Zulassung eines Heilmittelerbringers bei nicht erreichter Mindestraumhöhe in der Praxis
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Zulassung der Klägerin zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen an die Versicherten
der Beklagten streitig.
Die am 1952 geborene Klägerin ist ausgebildete Krankengymnastin. Die Erlaubnis zur Führung der entsprechenden Berufsbezeichnung
wurde ihr am 08. November 1974 durch das Regierungspräsidium Karlsruhe erteilt. Seit 01. August 1979 ist sie als selbstständige
Krankengymnastin in E. tätig. Ihre Praxisräume, die sich zunächst in der S. Str. befanden, verlegte sie ab 01. Oktober 1999
in die S.Str. 27. Aufgrund von Zulassungen vom 03. August 1979 und 11. November 1999 war die Klägerin in ihren jeweiligen
Praxisräumen berechtigt, zu Lasten der Beklagten deren Versicherte zu behandeln.
Zum 01. November 2002 verlegte die Klägerin ihre Praxisräume innerhalb E. in ihr Wohnhaus in den B.Weg. Diese Praxisverlegung
wurde erforderlich, weil der Mietvertrag über die Praxisräume in der S.Str. zum 31. Oktober 2002 gekündigt worden war.
Mit Schreiben vom 02. Oktober 2002 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag, sie auch in diesen neuen Praxisräumen
zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen bei ihren Mitgliedern zuzulassen; als Anlage legte sie u.a. eine zeichnerische
Darstellung der Praxisräume vor. Die Beklagte veranlasste eine Überprüfung der räumlichen Voraussetzungen der neuen Praxis
durch den Deutschen Verbands für Physiotherapie - Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten (ZVK) e.V., Landesverband
Baden-Württemberg e.V.. Ausweislich ihres Praxisabnahmeberichts vom 30. Oktober 2002 stellte die Vertreterin des ZVK eine
Raumhöhe von 2,45 m bis 2,48 m fest. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 05. November 2002 wies sie darauf hin, dass im
Hinblick auf die Raumhöhe seitens des Berufsverbands keine Einwände oder Bedenken gegen die Erteilung einer Kassenzulassung
bestünden, die Zulassung jedoch im Ermessen der Kassen stehe.
Gestützt auf diesen Bericht des ZVK lehnte die Beklagte die beantragte Zulassung mit der Begründung ab, mit der ermittelten
Raumhöhe von 2,45 m bis 2,48 m seien die räumlichen Mindestvoraussetzungen hinsichtlich der Raumhöhe nicht erfüllt (Bescheid
vom 08. November 2002). Nach den Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß §
124 Abs.
4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (
SGB V) zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach §
124 Abs.
2 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistung an Versicherte abgegeben werden, in der Fassung vom 15. April
2002 (im Folgenden: Gemeinsame Empfehlungen) müsse die Raumhöhe der Mindestnutzfläche durchgehend mindestens 2,50 m - lichte
Höhe - betragen. Alle Räume müssten ausreichend be- und entlüftbar sowie angemessen beheizbar und beleuchtbar sein (Ziffer
III.3.2.5 der Gemeinsamen Empfehlungen). Eine entsprechende Regelung enthalte auch der mit den Berufsverbänden geschlossene
Rahmenvertrag. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid des Zentralen Widerspruchsausschusses
des Verwaltungsrats der Beklagten vom 12. Februar 2003 zurückgewiesen wurde.
Wegen der ablehnenden Entscheidung der Beklagten hatte die Klägerin zunächst am 14. November 2002 beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren beantragt, ihr vorläufig ab 01. November 2002 die Zulassung
zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen zu erteilen (S 10 KR 5683/02 ER). Diesen Antrag hatte das SG mit Beschluss vom 17. Dezember 2002 abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) blieb erfolglos
(Beschluss vom 05. März 2003 -L 4 KR 236/03 ER-B).
