Tatbestand:
Der Kläger begehrt Anerkennung und Entschädigung seiner Gesundheitsbeeinträchtigungen als Berufskrankheit nach Nr. 1317 der
Anlage zur
Berufskrankheitenverordnung (
BKV).
Der am 2. März 1945 geborene Kläger war von August bis Dezember 1968 bei der Sch. Hüttenwerke GmbH in A.-W. (in der Abteilung
Weichenbau als Kranfahrer), ab 1969 im Kaltwalzwerk R. in O., im Anschluss hieran beim Hammerwerk Sch., bei der Firma L. und
bei der Firma W. G. als Metallhobler, von Juni 1978 bis Oktober 1980 wieder bei der Sch. Hüttenwerke GmbH (Juni und Juli 1978
in der Abteilung Zieherei als Kantrichter, von August 1978 bis Juni 1979 in der Abteilung Zieherei als Säger, von Juli 1979
bis Oktober 1980 als Gussputzer in der Gießerei) tätig. Von Oktober 1984 bis Februar 1985 war er arbeitslos und von Februar
1985 bis November 1990 arbeitete er bei der Firma C. F. M. Kunstharzwerk GmbH & Co in Königsbronn (von Februar 1985 bis August
1990 in der Presserei, von September bis November 1990 in der Handlaminierabteilung), dann war er erneut arbeitslos. Ab Juli
und August 1990 sowie (nach erneuter Arbeitslosigkeit) ab Januar 1991 war er bei der Firma K. GmbH in N. beschäftigt. Seit
September 1998 ist er arbeitsunfähig krank [AS 19, 34, 39, 45, 117, 163 Verw.Akte, 49 LSG-Akte].
Mit Schreiben vom 6. November 1998 [AS 1 Verw.Akte] beantragte der Kläger Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung
unter Vorlage eines Attestes der Internistin Dr. K. vom 24. Juni 1998 [AS 2 Verw.Akte] sowie eines Schreibens von Dr. K. vom
2. November 1998 [AS 3 Verw.Akte], wonach er unter Schädigungen der peripheren Nerven in beiden Beinen mit Pelzigkeit, brennenden
Schmerzen, Hitzegefühl, Unruhezuständen und Kribbeln leide. Als mögliche Ursachen wurden das Tragen von Schutzschuhen mit
Stahlkappen und eine nachgewiesene Borrelieninfektion genannt.
Im Zuge der von der Beklagten aufgenommenen Ermittlungen erklärte der Kläger am 28. Dezember 1998 [AS 18 Verw.Akte], er habe
die Schmerzen und das Zucken in den Beinen erstmals vor ca. 6 bis 7 Jahren bemerkt.
Anlässlich der Ermittlungen der Beklagten bei früheren Arbeitgebern des Klägers gab die Sch. Hüttenwerke GmbH am 4. Februar
1999 [AS 39 Verw.Akte] an, der Kläger sei in der Abteilung Weichenbau Schweißrauchen und in der Gießerei einer Staubbelastung
ausgesetzt gewesen. Die Firma R. gab am 25. Januar 1999 an, keine Unterlagen zur Beschäftigungszeit des Klägers mehr zu haben
[AS 29 Verw.Akte]. Nicht mehr existent war die Firma W. G. [AS 28 Verw.Akte]. Die Firma C. F. M. Kunstharzwerk GmbH & Co verwies
mit Schreiben vom 26. Januar 1999 auf die Beigeladene als zuständige Berufsgenossenschaft [AS 30 Verw.Akte]. Die Firma K.
GmbH gab am 26. Januar 1999 [AS 34 Verw.Akte] an, dass der Kläger in der Abteilung Blechbearbeitung keinen Dämpfen ausgesetzt
gewesen sei. Die Ärztin für Arbeits- und Umweltmedizin D.-St., Betriebsärztin der Firma K. GmbH, teilte mit Schreiben vom
12. März 1999 [AS 43 Verw.Akte] nach einer Besichtigung des früheren Arbeitsplatzes des Klägers mit, die bearbeiteten Teile
seien mit einem Spülmittel (Reiniger S 5 der Firma G. R.) entfettet worden. Es seien keine neurotoxischen Arbeitsstoffe vorhanden
gewesen, die geeignet seien, nervenschädigend zu wirken. Dipl-Chem. [AS 43 LSG-Akte] R., Technische Aufsichtsbeamtin (TAB)
vom Technischen Aufsichtsdienst der Beklagten (TAD), legte am 13. September 1999 eine Stellungnahme nach Betriebsbesichtigung
bei der Firma K. GmbH am 25. Mai 1999 und nach Befragung des Klägers am 17. Juni 1999 vor [AS 116 Verw.Akte]. Danach sei der
Kläger bei seinen Tätigkeiten als Maschinenhelfer im Kaltwalzwerk R. in O. und als Metallhobler bei der Firma W. G. keinen
chemischen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, was auch verfahrensbedient nicht zu erwarten gewesen sei. Bei der Firma C. F.
M. Kunstharzwerk GmbH & Co sei Kunstharz verarbeitet worden; die Beigeladene habe nach Angaben des Klägers Luftmessungen durchgeführt.
