Nachfolgezulassung zur vertragsärztlichen Versorgung; Ermittlung und Festsetzung des Verkehrswertes durch den Berufungsausschuss
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung des Verkehrswertes für ihre psychotherapeutische Praxis auf 2.940,- € durch
den Beklagten.
Die am 26.07.1952 geborene Klägerin war seit April 1999 als Psychologische Psychotherapeutin zur Teilnahme an der ambulanten
vertragspsychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen und besaß die Genehmigung zur Erbringung
und Abrechnung tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie. Für den Planungsbereich T., in dem sich ihr
Vertragsarztsitz befindet, wurde für die Fachgruppe der Psychologischen Psychotherapeuten wegen Überversorgung von ca. 590,5%
(Stand Februar 2007) vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Zulassungsbeschränkung angeordnet.
Die Klägerin ist aus persönlichen Gründen am 01.08.2007 nach N.-W. umgezogen. Sie hatte zuvor am 15.08.2006 ihren Verzicht
auf die Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin zum 31.12.2006 unter dem Vorbehalt erklärt, dass ein Praxisnachfolger
ihre Zulassung erhält, und gleichzeitig die Ausschreibung ihres Kassenarztsitzes beantragt. Um den ausgeschriebenen Psychotherapeutensitz
bewarben sich u. a. die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3.
Die Klägerin schloss mit den Beigeladenen Ziff. 1 und 2 Praxisübergabeverträge für den Fall einer Zulassung ab und vereinbarte
dabei (mündlich) einen Kaufpreis von 45.000,00 €. Mit der Beigeladenen Ziff. 3 kam ein Praxisübergabevertrag zunächst nicht
zustande, weil diese den geforderten Verkaufspreis als überhöht ablehnte.
In seiner Sitzung am 30.01.2007 beschloss der Zulassungsausschuss, die Beigeladene Ziff. 3 zur Fortführung der Praxis der
Klägerin auszuwählen, die Entscheidung über ihre Zulassung zu vertagen und die Anträge auf Auswahl und Zulassung der weiteren
Bewerber zum Zwecke der Fortführung der Praxis abzulehnen. Zur Begründung wurde im Bescheid vom 01.02.2007 ausgeführt, unter
Berücksichtigung der verschiedenen fachlichen Kriterien sei die Beigeladene Ziff. 3 die am besten geeignete Bewerberin zur
Fortführung der Praxis. Allerdings sei ein Vorvertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen Ziff. 3 nicht zustande gekommen,
da dieser die geforderte Kaufpreissumme (45.000,00 €) zu hoch schien. Auch dem Zulassungsausschuss scheine diese Summe zu
hoch. Da die Beigeladene Ziff. 3 jedoch bereit sei, mindestens den Verkehrswert zu zahlen und die Interessen der Klägerin
gemäß §
103 Abs.
4 Satz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) nur insoweit zu berücksichtigen seien, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteige, habe die
Beigeladene Ziff. 3 ausgewählt werden müssen.
Gegen diese Entscheidung legten die Klägerin sowie die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 Widerspruch ein. Die Klägerin legte zur
Begründung ihres Widerspruchs ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Kaufmann B. vom 03.05.2007 vor, der den Wert der Praxis
mit insgesamt 56.404,00 € bezifferte (davon materieller Praxiswert 3.305,00 € und immaterieller Praxiswert 53.099,00 €). Der
Gutachter ging anhand der modifizierten Ertragswertmethode vor und ermittelte den Ertragswert auf der Grundlage der gewichteten
Umsätze der Jahre 2004 bis 2006 bei einer Realisierungswahrscheinlichkeit von 95 % (82.071,--€). Nach Abzug der ermittelten
Praxiskosten errechnete der Gutachter B. einen Rohertrag von 63.570,-- €. Davon wurde die Ertragssteuer in Höhe von 30 % abgesetzt.
Von dem verbleibenden Betrag zog der Gutachter ein Inhaberentgelt in Höhe von 25.000,-- € ab, welches er - orientiert an den
Vergütungsgruppen II, Ib, Ia und I BAT - aufgrund des tatsächlichen Arbeitseinsatzes und der separat ausgewiesenen Ertragssteuer für angemessen erachtete. Daraus
ergab sich eine bereinigte Ertragserwartung von 19.499,-- €, welche mit dem Rentenbarwertfaktor von 2,7232 multipliziert einen
ideellen Wert von 53.099,-- € erbrachte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Bl. 694 bis 762 der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Die Beigeladene Ziff. 4 vertrat demgegenüber unter Kritik dieses Gutachtens unter dem 23.05.2007 (Bl. 790/791 Verw.-Akte)
die Auffassung, der Gesamtwert der Praxis betrage höchstens etwa 20.000,00 €.
