Anerkennung einer Infektionskrankheit als Berufskrankheit nach BKV Anl. 1 Nr. 3101 in der gesetzlichen Unfallversicherung
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer vom Kläger im April/Mai 1999 erlittenen Pneumonie und Mononukleose
sowie zahlreicher weiterer Erkrankungen, deren Entstehung und/oder Verschlimmerung er auf die genannten Infektionen zurückführt,
als Berufskrankheiten (BK) nach Nr. 3101 der Anlage zur
Berufskrankheiten-Verordnung (im Folgenden: BK 3101). Der Kläger führt die erlittene Pneumonie und Mononukleose sowie - als deren Folgen - sämtliche bei
ihm jetzt noch bestehenden Gesundheitsstörungen auf eine Tätigkeit als Pflegekraft auf der Intensivstation des Krankenhauses
O. im April 1999 zurück.
Der 1960 geborene Kläger, der zwei eigene Kinder hat, war seit dem 15.12.1983 als Rettungsassistent beim Deutschen Roten Kreuz
(DRK) beschäftigt (Auskunft des DRK vom 23.01.2003, Bl. 163 ff. Verwaltungsakten - VA). Neben dem Einsatz im Rettungsdienst
des DRK wurde er seit Anfang April 1999 (vgl. Auskunft des Klägers vom 28.10.2002, Bl. 84 ff. [85] VA) im fraglichen Zeitraum
(zuletzt vor der Erkrankung am 12.04. bis 14.04.1999, vgl. Auskunft des DRK vom 23.01.2003, Bl. 167 VA) jeweils montags bis
freitags von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr (vgl. DRK-Auskunft vom 06.11.2002, Bl. 93 ff. VA) im Rahmen des Arbeitgeber-Direktionsrechts
als Pflegehilfskraft zur grundpflegerischen Versorgung und allgemeinen Patientenbetreuung eingesetzt (vgl. Richtlinien für
den Einsatz von Rettungsassistenten im Pflegedienst auf der Intensivstation vom 30.03.1999, Bl. 95/96 VA). Zu den Aufgaben
des Klägers gehörten dabei u.a. Hilfeleistungen bei der Körperpflege, Nahrungsaufnahme und bei Ausscheidungsverrichtungen,
die Reinigung des Patientenbettplatzes und der Arbeitsräume, die Reinigung und Desinfektion von Pflegeartikeln und Geräten,
sowie die Zimmer- und Bettvorbereitung bei Neuaufnahmen. Der Kläger unterstand dabei der Weisungsbefugnis des examinierten
Pflegepersonals und des ärztlichen Dienstes. Die Dienstkleidung wurde vom Krankenhaus gestellt. Bei Notarzteinsätzen war die
pflegerische Tätigkeit zu unterbrechen. Ob im April/Mai 1999 im Rahmen von Rettungsdiensteinsätzen Kontakt zu Patienten mit
Pneumonie bestand, konnte vom DRK nicht eruiert werden (Auskunft vom 23.01.2003, Bl. 163). Laut Schreiben des Chefarztes der
Anästhesie- und Intensivabteilung des Städtischen Krankenhauses O., Dr. S., vom 27.01.2003 (Bl. 171 VA) wurden vom 12.04.
bis 14.04.1999 auf der Intensivstation 13 Patienten behandelt, von welchen zwei Patienten an einer Bronchopneumonie erkrankt
waren und ein Patient an einer Pneumonie.
Am 05.01.2000 (Bl. 2 VA) ging bei der Beklagten eine Ärztliche Unfallmeldung der Hausärztin des Klägers, B.-H., ein. Der Kläger
habe berichtet, sich während seiner Tätigkeit auf der Intensivstation des Krankenhauses O. an einem Patienten mit einer Pneumonie
angesteckt zu haben. Als Unfalltag wurde der 12.04.1999 angegeben. Als Befund teilte sie mit: "Fieber über 39,5 °C, Kopf-
und Gliederschmerzen, stärkeres Husten, Schmerzen in der Brust beim Husten. Pulmo: reichl. RGs, pleuritisches Reiben re. basal."
Gemäß Röntgenergebnis habe eine Pneumonie beidseits bestanden, stärker rechts.
Mit Schreiben vom 26.08.2002 (Bl. 47 VA) teilte der Kläger der Beklagten zum Verlauf seiner Erkrankung mit, er habe sich im
April 1999 während seiner Arbeitszeit auf der Intensivstation des Krankenhauses O. mit einer bakteriellen Lungenentzündung
infiziert. Da dies nicht sofort erkannt worden sei, habe er diese verschleppt (teilweise für 7 Tage krank, dann wieder gearbeitet),
jedoch sei keine Besserung eingetreten und nach mehreren Arztbesuchen seien bei ihm eine schwere Pneumonie und eine Mononukleose
(Pfeiffer'sches Drüsenfieber) diagnostiziert worden. Er sei daraufhin 7 Wochen krank gewesen, habe dann wieder gearbeitet
und im August seinen Sommerurlaub genommen. Als sich auch nach dem Urlaub keine Besserung seiner Kondition und seines Gesamtzustandes
eingestellt habe, habe er häufig den Arzt aufgesucht. Gleichwohl habe sich sein Zustand weiter verschlechtert. Er sei häufig
krank gewesen und hätte unbedingt eine Kur benötigt. Zum Zeitpunkt der Meldung bei der Beklagten, im Januar 2000, sei sein
Zustand bereits so schlecht gewesen, dass er einen Antrag auf ein Jahr unbezahlten Urlaub gestellt habe. Dieser sei abgelehnt
worden, ebenso ein erster Antrag auf Teilzeitbeschäftigung. Aus dem Gutachten von Dr. R. und Dr. S. vom 07.03.2004 (Bl. 238
ff. VA) geht hervor, dass der Kläger im Oktober 2001 eine gerichtlich erstrittene Teilzeitstelle (50 %) antrat, und zunächst
subjektiv eine Besserung verspürt habe. Nach einem Kreislaufkollaps während des Sommerurlaubes 2002 in G. war er zunächst
- seit dem 19.08.2002 - arbeitsunfähig erkrankt und bezog nach dem Ende der Lohnfortzahlung vom 03.09.2002 bis zum 31.12.2003
Krankengeld (vgl. Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Baden-Württemberg vom 09.12.2010, Az. L 4 R 6051/08). Im Rahmen einer Untersuchung vom 31.03.2003 gab er an, er arbeite zu 50 % in der eigenen Internetfirma und sei zu 50 %
berufsunfähig (Bl. 243 VA). Aus dem neurologischen Gutachten von Prof. Dr. M., Dr. E. und Prof. Dr. D. (Bl. 215 ff. VA) geht
hervor, dass er während der dortigen Untersuchung vom 13.10.2003 einen Betrieb mit vier Angestellten im Internetbereich hatte
und er diese Tätigkeit bereits im Jahr 1997 begonnen hatte. Er habe sie in den letzten 1 ½ Jahren vor der Untersuchung vom
13.10.2003 ausgebaut. Der Kläger bezog sodann vom 01.03.2004 bis zum 28.02.2005 (Bl. 173, 176 SG-Akte) Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Aktuell ist der Kläger weiterhin als Geschäftsführer
eines Betriebes, welcher Software und Internetanbindung anbietet, tätig (Gutachten Prof. Dr. O. vom 05.08.2010, Bl. 56 ff.
[68] Senatsakte).
Laut dem Verzeichnis der AOK Kreis R. (Bl. 156 VA) war der Kläger vom 17.02.1999 bis zum 20.02.1999 wegen einer akuten Bronchitis
arbeitsunfähig krankgeschrieben. Vom 21.03. bis 26.03.1999 ist eine AU-Zeit unter der Diagnose "Wirbelblockierung" vermerkt,
unter derselben Diagnose nochmals am 15.04.1999 und vom 28.04. bis 30.04.1999 (Bl. 155 VA). Danach ist im Verzeichnis der
AOK eine weitere AU-Zeit vom 11.05.1999 bis zum 06.06.1999 unter den Diagnosen "Angina Tonsillaris, Pneumonie, Reizung, Pleuritische
Angina, Tonsillitis" vermerkt. Nochmals vom 14.06. bis 20.06.1999 erfolgte eine Krankschreibung unter der Diagnose Angina
Tonsillaris, dann vom 30.09.bis 01.10.1999 unter der Diagnose "Grippaler Infekt".
Am 11.05.1999 stellte sich der Kläger mit Fieber bei seiner Hausärztin B.-H. vor (Auskunft vom 13.11.2002, Bl. 118 VA). Sie
stellte die Diagnose "Angina Tonsillaris mit Schluckbeschwerden, Rachen hochrot, Fieber." Am 14.05.1999 hatte sich keine Besserung
eingestellt. Am 17.05.1999 wurde die Diagnose einer Pneumonie und Pleuritis gestellt. Am 26.05.1999 sei eine Besserung der
Symptomatik eingetreten. Am 27.05.1999 hätten unverändert Husten, Auswurf und Atemnot bestanden; kein Fieber. Unter dem Datum
18.12.1999 findet sich die Diagnose "psychovegetativer Erschöpfungszustand".