Bei der Firma K. GmbH habe Kontakt mit (näher bezeichneten) Kühlstoffen und Reinigungsmitteln bestanden, die jedoch nicht
geeignet sein könnten, eine toxische Polyneuropathie hervorzurufen. Auf weitere Anfrage der Beklagten gab die Firma C. F.
M. Kunstharzwerk GmbH & Co am 26. Oktober 1999 [AS 163 Verw.Akte] an, der Kläger sei teilweise mit Styrol in Kontakt gekommen;
eine Verursachung seiner Gesundheitsstörungen hierdurch sei eher unwahrscheinlich. Beigelegt war der Nachweis über arbeitsmedizinische
Vorsorgeuntersuchungen am 15. November 1985 und am 19. Januar 1988 (jeweils keine gesundheitlichen Bedenken) [AS 166R Verw.Akte]
sowie ein Schreiben des Betriebsarztes Dr. P. vom 9. Oktober 1990 [AS 168 Verw.Akte], wonach der Kläger keinen Kontakt mit
Stäuben haben solle.
Die AOK Baden-Württemberg - Bezirksdirektion Ostalb - übermittelte das Vorerkrankungsverzeichnis [AS 46, 146 Verw.Akte]. Es
äußerten sich der Orthopäde Dr. Sch. am 26. Januar 1999 [AS 33 Verw.Akte] über die Behandlung einer Entzündung am rechten
Unterschenkel 1993 und der Chirurg Dr. M. am 29. Januar 1999 [AS 37 Verw.Akte] über die Behandlungen einer Verletzung an der
linken Hand 1996 sowie wegen Lumbalgie 1994 und 1995. Der praktische Arzt Dr. B. teilte mit Schreiben vom 16. April 1999 [AS
58 Verw.Akte] mit, der Kläger habe erstmals im Dezember 1997 über Brennen in beiden Beinen geklagt. Dr. R. und Dr. U., Klinik
für Neurologie im Kreiskrankenhaus H., berichteten unter dem 22. April 1999 [AS 62 Verw.Akte], dass der Kläger bei einer stationären
Untersuchung vom 10. bis 12. November 1997 über nächtliche Kribbelparästhesien an beiden Vorfüßen, links mehr als rechts und
nächtliche Bewegungsunruhe beider Beine berichtet habe. Diagnostiziert worden sei ein leichtes Polyneuropathiesyndrom unklarer
Ursache. Der Orthopäde Dr. Sch. berichtete mit Schreiben vom 29. April 1999 [AS 75 Verw.Akte], der Kläger sei bei ihm seit
mehreren Jahren, mindestens seit 1989, in Behandlung wegen brennender Füße und Gelenkbeschwerden. Dr. K. gab am 5. Mai 1999
[AS 86 Verw.Akte] und am 8. Juni 1999 [AS 97 Verw.Akte] an, der Kläger klage seit Mai 1998 über Schmerzen im Bereich der Epikondylen.
Als mögliche Ursache für die Nervenirritationen komme eine Borrelieninfektion in Frage. Die Nervenärztin Dr. K. berichtete
mit Schreiben vom 20. Mai 1999 [AS 90 Verw.Akte], die Ursache des vom Kläger geklagten brennenden Gefühls in beiden Füßen,
teilweise auch Unruhegefühl sowie Kribbeln habe sie anlässlich einer Untersuchung im April 1997 nicht klären können. Der Orthopäde
Dr. F. teilte unter dem 2. Juni 1999 die Diagnose Restless-legs mit. In einem Arztbrief von Dr. K., Chefarzt der Rehabilitationsklinik
für Neurologie und Psychosomatik Schloss Bad B., mit Oberarzt St. vom 29. März 1999 sowie im Entlassbericht der Federseeklinik
Bad B. vom 21. April 1999 (Aufenthalt des Klägers vom 11. März bis 1. April 1999) [AS 103 Verw.Akte] wird ein Restless-legs-Syndrom
mit fraglicher Polyneuropathie diagnostiziert. In einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK)
H. vom 1. Oktober 1999 [AS 141 Verw.Akte] ist vermerkt, dass eine Diskrepanz zwischen dem körperlichen Befund und dem Beschwerdebild
auffalle. Es bestehte der Verdacht auf eine Polyneuropathie bei Borreliose; weiterhin wurde eine hypochondrische Entwicklung
bei Verdacht auf Vergiftungswahn diagnostiziert.
Der Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. Str., TAD der Beklagten, kam in seiner Stellungnahme vom 15. November 1999 [AS 171 Verw.Akte]
zu dem Ergebnis, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage zur
BKV nicht vorlägen. Der Staatliche Gewerbearzt Dr. H. schlug in seiner Stellungnahme vom 21. Februar 2000 [AS 175 Verw.Akte]
eine Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage zur
BKV nicht zur Anerkennung vor.
Mit Bescheid vom 22. März 2000 [AS 176 Verw.Akte] lehnte die Beklagte eine Entschädigung wegen der Schädigung der peripheren
Nerven in beiden Beinen ab, da keine Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage zur
BKV vorliege.
Der Kläger erhob hiergegen am 18. April 2000 Widerspruch unter Vorlage eines Arztbriefes von Dr. K. vom 5. April 2000 [AS
190 Verw.Akte], wonach sich eine Polyneuropathie zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachweisen lasse. Die Ursache der vom Kläger
geklagten Missempfindungen in beiden Beinen sei nicht geklärt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2000 [AS 201 Verw.Akte] wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch
des Klägers zurück.
