arzttermine bei Dr. La. alleine oder in Begleitung von Familienangehörigen, die teilweise
als Dolmetscher fungierten, wahrgenommen, während bei der Begutachtung bei Dr. He. eine allgemein beeidigte Dolmetscherin
anwesend gewesen sei. Insofern vermöge auch die Stellungnahme des Dr. H. hinsichtlich der beschriebenen eingeschränkten Leistungsfähigkeit
nicht zu überzeugen, zumal die dort behandelnden Ärzte eingeräumt hätten, dass auf Grund der Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten
die therapeutische Zugänglichkeit der Klägerin äußerst eingeschränkt gewesen sei. Die Beschreibung, dass die Klägerin beispielsweise
im Rahmen der Atemtherapie auf Grund ihrer Schwerhörigkeit keine Chancen gehabt habe, hiervon zu profitieren, stehe in diametralem
Widerspruch zu der in der Begutachtungssituation beschriebenen problemlosen Verständigung unter Zuhilfenahme der Dolmetscherin
und unter Nutzung der vorhandenen Hörgeräte. Die Kammer vermöge sich auch nicht der gutachterlichen Einschätzung des Orthopäden
Dr. Sc. hinsichtlich der Schwere der psychischen Erkrankung anzuschließen. Auf seinem Fachgebiet habe Dr. Sc. maßgebende rentenrelevanten
Leistungseinschränkungen nicht bestätigen können. Der von Dr. Sc. behauptete soziale Rückzug und ein geändertes Freizeitverhalten
habe sich in der Untersuchungssituation bei Dr. He. gerade nicht verifizieren lassen. Auch die Inanspruchnahme nervenärztlicher
Hilfe und die Einnahme von Psychopharmaka rechtfertige allein noch nicht die Annahme einer Erwerbsminderung, zumal die Klägerin
nach den Aussagen von Dr. La. zwischenzeitlich nur noch einmal täglich Citalopram 20 mg zu sich nehme im Gegensatz zu der
höheren Medikation im Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. Sc.. Darüber hinaus liege auch keine Summierung ungewöhnlicher
Leistungseinschränkungen und keine schwere spezifische Leistungseinschränkung vor. Dies gelte auch unter Berücksichtigung
der bei der Klägerin vorliegenden Ohrenerkrankung. Die Klägerin sei mit einem Hörgerät versorgt und habe bei der Begutachtung
durch Dr. He. keine hörbedingten Verständigkeitsschwierigkeiten gezeigt. Die Klägerin habe darüber hinaus auch keinen Anspruch
auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Bei der zuletzt von ihr ausgeübten Tätigkeit
als Maschinenarbeiterin handele es sich um eine ungelernte Tätigkeit, sodass die Klägerin auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Dagegen hat die Klägerin am 7. November 2013 Berufung eingelegt. Sie ist weiter der Ansicht, dass das von Dr. He. erstellte
Gutachten in sich widersprüchlich sei und sich mit den Befunden von Dr. La. inhaltlich nicht auseinandersetze. Vor dem Hintergrund
der Medikation mit Citalopram, Amineurin und Dominal könne nicht nachvollzogen werden, warum bei ihr lediglich eine leichte
depressive Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode vorliegen solle. Die Anamnese beruhe ausschließlich
auf dem momentanen Eindruck. Darüber hinaus bejahe Dr. He. zwar das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Störung. In der
Anamnese fänden sich insoweit aber keine Ausführungen. Unterstellt, die Diagnose sei zutreffend, dann sei die Schlussfolgerung
des Dr. He., dass keine wesentlichen quantitativen oder qualitativen Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit erkennbar seien,
nicht nachvollziehbar. Der medizinische Sachverhalt sei weiter aufklärungsbedürftig. Die Klägerin hat ein weiteres Attest
des Dr. La. vom 15. November 2013 beigefügt, in dem dieser bei seinen bisherigen Ausführungen verbleibt und einen eigenen
unabhängigen Gutachter empfiehlt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Oktober 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 2. März 2012 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 25. November 2011
Rente wegen voller Erwerbsminderung,
hilfsweise
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen, weiter hilfsweise ein Gutachten nach §
109 SGG bei Dr. Ab. einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen im Gerichtsbescheid und hat ergänzend eine sozialmedizinische
Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin Grimm vom 29. April 2014 vorgelegt, wonach die Tatsache, dass Dr. La. am 7.