Laut Arztbriefen des Dr. H. J. S., deren Inhalt im Gutachten von Dr. R./Dr. S. vom 07.03.2004 (Bl. 238 ff. VA) wiedergegeben
ist, und ausgehend von der Auskunft vom 22.11.2002, die dessen Nachfolger im Krankenhaus O., der Internist Dr. P., erstattete
(Bl. 122 VA), stellte sich der Kläger am 17.05.1999 und letztmals am 10.06.1999 vor und klagte über Halsschmerzen, Schluckstörungen,
Lymphknoten und Abgeschlagenheit. Ein am 17.05.1999 durchgeführter Mononukleosetest verlief negativ, eine am selben Tag angefertigte
Röntgenaufnahme zeigte den Befund einer Mittellappenpneumonie rechts, den Prof. Dr. S. nach Befundung der Aufnahme bestätigte
(Stellungnahme vom 6./11.09.2002, Bl. 62/67 VA). Im Rahmen der zweiten Vorstellung am 10.06.1999 wurde eine Thorax-Kontroll-Röntgenaufnahme
gefertigt, auf welcher sich eine Rückbildung der Infiltrate zeigte, wenn auch noch Residuen erkennbar waren (Prof. Dr. S.,
aaO.). Laborchemisch seien sowohl die Leber- als auch Entzündungswerte im Normbereich gewesen, der Antistreptolysintiter sei
negativ gewesen, dagegen ein nochmaliger Mononukleosetest stark positiv ausgefallen. Diagnostiziert wurden eine Mononucleosis
infectiosa und eine Mittellappenpneumonie.
Am 30.05.2001 stellte der Facharzt für Innere Medizin Dr. H. (Bl. 36 VA) die Diagnose einer respiratorischen Globalinsuffizienz
mit zunehmender Hypoxämie unter Belastung (Blutgasuntersuchung PO2 mit 70 mmHg und PCO2 mit 42 mmHg in Ruhe). Ein von diesem
in Auftrag gegebenes Thorax-CT sowie eine Lungeninhalationsszintigraphie ergaben keine Auffälligkeiten (Bericht des Radiologen
Dr. O. vom 08.06.2001, Bl. 42 VA). Auch der zwischenzeitlich weiterbehandelnde Hausarzt Dr. K. teilte mit Attest vom 28.12.2001
(Bl. 30 VA) die Diagnose einer respiratorischen Insuffizienz mit. Lungenembolien oder interstitielle Lungenerkrankungen hätten
als Ursachen ausgeschlossen werden können. Nach Ansicht des Lungenfacharztes und des Hausarztes könne man die Belastungseinschränkungen
nach der Pneumonie im Prinzip nur durch kleine Vernarbungen im perialvoelären Bereich oder Mikroembolien mit nachfolgender
Diffusionsstörung erklären. Diese Einschätzung basiert auf einem Arztbrief des Dr. H. vom 19.12.2001 (Bl. 126 VA). Mit Bericht
vom 21.08.2002 (Bl. 130 VA) teilte Dr. H. nochmals die Diagnose einer zunehmenden respiratorischen Globalinsuffizienz mit
(Blutgasuntersuchung PO2 mit 69 mmHg und PCO2 mit 41 mmHg in Ruhe.
Dem trat Prof. Dr. S. mit Stellungnahme vom 16.09.2002 (Bl. 67 f. VA) entgegen und führte aus, man könne angesichts der erhobenen
Befundwerte allenfalls von einer Partialinsuffizienz sprechen. Mit der Stellungnahme vom 11.09.2002 (Bl. 62 VA) führte er
aus, der Kläger sei für eine Atemwegsinfektion durch seine berufliche Tätigkeit in erheblich höherem Grade gefährdet gewesen
als die übrige Bevölkerung, so dass die Frage der beruflichen Betroffenheit zu bejahen sei.
Zur Klärung der Zusammenhangsfrage holte die Beklagte mehrere Gutachten ein. Mit neurologischem Gutachten vom 26.10.2003 (Bl.
215 ff. VA) diagnostizierten Prof. Dr. M. und Dr. E. Migräne ohne Aura und reduzierte körperliche Dauerbelastbarkeit. Der
zuvor geäußerte Verdacht eines Clusterkopfschmerzes wurde nicht bestätigt; weder die Beidseitigkeit, noch die Attackendauer
noch die Begleitsymptome sprächen für eine derartige Diagnose. Die Migräne habe bereits vor 1999 bestanden; ein ursächlicher
Zusammenhang mit der damaligen Infektion bestehe sicher nicht. Zwar habe die Attackenanzahl nach der Lungenentzündung zugenommen,
allerdings seien in diesen Zeitraum auch die Hauptauseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber gefallen. Die körperliche Belastungsintoleranz
sei bei unauffälligem neurologischem Untersuchungsbefund nicht als Folge einer neurologischen Erkrankung anzusehen, insbesondere
fänden sich keine Hinweise für eine Neuropathie oder Myopathie. Eine ebenfalls vorliegende Blasenstörung sei Folge einer urologischen
Grunderkrankung bei infravestikaler Obstruktion; ein Anhalt für neurogene Blasenstörung bestehe nicht.
Mit internistisch-rheumatologischem Gutachten vom 24.02.2004 (Bl. 305 ff. VA) stellte Dr. K. fest, dass eine entzündlich-rheumatische
Erkrankung weitgehend ausgeschlossen werden könne. Es bestünden weder klinisch noch laborchemisch Entzündungszeichen. Sie
diagnostizierte aufgrund der Angaben des Klägers (morgens Knie- und Sprunggelenksschmerzen sowie Anlaufschmerzen, häufige
Halsschmerzen, Infektanfälligkeit und Migränesymptome; bei der Arbeit immer wieder "Löcher", häufiges Fiebergefühl, öfter
Durchfälle) ein Chronisches Müdigkeitssyndrom (Chronique Fatigue Syndrome - CFS). Dieses sei erstmals beschrieben worden,
nachdem nach Infektionen mit Eppstein-Barr-Viren dieser Symptomenkomplex epidemisch aufgetreten sei. Der Auslösemechanismus
sei nicht bekannt; ebenfalls sei unklar, ob es sich um eine eigene Krankheitsentität handele oder um die Manifestation verschiedener
Krankheitsursachen in ähnlichen Erscheinungsformen. Es werde das Konzept vertreten, dass neben einer genetischen Anlage Auslöser
notwendig seien, darunter Infektionen jeglicher Art, aber auch psychisch belastende Ereignisse oder existenzbedrohende Umstände.
Ein Zusammenhang mit der stattgehabten Pneumonie und der Entstehung des CFS könne weder eindeutig bejahrt, noch verneint werden.
Im Rahmen der Untersuchung durch Dres. R. und S. (fach-internistisches Gutachten vom 07.03.2004, Bl. 238 ff. VA) fanden diese
einen unauffälligen und altersentsprechenden Normalbefund. Das Belastungs-EKG ergab eine gute Belastbarkeit bis 200 Watt;
der Abbruch sei aufgrund peripherer Erschöpfung erfolgt. Thorakale Beschwerden oder Kopfschmerzen seien nicht geäußert worden.
Im Rahmen der Lungenfunktionsuntersuchung maßen sie in Ruhe vor Belastung die Werte PO2 83,4 mmHg und PCO2 41,2 mmHg. Unter
Belastung mit 150 Watt konnten sie keinen signifikanten Abfall des PO2-Wertes messen (nach 5 Minuten Belastung betrug dieser
79,2, so dass die Differenz unter dem Grenzwert von 5 mmHg lag). Sie führten aus, die gefundenen Ergebnisse sprächen gegen
eine respiratorische Global- oder Partialinsuffizienz. Sie wiesen darauf hin, dass auch Dr. T. am 01.02.2001 (Bl. 23 VA) normale
Werte gemessen habe (PO2 79 bzw. 77,6 mmHg vor und unmittelbar nach Belastung), ebenso Dr. Erb mit Gutachten vom 29.11.2002
(vgl. Bl. 252 VA), welcher bei einer Belastung von 150 Watt den PO2-Wert von 77 mmHG gemessen habe. Zum Untersuchungszeitpunkt
habe kein organisches Korrelat für eine fehlende Belastbarkeit des Klägers identifiziert werden können; es bestehe entsprechend
der durchgeführten Untersuchungen vielmehr eine gute kardio-pulmonale Belastbarkeit (Bl. 271 und 284 VA). Über die bereits
in den Vorgutachten gestellten Diagnosen hinaus diagnostizierten sie einen Verdacht auf Steatosis hepatis. Sie führten in
der Zusammenhangsbeurteilung aus, der Kläger sei aufgrund seiner Arbeit als Rettungsassistent gefährdeter als die Normalbevölkerung,
eine Lungenentzündung zu aquirieren (Bl. 282 VA). Es sei nicht eindeutig zu beantworten, ob sich der Kläger im Rahmen seines
Dienstes auf der Intensivstation oder als Rettungsassistent die Lungenentzündung zugezogen habe. Theoretisch könne er sich
an einem der drei erkrankten Patienten infiziert haben, könne die Lungenentzündung jedoch auch in der Normalbevölkerung akquiriert
haben (Bl. 282 f. VA). Zudem erzeugten Pneumokokken meist eine sog. "endogene" Infektion, d.h. eine Infektion, welche von
eigenen Keimen, die im Vorfeld der Erkrankung bereits auf dem Betroffenen vorhanden seien, verursacht werde. Beim Kläger fehle
ein kultureller Nachweis der Erreger, welche die Lungenentzündung verursacht hätten. Hiernach erscheine aufgrund des Krankheitsverlaufs
(typischer Verlauf mit Ausheilung innerhalb kurzer Zeit) eine Infektion mit Pneumokokken (Pneumokokkenpneumonie) am wahrscheinlichsten;
der Verlauf spreche gegen eine Infektion mit einem sog. "Krankenhausproblemkeim". Bei 30-70 % der gesunden Bevölkerung seien
Pneumokokken im Respirationstrakt nachzuweisen. Man gehe davon aus, dass sich im Rahmen einer Schwächung des Immunsystems
die eigentlich gut kontrollierten Keime vermehren und eine Erkrankung erzeugen würden (Bl. 276 f. VA). Es gebe Untersuchungen
mit über 90%igem Nachweis von Pneumokokken bei gesunden Angestellten in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen.