Der Kläger erhob am 18. Januar 2001 Klage bei dem Sozialgericht Ulm. Er legte eine Bescheinigung von Dr. Sch. vom 8. März
2001 [AS 17 SG-Akte] vor, wonach die Beschwerden des Klägers, u. a. eine Polyneuropathie, möglicherweise in Zusammenhang mit seiner früheren
beruflichen Tätigkeit stünden.
Mit Urteil vom 26. Oktober 2001 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger überhaupt
einer schädigenden Einwirkung ausgesetzt gewesen sei, eine Polyneuropathie stehe nicht sicher fest und jedenfalls habe kein
Arzt bestätigt, dass die Erkrankungen des Klägers wahrscheinlich auf berufliche Ursachen zurückzuführen seien.
Der Kläger hat gegen das ihm am 28. November 2001 zugestellte Urteil am 28. Dezember 2001 Berufung eingelegt.
Der Berichterstatter hat mit Beschluss vom 7. Juni 2002 die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie beigeladen.
Der Kläger gibt an [AS 41 LSG-Akte] während seiner Tätigkeit in der Laminierabteilung der Firma C. F. M. Kunstharzwerk GmbH
& Co mit giftigen Dämpfen und krebserregenden Substanzen in Kontakt gekommen zu sein. Auch bei seiner Tätigkeit bei der Firma
K. GmbH sei er schädigenden Substanzen ausgesetzt gewesen. Styrol und Dichlormethan (Methylenchlorid) seien geeignete Stoffe,
eine Polyneuropathie und Enzephalopathie hervorzurufen, was sich aus einer Internetrecherche ergebe [AS 124 LSG-Akte]. Der
im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (zu den Arbeitsverhältnissen bei der Firma K. GmbH) gehörte Zeuge Di C. habe
nachträglich erklärt, er habe bei der richterlichen Vernehmung durch das Amtsgericht H./B. am 5. Oktober 2000 [AS 71 StA-Akte]
seine Aussage im Interesse der Firma machen müssen, da er vom Vorarbeiter sowie dem Betriebsleiter und dem Juniorchef unter
Druck gesetzt worden sei. Es werde beantragt, die drei von der Staatsanwaltschaft vernommenen Personen (erneut) als Zeugen
zu hören. Hinsichtlich der Erkrankung sei man mit der Beklagten und der Beigeladenen einig, dass eine Multiple-chemical-Syndrom-Erkrankung
(MCS-Erkrankung) keine anerkannte Berufskrankheit darstelle und auch nicht wie eine Berufskrankheit behandelt werden könne
[AS 100 LSG-Akte]. Er stütze sich auf die Äußerungen von Dr. B. und das Gutachten von Prof. Dr. H.. Die Einwendungen der Beklagten
gegen das Gutachten von Prof. Dr. H. seien unberechtigt. Die Enzephalopathie sei durch den PET-Befund von Dr. Hö. nachgewiesen
worden, zumal es an einer Verlaufsbeobachtung mangels vergleichbarer früherer Untersuchungen fehle. Hinweise zur Polyneuropathie
fänden sich bereits im nervenärztlichen Gutachten von Dr. Rohrbach, im Attest von Dr. B. vom 20. Juni 1995 und in der Bescheinigung
von Dr. Sch. vom 6. Februar 1998 [AS 325 LSG-Akte]. Auch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Exposition und Schädigungen
bestehe. Mit Ausnahme von Prof. Dr. H. würden alle Gutachter von falschen Voraussetzungen ausgehen, wie sich aus der - im
Laufe des Berufungsverfahren vorgelegten - Neufassung des Merkblattes zur Berufskrankheit nach Nr. 1317 der
BKV ergebe [AS 332 LSG-Akte]. Die Feststellungen der im Berufungsverfahren vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme von
Privatdozent Dr. D. würden den Feststellungen von Prof. Dr. H. und der Neufassung des Merkblattes widersprechen [AS 349 LSG-Akte].