April 2014 für die Klägerin einen - beigefügten - Rehabilitationsantrag gestellt habe, in großem Widerspruch zu seinen bisher
gemachten Aussagen stehe.
Für einen Antrag nach §
109 SGG hat der Senat der Klägerin unter dem 19. Februar 2014 eine Frist gesetzt bis zum 28. März 2014, worauf die Klägerin am 28.
März 2014 Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. benannt, innerhalb der vom Senat gesetzten weiteren Frist zur Zahlung
eines Vorschusses bis 9. Mai 2014 den Vorschuss eingezahlt und die Kostenverpflichtungserklärung eingereicht hat. Den ihm
am 14. Mai 2014 erteilten Gutachtensauftrag hat Dr. Sch. am 20. Mai 2014 zurückgesandt, weil er aus gesundheitlichen Gründen
im nächsten halben Jahr keine Gutachten erstellen könne. Der Senat hat die Klägerin hierauf unter dem 21. Mai 2014 aufgefordert,
bis spätestens 20. Juni 2014 mitzuteilen, wer anstelle von Dr. Sch. das Gutachten erstatten soll, worauf die Klägerin am 27.
Mai 2014 Prof. Dr. E. benannt hat. Prof. Dr. E. hat den an ihn gerichteten Gutachtensauftrag vom 27. Mai 2014 am 16. Juni
2014 wegen Arbeitsüberlastung zurückgereicht. Auf die Aufforderung des Senats vom 23. Juni 2013 bis spätestens 14. Juli 2014
mitzuteilen, wer anstelle von Prof. Dr. E. das Gutachten erstatten soll und gleichzeitig eine Bestätigung des Arztes beizufügen,
wonach er in der Lage und bereit sei, das Gutachten binnen drei Monaten zu erstatten, hat die Klägerin am 14. Juli 2014 Dr.
Ra. benannt. Der Senat hat die Klägerin hierauf aufgefordert, bis spätestens 31. Juli 2014 eine Bestätigung von Dr. Ra. vorzulegen,
wonach sie in der Lage und bereit sei, das Gutachten binnen drei Monaten zu erstatten. Darauf hat die Klägerin unter dem 18.
Juli 2014 mitgeteilt, dass Dr. Ra. keine Gutachten mehr anfertige. Gleichzeitig hat sie darum gebeten, die Frist zur Benennung
eines Gutachters um einen Monat zu verlängern. Der Senat hat hierauf unter dem 23. Juli 2014 die Frist zur Benennung eines
weiteren Gutachters und Vorlage einer Bestätigung, dass er in der Lage sei, das Gutachten binnen drei Monaten zu erstatten,
bis längstens 15. August 2014 verlängert und darauf hingewiesen, dass eine weitere Verlängerung nicht in Betracht komme. Am
8. August 2014 hat die Klägerin daraufhin den Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie Dr. Ab. benannt. Der Senat hat der Klägerin
mit Fax vom 12. August 2014 mitgeteilt, dass ein Gutachtensauftrag an Dr. Ab. nur erteilt werde, wenn bis 15. August 2014
auch eine Bestätigung vorgelegt werde, dass er in der Lage sei, das Gutachten binnen drei Monaten zu erstatten. Am 13. August
2014 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sich Dr. Ab. bis 25. August 2014 im Urlaub befinde. Nachdem eine Bestätigung des Dr.
Ab. bis 31. August 2014 nicht eingegangen ist, hat der Senat der Klägerin unter dem 1. September 2014 mitgeteilt, dass der
Rechtsstreit nach derzeitiger Auffassung der Berichterstatterin entscheidungsreif sei und die Einholung eines Gutachtens nach
§
109 SGG die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde. Mit Schreiben vom 5. September 2014 hat die Klägerin mitgeteilt, dass die
Bestätigung noch vorgelegt werde. Es werde um Nachsicht gebeten, ihr Klägerbevollmächtigter sei zum Ende des Monats August
2014 in neue Kanzleiräume umgezogen. Nachdem unter dem 25. September 2014 die Terminierung der Senatssitzung auf den 21. November
2014 mit dem Büro des Bevollmächtigten der Klägerin abgesprochen worden ist, hat der Senat den Rechtsstreit unter dem 1. Oktober
2014 auf den 21. November 2014 terminiert. Die Ladung ist dem Bevollmächtigen am 7. Oktober 2014 zugegangen. Am 20. Oktober
2014 hat die Klägerin ein an Dr. Ab. gerichtetes Schreiben vom 29. September 2014 vorgelegt, auf dem Dr. Ab. unter dem 30.
