Anrechnung von Beitragszeiten in der UdSSR bzw. der Russischen Föderation nach dem Fremdrentenrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung
Anforderungen an den Nachweis im Sinne von § 22 Abs. 3 FRG
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine höhere Altersrente unter ungekürzter Berücksichtigung der
von ihm in der ehemaligen S. und R. Föderation zurückgelegten Beitragszeiten vom 1. Oktober 1966 bis zum 30. November 1993.
Der in 1950 in N. (ehemalige UdSSR) geborene Kläger reiste am 8. Dezember 1993 aus der R. Föderation in die Bundesrepublik
Deutschland ein, wo er als Spätaussiedler anerkannt wurde und seither seinen ständigen Aufenthalt hat. In der ehemaligen UdSSR
besuchte er die Mittelschule.
Ausweislich (der Kopie) des am 1. Oktober 1966 ausgestellten Arbeitsbuches sind folgende Angaben zu Beschäftigungen enthalten:
- 1. Oktober 1966 eingestellt als Lehrer der Mittelschule von N. - 6. Juli 1967 entlassen auf eigenen Wunsch - 10. Oktober
1967 eingestellt als Hammerschmied in die Reparaturwerkstätte des N.-S. - 10. Dezember 1970 versetzt als Elektriker in die
DMM in der N.-S. - 8. Oktober 1971 entlassen auf eigenen Wunsch - 1. November 1971 eingestellt in die Hüttenabteilung das
B. Hüttenkombinat als Facharbeiter für Gießer der dritten Lohngruppe - 1. Januar 1972 zuerkannt die vierte Lohngruppe der
Metallgießer - 1. April 1972 zuerkannt die fünfte Lohngruppe der Metallgießer - 19. Juni 1972 versetzt in die Elektrolyt-Abteilung
als Bearbeiter der Fertigproduktion der vierten Lohngruppe - 1. März 1974 wegen der Neutarifierung wurde die dritte Lohngruppe
des Produktionsreinigers, Packers und Staplers zuerkannt - 10. Januar 1975 entlassen auf eigenen Wunsch - 14. Januar 1975
eingestellt als Elektromonteur für Verteilungsnetze bei der K. Verwaltung für Hochspannungsnetzte - 21. Mai 1979 entlassen
auf eigenen Wunsch - 15. Juni 1979 eingestellt als Elektriker beim A. SMU - 24. Dezember 1979 entlassen auf eigenen Wunsch
- 4. Januar 1980 eingestellt als Schlosser-Motorenwart der zweiten Lohngruppe beim S. ATP - 1. Februar 1980 zuerkannt die
vierte Lohngruppe des Schlossers-Motorenwartes - 1. März 1980 zuerkannt die fünfte Lohngruppe des Schlossers-Motorenwartes
- 16. April 1984 versetzt als Fahrer der Kategorie B der dritten Klasse - 1. Juni 1985 zuerkannt die zweite Qualifikation
des Fahrers der zweiten Klasse - 12. Oktober 1988 entlassen auf eigenen Wunsch - 18. Oktober 1988 eingestellt als Facharbeiter
für Rindermast der Abteilung II beim GPS - 17. Dezember 1989 entlassen auf eigenen Wunsch - 28. Dezember 1989 eingestellt
als Fachmann für Fleischbearbeitung in der Wurstabteilung - 1. Dezember 1993 entlassen auf eigenen Wunsch
Auf seinen Antrag vom 21. März 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. Juli 2013 eine Altersrente für langjährig Versicherte
und setzte den monatlichen Zahlbetrag auf 844,09 EUR fest (Bescheid vom 26. Juni 2013). Der Rentenberechnung legte sie persönliche
Entgeltpunkte in Höhe von 33,4215, den Rentenartfaktor für die Altersrente von 1,0 sowie den seinerzeitigen aktuellen Rentenwert
in Höhe von 28,14 EUR zugrunde. Sie berücksichtigte die Zeit vom 1. Oktober 1966 bis zum 6. Juli 1967, vom 10. Oktober 1967
bis zum 8. Oktober 1971, vom 1. November 1971 bis zum 10. Januar 1975, vom 14. Januar 1975 bis 21. Mai 1979, vom 15. Juni
1979 bis zum 24. Dezember 1979, vom 4. Januar 1980 bis zum 12. Oktober 1988, vom 18. Oktober 1988 bis zum 7. Dezember 1989
sowie vom 28. Dezember 1989 bis zum 30. November 1993 als Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu jeweils 5/6. Die zu 5/6 angerechneten Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten könnten nicht voll berücksichtigt werden, weil
sie nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht worden seien.