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26. Oktober 2001 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 22. März 2000 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2000 die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, eine Enzephalopathie
und eine Polyneuropathie als Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage zur
BKV anzuerkennen und ihm Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte sieht eine geeignete Exposition nicht als bewiesen an. Eine Exposition hinsichtlich Belastungen im Sinne der
Nr. 1317 der Anlage zur
BKV während der Tätigkeit des Klägers bei der Firma K. GmbH sei nicht nachgewiesen; die Folgerungen von Prof. Dr. H. aus der
Exposition bei der Firma C. F. M. Kunstharzwerk GmbH & Co widersprächen dem derzeit gesicherten Erkenntnisstand, wie er im
BK-Report 3/99 dargelegt werde. Die Beklagte legt hierzu eine Stellungnahme von Dipl.-Chem. R. vom 6. Mai 2002 [AS 44 LSG-Akte]
vor, wonach aufgrund der ausführlichen Ermittlungen vor Ort, an denen auch Dr. Str. teilgenommen habe, die Aussage getroffen
werden könne, der Kläger sei während seiner betrieblichen Tätigkeit bei der Firma K. GmbH keinen Stoffen ausgesetzt gewesen,
die laut ärztlichen Merkblatt zur Nr. 1317 der Anlage zur
BKV als neurotoxisch bekannt seien. Sie legt weiterhin eine Stellungnahme der Beigeladenen (Dr. Losert) vom 16. Mai 2002 [AS
49 LSG-Akte] vor, wonach es sich bei dem in der Presserei der Firma C. F. M. Kunstharzwerk GmbH & Co verarbeiteten Gießharz
um Polyester in Styrol gelöst gehandelt habe. Der Styrolgrenzwert sei bei Messungen im November 1986 in der Presserei weit
unterschritten gewesen. Bis 31. Dezember 1987 sei Dichormethan (Methylenchlorid) als Reinigungsmittel eingesetzt worden; hierbei
sei eine Grenzwertüberschreitung festgestellt worden (543 mg/m3 statt 360 mg/m3). Ab 1. Januar 1988 sei dann zur Reinigung
Aceton eingesetzt worden; bei Messungen im Jahr 1991 sei die Einhaltung des Grenzwertes der Luft am Arbeitsplatz nachgewiesen
worden. Aus Messungen in den 90er-Jahren könne geschlossen werden, dass der (1987 auf 85 mg/m3 herabgesetzte) Grenzwert für
Styrol 1990 in der Handlaminierabteilung um ein Mehrfaches überschritten worden sein könne.
Auch die Diagnosen einer Enzephalopathie und einer Polyneuropathie - so die Beklagte - seien nicht sicher nachgewiesen. Die
Beurteilung eines neurologischem Erkrankungsbildes falle nicht in das Fachgebiet von Prof. Dr. H. [AS 253 LSG-Akte]. Eine
erste Untersuchung wegen der Beschwerden habe am 1. Juli 1996 bei Dr. K. stattgefunden, ohne dass hierbei eine Polyneuropathie
festgestellt worden sei. Aus dem PET-Befund von Dr. Hö. könne nicht unmittelbar auf eine Enzephalopathie, aus den von Prof.
Dr. H. vorgenommenen einfachen orientierenden Tests nicht auf eine Polyneuropathie geschlossen werden [AS 305 LSG-Akte]. Aus
dem Arztbrief von Dr. K. vom 1. September 2004 und der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. K. vom 24. Juli 2004 folge
der Nachweis einer beginnenden sensiblen Polyneuropathie ebenfalls nicht [AS 288 LSG-Akte].
Schließlich fehle es auch an der Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Verursachung. Auch wenn derzeit eine Diskussion (maßgeblich
ausgelöst durch Äußerungen des Vorsitzenden des Ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Gesundheit und
Soziale Sicherung, Prof. Dr. W.) über ein Fortschreiten des Beschwerdebildes nach Expositionsende stattfinde, sei weiterhin
unbestritten, dass die Erkrankung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Exposition auftreten müsse, der hier fehle. Bei
Auswertung sämtlicher früherer Befundberichte habe sich kein Hinweis auf ein hirnorganisches Erkrankungsbild ergeben. Maßgeblich
seien die Beschwerden im Bereich der Beine gewesen. Selbst wenn durch die Untersuchungen von Dr. B. eine entsprechende Erkrankung
nachgewiesen worden sei, läge dies mehr als zehn Jahre nach einer möglichen Exposition.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch die Beigeladene verneint den Nachweis einer geeigneten Exposition. Einwirkungen bezüglich einer Berufskrankheit nach
Nr. 1317 der Anlage zur
BKV seien während der Tätigkeit bei der Firma K. GmbH nicht festgestellt worden.
Auch nach dem Gutachten von Prof. Dr. H. sei weder eine Enzephalopathie noch eine Polyneuropathie nachgewiesen [AS 253 LSG-Akte].
Dieser stütze sich nicht auf Untersuchungen, sondern nur unkritisch auf die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden. Eine MCS-Erkrankung
sei nicht Gegenstand des Verfahrens. Die PET-Befunde seien nicht geeignet, eine Enzephalopathie oder Polyneuropathie zu belegen
[AS 314 LSG-Akte]. Die Beschwerden des Klägers ließen sich durch die Borreliose und das Restless-legs-Syndrom erklären [AS
66 LSG-Akte].
Gegen einen hinreichend wahrscheinlichen beruflichen Zusammenhang spreche, dass der Kläger noch Jahre nach Beendigung der
angegebenen Exposition unter Gesundheitsbeeinträchtigungen leide [AS 66 LSG-Akte], auch wenn zu erkennen sei, dass in der
medizinischen Wissenschaft unterschiedliche Meinungen im Hinblick auf Schlussfolgerungen auf das Fortbestehen der Erkrankung
nach Expositionsende vorherrschen würden [AS 274 LSG-Akte]. Sie beziehe sich auf den BK-Report 3/99 zur Berufskrankheit Nr.
1317 der Anlage zur
BKV [AS 132 LSG-Akte], der aber derzeit überarbeitet werde [AS 274 LSG-Akte]. Sie verweist zugleich auch auf ein Schreiben des
Hauptgeschäftsführers des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) vom 18. Mai 2004 an die ArbeitsG. e "Gesundheit und Soziale Sicherung" der Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag [AS 275
LSG-Akte] sowie einen entsprechenden Vermerk des HVBG vom 17. Mai 2004 [AS 279 LSG-Akte], beides im Hinblick auf öffentliche Äußerungen von Bundesminister a. D. Dr. Norbert Blüm.