Bei dem Kläger als langjährig im Rettungsdienst Tätigem sei ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Pneumokokkenbesiedelung
vorbestehend gewesen. Da in den Aufzeichnungen der erstbehandelnden Ärzte (B.-H. und Dr. S.) als primäre Symptome nicht Husten,
Auswurf und thorakale Schmerzen genannt worden seien, sondern Halsschmerzen, Lymphknotenschwellung und Fieber, sei zu vermuten,
dass der Kläger zunächst an Mononukleose erkrankt sei. Hierdurch geschwächt könne er dann eine endogene Pneumokokkenpneumonie
entwickelt haben. Die Mononukleose sei nicht sehr kontagiös und nur mäßig infektiös; sie werde häufig in Kindergärten, Schulen,
Fachschulen und Universitäten akquiriert. Eine Übertragung erfolge nur durch sehr engen Kontakt mit Speichel, z.B. beim Küssen.
Entsprechend der üblichen Vorkehrungen im medizinischen Bereich (Handschuhe, Mundschutz) und aufgrund seiner erwachsenen Patienten
erscheine es unwahrscheinlich, dass sich der Kläger mit Mononukleose infiziert haben könne. Wahrscheinlicher erscheine vielmehr,
dass der Kläger durch seine Kinder mit Mononukleose infiziert habe (Bl. 278 VA). Unabhängig davon sei kein Zusammenhang zwischen
der Lungenentzündung und Mononukleoseinfektion im Jahr 1999 und den zum Untersuchungszeitpunkt geklagten Beschwerden herstellbar
(Bl. 280 VA). Die Anerkennung einer Berufskrankheit werde nicht vorgeschlagen.
Mit Bescheid vom 27.04.2004 (Bl. 331 VA) lehnte die Beklagte die Feststellung einer Pneumokokkenpneumonie, Mononukleose, und
reduzierter Dauerbelastbarkeit als entschädigungspflichtige Berufskrankheit Nr. 3101 der Anlage 1 zur
BKV sowie die Anerkennung eines Chronischen Müdigkeits-Syndroms sowie einer Migräne ohne Aura wie eine Berufskrankheit gem. §
9 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (
SGB VII) ab. Es sei unwahrscheinlich, dass sich der Kläger die Mononukleose im Rahmen der Tätigkeit im Krankenhaus zugezogen habe.
Hieraus habe sich dann eine endogene Pneumokokkenpneumonie entwickelt. Die Migräne habe bereits vor 1999 bestanden; das Chronische
Müdigkeitssyndrom sei u.a. durch Stress, Überbelastung und Probleme mit dem Arbeitsgeber verursacht.
Mit dem Widerspruch vom 25.05.2004 teilte der Kläger u.a. mit, zum Füttern, Waschen und Fäkalien leeren sei ihm kein Mund-
oder Handschutz gegeben worden. Ferner seien sie nicht in die Pflege von infektiösen Patienten eingewiesen worden, sondern
man habe sie wie Handlanger eingesetzt.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit im Wesentlichen identischer Begründung zurück (Widerspruchsbescheid vom
19.01.2005, Bl. 354 VA).
Hiergegen hat der Kläger am 17.02.2005 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung vortragen lassen, das Gutachten Dr. R./Dr. S. basiere auf falschen Voraussetzungen, so dass der
Kläger erneut zu begutachten sei. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Mit Gutachten auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gemäß §
109 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) vom 06.10.2005 hat Dr. H. ausgeführt, der Kläger habe eine Lobärpneumonie erlitten, welche einen normalen Verlauf gezeigt
habe und unter antibiotischer Behandlung zeitgerecht ausgeheilt sei. Bleibende Funktionseinschränkungen als deren Folge seien
auszuschließen, zumal in folgenden Röntgenkontrollen und zweimaligen Computertomographien der Lunge keine Restzustände oder
Narben nachweisbar gewesen seien (Bl. 31 SG-Akte). Die von ihm selbst gestellte Diagnose einer respiratorischen Globalinsuffizienz sei nicht korrekt gewesen und wohl
durch Verwendung eines falschen Textbausteins zustande gekommen. Seine Annahme einer Störung auf alveolärer oder kapillärer
Ebene sei spekulativ gewesen. Aufgrund der mehrfach gemessenen auswärtigen Normalbefunde und seiner gutachterlichen Untersuchung
könne er eine etwaige Diffusionsstörung ausschließen. Er diagnostizierte auf seinem Fachgebiet einen Zustand nach Lobärpneumonie
ohne bleibende Funktionseinschränkung. Die vom Kläger geschilderten Beschwerden würden zu einem chronischen Müdigkeitssyndrom
passen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit beruflichen Einflüssen wurde verneint, ebenso das Vorliegen einer Berufskrankheit.
Im Rahmen der beruflichen Tätigkeit sei der Kläger einer höheren Infektionsgefahr als die allgemeine Bevölkerung ausgesetzt
gewesen. Ein Erwerben der Pneumonie auf der Intensivstation sei unwahrscheinlich, da eine klassische Lobärpneumonie in der
Regel ambulant erworben und durch Pneumokokken ausgelöst werde.
Mit weiterem Gutachten gemäß §
109 Abs.
1 Satz 1
SGG vom 11.04.2006 (Bl. 59 ff. SG-Akte) hat der Urologe Dr. R. eine hypotone, hypokontraktile und hyposensitive Harnblase mit Harnblasenrestharnbildung mit
Zustand nach Urethrotomie interna, Meatotomie und Blasenhalsincision, einen Zustand nach praktiziertem intermittierendem Selbstkatheterismus
(rezidivierende Harnwegsinfektionen) sowie eine Stressharninkontinenz 1. Grades diagnostiziert. Ein ursächlicher Zusammenhang
der Beschwerden auf urologischem Fachgebiet und beruflichen Einflüssen, auch der Mononukleose und Pneumonie 1999, lasse sich
nicht begründen.
Schließlich hat der Facharzt für Innere Medizin Dr. K. am 16.01.2007 ein weiteres Gutachten gemäß §
109 Abs.
1 Satz 1
SGG erstattet. Er hat eine mitochondriale Encephalo-Neuro-Myopathie mit den sekundären Folgekrankheiten Migräne und Kopfschmerzen,
neurogene Blasenfunktionsschwäche, periphere symmetrische Polyneuropathie, Muskelschwäche und leichte muskuläre Erschöpfbarkeit
unter physischen Belastungen, Hirnleistungseinbußen mit rascher Erschöpfbarkeit, Hiatushernie mit Entzündung der Speiseröhre,
wiederkehrende Lendenwirbelsäulenschmerzen im Sinne einer neurogenen Entzündung mit Auswirkungen auf Beckenorgane, After und
Harnblase diagnostiziert. Beim Kläger bestehe eine mitochondriale Cytopathie, welche erworben oder ererbt sein könne (Bl.