September 2014 handschriftlich bestätigt hat, dass er ein Gutachten nach §
109 SGG erstatten werde.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1.
Die nach §
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligten durch Urteil
ohne mündliche Verhandlung gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG entscheidet, ist zulässig. Die Berufung bedurfte nicht nach §
144 Abs.
1 SGG der Zulassung. Denn die Klägerin begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG).
2.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 2. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
25. Juli 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat ab 25. November 2011 keinen
Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Versicherte haben nach §
43 Abs.
2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1.
Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung
drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung
die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr.
3). Voll erwerbsgemindert sind nach §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach §
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser
als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung
gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung
in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung
auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens
sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des §
43 Abs.
1 und Abs.
2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert;
dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§
43 Abs.
3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin seit 25. November 2011 weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch leichte
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dies steht
zur Überzeugung des Senats auf Grund der im Verwaltungs- und Klageverfahren durchgeführten Beweisaufnahme fest.
a)
Als rentenrelevante Gesundheitsstörung besteht bei der Klägerin auf nervenärztlichem Fachgebiet eine depressive Erkrankung
mit Schwankungen zwischen leichten und mittelgradigen depressiven Episoden und eine somatoforme Schmerzstörung. Dies stützt
der Senat auf die Gutachten des Arztes B. vom 21. Februar 2012 und des Dr. He. vom 5. Juli 2013 und den Entlassungsbericht
des Dr. H. vom 25. August 2011. Hieraus ergibt sich für den Senat überzeugend, dass die Klägerin nicht durchgängig unter einer
mittelgradigen depressiven Störung leidet, die depressive Symptomatik bei der Klägerin vielmehr Schwankungen unterliegt. Bestätigt
wird dies durch die sachverständige Zeugenauskunft des die Klägerin behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.
La. vom 17. Dezember 2012, wonach von einer rezidivierenden depressiven Störung mit mittelgradig ausgeprägten depressiven
Phasen auszugehen sei. Auch hieraus ist zu folgern, dass die mittelgradig ausgeprägte depressive Störung nicht durchgängig
vorhanden ist, sondern nur phasenweise auftritt. Dass die depressive Erkrankung nicht durchgängig mit mittelgradigen oder
gar schweren Episoden verbunden ist, zeigt sich auch in der Tatsache, dass sich die Klägerin nur einmal im Quartal in nervenärztlicher
Behandlung bei Dr. La. befindet und in der von der Klägerin zuletzt Dr. He. gegenüber angegebenen Medikation mit Citalopram
AL 20 und Amineurin 10. Hierbei handelt es sich um eine Medikation allenfalls im mittleren Bereich, nachdem Citalopram in
Wirkdosen von 10 mg, 20 mg, 30 mg und 40 mg und Amineurin in Wirkdosen von 10 mg, 25 mg, 50 mg und 100 mg auf dem Markt ist,
wobei bei der Untersuchung durch den Arzt B. darüber hinaus auch festgestellt werden konnte, dass der Wirkstoff Duloxetin,
mit dem die Klägerin damals behandelt wurde, im Blut nicht nachweisbar war. Auch die Notwendigkeit einer stationären, psychiatrischen
Behandlung bestand bisher nicht. Eine psychotherapeutische Behandlung fand und findet ebenfalls nicht statt. Auch hat die
Klägerin einen für nicht erwerbstätige Menschen weitgehend normalen Tagesablauf. Sie steht ausweislich ihrer Angaben gegenüber
Dr. He. zwischen 5.00 Uhr und 7.00 Uhr auf, frühstückt, nimmt im Anschluss daran zum Teil Arzttermine war oder erledigt die
leichteren Sachen der Hausarbeit, sieht fern oder liest ein wenig. Wenn es ihr gut geht, kocht sie ein Mittagsessen, wenn
es ihr schlecht geht, isst sie etwas Kaltes. Abends schaut sie mit ihrem Ehemann fern und geht zwischen 22.00 Uhr und 23.00
Uhr ins Bett. Kontakt hat sie zu ihren Kindern und deren Familien und ab und zu zu Freundinnen oder befreundeten Ehepaaren.