Am 17. März 2003 erhob die Klägerin beim SG Stuttgart Klage. Sie machte geltend, die Gemeinsamen Empfehlungen, auf die die
Beklagte sich berufe, seien lediglich interne Verwaltungsrichtlinien und für die gerichtliche Entscheidung nicht bindend.
Soweit der Rahmenvertrag Raumhöhenvorschriften enthalte, handle es sich nicht um zwingende Regelungen. Deren Anwendung stehe
vielmehr im Ermessen der Beklagten. Bei Abweichungen in der Raumhöhe seien im Übrigen die Vorschriften der örtlichen Baubehörde
zu beachten, wobei von dortiger Seite keine Einwände gegen die Zulassung erhoben würden. Zu berücksichtigen sei ferner, dass
die Beklagte trotz Unterschreitens der Mindesthöhe von 2,50 m auch in zahlreichen anderen Fällen die Zulassung erteilt habe,
weshalb auch sie nicht anders behandelt werden könne. Soweit Bezug genommen werde auf das Urteil des Bundessozialgerichts
(BSG) vom 27. März 1996 (3 RK 25/95 = BSGE 78,125), sei darauf hinzuweisen, dass das BSG zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "zweckmäßigen und
wirtschaftlichen Leistungserbringung" zu Unrecht die Arbeitsstättenverordnung vom 20. März 1975 (BGBl. I S. 729, ArbStättV 1975) herangezogen habe. Diese Verordnung diene dem Schutz der Arbeitnehmer; solche beschäftige sie jedoch nicht. Raumhöhenvorschriften
könnten dann allenfalls dem Schutz der Patienten dienen. Bewegungstherapeutische Übungen, die sitzend oder gehend vorgenommen
werden, bedürften jedoch keiner Raumhöhe von 2,50 m. Arbeitsrechtliche Schutznormen könnten nicht nach Belieben auf sozialrechtlich
zu beurteilende Sachverhalte übertragen werden. Soweit die Raumhöhe von 2,50 m mit einer ordnungsgemäßen Be- und Entlüftung
begründet worden sei, sei zu berücksichtigen, dass die geringfügige Unterschreitung der Raumhöhe von zwei bis maximal fünf
Zentimeter keine Auswirkungen auf die Be- und Entlüftung habe. Entsprechend habe auch der ZVK in seiner ergänzenden Stellungnahme
vom 05. November 2002 keine Bedenken gegen die Zulassung geäußert. Die Versagung der Zulassung bedeute für sie auch eine besondere
Härte. Sie übe ihren Beruf bereits seit 23 Jahren in E. aus und habe ihre Praxis lediglich wegen Kündigung des Mietvertrags
verlegen müssen. Dabei habe sich das Erdgeschoss des von der Familie bewohnten Hauses angeboten, nachdem passende Räumlichkeiten
zum einen schwer zu finden seien und zum anderen höhere Raumkosten verursacht hätten, die nur mit erheblichen Einbußen in
der Lebensführung hätten finanziert werden können. Nicht außer Acht gelassen werden könne ferner, dass sie von den Ersatzkassen
mit Bescheid vom 10. Februar 2003 zwischenzeitlich eine Zulassung erhalten habe.
Die Beklagte trat der Klage unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunkts und unter Bezugnahme auf die Entscheidungen
des SG und des LSG in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entgegen.
Mit Urteil vom 23. Juli 2003 wies das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, mit der Praxisausstattung der Klägerin sei im Hinblick auf die Raumhöhe
eine zweckmäßige Leistungserbringung nicht gewährleistet. In seiner Entscheidung vom 27. März 1996 habe das BSG im Wege einer
Rechtsanalogie aus § 23 Abs. 2 ArbStättV 1975 eine Mindesthöhe von 2,50 m gefordert, die vorliegend nicht erreicht sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird
auf den Inhalt des der Bevollmächtigten der Klägerin am 04. September 2003 zugestellten Urteils verwiesen.