112 SG-Akte). Die Mutter des Klägers habe an Migräne gelitten, folglich habe sie an einer Mitochondriopathie gelitten (Bl. 115 SG-Akte), die stets mütterlicherseits vererbt werde. Die beim Kläger ab dem 20. bis 22. Lebensjahr aufgetretene Migräne sei
das erste Signal einer Mitochondriopathie gewesen. Die Migräne sei nur symptomatisch mit Schmerzmitteln oder Serotoninwiederaufnahmehemmern
behandelt worden, so dass die Mitochondriopathie sich "wie ein unterirdischer Schwelbrand ausbreiten" und nach und nach immer
mehr Organe einbeziehen können habe. Gleichwohl sei der Schwellenwert der mitochondrialen Heteroplasmie zu dem Zeitpunkt noch
nicht überschritten gewesen, weshalb der Kläger noch leistungsfähig gewesen sei. Infolge der Lungenerkrankung sei dann der
Heteroplasmie-Schwellenwert überschritten worden, so dass nach der Erkrankung die mitochondriale Energiesynthese um mehr als
60 % eingeschränkt sei und bleibe, zumal Antibiotika das Mitochondriensystem zusätzlich schädigen würden. Die Folgen seien
ein chronisches Müdigkeits-Erschöpfungssyndrom, reduzierte körperliche Belastbarkeit und eine Atonie der Harnblase gewesen
(Bl. 119 SG-Akte). Es gebe individuelle Therapieoptionen. Auf jeden Fall sei die mitochondriale Therapie eine "Domäne der Mikronährstoffe
und Vitamine" (Bl. 116 SG-Akte). Zudem seien beim Kläger im EEG Theta-Wellen nachgewiesen worden, welche als pathologisch anzusehen seien. Diese träten u.a. im Schlaf auf; es handele sich
um Ermüdungswellen. Auch die Blasenstörung sei anders als von den neurologischen Vorgutachtern angenommen neurogenen Ursprungs
(Bl. 107/108 SG-Akte).
Nachdem die Beklagte diesem Gutachten entgegen getreten ist, hat Dr. K. auf Aufforderung des SG eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage erstattet, welche vom 01.11.2007 datiert. Er hat angeführt, die erworbene Form
der Mitochondriopathien unterscheide sich von den schweren ererbten Formen, die mit ernsthaften schweren Krankheitsverläufen
einhergingen (Bl. 147 SG-Akte), im einzelnen mit Retardierung der Hirnleistung und frühzeitlicher Schädigung der Sinnesorgane. Im Gegensatz dazu handele
es sich beim Kläger um eine erworbene Form der Mitochondriopathie. Diese sei wesentlich häufiger. Hinsichtlich der beim Kläger
gemessenen Theta-Wellen sei richtig, dass diese generell bei Müdigkeit aufträten. Ein Auftreten von Theta-Wellen tagsüber
bei einem jungen Mann weise jedoch auf eine Erschöpfung des Hirns hin.
Schließlich hat das SG noch ein im parallel anhängigen Rentenverfahren erstattetes weiteres neurologisches Gutachten von Prof. Dr. A. vom 09.10.2008
(Bl. 165 ff. SG-Akte) beigezogen. Dieser hat ausgeführt, die erhobenen Untersuchungsbefunde würden nicht die Diagnose einer mitochondrialen
Encephalomypathie erlauben. Es ergebe sich nicht einmal ein Verdacht auf Vorliegen einer Erkrankung aus dem Formenkreis der
mitochondrialen Funktionsstörungen. Auf seinem Fachgebiet hat Prof. Dr. A. eine Migräne ohne Aura und Neurasthenie bei Persönlichkeit
mit kränkbaren, sthenischen und narzisstischen Zügen diagnostiziert. Theta-Wellen würden auch bei gesunden Probanden dann
gemessen, wenn sie begännen müde zu werden (Vigilanzminderung). Schlussfolgerungen hinsichltich des Vorliegens einer mitochondrialen
Encephalomypathie seien daraus nicht ableitbar. Soweit sich Dr. K. für die von ihm gestellte Diagnose auf nach seiner Auffassung
pathologische Laborwerte stütze, sei festzuhalten, dass den von ihm angeführten Parametern gemäß den aktuellen Leitlinien
für die Diagnose und Therapie neurologischer Erkrankungen keinerlei Bedeutung beigemessen werde.
Hierauf hat das SG mit Urteil vom 27.01.2009 die Klage abgewiesen. In den Gründen der Entscheidung hat es sich den Gutachten von Dres. R./S.,
Dr. K. und Prof. Dr. M. angeschlossen. Die Mononukleose habe wahrscheinlich vor der Lungenentzündung bestanden. Insoweit sei
eine Ansteckung durch erwachsene Patienten wenig wahrscheinlich. Die Gutachter nähmen zudem eine Pneumokokken-Besiedelung
beim Kläger mit Wahrscheinlichkeit als vorbestehend an. Durch die vorbestehende Mononukleose sei dann eine Schwächung des
Immunsystems erfolgt und hierdurch eine Pneumokokkenpneumonie entstanden. Der Auffassung von Dr. K., dass eine vorbestehende
mitochondriale Cytopathie Wegbereiterin für die Pneumonie gewesen sei, schloss sich das SG nicht an. Die Diagnose einer Erkrankung aus dem Formenkreis der mitochondrialen Funktionsstörungen sei durch die Gutachten
Dr. D. und Prof. Dr. A. widerlegt. Die Pneumonie und Mononukleose-Erkrankung seien folgenlos ausgeheilt. Die noch vorhandenen
Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit Folge dieser Erkrankungen. Ein chronisches Müdigkeitssyndrom könne
zwar nach Virusinfekten auftreten, könne aber auch durch andere Stressfaktoren, wie Überlastung und familiäre Probleme, hervorgerufen
werden. Eine kardiopulmonale Erkrankung als Ursache der fehlenden Belastbarkeit sei gemäß Dres. R./S. auszuschließen. Dr.
H., welcher zunächst die Diagnose einer respiratorischen Globalinsuffizienz gestellt habe, habe in der Folge krankhafte Befunde
ausgeschlossen. Eine Beschwerdeintensivierung hinsichtlich der vorbestehenden Migräne könne auch durch Belastungen aufgrund
der Auseinandersetzungen mit dem damaligen Arbeitgeber bedingt gewesen sein. Auch die auf urologischem Fachgebiet bestehenden
Krankheiten seien nicht auf die Pneumonie zurückzuführen, was Dr. R. überzeugend dargelegt habe.
Gegen das dem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 13.02.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 10.03.2009 eingelegte
Berufung, mit der der Kläger sich auf das Gutachten sowie die ergänzenden Stellungnahmen von Dr. K. stützt. Wenn das SG rüge, dieser habe sich mit der Beurteilung der Vorgutachter zur Entstehung der Lungenentzündung nicht ausreichend auseinandergesetzt,
möge er hierzu ergänzend gehört werden, ebenso zu den Ausführungen im Gutachten des Prof. Dr. A..
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Januar 2009 sowie den Bescheid vom 27. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19. Januar 2005 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers um
eine Berufskrankheit nach Nummer 3101 der
Berufskrankheiten-Verordnung handelt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. K. angefordert, mit welcher er unter dem Datum vom 18.08.2009 Stellung
zum Gutachten von Prof. Dr. A. genommen hat. Hier heißt es u.a.: "Jeder Student lernt bis zum Physikum im Fach Biochemie den
Zitronensäurezyklus und weiß, dass Pyruvat aus Kohlenhydraten (Stärke, Zucker) gebildet wird und in die Mitochondrien einfließt.
Wenn Pyruvat pathologisch hoch vorgefunden wird, bedeutet dies folglich eine mitochondriale Funktionsstörung, d.h. Kohlenhydrate
können energetisch nicht ausreichend verwertet werden. Die bisherigen neurologischen Gutachter mögen dem Gericht darlegen,
wie sie den Pyruvatstoffwechsel beurteilen und weswegen sie dem pathologisch hohen Pyruvat keine Bedeutung beimessen." (Bl.
28 Senatsakte)
Weiter heißt es: "Die bedauernswerten Patienten mit CFS sind durch Gutachtenbeurteilungen, wie bei Herrn S. der Fall, gefährdet,
wenn ihnen eine volle Arbeits-, Erwerbsfähigkeit auch im Schichtdienst zugebilligt wird. [...] Zusammenfassend stellen wir
fest, dass Gutachter Prof. A. genauso wie die vorherigen neurologischen/psychiatrischen Gutachter keine Kenntnisse über die
neuesten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und ihre Praxisrelevanz besitzen. ..." (Bl. 30 Senatsakte).
Abschließend hat Prof. Dr. O., Chefärztin Innere Medizin III (Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin, Pneumologische Onkologie)
des T.krankenhauses und der St. H. Klinik, M., am 05.08.2010 ein Gutachten über den Kläger erstattet (Bl. 56-93 Senatsakte).
Sie hat die Diagnosen eines Zustandes nach Mittellappenpneumonie 1999, eines chronischen Müdigkeitssyndroms ohne schlafbezogene
Atmungsstörungen bei erhaltener Schlafarchitektur, einer Migräne ohne Aura und einer Harnblasenstörung gestellt. Die Erkrankung
einer infektiösen Mononukleose werde überlicherweise nicht im Rahmen medizinisch-pflegerischer Tätigkeiten erworben, ein Erwerb
durch berufliche Tätigkeiten sei äußerst unwahrscheinlich. Die radiologische Untersuchung habe keine Hinweise auf Residuen
der Pneumonie ergeben (Bl. 86 Senatsakte). Zwar sei nicht auszuschließen, dass sich der Kläger diese durch die Tätigkeit als
Rettungsassistent bzw. Pflegekraft auf einer Intensivstation zugezogen habe, jedoch könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
vom Erwerb der Lungenentzündung auf der Intensivstation ausgegangen werden, denn es bestehe auch die Möglichkeit einer endogenen
Infektion mit Pneumokokken bei entsprechend geschwächter Abwehrlage (Bl. 91 Senatsakte). Zudem hätten sich auch andere Pflegepersonen
im selben Zeitraum nicht angesteckt (Bl. 88 Senatsakte). Es bestehe daher nur eine erhöhte Gefährdungssituation im Rahmen
der Berufstätigkeit. Eine Berufskrankheit hat Prof. Dr. O. nicht zur Anerkennung vorgeschlagen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten
der Beklagten, die Verwaltungsakten der Deutschen Rentenversicherung Bund, die SG-Akten zum auf die Gewährung von Erwerbsminderungsrente gerichteten Verfahren (Az. S 11 R 2471/05), die diesbezüglichen Akten des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Az. L 4 R 6051/08), die SG-Akten zum vorliegenden Verfahren sowie die Senatsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat teilweise Erfolg.