Dagegen hat der Kläger am 4. Juli 2013 Widerspruch eingelegt und die Berücksichtigung der nach dem FRG anerkannten Zeiten als nachgewiesene Zeiten zu 6/6 - anstatt 5/6 - begehrt. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid
vom 30. Januar 2014 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 21. Februar 2014 Klage zum Sozialgericht M. (SG) erhoben. In dem Rechtsstreit gehe es um die Frage, ob die Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nach dem FRG bei Vorlage eines s. Arbeitsbuches unter Berücksichtigung neuerer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) weiterhin gemäß § 22 Abs. 3 FRG zu 5/6 als glaubhaft gemacht oder als nachgewiesen zu berücksichtigen seien sowie unter welchen weiteren Voraussetzungen
sie gegebenenfalls als nachgewiesen zu berücksichtigen wären. Aufgrund der Entscheidung des BSG vom 8. September 2005 (B 13 RJ 44/04 R) würden von den Rentenversicherungsträgern und den Instanzgerichten konkrete Arbeitsbescheinigungen verlangt, aus denen
sich Arbeitszeiten, Krankheitszeiten und sonstige Arbeitsunterbrechungen lückenlos ergeben würden. Aufgrund der Entscheidung
des BSG vom 21. August 2008 (B 13/4 R 25/07 R) sei zunächst zu klären, ob es des Nachweises von Beschäftigungszeiten durch Arbeitsbescheinigungen überhaupt noch bedürfe
oder ob nicht nach Vorlage des Arbeitsbuches nunmehr eine Berücksichtigung als nachgewiesene Zeit zu erfolgen habe. Vergleichbar
mit dem vom BSG am 21. August 2008 entschiedenen Fall zur r. Kolchose seien in der S. alle Betriebe, Behörden und gesellschaftlichen Organisationen
verpflichtet gewesen, Beiträge an den staatlichen Rentenversicherungsfonds abzuführen. Dabei habe der Beitragssatz einen bestimmten
Prozentsatz der Bruttolohnsumme aller Arbeiter und Angestellten eines Betriebes betragen. Bestätigt werde diese Rechtsauffassung
durch die Entscheidungen des BSG vom 12. Februar 2009 (B 5 R 39/06 R und B 5 R 40/08 R). Mittlerweile sei diese Rechtsprechung für die s. Kolchosen übernommen worden. Es sei nicht zu rechtfertigen, warum einerseits
Mitarbeiter in staatlichen S. bei der Vorlage eines Arbeitsbuches Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten zu 5/6 und andererseits
Mitglieder einer Kolchose ihre Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten zu 6/6 angerechnet erhalten würden. Denn die Beschäftigungs-
und Wirtschaftsstruktur sei in allen Fällen gleich. Nach Aufgabe des sogenannten Eingliederungsprinzips im Fremdrentenrecht
sei es auch nicht mehr gerechtfertigt, einen Vergleich mit der Arbeitsdichte in der Bundesrepublik Deutschland anzustellen.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Spätaussiedler nunmehr ihre Arbeitsbücher aus der S. mitnehmen dürften, weshalb eine
Arbeitsunterbrechung durch Arbeitslosigkeit aufgrund der in den Arbeitsbüchern enthaltenen Eintragungen ausgeschlossen werden
könne. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 99/07 R -) an die Beschäftigungs- und Wirtschaftsstrukturen der ehemaligen DDR angeknüpft werde und nicht an die der Bundesrepublik
Deutschland. Die Beschäftigungsdauer in der ehemaligen S. ab dem Zeitpunkt des letzten Arbeitsantrittes werde durch das Arbeitsbuch
belegt. Auch würden Zeiträume zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn in diversen Fallkonstellationen verschiedene Beschäftigungen
nicht unterbrechen. Auf die Beschäftigungsdauer einer Sozialversicherungstätigkeit würden auch Zeiten der Krankheit angerechnet.
Aufgrund seiner gesunden Lebensweise und sportlichen Aktivitäten sei er - der Kläger - "so gut wie nie" krank gewesen. Langfristige
Arbeitsunfähigkeitszeiten habe es nicht gegeben.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Russische Arbeitsbücher enthielten regelmäßig nur Angaben über das Arbeitsverhältnis,
nicht aber über Fehlzeiten oder den Umfang der Beitragszahlung. Obwohl diese Versicherungsunterlagen nach dem fremden Recht
als entscheidendes Beweismittel angesehen worden seien, reichten sie im Fremdrentenrecht als Nachweis nicht aus. Davon zu
unterscheiden sei die arbeitsrechtliche Situation von Mitgliedern einer Kolchose. Diese stünden im Gegensatz zu den in Staatsbetrieben
beschäftigten Arbeitnehmern in einem Mitgliedschaftsverhältnis zur Kolchose. Die Mitglieder einer Kolchose hätten regelmäßig
auch in Zeiten, in denen die Arbeit ruhe bzw. eingeschränkt Arbeit vorhanden gewesen sei, dem Weisungsrecht der Kolchosverwaltung
unterlegen. Entsprechend der aktuellen Rechtsprechung des BSG sei hier eine Berücksichtigung als nachgewiesene Zeit möglich, sofern keine Anhaltspunkte für eine unvollständige Beitragsabführung
durch die Kolchose vorlägen. Der Kläger habe keine Zeiten als Mitglied einer Kolchose zurückgelegt und habe lediglich ein
sowjetisches Arbeitsbuch vorgelegt, in das jeweils der Beginn und das Ende seiner Beschäftigungen eingetragen worden seien.
Die Beklagte hat durch Bescheid vom 2. Juni 2014 dem Kläger anstatt der bisher bewilligten Altersrente für langjährig Versicherte
eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit ab 1. Juli 2013 mit einem monatlichen Rentenzahlbetrag in
Höhe von 869,42 EUR bewilligt, weil der Rentenabschlag dieser Rente geringer ausgefallen ist. Die Beschäftigungs- und Beitragszeiten
nach FRG hat sie weiterhin lediglich zu 5/6 berücksichtigt (vgl. Anlage 10).
Das SG hat am 26. September 2017 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und die Schwester des Klägers, I. M., sowie die Ehefrau
des Klägers, T. H., als Zeuginnen einvernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift
des SG vom 26. September 2017 (Blatt 150/156 der SG-Akten) Bezug genommen. Das SG hat die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 26. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2014
und des Änderungsbescheids vom 2. Juni 2014 verurteilt, dem Kläger die bewilligte Rente unter Berücksichtigung der Zeit vom
1. Oktober 1966 bis zum 30. November 1993 bereits als glaubhaft gemachte anerkannte Zeiten nach dem FRG als nachgewiesene Beitragszeiten nach dem FRG mit einer 6/6 Bewertung zu zahlen und der Beklagten 80 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt. Zur Begründung
hat das SG ausgeführt, dass die vom Kläger geltend gemachten Beitragszeiten nachgewiesen im Sinne des § 22 Abs. 3 FRG seien. Der Kläger habe zwar keine Unterlagen der ehemaligen Arbeitgeber vorgelegt, aus denen sich konkrete Arbeits- bzw.