Dagegen richtet sich die am 06. Oktober 2003, einem Montag, schriftlich durch Fernkopie beim LSG eingelegte Berufung der Klägerin,
mit der sie sich unter Wiederholung ihres bisheriges Vorbringens weiterhin gegen die Heranziehung der ArbStättV wendet. Weder beschäftige sie einen Arbeitnehmer noch könne die kurzzeitige Behandlungsdauer eines Patienten mit einem achtstündigen
Aufenthalt eines Arbeitnehmers in einer Räumlichkeit verglichen werden. Obwohl das SG - wenn auch unzutreffend - die ArbStättV 1975 anwende, habe es versäumt, die Ausnahmeregelung des § 4 zu berücksichtigen. Danach könne eine Unterschreitung der Raumhöhe damit ausgeglichen werden, dass die Be- und Entlüftung
durch ausreichende Fensterflächen gewährleistet sei. In dem der Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Verfahren habe im Übrigen
eine massive Abweichung von der Raummindesthöhe vorgelegen, so dass jener Fall mit dem Vorliegenden nicht vergleichbar sei.
Auch sei sie nie darauf hingewiesen worden, dass eine Mindesthöhe von 2,50 m einzuhalten sei. Zudem habe die Beklagte in zahlreichen
Fällen trotz Unterschreitens der Mindesthöhe eine Zulassung erteilt. Die Klägerin wiederholt im Übrigen ihre Ausführungen
erster Instanz, wonach die Versagung der Zulassung für sie eine unzumutbare Härte bedeute.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08.
November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2003 zu verurteilen, sie zur Erbringung physiotherapeutischer
Leistungen an ihre Versicherte in den Praxisräumen B. 4 in 76275 E. zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der
Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §
151 Abs.
1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) form- und am 06. Oktober 2003, einem Montag, fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis
der Beteiligten gemäß §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist auch begründet.
Das SG hätte die Klage nicht abweisen dürfen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 08. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 12. Februar 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte ist verpflichtet die Klägerin
in ihrer Praxis im B. 4 in E. zur Erbringung von physiotherapeutischen Leistungen zuzulassen.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs im einzelnen dargelegt, weshalb der Senat zur Vermeidung von
Wiederholungen gemäß §
153 Abs.
2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung verweist. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG, das unter Zugrundelegung des Urteils des BSG vom 27. März 1996 (aaO.) im Sinne des §
124 Abs.
2 Satz 1 Nr.
3 SGB V für die Gewährleistung einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Praxisausstattung gefordert hat,
in der u.a. eine Mindestraumhöhe von 2,50 m - lichte Höhe - erreicht ist. Diesen Wert hat das BSG im Wege einer Rechtsanalogie
§ 23 Abs. 2 ArbStättV 1975 entnommen. Dass die ArbStättV 1975 auf die Klägerin nicht direkt anwendbar ist, da sie selbst keine Arbeitnehmer beschäftigt und angesichts seines eigentlichen
Schutzzwecks nicht unmittelbar der Situation Kranker oder Behinderter Rechnung trägt, die physiotherapeutisch behandelt werden,
steht der Heranziehung dieser Regelung im Wege der Rechtsanalogie nicht entgegen. So hat das BSG in der genannten Entscheidung
darauf hingewiesen, dass für die ArbStättV 1975 diese Raummindesthöhe von der Bundesregierung ausdrücklich mit der Notwendigkeit der Raumbelüftung begründet wurde.
Mit dem Mindestwert von 2,50 m wollte der Verordnungsgeber 1975 die im Baurecht ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit ausschöpfen,
für Arbeitsräume entsprechend dem damaligen arbeitsmedizinischen Erkenntnisstand größere lichte Höhen zu verlangen (vgl. BR-Drucks.