I. Die form- und fristgerecht eingelegte (§
151 Abs.
1 SGG) und statthafte (§
143 SGG) Berufung ist zulässig.
Es handelt sich in der Sache um eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage, gerichtet auf Anerkennung einer im April/Mai
1999 durchgemachten Mononukleose und Pneumonie als Berufskrankheiten (im Folgenden: BKen) gemäß Nummer 3101 der Anlage 1 zur
BKV sowie Feststellung weiterer gesundheitlicher Folgen der BK, wie von Dr. K. im einzelnen in seinem Gutachten aufgeführt (insbesondere
mitochondriale Encephalo-Neuro-Myopathie sowie - als "sekundäre Folgekrankheiten" Migräne und Kopfschmerzen, neurogene Blasenfunktionsschwäche,
periphere symmetrische Polyneuropathie, Muskelschwäche und leichte muskuläre Erschöpfbarkeit unter physischen Belastungen,
Hirnleistungseinbußen mit rascher Erschöpfbarkeit, Hiatushernie mit Entzündung der Speiseröhre, wiederkehrende Lendenwirbelsäulenschmerzen
im Sinne einer neurogenen Entzündung mit Auswirkungen auf Beckenorgane, After und Harnblase).
II. Die Berufung ist teilweise begründet und hat insoweit Erfolg, als die Beklagte zu Unrecht eine folgenlos ausgeheilte Pneumonie
beim Kläger nicht als BK 3101 anerkannt hat. Das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide waren daher abzuändern und das Vorliegen einer folgenlos abgeheilten Pneumonie als Berufskrankheit
Nr. 3101 festzustellen.
Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet. Die Beklagte hat sowohl die Anerkennung einer Mononukleose als BK 3101 mangels
Nachweis einer besonderen Ansteckungsgefahr als auch die Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen als Folge der Berufskrankheit
im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der Senat sieht es nach der umfangreichen durchgeführten Beweisaufnahme nicht als überwiegend
wahrscheinlich an, dass die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erworbene und daher als BK anzuerkennende Pneumonie die wesentliche
Ursache der weiteren unter I. im einzelnen aufgeführten Gesundheitsstörungen ist, soweit diese überhaupt nachweisbar sind.
1. Rechtsgrundlage im vorliegenden Fall sind die Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII), denn der Kläger hat die angeschuldigte Infektion im April/Mai 1999 erlitten. Ein potentieller Versicherungs- wie auch Leistungsfall
liegt damit zeitlich nach dem Inkrafttreten des
SGB VII am 1. Januar 1997 (Art 36 des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes, §
212 SGB VII), weshalb dessen Vorschriften Anwendung finden.
2. Ermächtigungsgrundlage für die Bezeichnung von BKen ist §
9 Abs
1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (
SGB VII). Danach sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen
bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen
zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen
bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt
sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten
versehen.
Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf bei einzelnen
Listen-BKen einer Modifikation bedürfen (vgl. hierzu und zum Folgenden Urteil des Bundesozialgerichts - BSG - vom 02.04.2009,
Az. B 2 U 7/08 R, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 3, zitiert nach [juris], dort RdNr. 14 ff.): Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten
Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt
haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).
Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises,
also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden
Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. Urteile des
BSG vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, und vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Der Verordnungsgeber hat als unter Nr. 3101 der Anlage zur
BKV folgende BK bezeichnet: "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in
einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war."
Bei der BK 3101 tritt aufgrund der Nachweisschwierigkeit eines konkreten Infektionsvorgangs die Infektionsgefahr an die Stelle
der Einwirkungen, die entsprechend den Anforderungen an das Merkmal der Einwirkungen im Vollbeweis nachzuweisen ist. Ob im
Einzelfall eine solche erhöhte Infektionsgefahr gegeben ist, hängt davon ab, ob der Versicherte durch seine versicherte Tätigkeit
einer Infektionsgefahr in besonderem Maße ausgesetzt war. Die besondere Gefahrenexposition kann sich aufgrund der Durchseuchung
des Umfelds der Tätigkeit, nämlich des Personenkreises oder der Objekte, mit oder an denen zu arbeiten ist, und der Übertragungsgefährlichkeit
der ausgeübten Verrichtungen ergeben, die sich nach dem Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit und nach der
Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Versicherten verrichteten gefährlichen Handlungen bestimmt (vgl. Urteil des BSG
vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R). Dabei genügt nicht eine schlichte Infektionsgefahr, vielmehr setzt die BK 3101 (zum Teil typisierend nach Tätigkeitsbereichen)
eine besonders erhöhte Infektionsgefahr voraus (§
9 Abs.
1 Satz 2 Halbsatz 1
SGB VII).
Das BSG hat seine frühere Rechtsprechung zur BK 3101, dass die notwendige Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs
zwischen der versicherten Tätigkeit und einer Infektionskrankheit den Nachweis einer berufsbedingten besonderen, über das
normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr erfordere, mit dem Urteil vom 02.04.2009 (B 2 U 30/07 R, = BSGE 103, 45-54, zitiert nach [juris], dort RdNr. 19 ff.) dahingehend präzisiert, dass die besondere Infektionsgefahr nicht Bestandteil
eines Ursachenzusammenhanges zwischen versicherter Tätigkeit und Infektionskrankheit ist. Sie ersetzt vielmehr als eigenständiges
Tatbestandsmerkmal die Einwirkungen und ist mit dem weiteren Tatbestandsmerkmal "Verrichtung einer versicherten Tätigkeit"
durch einen wesentlichen Kausalzusammenhang, hingegen mit der "Erkrankung" nur durch die Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs
verbunden.
Für die erhöhte Infektionsgefahr gelten damit hinsichtlich des Beweismaßstabes die Anforderungen, die ansonsten für das Tatbestandsmerkmal
der Einwirkungen zu beachten sind. Sie muss im Vollbeweis vorliegen. Zwar setzt der Begriff der Gefahr eine Wahrscheinlichkeitsprognose
voraus. Er charakterisiert einen Zustand, bei dem nach den objektiven Umständen der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich
gelten kann (vgl. Urteil des BSG vom 13.09.2005 - B 2 U 6/05 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 7 RdNr. 11; ebenfalls Urteil des BVerfG vom 04.04.2006 - 1 BvR 518/02 - BVerfGE 115, 320). Allerdings ist zwischen der tatsächlichen Ebene, auf die sich die Wahrscheinlichkeitsprognose beziehen muss, und der rechtlichen
Wertung, ob aufgrund der nachgewiesenen Tatsachen eine Schädigung möglich ist, zu unterscheiden.
Das BSG hatte seine ältere Rechtsprechung hierzu insbesondere zur Infektion mit einer Hepatitis B-Erkrankung entwickelt. Für
die Feststellung einer Infektion mit dem HBV als BK 3101 infolge einer besonderen Gefahrenexposition hatte das BSG vor Ergehen des bereits in Bezug genommenen Urteils
vom 02.04.2009 (Az. B 2 U 30/07 R) den Nachweis gefordert, dass entweder (a) ein unmittelbarer oder mittelbarer beruflicher Kontakt mit an Hepatitis B erkrankten
Personen bestanden hat oder (b) der prozentuale Anteil Hepatitis B-infektiöser Patienten im Arbeitsumfeld des infizierten
Versicherten deutlich höher war als in der Normalbevölkerung oder (c) die Art der versicherten Tätigkeit als solche besonders
hepatitisgefährdend war (Urteil des BSG vom 24.02.2004 - B 2 U 13/03 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 1 RdNr. 11 m.w.N.). Diese Kriterien zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs
der erhöhten Infektionsgefahr im Sinne der BK 3101 hat das BSG fortentwickelt und nimmt eine berufsbedingte besondere Ansteckungsgefahr
bei Versicherten an, die aufgrund ihrer Tätigkeit oder ihres Arbeitsumfeldes einer Infektionsgefahr in besonderem Maße ausgesetzt
sind. Die besondere Infektionsgefahr kann sich im Einzelfall aufgrund der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit oder der
Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen ergeben (Urteil des BSG 02.04.2009, Az. B 2 U 30/07 R, zitiert nach [juris], dort RdNr. 22, mit Verweis auf Brandenburg, Rechtliche Voraussetzungen für die Anerkennung und Entschädigung
von Hepatitis B- und C-Infektionen als Berufskrankheit, in Selmair/Manns, Virushepatitis als Berufskrankheit, 2. Aufl., S.