Krankheits- oder Urlaubstage ergeben würden. Die Vorlage derartiger Bescheinigungen sei jedoch im Rahmen der freien Beweiswürdigung
im Sinne des §
128 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) nicht die einzige Grundlage für eine mögliche Überzeugungsbildung des Gerichts. Im vorliegenden Fall hätten die Zeuginnen
und der Kläger glaubhaft dargelegt, dass der Kläger im streitigen Zeitraum keine längerfristigen Krankheitszeiten gehabt habe.
Angesichts des Alters des Klägers im streitigen Zeitraum erscheine dies plausibel (Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen
vom 17. November 2010 - L 2 R 435/10 - juris Rdn. 86). Das SG ist davon ausgegangen, dass den Zeuginnen eine jährliche mindestens zweimonatige Ausfallzeit wegen Krankheit aufgefallen
wäre. Es sei davon überzeugt, dass der Kläger durch übliche Erkrankungen einige (wenige) Wochen im Jahr ausgefallen sei. Über
längere Ausfallzeiten könne allenfalls spekuliert oder diese schlicht unterstellt werden. Vor dem Hintergrund, dass die Kammer
lediglich von einer geringfügigen Unterbrechung der Beschäftigungszeiten durch Krankheit überzeugt sei, die weit von 1/6 entfernt
liege, komme es nicht darauf an, ob die Regelung des § 26 Abs. 2 FRG eine Modifikation des Beweismaßstabs gemäß § 22 Abs. 3 FRG in dem Sinne enthalte, dass lediglich Krankheitszeiten von mehr als einem Monat Dauer Relevanz zukomme oder die Vorschrift
lediglich für die Bewertung der Zeiten gelte. Anderweitige Unterbrechungen der Beschäftigungsverhältnisse und damit einhergehend
der Beitragszahlungen zur s. Rentenversicherung seien nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens auszuschließen.
Gegen das ihr am 18. Oktober 2017 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 10. November 2017 beim LSG Baden-Württemberg
eingelegten Berufung. Die in der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2017 vor dem SG von der Schwester sowie von der Ehefrau des Klägers als Zeuginnen gemachten Angaben seien als Nachweis einer höheren Beitrags-
oder Beschäftigungsdichte nicht geeignet. Eine ungekürzte Berücksichtigung der ermittelten Entgeltpunkte würde voraussetzen,
dass konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischenliegenden Arbeitsunterbrechungen
vorhanden seien und die Arbeitsunterbrechungen nicht 1/6 erreichten. Eine Beitragszeit im Sinne von § 15 FRG setze eine tatsächliche Beitragsentrichtung voraus, wobei jedes irgendwie geartete Beitragsaufkommen genüge, dass sich auf
die entsprechende Zeit beziehe. Nicht ausreichend sei, dass Anfang und Ende des Zeitraums einer beitragspflichtigen Beschäftigung
feststünden, sondern darüber hinaus dürften keine Ausfalltatbestände wie krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit
oder andere Unterbrechungen, zum Beispiel durch berufliche oder politische Schulungen, eingetreten sein. Maßgebend für die
Prüfung sei nicht das Recht des Herkunftslandes, sondern das Bundesrecht und die darin getroffenen Definitionen. Fehlzeiten
ließen sich üblicherweise nur aufgrund von Lohnlisten bzw. Lohnzahlungslisten der Arbeitgeber feststellen, wobei auch darauf
gestützte Auskünfte von Staatsarchiven genügen könnten. Diese unterlägen den allgemeinen Grundsätzen der Beweiswürdigung,
insbesondere dürften keine Zweifel daran bestehen, dass die Arbeitgeberunterlagen tatsächlich vorgelegen hätten und vom Staatsarchiv
ausgewertet worden seien. Diese Grundsätze schlössen eine allgemeine und unbesehene Übernahme der in den s. Arbeitsbüchern
oder Bescheinigungen bestätigten Beitragszeiten in die bundesdeutsche Rentenversicherung aus. Der Nachweis einer höheren Beitrags-
oder Beschäftigungsdichte als 5/6 setze konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und der
dazwischenliegenden Arbeitsausfallzeiten voraus. Es müsse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden,
dass in die vom Arbeitgeber bescheinigten Zeiten keine Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder sonstigen Arbeitsunterbrechung
fielen. Außerdem müssten aus den Bescheinigungen die tatsächlichen Arbeitstage und die Fehlzeiten vollständig hervorgehen.
Das vom Kläger vorgelegte russische Arbeitsbuch erfülle die höheren Anforderung eines Nachweises nicht, da darin lediglich
Anfangs- und Endzeitpunkt einer Arbeitsaufnahme, aber keine Angaben zu Unterbrechungen in den fraglichen Zeiträumen enthalten
seien. Es lägen also nur Rahmenangaben, aber keine Aussagen über krankheitsbedingte oder sonstige Unterbrechungen vor. Die
Zeuginnen machten lediglich pauschale Angaben zu den Beschäftigungen und etwaigen Erkrankungen des Klägers und seien allenfalls
zur Glaubhaftmachung geeignet.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts M. vom 26. September 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise die Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Instituts für Ostrecht zur Beantwortung folgender Fragen:
1. Haben die s. Arbeitgeber, insbesondere die aus dem Arbeitsbuch ersichtlichen Arbeitgeber des Klägers, Beiträge zur Rentenversicherung
durchgehend entrichtet und zwar unabhängig von der Arbeitsleistung pauschal für alle Mitglieder? Wurden dabei die Beiträge
nur gemessen am Wert der jährlichen Gesamtproduktion bzw. in einer bestimmten prozentualen Höhe hieran gemessen? 2. Hatte
die Tatsache einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit im bestehenden Arbeitsverhältnis Einfluss auf die Altersversorgung?