Die von Prof. Dr. H. vorgelegten Studien würden lediglich für die Möglichkeit einer Verschlimmerung der Erkrankung nach Expositionsende
sprechen und sich nicht auf den konkreten Einzelfall des Klägers beziehen. Berufsunabhängige Ursachen, wie die Borreliose,
seien nicht berücksichtigt worden. Auch fehle es an einem zeitlichen Zusammenhang zwischen Exposition und Beschwerden.
Weiterhin stützt sich die Beigeladene auf die von ihr im Laufe des Berufungsverfahrens vorgelegte gutachtliche Stellungnahme
von Privatdozent Dr. D. vom 15. April 2005 [AS 340 LSG-Akte].
Ausweislich eines vom Kläger vorgelegten Schreibens des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Göppingen vom 18. September 1998
an die IG Metall in H. [AS 107 LSG-Akte] sei die Firma K. GmbH in den Jahren 1994 bis 1998 insgesamt fünf mal aufgesucht worden.
Die festgestellten Beanstandungen seien beseitigt worden. Bei der letzten Betriebsbegehung im Jahr 1998 seien keine unzulässigen
Einwirkungen durch Gase und Dämpfe auf die Belegschaft festgestellt worden. Eine vom Kläger beim Wirtschaftskontrolldienst
abgegebene, nach seinen Angaben von der Firma K. GmbH stammende Probe enthielt nach dem Ergebnis der Untersuchung durch das
Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart, Sitz Fellbach, vom 5. Juli 1999 [AS 59, 63 LSG-Akte] ca. 5 % Schwefelsäure
und einen hohen Gehalt an organischen Stoffen (CSB-Wert). In einem vom Kläger vorgelegten Schreiben des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes
Göppingen vom 28. März 2001 [AS 62 LSG-Akte] ist ausgeführt, dass die Firma K. GmbH die Verwendung von Beizmitteln immer bestritten
habe und bei einer früheren Begehung ein Behälter mit Beize nicht vorgefunden worden sei.
In einem vom Kläger vorgelegten Arztbrief des Nervenarztes Dr. B. vom 2. Februar 2002 [AS 13 LSG-Akte] ist ausgeführt, es
bestünden Hinweise auf toxische Schäden durch typische Tätigkeiten (Kunststoffindustrie, Schweißen). Die Meldung an die Berufsgenossenschaft
sei vorgeschrieben und so gut wie aussichtslos; mit honorierten Meinungsbildern würde über Jahrzehnte die medizinische Wahrheit
und ethische Korrektheit weggekauft. Weitere - im Einzelnen näher dargestellte - multiorgane Schäden seien zu erwarten. Es
handle sich um eine schwere Körperverletzung aus Gewinngründen. Beigelegt waren einzelne Seiten eines Gutachtens (nach Angaben
von Dr. B. von Prof. Dr. K.) zu einem anderen Patienten. Eine testpsychologische Untersuchung durch Dr. B. und Dipl.-Psych.
K. vom 1. Februar 2002 [AS 28 LSG-Akte] ergab ausweislich des vom Kläger vorgelegten Berichts vom 5. März 2002 eine massive
Beeinträchtigung der kognitiv-mentalen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. Der immuntoxikologische Testbericht der Medizinischen
Laboratorien München für Dr. B. vom 22. Februar 2002 [AS 61 LSG-Akte] weist eine fraglich positive Reaktion auf CKW und eine
eindeutig positive Reaktion auf Cladosporium auf. Nach dem Befundbericht des Radiologen Dr. Hö. für Dr. B. vom 15. April 2002
[AS 34 LSG-Akte] nach einer Positronen-Emissions-Tomographie (PET) des Zentralen Nervensystems ergab eine deutliche Verringerung
des Glucosestoffwechsels. Dr. B. hat sich mit Schreiben vom 10. November 2002 [AS 77 LSG-Akte] unter Beifügung verschiedener
bereits bekannter, teilweise den Kläger nicht betreffender Unterlagen, an den Senat gewandt. Danach seien bei dem Kläger eine
schwere Myopathie, eine schwere Neuropathie, eine Hörschädigung, eine sehr schwere Leistungsminderung, eine schwere Persönlichkeitsänderung,
schwere Ausfälle der Glukose-Utilisation in der PET nach langjähriger toxisch belastender Arbeit zu diagnostizieren. Mit Schreiben
vom 6. Juni 2003 [AS 138 LSG-Akte] hat sich Dr. B. erneut geäußert und ausgeführt, dass es keine nicht-neurotoxischen Lösungsmittel
gebe, ebenso wie es kein Wasser gebe, das nicht nass mache.