Der Beklagte verhandelte in der Sitzung vom 12.06.2007 über die Widersprüche. Ausweislich des darüber erstellten Protokolls
vom 14.06.2007 wurde zunächst das Problem der Verkehrswertfeststellung diskutiert und danach die Sitzung unterbrochen. Anschließend
teilte die Bevollmächtigte der Klägerin mit, die Beteiligten hätten sich in der Sitzungspause auf einen Verkehrswert in Höhe
von 40.000,00 € geeinigt. Der Beklagte unterbrach daraufhin die Sitzung für eine Zwischenberatung. Danach wurde den Beteiligten
vom Vorsitzenden mündlich mitgeteilt, ein Verkehrswert von 40.000,00 € könne nicht als angemessen im Sinne von §
103 Abs.
4 Satz 6
SGB V angesehen werden. Er teilte daraufhin den Beteiligten mit, dass er Ermittlungen zur Höhe der Geschäftsraummiete der Praxis
anstellen werde und ein Gutachten eines vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Arzt- und Psychotherapeutenpraxen
zum Verkehrswert der Praxis der Klägerin einholen werde. Die Verhandlung wurde sodann vertagt.
Die Klägerin beantragte deswegen am 20.06.2007 bei dem Sozialgericht Stuttgart den Erlass einer einstweiligen Anordnung, welches
sich jedoch durch Beschluss vom 29.06.2007 für örtlich unzuständig erklärte und das Verfahren an das örtlich zuständige Sozialgericht
Rt. (SG) verwies. Mit Beschluss vom 20.07.2007 lehnte das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab.
Das SG verneinte das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, die Auffassung der Klägerin, der Beklagte dürfe in der gegebenen Situation
den Verkehrswert ihrer Praxis nicht ermitteln, sondern habe ungeachtet des objektiven Verkehrswerts zu entscheiden, treffe
nicht zu. Richtig sei vielmehr die Auffassung des Beklagten. Auch das SG lese §
103 Abs.
4 Satz 6
SGB V in dem Sinne, dass sich keiner von mehreren Bewerbern gegenüber den anderen durch Zahlung eines überhöhten Kaufpreises einen
Vorteil verschaffen können soll. Es sei vielmehr zu verhindern, dass die staatliche Maßnahme der Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkung
das Preisniveau nach oben treibe. Das wirtschaftliche Interesse des Abgebers an einem hohen Kaufpreis sei nur bis zur Höhe
des Verkehrswerts geschützt. Dies berechtige zu der Schlussfolgerung, dass im öffentlich-rechtlichen Zulassungsverfahren der
objektive Verkehrswert einer Praxis auch dann durch Ermittlungen der Zulassungsgremien festgestellt werden dürfe, wenn sich
Abgeber und Bewerber über einen bestimmten Kaufpreis einig seien, aber berechtigte Zweifel daran bestünden, ob dieser Kaufpreis
mit dem Verkehrswert einigermaßen übereinstimme. Solche berechtigten Zweifel bestünden hier aber.
Die dagegen eingelegte Beschwerde der Klägerin wies der Senat mit Beschluss vom 22.11.2007 zurück (L 5 KA 4107/07 ER-B). §
103 Abs.
4 Satz 6
SGB V richte sich an die Zulassungsgremien und sei von ihnen zu beachten. Zugleich gebe er dem ausscheidenden Vertragsarzt bzw.