Der Kläger hat unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens das Urteil des SG verteidigt. Ergänzend hat er vorgetragen, dass die Beklagte erhebliche Rechtsänderungen des FRG nicht berücksichtige, insbesondere, dass seit 1992 Ausfallzeiten von unter einem Monat Dauer sich nicht mehr rentenmindernd
auswirken sollten. Dies müsse auch Auswirkung auf die Auswertung der vorgelegten Arbeitsbescheinigungen auf die Überzeugungsbildung
des Gerichtes haben. Es komme nicht mehr darauf an, ob der Betroffene durch Arbeitgeber- oder Archivbescheinigungen nachweisen
könne, dass er gearbeitet habe, es komme wohl auch darauf an, ob sich aus den vorliegenden Bescheinigungen oder mittels sonstiger
Beweismittel der Schluss ziehen lasse, dass das Arbeitsverhältnis nicht für zusammenhängend mehr als einen Monat unterbrochen
gewesen sei, sofern es denn auf die Beschäftigung und nicht auf Beitragszahlungen ankommen sollte.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der
Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist abzuweisen.
1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§
143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG).
2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Rentenbescheid vom 26. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids (§
95 SGG), mit dem die Beklagte dem Kläger eine Altersrente ab 1. Juli 2013 bewilligt und dabei die vom Kläger in der ehemaligen UdSSR
und der R. Föderation zurückgelegten Beitragszeiten vom 1. Oktober 1966 bis zum 6. Juli 1967, vom 10. Oktober 1967 bis zum
8. Oktober 1971, vom 1. November 1971 bis zum 10. Januar 1975, vom 14. Januar 1975 bis 21. Mai 1979, vom 15. Juni 1979 bis
zum 24. Dezember 1979, vom 4. Januar 1980 bis zum 12. Oktober 1988, vom 18. Oktober 1988 bis zum 7. Dezember 1989 sowie vom
28. Dezember 1989 bis zum 30. November 1993 lediglich mit 5/6 - anstatt mit 6/6 wie vom Kläger gefordert - berücksichtigt
hat. Der Rentenbescheid vom 2. Juni 2014, der die Altersrente des Klägers zum 1. Juli 2013 völlig neu festgestellt und festgesetzt
hat, ist gem. §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2012 - B 13 R 73/11 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 27. April 2010 - B 5 R 62/08 R - juris Rdnr. 15).
3. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte höhere Altersrente ab 1. Juli
2013.
a. Maßgebend für die Berechnung der Rentenhöhe sind die §§
63 ff.
SGB VI. Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten
Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§
63 Abs.
1 SGB VI). Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte
umgerechnet; die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres
ergibt einen vollen Entgeltpunkt (§
63 Abs.
2 Sätze 1 und 2
SGB VI). Der Kläger ist als Spätaussiedler im Sinne des § 4 Bundesvertriebenengesetz anerkannt; auf ihn finden daher für die Berücksichtigung von in der UdSSR bzw. der R. Föderation zurückgelegten Beitragszeiten
die Vorschriften des FRG Anwendung (§ 1 Buchst. a FRG). Die Beklagte hat die hinsichtlich des Umfangs ihrer rentenrechtlichen Berücksichtigung nach streitigen Zeiten vom 1. Oktober
1966 bis zum 6. Juli 1967, vom 10. Oktober 1967 bis zum 8. Oktober 1971, vom 1. November 1971 bis zum 10. Januar 1975, vom
14. Januar 1975 bis 21. Mai 1979, vom 15. Juni 1979 bis zum 24. Dezember 1979, vom 4. Januar 1980 bis zum 12. Oktober 1988,
vom 18. Oktober 1988 bis zum 7. Dezember 1989 sowie vom 28. Dezember 1989 bis zum 30. November 1993 als Beitragszeiten nach
§ 15 FRG anerkannt.
Für in der UdSSR bzw. R. Föderation zurückgelegte Zeiten im Sinne des § 15 FRG werden gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG (in der hier anzuwendenden, ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des 4.-Euro-Einführungsgesetzes vom 21. Dezember 2000, BGBl.
I S. 1982) Entgeltpunkte in Anwendung von §
256b Abs.
1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9
SGB VI ermittelt. Hierzu werden nach § 22 Abs. 1 Satz 2 FRG für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlage 14 des
SGB VI genannten oder nach §
256b Abs.
1 Satz 2
SGB VI festgestellten Durchschnittsjahresverdienste um 1/5 erhöht. Für Beitragszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden nach
§ 22 Abs. 3 FRG die ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt. Diese Bestimmung hat die Regelung des § 19 Abs. 2 FRG (in der vor dem 1. Januar 1992 geltenden Fassung) abgelöst, wonach für das einzelne Jahr nicht nachgewiesener Zeiten 5/6
als Beitrags- oder Beschäftigungszeiten angerechnet worden waren; diese zeitliche Kürzung ist für Rentenfeststellungen ab
1. Januar 1992 durch eine wertmäßige Kürzung ersetzt worden. Für die Feststellung zurückgelegter Beitragszeiten genügt es
gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 FRG, dass sie glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen,
die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 4 Abs. 1 Satz 2 FRG).