Wegen der somatoformen Schmerzstörung befindet sich die Klägerin nicht in schmerztherapeutischer Behandlung. Die von Arzt
B., Dr. Sc., Dr. H. und Dr. Gr. beschriebenen Bewegungseinschränkungen sind allenfalls leichtgradig. Der Verrichtung leichterer
Tätigkeiten im Haushalt stehen sie nicht entgegen.
Bei der mit Hörgeräten versorgten Klägerin besteht ferner eine schwere Innenohrschwerhörigkeit links stärker als rechts und
ein hochgradiger Tinnitus beidseits. Dies ergibt sich aus dem Entlassungsbericht des Dr. H. und den Gutachten des Arztes B.
und Dr. He. sowie der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. A. vom 4. März 2013. Eine Verständigung mit der Klägerin war
bei der Begutachtung durch Dr. He. jedoch mit Hilfe der Dolmetscherin ohne Schwierigkeiten möglich. Teilweise antwortete die
Klägerin auch direkt auf die vom Gutachter gestellten Fragen.
Außerdem leidet die Klägerin dem Entlassungsbericht des Dr. H. folgend unter einer arteriellen Hypertonie, die medikamentös
behandelt wird. Anlässlich der Eingangsuntersuchung bei der Rehabilitationsmaßnahme wurde der Blutdruck mit 140/100 mmHg gemessen.
Darüber hinaus besteht bei der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet ein chronisch rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom
mit Lumboischialgie, eine Brust- und Halswirbelsäulenblockierung, ein Fersensporn und Haglund-Exostosen beidseits sowie eine
Bursitis troub Hubchanterica links. Dies stützt der Senat auf die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. Gr. vom 22. Dezember
2012.
Vom Vorliegen einer Polymyalgia rheumatica und eines Fibromyalgiesyndroms ist der Senat nicht überzeugt. Mit Ausnahme des
Dr. Gr. wurden diese Diagnosen von den übrigen Ärzten nicht genannt und auch Dr. Gr. äußerte insoweit jeweils nur einen Verdacht.
Ebenso verhält es sich mit Blick auf die von Dr. Sc. diagnostizierte Anpassungsstörung, die von ihm fachfremd diagnostiziert
wurde.
b)
Wegen dieser Erkrankungen kann die Klägerin noch leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel ohne Nachtschicht und Akkord, besondere
Anforderungen an Gang- und Standsicherheit, Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über zehn kg und Tätigkeiten mit
besonderen Anforderungen an die Hörfähigkeit oder mit vermehrter Lärmbelastung verrichten. Ausgeschlossen sind auch Tätigkeiten
unter besonderem Zeitdruck und solche an die besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie für eine besonders
hohe Verantwortung und eine besonders hohe geistige Beanspruchung zu stellen sind. Diese qualitativen Leistungseinschränkungen
haben der Gutachter B. und der Sachverständige Dr. He. aber auch Dr. H. und Dr. Gr. genannt. Soweit der Gutachter B. noch
mittelschwere Tätigkeit für möglich erachtet, schließt sich der Senat dem mit Blick auf die orthopädischen Erkrankungen der
Klägerin und auch die somatoforme Schmerzstörung nicht an. Nicht anzuschließen vermag sich der Senat auch der qualitativen
Einschränkung, wonach die Klägerin Dr. H. folgend nur noch Tätigkeiten überwiegend im Sitzen verrichten kann, denn dies lässt
sich auf die bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen nicht stützen.
c)
Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen führen die rentenrelevanten Erkrankungen seit 25. November
2011 jedoch nicht zu einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin für leichte Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarkts auf weniger als sechs Stunden täglich. Die Klägerin ist noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit den genannten
qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt
dies auf die übereinstimmende Beurteilung des Arztes B. und des Dr. He. und auch die sachverständige Zeugenauskunft des Dr.