684/74). Behandlungsräume einer Krankengymnastin erfordern nicht anders als Arbeitsstätten eine ordnungsgemäße Be- und Entlüftung,
da für Patienten, die dort physiotherapeutisch behandelt werden, sonst gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen
im Wohlbefinden zu befürchten sind. Der erwähnte Wert spiegelt nach Überzeugung des Senats die allgemeine Einschätzung fachkundiger
Kreise wider, dass mit einer Raumhöhe von mindestens 2,50 m eine ordnungsgemäße Be- und Entlüftung gewährleistet werden kann.
In dieser Einschätzung sieht sich der Senat gerade auch dadurch bestätigt, dass sowohl die Gemeinsamen Empfehlungen, die das
Gericht bei Zulassungsentscheidungen allerdings nicht binden, als auch die Rahmenverträge für die Praxisausstattung der Leistungserbringer
der hier zu beurteilenden Art Raummindesthöhen von 2,50 m - lichte Höhe - ebenfalls vorsehen.
Zu berücksichtigen ist vorliegend allerdings, dass die ArbStättV 1975 nunmehr seit 25. August 2004 aufgehoben und durch die Verordnung über Arbeitsstätten vom 12. August 2004 (BGBl. I S. 2179, ArbStättV 2004) ersetzt wurde. Die im Hinblick auf eine grundlegende Deregulierung und Flexibilisierung neu strukturierte Verordnung
enthält keine der der früheren Vorschrift des § 23 Abs. 2 ArbStättV 1975 vergleichbare Regelung mehr über die lichte Höhe bei Arbeitsräumen. So normiert § 6 Abs. 1 lediglich allgemein, dass Arbeitsräume eine ausreichende Grundfläche und Höhe sowie einen ausreichenden Luftraum aufweisen
müssen. Die Norm beinhaltet für Arbeitsräume mit der Forderung einer ausreichenden Raumgröße eine Grundvoraussetzung für eine
beeinträchtigungsfreie, der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Beschäftigten Rechnung tragende Arbeitsverrichtung und setzt
arbeitshygienische, psychologische und lüftungstechnische Grundforderungen in Übereinstimmung mit Nr. 15.1 der Anhangs I der
EG-Arbeitsstättenrichtlinie um (vgl. BR-Drucks. 450/04 S. 27). Im Anhang unter Nr. 1.2 "Abmessungen von Räumen, Luftraum"
werden konkretisierende Festlegungen lediglich insoweit getroffen, als Arbeitsräume eine ausreichende Grundfläche und eine,
in Abhängigkeit von der Größe der Grundfläche der Räume, ausreichende lichte Höhe aufweisen müssen, so dass die Beschäftigten
ohne Beeinträchtigung ihrer Sicherheit, ihrer Gesundheit oder ihres Wohlbefindens ihre Arbeit verrichten können. Zwar orientiert
sich diese Regelung an § 23 ArbStättV 1975 und setzt Nr. 15.1 Teilsatz 1 des Anhangs I der EG-Arbeitstättenrichtlinien um. Aus Gründen der Flexibilität wurde auf
die Angabe einer Mindesthöhe und -grundfläche jedoch verzichtet, weshalb beispielsweise die gemäß den Landesbauordnungen differierenden
Mindesthöhen für Aufenthalts räume Berücksichtigung finden können (vgl. BR-Drucks. 450/04 S.32). So verlangt § 34 Abs. 1 Satz 2 der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO), dass die lichte Höhe bei Aufenthaltsräumen mindestens 2,30 m betragen muss. Ferner müssen Aufenthaltsräume ausreichend
belüftet werden können (§ 34 Abs. 2 Satz 1 LBO).