Die Bestimmung des § 22 Abs. 3 FRG macht deutlich, dass Beitragszeiten im Sinne des FRG nur dann ohne Kürzung angerechnet werden können, wenn sie nachgewiesen sind. Der Nachweis im Sinne eines Vollbeweises ist
regelmäßig erst dann geführt, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit
grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen,
die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben. Es darf also kein vernünftiger, in den
Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (ständige Rechtsprechung; vgl. BSG, Urteil vom 28. November 1957 - 4 RJ 186/56 - BSGE 6, 142; Urteil vom 17. März 1964 - 11/1 RA 216/62 - BSGE 20, 255; Urteil vom 9. November 1982 - 11 RA 64/81 - juris Rdnr. 12; ferner Senatsurteile vom 21. Juni 2012 - L 7 R 274/07 -; vom 7. Juli 2016 - L 7 R 686/15 - und vom 17. November 2016 - L 7 R 2582/15 - juris Rdnr. 23). Zwar lässt es die aus Gründen der Abmilderung von Beweisnotständen geschaffene Bestimmung des § 4 Abs. 1 FRG für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen genügen, dass sie glaubhaft gemacht sind. Bei bloßer Glaubhaftmachung
ist eine Vollanrechnung der Beitragszeiten im Herkunftsgebiet indessen nicht möglich. Die in § 22 Abs. 3 FRG vorgesehene Kürzung der ermittelten Entgeltpunkte auf 5/6 für lediglich glaubhaft gemachte Beitrags- oder Beschäftigungszeiten
beruht auf der Erfahrungstatsache, dass auch die durchschnittliche Beitragsdichte im Bundesgebiet (nur) diesem Umfang entspricht
(vgl. BSG, Urteil vom 20. August 1974 - 4 RJ 241/73 - BSGE 38, 80 - juris Rdnr. 25; Urteil vom 5. Februar 1976 - 11 RA 48/75 - BSGE 41, 163 - juris Rdnr. 14; Senatsurteile vom 17. November 2016 - L 7 R 2582/15 - juris Rdnr. 23 und vom 7. Juni 2016 - L 7 R 686/15 -; Bayerisches LSG, Urteil vom 25. Februar 2014 - L 9 R 1048/12 - juris Rdnr. 19; Urteil vom 7. Juni 2011 - L 6 R 945/09 - juris Rdnr. 21). Um eine Besserstellung des fremdrentenberechtigten Personenkreises gegenüber den in Deutschland rentenversicherungspflichtigen
Arbeitnehmern zu vermeiden, muss daher eine höhere Beitragsdichte bezüglich etwaiger Fremdrentenzeiten jeweils im Einzelfall
nachgewiesen werden.
Nachgewiesen sind Beitragszeiten in diesem Sinne nicht schon dann, wenn lediglich Anfang und Ende des jeweiligen Zeitraums
einer beitragspflichtigen Beschäftigung genau bekannt sind; denn aus dem Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigungszeit
ergibt sich nicht zwingend, dass während dieser Zeit auch ununterbrochen Beiträge entrichtet worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 12. November 1970 - 5 RKn 10/68 - juris Rdnr. 21). Vielmehr muss darüberhinausgehend zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass Unterbrechungen in der
Beitragsentrichtung (z.B. durch krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, unbezahlten Urlaub, unentschuldigte Fehlzeiten, Arbeitslosigkeit
usw.) nicht eingetreten sind, mithin im Einzelfall eine den Anteil von 5/6 übersteigende höhere Beitragsdichte erreicht worden
ist. Den dem Rentenversicherungsträger vorgelegten Arbeitsbescheinigungen und sonstigen Unterlagen müssen sonach die jeweiligen
Unterbrechungszeiträume genau zu entnehmen sein (vgl. BSG, Urteil vom 20. August 1974 - 4 RJ 241/73 - BSGE 38, 80 - juris Rdnr. 25; Urteil vom 24. Juli 1980 - 5 RJ 38/79 - juris Rdnr. 27; Senatsurteil vom 7. November 2016, a.a.O. Rdnr. 24; Senatsurteil vom 7. Juni 2016, a.a.O.; LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 27. Juli 2016 - L 5 R 2903/15 - juris Rdnr. 33 (das BSG hat durch Beschluss vom 27. Juni 2018 - B 13 R 273/16 B - die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde verworfen); Bayerisches LSG, Urteil vom 22. Februar 2017 - L 6 R 332/14 - juris Rdnrn. 14 ff.; Urteil vom 8. Februar 2017 - L 13 R 899/13 - juris Rdnrn. 34 ff.; Urteil vom 22. April 2015 - L 13 R 148/14 - juris Rdnr. 58; Urteil vom 25. Februar 2014 - L 9 R 1048/12 - juris Rdnr. 20; Urteil vom 21. Dezember 2010 - L 6 R 342/09 - juris Rdnr. 17; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. Dezember 2015 - L 6 R 254/15 - juris Rdnr. 25 (das BSG hat durch Beschluss vom 29. Juni 2018 - B 13 R 9/16 B - die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde verworfen); Hessisches LSG, Urteil vom 28. März 2008 - L 5 R 32/07 - juris Rdnr. 37; Saarländisches LSG, Urteil vom 26. April 2018 - L 1 R 94/16 - juris Rdnr. 25). Entgegen der vom Bevollmächtigten des Klägers geäußerten Rechtsauffassung ist die Rechtsprechung des BSG zum Nachweis von Beitragszeiten in einer r. LPG (vgl. Urteil vom 21. August 2008 - B 13/4 R 25/07 R - juris Rdnr. 20; Urteil vom 12. Februar 2009 - B 5 R 39/06 R - BSGE 102, 248 - juris Rdnr. 28; Urteil vom 19. November 2009 - B 13 R 145/08 R - juris Rdnr. 21; vgl. ferner Senatsurteil vom 20. Juni 2013 - L 7 R 1192/12 - juris Rdnr. 32) auf den vorliegenden Sachverhalt einer entgeltlichen Beschäftigung aufgrund von Arbeitsverträgen nicht
übertragbar, da für den Kläger als Arbeitnehmer nicht unabhängig von Fehlzeiten in der UdSSR bzw. R. Föderation eine gesetzliche
Rentenversicherung als Pflichtversicherung bestand. Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt Mitglied einer Kolchose, auf die der
Senat die zitierte Rechtsprechung des BSG übertragen hat (vgl. Senatsurteil vom 20. Juni 2013 - L 7 R 1192/12 - juris Rdnrn. 29 ff.).