Nach einem nicht unterschriebenen Attest von Dr. B. vom 26. Juni 1995 [AS 24 LSG-Akte], leide der Kläger an chronischen Anspannungskopfschmerzen
mit ausgeprägten Schlafstörungen, Herzjagen, Drehschwindel bei ausgeprägter psychischer Belastungssituation mit reaktiver,
depressiver Verstimmung, fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und der großen Gelenke sowie idiopathischer
Polyneuropathie mit Sensibilitätsstörungen in beiden Beinen. Die genannten Erkrankungen seien sicherlich zum Teil durch eine
noch anhaltende psychischer Belastungssituation bedingt. Das vom Kläger vorgelegte Attest des Hautarztes Dr. Mü. vom 26. Juni
2001 [AS 36 LSG-Akte] bescheinigt eine rosazeaartige Dermatitis und eine rezidivierende Kontaktdermatitis im Gesichtsbereich.
Nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten von PD Dr. W., Oberarzt an der Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie
und Allergologie Ulm, erstattet am 8. Juni 2003 in dem Verfahren S 2 U 922/02 vor dem Sozialgericht Ulm [AS 148 LSG-Akte] seien bei dem Kläger eine Rosazea Stadium II mit persistierennden Erythemen,
Teleangiektasen, Papeln und diskreter Talgdrüsenhyperplasie sowie eine Sensibilisierung gegenüber Benzoylperoxid zu diagnostizieren;
letztere sei auf die berufliche Tätigkeit des Klägers zurückzuführen. Vom Kläger vorgelegt worden sind weiterhin eine Äußerung
des Deutschen Berufsverbandes der Umweltmediziner ohne Datum, allgemein zur Anerkennung von Berufskrankheiten [AS 270 LSG-Akte],
ein Aufsatz von Dr. Z. zur neurologischen Begutachtung von Folgeschäden des Zentralnervensystems nach chronischer Lösungsmittelexposition
[AS 273 LSG-Akte], ein Arztbrief von Dr. K. vom 1. September 2004 über eine neurologische und elektrophysiologische Untersuchung
[AS 284 LSG-Akte] sowie die sachverständige Zeugenauskunft von Dr. K. vom 24. Juli 2004 im Verfahren S 1 KR 983/04 vor dem Sozialgericht Ulm über Behandlungen in der Zeit nach dem 13. August 2003 mit entsprechenden Befunden und Diagnosen
[AS 285 LSG-Akte].
Auf Anregung des Klägers sind die Akten der Staatsanwaltschaft Ellwangen in dem auf die Anzeige des Klägers eingeleiteten
Ermittlungsverfahren gegen K. K., Betriebsleiter der Firma K. GmbH, beigezogen worden (12 Js 8312/99). Ausweislich der Verfügung vom 13. Oktober 2000 [AS 128 LSG-Akte] ist das Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt
worden, da die vom Kläger vorgebrachte Verwendung eines säurehaltigen Beizmittels nach Zeugenaussagen und einer Nachschau
in der Firma nicht nachgewiesen worden sei. Bei dem gefundenen Gebinde mit einem phosphorhaltigen Reinigungsmittel sei schon
fraglich, ob es überhaupt geeignet sei, die vom Kläger behauptete Gesundheitsbeeinträchtigung zu verursachen. Der Zustand,
der Auffindeort und die Einschmutzung des fraglichen Gebindes würden eher dafür sprechen, dass aus diesem schon seit langer
Zeit keine Flüssigkeit mehr entnommen worden sei. Nach dem Schreiben des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Stuttgart,
Sitz Fellbach, vom 27. März 2000 [AS 39 StA-Akten] enthielt die untersuchte Flüssigkeit 24 % Phosphorsäure. Außerdem enthalte
das Produkt laut Sicherheitsdatenblatt Nonylphenolethoxylat, ein nichtionisches Tensid, das den hohen CSB-Wert bei der ersten
Untersuchung erkläre.
Prof. Dr. H., Heidelberg, hat auf Antrag des Klägers nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) am 15. Januar 2004 ein internistisch-umweltmedizinisches Gutachten erstattet [AS 179 LSG-Akte]. Danach seien bei dem Kläger
eine Enzephalopathie Stadium IIb sowie eine Polyneuropathie bei Zustand nach Styrol- und Dichlormethanbelastung zu diagnostizieren,
damit eine Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage zur
BKV mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vH seit 1997. Die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden (Schwindel und
Gleichgewichtsstörungen, Koordinationsstörungen, Konzentrationsminderung, Leistungsabfall, gehäufte Erkältungen, chronische
Bronchitis) seien durch die festgestellten Befunde erklärt. Die in der arbeitsmedizinischen Literatur von Triebig, Lehnert
und K. vertretene Auffassung, dass das Fortschreiten der Polyneuropathie nach Expositionsende eine Verursachung durch Lösungsmittel
ausschließe, könne sich nicht auf Erfahrungen aus dem arbeits- und umweltmedizinischen Bereich stützen. Statt dessen würde
der Organismus Neurotoxien speichern und kontinuierlich über Jahre freisetzen. Bei einer neuronalen und irreparabel geschädigten
Struktur sei eine Besserung nicht zu erwarten, vielmehr eine Persistenz und Progredienz der Symptomatik. Nach jüngeren Studien
sei erkennbar, dass über den Verlauf einer chronisch toxischen Enzephalopathie nach Expositionsende keine prognostische Aussage
gemacht werden könne. Der von den Vorgutachtern ausgedrückte Standpunkt, dass der Verdacht einer chronisch toxischen Enzephalopathie
nur dann begründet sei, wenn der Krankheitsbeginn im zeitlichen Zusammenhang zur Exposition stehe, wäre dann hilfreich, wenn
Angaben über Expositionszeit, Intensität und zeitliche Zusammenhänge verfügbar wären. Solche Angaben stünden nicht zur Verfügung.