163 f; Mehrtens/Brandenburg,
BKV, M 3101 10.2 (3.2); Linder, MEDSACH 2007, 194, 195). Der Grad der Durchseuchung ist hinsichtlich der kontaktierten Personen
als auch der Objekte festzustellen, mit oder an denen zu arbeiten ist. Lässt sich das Ausmaß der Durchseuchung nicht aufklären,
kann aber das Vorliegen eines Krankheitserregers im Arbeitsumfeld nicht ausgeschlossen werden, ist vom Durchseuchungsgrad
der Gesamtbevölkerung auszugehen.
Das weitere Kriterium der mit der versicherten Tätigkeit verbundenen Übertragungsgefahr richtet sich nach dem Übertragungsmodus
der jeweiligen Infektionskrankheit sowie der Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Versicherten verrichteten gefährdenden
Handlungen. Der spezifische Übertragungsweg eines bestimmten Krankheitserregers ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher
und gegebenenfalls technischer Sachkunde dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu entnehmen.
Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die
von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten,
nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (Urteil des BSG vom 02.04.2009, Az. B 2 U 30/07 R, zitiert nach [juris], dort RdNr. 23, mit Verweis auf Urteil des BSG vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, jeweils RdNr. 20). Daneben sind die individuellen Arbeitsvorgänge zu beachten. Da für die Anerkennung
der BK 3101 nicht eine schlichte Infektionsgefahr genügt, sondern eine (zum Teil typisierend nach Tätigkeitsbereichen) besonders
erhöhte Infektionsgefahr vorausgesetzt wird (§
9 Abs.
1 Satz 2 Halbsatz 1
SGB VII), kommt es darauf an, welche einzelnen Arbeitshandlungen im Hinblick auf den Übertragungsweg besonders gefährdend sind.
Die Durchseuchung des Arbeitsumfeldes auf der einen und die Übertragungsgefahr der versicherten Verrichtungen auf der anderen
Seite stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. An den Grad der Durchseuchung können umso niedrigere Anforderungen gestellt
werden, je gefährdender die spezifischen Arbeitsbedingungen sind. Je weniger hingegen die Arbeitsvorgänge mit dem Risiko der
Infektion behaftet sind, umso mehr gelangt das Ausmaß der Durchseuchung an Bedeutung. Allerdings muss zumindest die Möglichkeit
einer Infektion bestehen. Ist das nicht der Fall, weil z.B. trotz eines hohen Durchseuchungsgrades die Art der konkret ausgeübten
Tätigkeit einen Infektionsvorgang ausschließt, ist für die Annahme einer Gefahr von vornherein kein Raum. Kommt indes eine
Infektion in Betracht, ist im Wege einer Gesamtbetrachtung der Durchseuchung und der Übertragungsgefahr festzustellen, ob
sich im Einzelfall eine Infektionsgefahr ergibt, die nicht nur geringfügig erhöht ist, sondern in besonderem Maße über der
Infektionsgefahr in der Gesamtbevölkerung liegt. Dabei legt der Nachweis einer infizierten Kontaktperson bei gleichzeitiger
übertragungsgefährdender Tätigkeit das Vorliegen einer besonders erhöhten Infektionsgefahr nahe. Zwingend ist dieser Schluss
aber nicht (Urteil des BSG vom 02.04.2009, Az. B 2 U 30/07 R, zitiert nach [juris], dort RdNr. 24).
Entscheidend ist nach der neueren Rechtsprechung des BSG immer die Gesamtwürdigung der das Arbeitsumfeld und die versicherte
Tätigkeit betreffenden beiden Risikobereiche unter Berücksichtigung des spezifischen Übertragungsmodus und Verbreitungsgrades
der jeweiligen Infektionskrankheit. Dabei können nach den Vorgaben des BSG die in der fachwissenschaftlichen Literatur für
die Beurteilung der Übertragungsgefahr ausgearbeiteten Schemata herangezogen werden, sofern sie sich auf dem neuesten Stand
befinden. Ihnen kommt indes keinerlei rechtliche Verbindlichkeit zu und sie ersetzen nicht die Ermittlung der erhöhten Infektionsgefahr
anhand der Umstände des zu beurteilenden konkreten Einzelfalles (aaO. RdNr. 25).
Liegt eine besonders erhöhte Infektionsgefahr vor, nimmt der Verordnungsgeber typisierend an, dass bei Vorliegen einer Krankheit
die haftungsbegründende Kausalität grundsätzlich gegeben ist. Diese Typisierung kann aber nicht Platz greifen, wenn ausgeschlossen
ist, dass die Infektion während oder aufgrund der versicherten Tätigkeit eingetreten ist. Nach Sinn und Zweck des Tatbestands
der BK 3101, der von der beruflichen Gefahrenexposition auf die Verursachung einer Infektionserkrankung schließt, ist das
Vorliegen einer BK 3101 zu verneinen, wenn der unterstellte Ursachenzusammenhang nicht eingetreten sein kann. Ein Ausschluss
des unterstellten Ursachenzusammenhangs zwischen beruflicher Infektionsgefahr und Krankheit liegt vor, wenn die Infektion
unter Berücksichtigung der Inkubationszeit der Krankheit nicht während der Dauer der beruflichen Gefahrenexposition erfolgt
sein kann. Es darf also nicht ausgeschlossen sein, dass sich der Versicherte während der Dauer der Ausübung der gefährdenden
Tätigkeit infiziert hat. Ebenso ist der Zusammenhang ausgeschlossen, wenn der Erkrankung durch eine Infektion in den unversicherten
Lebensbereichen verursacht worden ist. Anlass zur Prüfung dieses Ausschlusstatbestandes besteht insbesondere dann, wenn der
Versicherte sich auch in anderen als den beruflichen Gefahrenbereichen bewegt hat. Die tatsächlichen Voraussetzungen für das
Vorliegen dieser Ausschlussgründe müssen nachgewiesen sein. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung tragen insoweit
die objektive Beweislast (Urteile des BSG vom 02.04.2009, Az. B 2 U 7/08 R, aaO., RdNr. 18, und Az. B 2 U 30/07 R, RdNr. 34, jeweils zitiert nach [juris]).
3. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist der Senat davon überzeugt, dass im Hinblick auf die am 17. Mai 1999 erstmals
röntgenologisch gesicherten Mittellappenpneumonie ausgehend von der Tätigkeit des Klägers als Pflegehelfer auf der Intensivstation
des Krankenhauses O. im April 1999 eine besonders erhöhte Infektionsgefahr vorgelegen hat und darüber hinaus nicht ausgeschlossen
werden kann, dass sich der Kläger während der Dauer der Ausübung der Tätigkeit als Rettungsassistent/Pflegehelfer infiziert
hat.
Auf der Intensivstation befanden sich zum fraglichen Zeitpunkt, wie aus der Auskunft von Dr. S. vom 27.01.2003 (Bl. 171 VA)
hervorgeht, drei an Pneumonie erkrankte Patienten, zwei davon an Bronchopneumonie erkrankt. Sämtliche internistischen Gutachter
haben es - mangels eines kulturellen Erregernachweises unter Zugrundelegung des Krankheitsverlaufs - als sehr wahrscheinlich
angesehen, dass der Kläger an einer Pneumokokken-Pneumonie erkrankt ist. Daher bestehen auch bei dem erkennenden Senat hieran
keine vernünftigen Zweifel. Übereinstimmend sind ebenfalls die internistischen Gutachter Dres. R./S., Dr. H. und Prof. Dr.
O. zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger ausgehend von seiner beruflichen Tätigkeit als Rettungsassistent/Pflegekraft auf
einer Intensivstation einem gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöhten Risiko ausgesetzt war, von einem infizierten
Patienten eine Pneumokokken-Pneumonie zu akquirieren (vgl. Gutachten Dres. R./S., Bl. 282 VA, Gutachten Dr. H. Bl. 36 SG-Akte sowie Gutachten Prof. Dr. O., Bl. 87, 90 Senatsakte). Dies gilt nicht nur abstrakt, sondern insbesondere auch in Ansehung
der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als Pflegekraft auf einer Intensivstation im April 1999. Im Rahmen dieser Tätigkeit oblag
es ihm, Hilfeleistungen bei der Körperpflege, Nahrungsaufnahme und bei Ausscheidungsverrichtungen der schwer erkrankten Patienten
(davon drei an Pneumonie erkrankte Personen) zu erbringen. Er hatte mithin nachweislich Kontakt zu erkrankten Personen. Darüber
hinaus folgt aus der Art der Tätigkeit, der Hilfe bei der Nahrungsaufnahme und bei Ausscheidungsverrichtungen, eine besondere
räumliche Nähe zu den erkrankten an Hustenreiz leidenden Patienten, was eine Infektion besonders wahrscheinlich erscheinen
lässt. Eine - nicht endogene - Infektion mit Streptococcus-pneumoniae-Bakterien, dem häufigsten Erreger einer "typischen"
Pneumonie, wie sie beim Kläger abgelaufen ist, erfolgt aerogen (vgl. Gutachten Prof. Dr. O., Bl. 90 Senatsakte, vgl. ferner
Pschyrembel, Medizinisches Wörterbuch, 262. Auflage, Stichwort "Streptococcus-pneumoniae": Übertragung durch Tröpfcheninfektion;
ferner Gregor Zysk in: Ralf René Reinert, Streptokokken-Erkrankungen: Prävention, Diagnostik und Therapie, 1. Auflage, Thieme-Verlag
2002, S. 77). Sie kann dann sowohl in eine asymptomatische Besiedlung der Nasopharynx münden als auch in eine manifeste Erkrankung
wie eine Otitis media (Mittelohrentzündung) oder - wie beim Kläger im Mai 1999 aufgetreten - eine Lobärpneumonie (vgl. Zysk
aaO.). Hinzu kommt, dass der Kläger nur "aushilfsweise" als Pflegehilfskraft eingesetzt war und nach seinen glaubhaften Angaben
beim Waschen, Füttern und Fäkalienausleeren weder Mundschutz noch Handschutz benutzt hat (Widerspruchsbegründung vom 24.05.2004,
Bl. 340 VA). Gerade mangelnde Handhygiene des Pflegepersonals wird jedoch in der Fachliteratur (Rosseau, Schütte, Suttorp
in: Infektionskrankheiten, herausgegeben von Suttorp/Mielke/Kiehl/Stück, Thieme-Verlag 2004, S. 116 und 132) als eine der
Hauptansteckungsquellen für im Krankenhaus erworbene Pneumonien genannt. Insbesondere das Füttern erkrankter Patienten, in
deren Sputum Pneumokokken enthalten sind (vgl. Pschyrembel, aaO. Abb. 156) ohne Handschutz bei mangelhafter Handdesinfektion
stellt somit eine besonders ansteckungsgefährdende Tätigkeit dar.
Ausgehend davon reicht nach der Rechtsprechung des BSG anders als von den Gutachtern Dres. R./S., Dr. H. und Prof. Dr. O.
angenommen die höhere statistische Wahrscheinlichkeit für die endogene Entstehung einer Pneumokokken-Pneumonie nach - eventuell
- vorbestehender symptomfreier Besiedelung des Rachenraumes mit Streptococcus-pneumoniae-Bakterien nicht für die Schlussfolgerung
aus, dass eine berufsbedingte Entstehung der Pneumonie nicht wahrscheinlich zu machen und damit die Anerkennung einer BK 3101
abzulehnen ist. Voraussetzung hierfür wäre vielmehr der Nachweis einer nicht beruflich veranlassten Infektion bzw. von Tatsachen,
die eine beruflich erworbene Infektion als ausgeschlossen erscheinen lassen, der aber vorliegend nicht zu erbringen ist. So
wurde von den internistischen Gutachtern Dres. R./S. (Bl. 282 VA) und Prof. Dr. O. (Bl. 88, 91 Senatsakte) ausdrücklich die
Möglichkeit eingeräumt, dass der Kläger die angeschuldigte Infektion im Rahmen der Berufstätigkeit erworben haben kann. Zwar
treten Pneumokokken-Pneumonien häufiger (in 60-80 % der Fälle) im Gefolge einer Viruserkrankung und seltener, nur mit 20-40
%, aus völliger Gesundheit heraus auf (Rosseau, Schütte, Suttorp in: Infektionskrankheiten, Thieme-Verlag 2004, S. 114, vgl.
auch Gutachten Dres. R./S., Bl. 276), jedoch ist weder eine symptomfreie Besiedelung des Rachenraumes des Klägers vor Auftreten
der Pneumonie nachgewiesen - insoweit haben sämtliche Gutachter nur statistikbasierte Vermutungen angestellt - noch die vorherige
Erkrankung des Klägers an einer Mononukleose. Für letzteres spricht zwar der Umstand, dass der Kläger zunächst über Symptome
wie Halsschmerzen, Schluckstörungen, zervikale Lymphknoten und Abgeschlagenheit und gerade nicht über Husten mit Auswurf geklagt
hat, so dass Dr. S. die Diagnose einer Mononukleose gestellt hatte, bevor eine Pneumonie röntgenologisch gesichert werden
konnte. Dagegen spricht aber, dass ein initial durchgeführter Mononukleosetest ein negatives Ergebnis gezeigt hat und erst
bei einem erneuten Test im Verlauf der Behandlung der bereits diagnostizierten Pneumonie der Nachweis einer Mononukleose (Pfeiffer'sches
Drüsenfieber) gelungen ist. Beides aber - die unterstellte vorbestehende Besiedelung mit Pneumokokken und eine vorbestehende
Mononukleoseinfektion, auf die sich die Pneumokokken-Pneumonie dann als sog. "Superinfektion" aufgepfropft hätte (vgl. Schaberg
in: Streptokokken-Erkrankungen, aaO., S. 69) sind wesentliche Punkte in der von den genannten Gutachtern eröffneten Kausalkette,
welche jeweils in die Schlussfolgerung gemündet ist, es könne nicht überwiegend wahrscheinlich gemacht werden, dass der Kläger
die Pneumonie im Rahmen der Berufstätigkeit erworben habe. Dieser Schlussfolgerung schließt sich der Senat in Anwendung der
vom BSG zur BK 3101 aufgestellten besonderen Beweisregeln nicht an.
Gestützt auf die übereinstimmende Auffassung sämtlicher mit der Sache befassten internistischen Gutachter mit Ausnahme von
Dr. K. (dazu im Folgenden unter 5.) ist der Senat davon überzeugt, dass die durchgemachte und als BK 3101 anzuerkennende Pneumonie
folgenlos abgeheilt ist. Die Feststellung war entsprechend zu fassen.
Die Berufung ist, soweit noch mittelbare Folgen der Pneumonie behauptet werden und deren Feststellung als BK-Folgen begehrt
wird und auch im übrigen - hinsichtlich der begehrten Mononukleose als BK 3101 - nicht begründet und war daher im Übrigen
zurückzuweisen.
4. Zwar ist beim Kläger im Verlauf der Behandlung der erstmals am 17.05.1999 röntgenologisch nachgewiesenen Pneumonie auch
eine Mononukleose (Pfeiffer'sches Drüsenfieber, hervorgerufen durch Epstein-Barr-Viren, vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,
Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 757) nachgewiesen, jedoch fehlt es insoweit an einer besonders erhöhten
Infektionsgefahr als Tatbestandsvoraussetzung für die Anerkennung der Mononukleose als BK 3101. Zwar hat der Kläger auch insoweit
übertragungsgefährdende Tätigkeiten ausgeübt, indem er ohne ausreichenden Hand- oder Mundschutz pflegerische Tätigkeiten wie
Waschen, Füttern und Hilfestellung bei der Verrichtung der Notdurft auf einer Intensivstation verrichtet hat, denn die Übertragung
des Virus erfolgt durch direkten Kontakt oder Tröpfcheninfektion. Demgegenüber lag aber die Durchseuchung des Arbeitsumfeldes
des Klägers, der auf einer Erwachsenen-Intensivstation und als Rettungsassistent tätig war, deutlich unter dem Durchseuchungsgrad
von Orten, welche vorwiegend von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen frequentiert werden, wie Universitäten/Fachschulen,
Schulen und auch Kindergärten. Es entspricht dem allgemeinen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand, dass der sog.
"Erkrankungsgipfel" einer Mononukleose zwischen dem 15. und 19. Lebensjahr liegt (Suttorp/Mielke/Kiehl/Stück, aaO., S. 191),
und bereits im mittleren Erwachsenenalter 90-95 % der Bevölkerung die Erkrankung bereits durchgemacht haben, so dass die Aussage
im Gutachten Dres. R./S., dass die Mononukleose besonders häufig an den genannten Orten (Universitäten, etc.) erworben wird
(Bl. 277 VA), nachvollziehbar ist. Im Vergleich zu diesen Orten, an denen die Durchseuchungsrate aufgrund der Alterszusammensetzung
der Personen, die sich an diesen Orten aufhalten, deutlich überdurchschnittlich ist, ist die Durchseuchung in einer Erwachsenen-Intensivstation
nicht nur deutlich geringer, sondern sogar selbst im Vergleich zum allgemeinen Bevölkerungsdurchschnitt unterdurchschnittlich,
da dort weder Kinder noch jüngere Jugendliche untergebracht werden, die einen überdurchschnittlichen Prozentsatz der Virusausscheider
ausmachen, aber üblicherweise auf einer pädiatrischen Intensivstation betreut werden. Obwohl der Senat nicht verkennt, dass
der Kläger auch in Bezug auf eine Mononukleose erheblich übertragungsgefährdende Tätigkeiten verrichtet hat, bestand in der
Gesamtschau unter Berücksichtigung der vorliegenden Angaben zur Durchseuchung des Arbeitsumfeldes nur eine schlichte nicht
aber eine besonders erhöhte Infektionsgefahr.