In Bezug auf Beitragszeiten i.S. des § 15 FRG kommt es für die Frage, ob durchgängig Beiträge entrichtet worden sind, auf die Verhältnisse im Herkunftsland an. Die Annahme
einer Beitragszeit setzt ein Beitragsaufkommen im Herkunftsgebiet voraus. Für den Senat steht fest, dass im Herkunftsgebiet
des Klägers bei Unterbrechungen der Arbeit durch Krankheit, unbezahlten Urlaub und unentschuldigte Fehlzeiten die Pflicht
zur Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung durch den Arbeitgeber entfiel. So waren während Arbeitsunfähigkeitszeiten
unabhängig von ihrer Dauer keine Beiträge zum Sozialversicherungssystem zu entrichten. Im Krankheitsfall wurden seinerzeit
in der ehemaligen UdSSR Lohnersatzleistungen nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Sozialversicherungsfonds erbracht. Damit haben
diese Leistungen keinen Niederschlag in der vom Betrieb gezahlten Gesamtlohnsumme gefunden, die der Beitragsabführung zur
Rentenversicherung zugrunde lag; eine Beitragspflicht des Sozialversicherungsfonds, der im Krankheitsfall ggf. Lohnersatzleistungen
erbracht hat, kannte das sowjetische Recht nicht (so auch BSG, Urteil vom 21. April 1982 - 4 RJ 33/81 - juris Rdnr. 10; Bayerisches LSG, Urteil vom 8. Februar 2017 - L 13 R 899/13 - juris Rdnrn. 50 ff.; Saarländisches LSG, Urteil vom 26. April 2018 - L 1 R 94/16 - juris Rdnr. 25; Hessisches LSG, Urteil vom 17. Juni 2016 - L 5 R 314/12 - juris Rdnrn. 36 f.; Urteil vom 17. Juli 2009 - L 5 R 209/08 - juris Rdnr. 42; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. November 2010 - L 2 R 435/10 - juris Rdnr. 89 jeweils m.w.N.). Etwas Anderes folgt auch nicht aus der vom Bevollmächtigten des Klägers vorgelegten Kommentierung
von Luchterhandt zu Art. 43 der S. Verfassung. Denn dort (Rdnr. 13) wird die Auffassung des Senats gerade bestätigt, dass
die von den Arbeitgebern zu entrichtenden Beiträge an den Fonds der Sozialversicherung sich nach der (konkreten) Bruttolohnsumme
einschließlich von Prämien, Überstundenvergütungen etc. bemessen haben, mithin nach dem tatsächlichen Lohnaufkommen. Wie bereits
dargelegt, war nach s. Recht im Krankheitsfall (anders ggf. bei einem Arbeits- bzw. Betriebsunfall) durch den Arbeitgeber
kein Lohn zu entrichten, sodass insofern auch keine Beiträge an den Sozialversicherungsfonds abzuführen waren.
Auch aus der Regelung des § 26 Satz 2 FRG ergibt sich keine andere Beurteilung der dargestellten Maßstäbe, da sich diese nur auf Satz 1 und damit auf die Anwendung
des § 22 Abs. 1 FRG im Falle einer nur zeitanteiligen Belegung des Kalenderjahres mit Beitrags- oder Beschäftigungszeiten bezieht (BSG, Beschluss vom 27. Juni 2018 - B 13 R 273/16 B - juris Rdnr. 14; Beschluss vom 29. Juni 2018 - B 13 R 9/16 R - juris Rdnr. 16; Urteil vom 12. Februar 2009 - B 5 R 39/06 - BSGE 102, 248 - juris Rdnr. 24). Schließlich rechtfertigt eine vom Kläger postulierte Abkehr vom Eingliederungsprinzip im Fremdrentenrecht,
das tatsächlich nach wie vor ein wesentliches Strukturelement des FRG darstellt, nicht die von ihm gewünschte Änderung der dargestellten Maßstäbe hinsichtlich des Nachweises von Beitragszeiten
i.S.d. § 22 Abs. 3 FRG (BSG, Beschluss vom 27. Juni 2018 - B 13 R 273/16 B - juris Rdnr. 20; Bayrisches LSG, Urteil vom 8. Februar 2017 - L 13 R 899/13 - juris Rdnrn. 36 ff).
b. Ausgehend von diesen Maßstäben vermochte sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass für den Kläger hinsichtlich der
vorliegend streitbefangenen Zeiten in der UdSSR bzw. der R. Föderation ununterbrochen Beiträge entrichtet worden sind. Mithin
hat die Beklagte die von ihr anerkannten Beitragszeiten zu Recht nur als glaubhaft gemacht gewertet. Nach den aktenkundigen
Unterlagen steht lediglich fest, dass der Kläger in der UdSSR bzw. der R. Föderation zu bestimmten Zeiten in einem Beschäftigungsverhältnis
gestanden hat und dass er grundsätzlich der Beitragspflicht zur dortigen Rentenversicherung unterfallen ist. Von einer lückenlosen
tatsächlichen Beitragsentrichtung während der streitigen Zeiten kann hingegen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgegangen
werden.