Ob im Hinblick auf die dargelegte Neustrukturierung der ArbStättV auch unter Geltung der am 25. August 2004 in Kraft getretenen Regelungen daran festzuhalten ist, dass eine Praxisausstattung
eine zweckmäßige Versorgung der Versicherten im Sinne des §
124 Abs.
2 Satz 1 Nr.
3 SGB V grundsätzlich nur dann gewährleistet, wenn die Raumhöhe von 2,50 m - lichte Höhe - nicht unterschritten wird, kann vorliegend
dahingestellt bleiben. Denn die Klägerin hatte auch unter Zugrundelegung der bisher maßgeblichen Raummindesthöhe einen Anspruch
auf die begehrte Zulassung. Die dargestellte Gesetzesauslegung verstößt - worauf auch das BSG in der bereits mehrfach erwähnten
Entscheidung hingewiesen hat - zwar grundsätzlich nicht gegen Verfassungsrecht. Denn Berufsausübungsregelungen, wie die erwähnte,
die den Berufstätigen nicht übermäßig und nicht unzumutbar treffen, werden bereits durch vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls
legitimiert. Doch stellt sich vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich durch Art.
12 des Grundgesetzes (
GG) geschützten Berufsfreiheit die Versagung der Zulassung im Fall der Klägerin, in deren Praxisräumen die erforderliche Mindesthöhe
mit 2,45 m bis 2,48 m nur geringfügig unterschreiten wird, als unverhältnismäßig dar und verstößt damit gegen das Übermaßverbot.
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass vorliegend die gestellten Anforderungen an die Raumhöhe - im Gegensatz zu dem vom BSG
entschiedenen Fall, in dem es um eine massive Abweichung zwischen zehn und 33 Zentimetern ging - nur äußerst geringfügig verfehlt
werden, nämlich lediglich im Umfang von zwei bis fünf Zentimetern. Hinzu kommt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass durch diese geringfügige Unterschreitung der geforderten Raummindesthöhe die ordnungsgemäße Lüftung der Praxisräume tatsächlich
nicht mehr gewährleistet bzw. beeinträchtigt würde. So hat insbesondere die Vertreterin des ZVK, die am 05. November 2002
eine Praxisbegehung durchgeführt hat, zwar auf die geringfügige Unterschreitung der Mindesthöhe hingewiesen, wegen der Raumhöhe
jedoch weder Bedenken geäußert, noch Einwände gegen eine Zulassung erhoben. Dies ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, wenn
man die aktenkundige zeichnerische Darstellung der Praxisräume heranzieht, die die Klägerin der Beklagten im Verwaltungsverfahren
vorgelegt hat. Diese weist im Behandlungsraum I eine nahezu drei Meter breite raumhohe Fensterfront auf, durch die eine ordnungsgemäße
Lüftung gewährleistet werden kann. Lüftungstechnisch bedingte Gesichtspunkte, die bei Inkrafttreten der ArbStättV 1975 Anlass für die Aufnahme einer Mindestraumhöhe von 2,50 m - lichte Höhe - waren, rechtfertigen im vorliegenden Fall daher
nicht das Festhalten an der grundsätzlich zu beachtenden Raummindesthöhe. Der Senat berücksichtigt ferner, dass die Klägerin
bereits seit weit mehr als 20 Jahren in selbstständiger Tätigkeit als Krankengymnastin tätig ist, seither von der Beklagten
auch zur Leistungserbringung zugelassen ist und sie ihre Praxisräumlichkeiten nunmehr ins Erdgeschoss des von der Familie
bewohnten Hauses verlegt hat. Dies erwies sich zum einen aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und zum anderen gerade aber auch
aus finanziellen Gründen als vorteilhaft, da geeignete Praxisräume, die nach den Angaben der Klägerin in E. zudem nur schwer
zu finden sind, nur unter Inkaufnahme einer höheren Mietbelastung hätten angemietet werden können. Die Gesamtheit dieser Gesichtspunkte
lassen die Versagung der beantragten Zulassung für die neuen Praxisräume im B. 4 in E. als unverhältnismäßig erscheinen. Nachdem
die Klägerin die übrigen Zulassungsvoraussetzungen des §
124 Satz Abs.
2 Satz 1
SGB V erfüllt, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig war, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte antragsgemäß
zu verurteilen.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.