Gr., der von der Beurteilung der Leistungseinschätzung im Gutachten des Arztes B. nicht abwich. Der Senat vermag demgegenüber
nicht der Beurteilung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht durch Dr. H. und Dr. La., die davon ausgehen, dass
die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich Tätigkeiten verrichten könne, zu folgen. Diese gegenteiligen Einschätzungen
sieht der Senat durch die Gutachten und die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. Gr. als widerlegt an. Die Einschätzung
durch Dr. H. ist für den Senat wie für das SG insbesondere auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil die die Klägerin anlässlich der Rehabilitationsmaßnahme behandelnden
Ärzte eingeräumt haben, dass auf Grund der Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten die therapeutische Zugänglichkeit der
Klägerin äußerst eingeschränkt gewesen sei. Demgegenüber hat Dr. He. die Klägerin mit Hilfe einer Dolmetscherin begutachtet.
Abgesehen davon ist aber auch die von den Ärzten der Rehabilitationsmaßnahme geschilderte Sprach- und Verständigungsschwierigkeit
nicht in diesem Maße nachvollziehbar, nachdem die Klägerin durchaus auch teilweise deutsch versteht, was daraus deutlich wird,
dass sie auf Fragen des Dr. He. teilweise direkt antwortete und auch die sie behandelnden Ärzte zumindest ab und an auch alleine
aufsucht, und somit durchaus in der Lage ist, sich zu verständigen. Gewisse Verständigungsmöglichkeiten der Klägerin lassen
sich auch daraus ableiten, dass sie bereits 1978 als 18-jährige aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland zuzog, in
der Bundesrepublik Deutschland zwei Kinder aufzog und darüber hinaus zwischen 1987 und 2011 auch als Maschinenarbeiterin beschäftigt
war. Im Übrigen sind die rezidivierende depressive Störung und die anhaltende somatoforme Schmerzstörung, wie sich aus dem
von Dr. He. erhobenen Tagesablauf ergibt, nicht mit gravierenden Einschränkungen im täglichen Leben verbunden. Auch die sachverständige
Zeugenauskunft des Dr. La. vermag diese Leistungseinschätzung nicht zu begründen. Er teilte in seiner sachverständigen Zeugenauskunft
zwar den von ihm bei den Gesprächsterminen erhobenen psychischen Befund mit, ging jedoch nicht weiter der Frage nach, ob daraus
auch eine Einschränkung im Tagesablauf der Klägerin resultiert. Darüber hinaus sah er nicht die Notwendigkeit das Behandlungsintervall
zu verkürzen. Er behandelt die Klägerin in der Regel nur einmal im Quartal. Gegen seine Einschätzung spricht auch der von
ihm unter dem 7. April 2014 für die Klägerin gestellte neuerliche Rehabilitationsantrag. Dies belegt, dass er nicht (mehr)
die Auffassung vertritt, dass die Klägerin auf Dauer erwerbsgemindert ist und ihr Gesundheitszustand nicht mehr gebessert
werden kann.
d)
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nicht vor.
In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise
als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur
dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Dies
ist nicht der Fall. Bei der Klägerin liegen zwar - wie dargelegt - einige qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese
sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine
Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor,
wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu
können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und
Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an
einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R -, in [...] m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist bei der Klägerin vorhanden.
e)
Auch die Wegefähigkeit der Klägerin war und ist seit 25. November 2011 gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit
eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen
zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 m zu Fuß
zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder
Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteile vom 17. Dezember 1991- 13/5 RJ 73/90 - sowie 12. Dezember 2011 - B 13 R 21/10 R und B 13 R 79/11 R -, alle in [...]). Die Klägerin ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 m viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen
und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Der Gutachter und der Sachverständige haben keine Befunde erhoben, die für eine
den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit der Klägerin sprechen. Auch der von Dr. Gr. mitgeteilte Fersensporn und
die Haglund-Exostosen beidseits führen nicht zu einer derartigen Einschränkung der Gehfähigkeit.
3.
a)
Eine Beweiserhebung durch weitere Sachverständigengutachten war nicht erforderlich. Der Senat sieht den Sachverhalt durch
die eingeholten Gutachten als geklärt an. Eine Verschlechterung ist insbesondere auch nicht im Hinblick auf die nervenärztliche
Problematik bei der Klägerin ersichtlich, nachdem die medikamentöse Behandlung gleichbleibend ist, die Behandlung bei Dr.