Die von der Beklagten angelegten neurotoxischen Schwellenwerte seien derzeit noch mit nicht unerheblichen Unsicherheiten behaftet.
Es bestehe eine zeitliche Zusammenhang zu den Symptomen der vermehrten Infektbereitschaft, der ausgeprägten Konzentrationsminderung
und der starken Schwindelsymptomatik ab 1995, der Reduktion des Kurzzeitgedächtnises, der Koordinationsstörungen, der Schwindelzustände
und der Gleichgewichtsstörungen. Der Kläger sei vor der Belastung durch Lösemittel völlig beschwerdefrei gewesen. Eine berufskrankheitsunabhängige
Ursache sei nicht ermittelbar.
Unter dem 22. Oktober 2004 [AS 291 LSG-Akte] hat Prof. Dr. H. ergänzend angegeben, er stütze sich für den Nachweis einer Enzephalopathie
und einer Polyneuropathie nicht nur auf subjektive Angaben des Klägers, sondern auf den eindeutig außerhalb der Norm liegenden
PET-Befund von Dr. Hörr, die testpsychologische Untersuchung durch Dipl.-Psych. Klein, die selbst von ihm erhobenen neurologischem
Befunde und die durch Laboruntersuchungen nachgewiesenen erhöhte Infektanfälligkeit. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen
der Exposition und den Beschwerden sei nicht zu verlangen. Die Symptome der deutlich kognitiven Störungen, der Konzentrationsminderung
und der Kurzzeitgedächtnisminderung könnten einer Borreliose, einer Epstein-Barr-Virus-Infektion oder einer thorakolumbalen
Torsionsskoliose nicht zugeordnet werden. Der Kläger sei vor der Exposition gegenüber Lösungsmitteln völlig beschwerdefrei
gewesen.
Der Senat hat die Beteiligten auf das Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung an die Landessozialgerichte
vom 18. Januar 2005 zur Neufassung des Merkblatts zur Berufskrankheit Nr. 1317 zur Anlage der
BKV hingewiesen [AS 317 LSG-Akte].
Die Beigeladene hat eine gutachtliche Stellungnahme des Internisten Privatdozent Dr. D. vom 15. April 2005 [AS 341 LSG-Akte]
vorgelegt, wonach der Kläger keiner geeigneten Exposition ausgesetzt gewesen sei, die Diagnosen in den Gutachten von Dr. B.
und Prof. Dr. H. nicht auf geeignete Untersuchungsverfahren gestützt seien und auch sonst keine toxische Enzephalopathie gesichert
sei. Auch sei die Latenzzeit von neun Jahren zwischen Expositionsende und dem Auftreten erster Beschwerden, die einer Polyneuropathie
zugerechnet werden könnten, zu lang, um einen Zusammenhang annehmen zu können.
Der Kläger hat die Kopie einer sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Sch. vom 19. August 2004 [AS 346 LSG-Akte], erstattet
in einem Parallelverfahren vor dem Sozialgericht Ulm vorgelegt, wonach die vom Kläger vorgebrachten Wirbelsäulenbeschwerden
möglicherweise Folgeschäden einer chronischen Lösungsmittelexposition seien. Er hat zuletzt eine Bescheinigung von Dr. Sch.
vom 21. April 2005 vorgelegt, wonach bei dem Kläger (u. a.) eine Polyneuropathie zu diagnostizieren sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die
Akten der Beklagen (auch zu früheren Arbeitsunfällen des Klägers vom 29. Oktober 1992, 27. Mai 1993, 30. Januar 1996, 17.
März 1997 und 2. Februar 1998, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Zunächst ist festzustellen, dass der - als Vollbeweis zu erbringende - Nachweis einer geeigneten Expositionen fehlt.
Dass es an einer geeigneten Exposition fehlt, hat zuletzt auch Privatdozent Dr. D. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme
vom 15. April 2005 nachvollziehbar ausgeführt, die hier als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertet werden kann.
Zum Zweiten ist eine Schädigung der peripheren Nerven der Beine des Klägers, die als Enzephalopathie oder Polyneuropathie
anzusehen ist, nicht nachgewiesen. Auch insoweit sieht sich der Senat einig mit der beratungsärztlichen Stellungnahme von
Privatdozent Dr. Damrau.
Eine Nervenschädigung der Beine wird selbst von Dr. B. und Prof. Dr. H. nicht behauptet. Allein solche Gesundheitsbeeinträchtigungen
sind Gegenstand des angefochtenen Bescheides, denn nur hierüber hat die Beklagte entschieden. Soweit sich die Klage auf die
Beschwerden in den Bereichen Gleichgewichtssinn, Koordination, Konzentration, (allgemeine) Leistungsfähigkeit und Infektanfälligkeit
bezieht (hier vereinfachend als "kognitiver Bereich" bezeichnet), wie sie Prof. Dr. H. festgestellt haben will, fehlt es mangels
Durchführung eines Verwaltungsverfahrens am Rechtsschutzbedürfnis.