Dem Arbeitsbuch des Klägers kann lediglich entnommen werden, dass er am 1. Oktober 1966 als Lehrer einer Mittelschule in N.
eingestellt und am 6. Juli 1967 entlassen, am 10. Oktober 1967 als Hammerschmied in die Reparaturwerkstätte des N.-S. und
am 8. Oktober 1971 entlassen, am 1. November 1971 in das B. Hüttenkombinat eingestellt und dort am 10. Januar 1975 entlassen,
am 14. Januar 1975 bei der K. Verwaltung für Hochspannungsnetze eingestellt und am 21. Mai 1979 entlassen, am 15. Juni 1979
beim A. SMU eingestellt und am 24. Dezember 1979 entlassen, am 4. Januar 1980 beim S. ATP eingestellt und am 12. Oktober 1988
entlassen, am 18. Oktober 1988 eingestellt beim GPS und am 17. Dezember 1989 entlassen sowie am 28. Dezember 1989 in einer
Wurstabteilung eingestellt und am 1. Dezember 1993 entlassen worden ist. Der Kopie des Arbeitsbuches kann somit allenfalls
entnommen werden, dass der Kläger in der hier streitigen Zeit durchgehend beim jeweiligen Arbeitgeber beschäftigt gewesen
ist und grundsätzlich der Beitragspflicht zur s. Rentenversicherung unterlegen hat. Dies schließt aber nicht aus, dass in
diese Zeiträume auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung gefallen sind, die im s. Sozialversicherungsrecht
unabhängig von einer Beitragsentrichtung durch den Arbeitgeber voll als Beschäftigungszeit anerkannt wurden. Angaben über
das Vorliegen bzw. Fehlen von Arbeitsunterbrechungen enthält das Arbeitsbuch des Klägers nicht. Der Nachweis einer lückenlosen
tatsächlichen Beitragsentrichtung während des gesamten bestätigten Zeitraums kann daher mit den Angaben aus dem Arbeitsbuch
vorliegend nicht geführt werden.
Arbeitgeberbescheinigungen, die konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungs- bzw. Beitragszeiten
sowie über dazwischenliegende Fehlzeiten enthalten und den vollen Nachweis von Beitrags- und Beschäftigungszeiten erbringen
können (vgl. z. B. Saarländisches LSG, Urteil vom 26. April 2018 - L 1 R 94/16 - juris Rdnr. 25; Bayerisches LSG, Urteil vom 8. Februar 2017 - L 13 R 899/13 - juris Rdnr. 49 m.w.N.), hat der Kläger nicht vorgelegt. Seine Behauptung, er sei "so gut wie nie" krank gewesen und es
habe keine Arbeitsunfähigkeitszeiten gegeben, ist lediglich pauschal und im Ansatz nicht überprüfbar. Auch die Angaben der
Zeuginnen sind nicht geeignet, konkrete Feststellungen dazu zu treffen, dass Unterbrechungen in der Beitragsentrichtung durch
krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, unbezahlten Urlaub, Fortbildung, unentschuldigte Fehlzeiten, Arbeitslosigkeit usw.
nicht eingetreten sind. Keine der Zeuginnen hat mit dem Kläger bei demselben Arbeitgeber gearbeitet und ist daher von vornherein
nicht in der Lage, Angaben zu seiner Anwesenheit oder Fehlzeiten während seiner verschiedenen Beschäftigungen zu machen. Die
Zeugin M., die ungefähr zehn Jahre jüngere Schwester des Klägers, hat mit diesem nach ihren Angaben bis 1971 sowie ab 1990
in einem Haushalt gelebt. Die Zeugin, die seinerzeit noch Schülerin der Unterstufe war, hat geschildert, dass der Kläger zunächst
für ein Schuljahr als Lehrer und dann als Hammerschmied in einer Reparaturwerkstatt gearbeitet, in der Zeitspanne von 1966
bis 1971 einen Fernlehrgang zum Elektriker absolviert sowie anschließend bis zu seinem Umzug von K. nach R. als Elektroinstallateur
gearbeitet habe. Nähere Angaben zur Ausbildung zum Elektriker konnte sie nicht machen. Weiter hat die Zeugin angegeben, dass
der Kläger nach seinem Umzug nach R. in einem Betrieb Motoren gewartet habe und als Fahrer tätig gewesen sei. Nach dem Umzug
ihres Bruders nach R. habe sie, die selbst ca. drei Jahre später auch nach R. gezogen sei, die ganze Zeit über Kontakt gehalten
und diesen zwei- bis dreimal im Jahr besucht. Zwar hat die Zeugin M. bekundet, ihr Bruder sei "eigentlich immer gesund" gewesen,
sei vorsichtig Auto gefahren und habe keinen Unfall gehabt, jedoch lassen diese Angaben keine hinreichend konkreten Feststellungen
über den Umfang der Beschäftigungs- bzw. Beitragszeiten sowie über dazwischenliegende Fehlzeiten zu. Zunächst vermochte die
Zeugin lediglich rudimentär die im Arbeitsbuch dokumentierte Arbeitsbiographie des Klägers wiederzugeben, was im Hinblick
auf ihr Alter im Zeitpunkt des Beginns des Erwerbslebens ihres Bruders 1966, das nur zeitweilige Zusammenleben in einem Haushalt,
den Wegzug des Bruders nach R. und den zwischenzeitlichen Zeitablauf nicht anders zu erwarten ist. Ihre pauschale Angabe,
ihr Bruder sei immer gesund gewesen, kann unter diesen Umständen allenfalls sehr eingeschränkt auf eigener Wahrnehmung beruhen,
vielmehr in erster Linie auf Schilderungen von Mitgliedern der Familie. Zu diesen Angaben im Widerspruch steht außerdem, dass
der Kläger nach den Bekundungen der Zeugin aus gesundheitlichen Gründen von der Wehrpflicht befreit worden sei. Unabhängig
von der Frage, ob und in welchem Umfang der Kläger in der hier streitigen Zeit von 1966 bis 1993 erkrankt gewesen ist, besagt
dies noch nichts darüber, dass der Kläger ununterbrochen in den im Arbeitsbuch dokumentierten Arbeitsverhältnissen seine Arbeitsleistung
erbracht hat. So hat die Zeugin eingestanden, dass der Kläger im Rahmen seiner Ausbildung zum Elektriker "ab und zu ein paar
Wochen in der Stadt gewesen" sei, mithin gerade nicht gearbeitet hat. Auch die Angaben der Zeugin H., der Ehefrau des Klägers,
sind unergiebig. Die Zeugin hat u.a. bekundet, dass sie den Kläger 1970 bzw. 1971 kennengelernt habe, dieser als Elektriker,
Metallbauer, Kraftfahrer, Schlosser sowie in der Wurstherstellung gearbeitet habe, Schulungen in Zusammenhang mit der Arbeit
absolviert habe sowie "ab und zu mal" eine Erkältung oder Grippe durchgemacht habe, aber nicht "ernsthaft" krank gewesen sei.