La. weiterhin nur etwa alle drei Monate stattfindet und Dr. La. auch in seinem letzten Attest nicht über eine Verschlechterung
berichtet hat, so dass die Gutachten des Arztes B. und des Dr. He. weiterhin den aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin
abbilden.
b)
Der Senat war an einer Entscheidung auch nicht durch den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens
nach §
109 SGG bei Dr. Ab. gehindert. Dieser Antrag ist nach §
109 Abs.
2 SGG abzulehnen. Das Gericht kann nach §
109 Abs.
2 SGG einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreit verzögert werden würde und der Antrag nach
der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher
vorgebracht worden ist. Davon ist hier auszugehen.
Das Einholen eines Gutachtens bei Dr. Ab. aufgrund des Antrags im am 8. August 2014 beim Senat eingegangenen Schriftsatzes
vom 6. August 2014 verzögert die Erledigung des Rechtsstreits, denn der Senat könnte zum jetzigen Zeitpunkt nicht über die
Berufung entscheiden. Dies beruht auf grober Nachlässigkeit der Klägerin. Eine solche grobe Nachlässigkeit ist anzunehmen,
wenn die für eine ordnungsgemäße Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und nicht getan wird, was jedem
einleuchten muss (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Kellerer/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
109 Rdnr. 11). Bei einem Antrag nach §
109 Abs.
1 SGG muss gewährleistet sein, dass der benannte Sachverständige innerhalb angemessener Zeit das Gutachten erstellen wird. Nur
dann kann das Gericht seiner Verpflichtung nachkommen, innerhalb angemessener Frist eine Sachentscheidung zu treffen (Art.
6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention; §
198 Gerichtsverfassungsgesetz; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
109 Rdziff. 5b, 19). Insoweit haben die Gerichte auch bei einem Gutachten nach §
109 SGG die Pflicht, solche Gutachten zügig und effizient einzuholen (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 25.
März 2010- 901/05 -, in [...]). Die Klägerin hat diese für eine ordnungsgemäße Prozessführung erforderliche Sorgfalt im Zusammenhang
mit dem Antrag nach §
109 SGG außer Acht gelassen. Der Klägerin war seit der Verfügung der Berichterstatterin vom 23. Juni 2014 bekannt, dass für das beantragte
Gutachten nach §
109 SGG die Bestätigung des benannten Sachverständigen erforderlich ist, er werde das Gutachten binnen drei Monaten erstellen. Eine
solche Bestätigung des nach §
109 SGG benannten Sachverständigen ist im Hinblick auf die zuvor genannte Pflicht der Gerichte erforderlich. Sie war im Falle der
Klägerin zudem erforderlich, weil die beiden zuvor von der Klägerin benannten Ärzte den jeweils an sie gerichteten Gutachtensauftrag
wegen Arbeitsüberlastung zurückgegeben hatten. Nur mit dieser geforderten Bestätigung war sicherzustellen, dass nicht erneut
ein Gutachtensauftrag von dem von der Klägerin als Sachverständigen benannten Arzt zurückgegeben wird und damit weitere Verzögerungen
des Rechtsstreits dadurch eintreten werden, weil der Klägerin erneut die Gelegenheit eingeräumt werden musste, einen Arzt
als Sachverständigen zu benennen. Demgemäß war für die Klägerin erkennbar, dass sie vor Benennung des Dr. Ab. als Sachverständigen,
die mit dem am 8. August 2014 beim Senat eingegangenem Schriftsatz vom 6. August 2014 erfolgte, mit diesem abklären musste,
ob er das Gutachten innerhalb von drei Monaten erstellen wird. Auch wenn Dr. Ab. bis 25. August 2014 in Urlaub gewesen sein
sollte, hätte die Klägerin unmittelbar nach Ende des Urlaubs die verlangte Bestätigung einholen und dem Senat vorgelegen müssen.
Dies tat sie nicht. Erst nach Terminsabsprache des Senats mit ihrem Prozessbevollmächtigten am 25. September 2014 wandte sich
die Klägerin an Dr. Ab. mit der Bitte, die vom Senat verlangte Bestätigung zu erteilen (Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten
vom 29. September 2014).
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.