Im Übrigen sieht der Senat entgegen dem Gutachten von Prof. Dr. H. im Hinblick auf die überzeugenden Einwendungen der Beklagten
und der Beigeladenen eine Enzephalopathie und Polyneuropathie in den genannten Bereichen nicht als nachgewiesen an. Auffallend
ist insbesondere, dass die behaupteten Erkrankungen von keinem der behandelnden Ärzte, zuletzt auch nicht in der neurologischen
und elektrophysiologischen Untersuchung durch Dr. K. (Arztbrief vom 1. September 2004), eindeutig festgestellt worden sind.
Das betrifft sowohl den Bereich etwaiger Nervenschäden in den Beinen wie die erstmals nach der Behandlung durch Dr. B. vorgetragenen
Schäden im "kognitiven Bereich". Die umfassende Untersuchung in der Klinik für Neurologie im Kreiskrankenhaus H. einschließlich
einer MRT- Untersuchung des Schädels ergab einen altersentsprechenden Normalbefund. Im Gutachten von Dr. R. finden sich keine
eindeutigen Hinweise auf eine Polyneuropathie. Zwar wurde aufgrund der wiederum durch die Beschwerden in den Beinen veranlassten
Untersuchungen ein "leichtes Polyneuropathiesyndrom" diagnostiziert, dessen Ursache aber als unklar dargestellt. Die sichere
Diagnose einer Polyneuropathie, wie sie Prof. Dr. H. stellen will, ist darin nicht zu sehen. Der Entlassungsbericht der Federseeklinik
Bad B. vom 21. April 1999 weist ebenfalls nicht auf Erkrankungen im "kognitiven Bereich hin", die Polyneuropathie wird als
fraglich gewertet und es wird auf ein Restless-legs-Syndrom verwiesen. Wenn Prof. Dr. H. und ihm folgend der Kläger aber eine
fehlende Verlaufsbeobachtung zum Nachweis einer (progredienten) Enzephalopathie rügen, so übersehen sie, dass die dadurch
aufgeworfenen Zweifel nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast eher gegen die Rechtsansicht des Klägers sprechen.
Hingegen bestehen mögliche Konkurrenzursachen, die Prof. Dr. H. nicht angemessen gewürdigt hat. In den Akten findet sich der
Hinweis auf eine Borrelieninfektion, so im Schreiben von Dr. K. vom 20. Mai 1999. Auch die Diskrepanz zwischen körperlichem
Befund und Beschwerdebild wird angesprochen, so im Gutachten des MDK vom 1. Oktober 1999, zudem Depressionen des Klägers,
wie im Attest von Dr. B. vom 26. Juni 1995.
Schließlich ist auch die Ansicht von Sch. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 19. August 2004, die orthopädischen
Beeinträchtigungen des Klägers seien (bloß!) möglicherweise Folge einer chronischen Lösungsmittelexposition als spekulativ
und nicht von einer überzeugenden nervenärztlichen Stellungnahme getragen abzulehnen. Die Diagnosestellung in der Bescheinigung
vom 21. April 2005 lässt ihre Grundlage nicht erkennen und zeigt auch nicht auf, ob sie sich auf die Beine des Klägers bezieht.
Sie hat daher für den Senat keine relevante Aussagekraft.
Schließlich kann sich der Senat auch nicht von einem mit Wahrscheinlichkeit anzunehmenden beruflichen Zusammenhang überzeugen.
Hierbei kann die - derzeit wohl in der wissenschaftlichen Diskussion umstrittene - Frage offen gelassen werden, ob eine Progredienz
der Beschwerden nach Expositionsende gegen einen beruflichen Zusammenhang spricht oder nicht. Die Position des Klägers wird
hier durch die Neufassung des Merkblattes bestätigt. Jedenfalls spielt, entgegen den Ausführungen von Prof. Dr. H. in seiner
Gutachtensergänzung und mit der Ansicht von Privatdozent Dr. Damrau, ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Exposition und Beschwerden
für die Beurteilung durchaus eine Rolle, wie die bereits angesprochene Flüchtigkeit der schädigenden Stoffe nahe legt. Wegen
der nunmehr vorgebrachten Beschwerden des Klägers hat sich dieser aber früher nie in ärztliche Behandlung begeben. Die Angaben
zu Spannungskopfschmerzen im Attest von Dr. B. vom 26. Juni 1995 sind zu unspezifisch, um etwas anderes annehmen zu können.
Die Beschwerden, die der Kläger mittlerweile in den Mittelpunkt seines Klagebegehrens stellt, sind ärztlicherseits erstmals
in den Blick genommen worden, als sich der Kläger in die Behandlung zu Dr. B. begeben hat. Ob für die von diesem erhobenen
Befunde und gestellten Diagnosen eine tatsächliche Grundlage bestand, muss angesichts der den Bereich einer sachlichen Auseinandersetzung
deutlich überschreitenden Äußerungen von Dr. B. von Seiten des Senats bezweifelt werden. Beschwerden der Beine scheinen hingegen
mittlerweile keine Rolle mehr zu spielen, denn ansonsten hätte sich Prof. Dr. H. sicherlich hierzu geäußert. Von einem zeitlichen
Zusammenhang zwischen Exposition und Schädigung kann daher keine Rede sein.