Diesen Angaben ist zu entnehmen, dass bei dem Kläger durchaus Arbeitsunterbrechungen durch Krankheit und Fortbildungen aufgetreten
sind. Es fehlen jedoch jegliche konkreten Angaben zum jeweiligen Beginn und der Dauer dieser Unterbrechungen. Unter diesen
Umständen lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht feststellen, dass Unterbrechungen in der Beitragsentrichtung (z.B. durch
krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, unbezahlten Urlaub, berufliche oder politische Schulungen, unentschuldigte Fehlzeiten)
nicht eingetreten sind, mithin im Einzelfall eine den Anteil von 5/6 übersteigende höhere Beitragsdichte erreicht worden ist.
c. Dem vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21. Februar 2019 hilfsweise gestellten Beweisantrag
hatte der Senat nicht zu folgen, weil dieser nicht ordnungsgemäß gestellt worden ist. Ein Beweisantrag i.S. des §
118 Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
373 Zivilprozessordnung (
ZPO) muss grundsätzlich in prozessordnungsgerechter Weise formuliert worden sein, sich auf ein Beweismittel der
ZPO beziehen, das Beweisthema möglichst konkret angeben und insoweit wenigstens umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben soll
(z.B. BSG, Beschluss vom 22. November 2018 - B 13 R 297/17 B - juris Rdnr. 9; Beschluss vom 15. August 2018 - B 13 R 387/16 B - juris Rdnr. 6; Beschluss vom 5. Juli 2018 - B 9 SB 26/18 B - juris Rdnr. 10; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 12. Aufl. 2017, § 160 Rdnr. 18a). Kein ordnungsgemäßer Beweisantrag ist dagegen ein ohne eine hinreichende Grundlage gestellter Beweisermittlungsantrag
(BSG, Beschluss vom 24. Januar 2018 - B 13 R 377/15 B - juris Rdnr. 12; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O. m.w.N.). Wesentliche Merkmale eines hinreichend substantiierten
Beweisantrags sind eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (BSG, Beschluss vom 13. August 2015 - B 9 V 13/15 B - juris Rdnrn. 10 ff.). Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst eindeutig und präzise zu bezeichnen und zumindest hypothetisch
zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben soll. Demgegenüber hat der Kläger keine hinreichend konkrete Tatsache benannt
und präzise umschrieben, die die von ihm gewünschte Beweisaufnahme ergeben soll. Vielmehr hat er lediglich die Frage aufgeworfen,
ob die von allen Betrieben in der ehemaligen S. an den staatlichen Rentenversicherungsfonds zu entrichtenden Beiträge individuell
- ggf. wegen Arbeitsunterbrechungen gekürzt - oder pauschal nach der Lohnsumme des Betriebes gezahlt worden seien und ob lange
Krankheitszeiten zu einer geminderten Rente geführt hätten. Letztere Frage ist nach der dargelegten Rechtsauffassung des Senats
nicht entscheidungsrelevant. Hinsichtlich der ersten Frage lässt sich der in Bezug genommenen Kommentierung von Luchterhandt
zu Art. 43 der S. Verfassung (Rdnr. 13) entnehmen, dass die von den Arbeitgebern zu entrichtenden Beiträge an den Fonds der
Sozialversicherung sich nach der (konkreten) Bruttolohnsumme einschließlich von Prämien, Überstundenvergütungen etc. bemessen
haben, mithin nicht pauschal nach dem Wert der Gesamtproduktion des Betriebes (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2005 - B 13 RJ 44/04 R - juris Rdnr. 24 zur Rechtslage in Rumänien für Mitglieder einer LPG). Mithin hat der Kläger selbst gar nicht behauptet, dass nach s. Recht während Zeiten der Arbeitsunfähigkeit durch den jeweiligen
Arbeitgeber ein Entgelt an ihn (fortge-)zahlt worden ist und daran anknüpfend Beiträge an den staatlichen Rentenversicherungsfonds
abgeführt worden sind.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 SGG.
5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG) liegen nicht vor.