5. Eine mitochondriale Cytopathie (mitochondriale Encephalo-Neuro-Myopathie) ist beim Kläger nicht nachgewiesen. Im Gutachten
Prof. Dr. M./Dr. E. ist das Vorliegen einer Neuropathie sowie Myopathie ausdrücklich ausgeschlossen worden. Zwar hat Dr. K.
mit Gutachten vom 16.01.2007 diese Diagnose gestellt, aber gleichzeitig eingeräumt, dass diese "neuartige" Diagnose in krassem
Widerspruch zu den Diagnosen aller übrigen - zahlreichen - mit der Sache befassten Gutachter steht. Indem er in dem Gutachten
die gesamte "gegenwärtige deutsche Medizin" in seinem Gutachten pauschal als "unzulänglich" abqualifiziert hat (Bl. 112 SG-Akte), hat er zum Ausdruck gebracht, dass er Theorien vertritt, die gerade nicht von der großen Mehrheit der medizinischen
Fachwissenschaftler und erfahrenen Sachverständigen anerkannt werden, über die also gerade kein Konsens besteht. Dies hat
auch Prof. Dr. A. zum Ausdruck gebracht, indem er die Aussagekraft der von Dr. K. als pathologisch bezeichneten Laborwerte
für die von ihm gestellten Diagnosen angezweifelt hat. Ebenfalls geht dies aus dem Gutachten von Prof. Dr. O. hervor, die
in ihrem Gutachten Hinweise zur mitochondrialen Dyfunktion in der Literatur als "präliminar und experimenteller Art" bezeichnet
hat (Bl. 85 Senatsakte). Die von Dr. K. gestellten Diagnosen sowie dessen Ableitungen und Schlussfolgerungen vermögen auch
deshalb den erkennenden Senat nicht zu überzeugen, weil er aus dem scharfen Ton (vgl. Bl. 28 Senatsakte), der seine letzte
Stellungnahme vom 18.08.2009 dominiert hat, den Eindruck gewinnt, dass es dem Sachverständigen Dr. K. in erster Linie darum
geht, seinen wissenschaftlichen Ansatz und die darauf basierenden Ableitungen gegen anderslautende Auffassungen von Fachkollegen
zu verteidigen. Darüber hinaus bringt Dr. K. auch indem er den Kläger in seiner im Auftrag des erkennenden Senats gefertigten
Stellungnahme als "bedauernswert" bezeichnet hat (Bl. 30 Senatsakte) einen Mangel an objektiver Distanz und Neutralität zum
Ausdruck.
Nach alledem erscheinen die gutachterlichen Äußerungen von Dr. K. nicht geeignet, Grundlage der vorliegenden Entscheidung
zu sein.
6. Ein CFS ist ebenfalls nicht als - ggf. weitere - Folge einer BK 3101 festzustellen. Es fehlt bereits am Nachweis einer
feststellungsfähigen Erkrankung, denn wie von Dr. K. (Bl. 312 VA) ausgeführt besteht insoweit in der medizinischen Wissenschaft
bereits kein Konsens, ob es sich dabei um eine eigene Krankheitsentität oder nur um einen Symptomenkomplex (Manifestation
unterschiedlicher Krankheitsursachen in ähnlichen Erscheinungsformen) handelt. Darüber hinaus sieht es der Senat gestützt
auf das Gutachten von Dr. K. (vgl. Bl. 315 f. VA) als nicht überwiegend wahrscheinlich an, dass die berufliche Tätigkeit des
Klägers bzw. - insbesondere - die folgenlos ausgeheilte Pneumonie als BK 3101 wesentliche Ursachen für die vom Kläger geschilderten
Erschöpfungszustände, welche Dr. K. als CFS bezeichnet hat, anzusehen sind. Die Äthiopathogenese dieses Syndroms ist weitgehend
unbekannt (Bl. 311 VA). Eine somatische Genese ist beim CFS unbewiesen (aaO.), zudem kann eine solche im Falle des Klägers
nach ausführlicher - auch schlafmedizinischer - Begutachtung durch Prof. Dr. O. ausgeschlossen werden, denn eine polysomnographische
Untersuchung hat eine vollkommen unauffällige Schlafarchitektur (Bl. 87 Senatsakte) ergeben, ferner sind auch im Rahmen einer
Fahrsimulationstestung (1 Stunde monotoner Autoverkehr) keine Besonderheiten festgestellt worden. Hiernach kann auch die von
Dr. K. gestellte und von den nachfolgend mit der Sache befassten weiteren Gutachtern letztlich immer wieder nur übernommene
Diagnose eines CFS nicht als nachgewiesen angesehen werden, denn diese wurde letztlich allein gestützt auf die Angaben des
Klägers zu seiner Belastbarkeit und Erschöpfung im Laufe des Tages gestellt, die im Gegensatz zu den physischen Untersuchungsergebnissen
stehen. So haben bereits Dres. R./S. (Bl. 271 und 284 VA) auf die gute kardio-pulmonale Belastbarkeit des Klägers hingewiesen.
Auch Prof. Dr. O. hat dem Kläger eine "gute körperliche und muskuläre Leistungsbreite" attestiert (Bl. 86 Senatsakte) und
die vom Kläger behauptete Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ausgeschlossen. Auch in dem im Rahmen des Rentenverfahrens
(S 1 R 2471/05) für das SG Reutlingen von Dr. D. am 14.02.2006 (Bl. 50-82 der dortigen SG-Akte) erstatteten Gutachten findet sich ein ausdrücklicher Hinweis (Bl. 70) auf das gute Durchhaltevermögen, was der Kläger
allerdings mit der Aussage zu relativieren versucht hat, das gefundene Ergebnis sei nicht repräsentativ für seine allgemeine
Leistungsfähigkeit. Hiernach hat der Senat erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit der vom Kläger gegenüber den Gutachtern
stets geäußerten schnell auftretenden Erschöpfungssymptome bei körperlicher Belastung, auf welche letztlich Dr. K. ihre Diagnose
CFS gestützt hat.
7. Eine Migräne ohne Aura ist zwar als Diagnose gesichert, gleichwohl nicht Folge beruflicher Tätigkeit, so dass auch insoweit
die Feststellung als BK-Folge nicht erfolgen kann. Die Erkrankung bestand beim Kläger bereits vor April 1999. Für eine temporäre
Erhöhung der Anfallsfrequenz im Zeitraum nach April 1999 ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Berufstätigkeit
des Klägers als Rettungsassistent/Pflegekraft wesentliche Ursache. Es erscheint es dem Senat nachvollziehbar, dass als wesentliche
Ursache für diese Erhöhung des Turnus der Migräneanfälle im Gutachten von Prof. Dr. M./Dr. E. (Bl. 294 ff. [303] VA) die damals
bestehenden Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber angeführt worden sind. Hierfür spricht, dass sich der Kläger im Rahmen
der psychiatrischen Begutachtung im parallel geführten Rentenverfahren (S 11 R 2471/05) durch Dr. D. (Bl. 50 ff. [77] der SG-Akte) dahingehend geäußert hat, dass in ihm Hass hochsteige und er zu zittern anfange, wenn er mit dem Thema seiner ehemaligen
Tätigkeit für das Deutsche Rote Kreuz (DRK) konfrontiert werde. Hinzu kommt, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum ab April/Mai
1999 neben den mit dem damaligen Arbeitgeber DRK bestehenden Konflikten eine selbständige Existenz als IT-Unternehmer aufgebaut
hat, was ebenfalls einen erheblichen Belastungsfaktor außerhalb der versicherten Tätigkeit darstellt.
8. Einen wesentlichen Zusammenhang der beim Kläger bestehenden urologischen Gesundheitsstörungen mit der durchgemachten Pneumonie
vermag der Senat ebenso wenig zu erkennen wie eine Verursachung dieser Gesundheitsstörungen durch die angeschuldigte Berufstätigkeit
im April 1999. Er stützt sich dabei auf das Gutachten von Prof. Dr. M./Dr. E. vom 26.10.2003, welche einen Anhalt für eine
neurogene Blasenstörung nicht gesehen haben, und das für das SG Reutlingen erstattete urologische Gutachten des Dr. R., welcher
eine berufliche Verursachung der bestehenden urologischen Gesundheitsstörungen nicht zu erkennen vermochte.
9. Die zunächst von Dr. H. gestellte Diagnose einer respiratorischen Globalinsuffizienz hat dieser selbst in seinem für das
SG erstatteten Gutachten zurückgenommen; auch Prof. Dr. O. hat nach eingehender Untersuchung des Klägers die von Dr. H. gestellte
Diagnose als "Fehlinterpretation" schon der damals gemessenen Messwerte bezeichnet und darauf hingewiesen, dass es sich allenfalls
um Messwerte im Grenzbereich gehandelt hat. Auch insoweit kommt mithin eine Feststellung als BK-Folge nicht in Betracht.
III. Die Kostenfolge berücksichtigt, dass der Kläger mit der Berufung teilweise Erfolg hatte (§
193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) bestehen nicht.