seinen Erben das Recht auf einen Kaufpreis bis maximal zur Höhe des Verkehrswertes der Praxis. Dies bedeute umgekehrt, dass
das Gesetz dem ausscheidenden Vertragsarzt hinsichtlich eines Kaufpreises, der die Höhe des Verkehrswertes der Praxis übersteige,
keine von den Zulassungsgremien zu berücksichtigende Rechtsposition einräume. Der Beklagte habe den Verkehrswert von Amts
wegen zu ermitteln. Ohne Feststellung des Verkehrswertes könne nicht zuverlässig festgelegt werden, inwieweit die wirtschaftlichen
Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes bereits berücksichtigt seien, welchen Preis der Abgeber für seine Praxis somit
verlangen könne und welchen Preis ein Bewerber zu bezahlen bereit sein müsse. Es sei nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte
angesichts der erheblich divergierenden Schätzungen des Praxiswertes durch die Klägerin (ca. 56.000 €) und die Beigeladene
Ziff. 4 (ca. 20.000 €) durch Hinzuziehung eines Sachverständigen überzeugende und tragfähige Schätzungsgrundlagen verschaffen
wolle, um damit seinen Amtsermittlungspflichten nachzukommen. Zunächst müsse der Verkehrswert einer Praxis feststehen, bevor
seitens der Zulassungsgremien oder der anderen Verfahrensbeteiligten Überlegungen hinsichtlich eventueller Konsequenzen aus
einem gegebenenfalls überhöhten Kaufpreis angestellt werden könnten. Ein Anspruch der Klägerin darauf, dass der Beklagte von
eigenen Ermittlungen absehe, bestehe nicht. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 30.1.2008
- 1 BvR 3293/07 einstimmig nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Beklagte holte sodann, neben einer Stellungnahme der Stadt T. zum Wert der Praxisräume, das Gutachten des vereidigten
Sachverständigen Ir. vom 16.12.2007 zum Verkehrswert der Praxis ein. Der Gutachter schätzte den Gesamtwert der Praxis auf
35.560,-- €, davon 2.940,-- € für den materiellen Wert. Er ging nach der betriebswirtschaftlichen Ertragswertmethode vor und
legte zunächst einen mittleren Planumsatz von 74.904,--€ zugrunde. Nach Abzug der mittleren Plankosten in Höhe von 23.725,--
€ verblieb ein Planertrag vor Steuern in Höhe von 51.179,-- €. Hiervon zog der Gutachter Ir. einen kalkulatorischen Unternehmerlohn
in Höhe von 33.096,-- € ab und errechnete so den Überschuss vor Steuern (18.083,-- €). Nach weiterem Abzug der typisierten
Ertragssteuern in Höhe von 35 % verblieb ein Überschuss nach Steuern in Höhe von 11.754,-- €, den der Gutachter mit einem
Rentenbarwertfaktor von 2,775222713 multiplizierte, wodurch er zu einem Ertragswert von 32.620,-- € gelangte. Hinzu kam der
Sachwert, den der Gutachter Ir. ausgehend von 3.305,-- €, abgezinst um den Faktor 0,889060472, mit einem Betrag von 2.940,--
€ angab.
Den in diese Berechnung eingeflossenen Unternehmerlohn errechnete der Gutachter anhand der vom Beklagten eingeholten Auskünfte
der Kreiskliniken Rt. und des Universitätsklinikums T.. Mit Schreiben vom 21.05.2007 hatten die Kreiskliniken Rt. dem Beklagten
mitgeteilt, eine der Klägerin vergleichbare angestellte Psychotherapeutin werde nach der Entgeltgruppe 13 TVÖD mit 53.384
€ pro Jahr vergütet. Die Verwaltung des Universitätsklinikums T. hatte mit Schreiben vom 31.05.2007 mitgeteilt, eine psychologische
Psychotherapeutin mit 16 Berufsjahren wäre in der Entgeltgruppe E 14, Stufe 5 mit einem Bruttoentgelt von 56.937,-- € vergütet
worden. Der Gutachter bildete aus diesen Beträgen das arithmetische Mittel, rechnete einen Arbeitgeberanteil von 20 % hinzu
und legte von dem Gesamtbetrag 50 % zugrunde, da die Klägerin nur 50 % der Fachgruppe gemäß der Fallzahlen und des Tages-/Quartalprofils
erwirtschaftete. Aus dieser Berechnung ergab sich der Betrag von 33.096,-- €. Wegen Einzelheiten wird auf das Gutachten Bl.
1068-1108 Verw.-Akte Bezug genommen.
In seiner Sitzung vom 19.12.2007 traf der Beklagte folgende, im Bescheid vom 20.12.2007 niedergelegte Entscheidungen:
1. Der Verkehrswert der Praxis der Klägerin wird auf 2.940,-- € festgesetzt.
2. Die Widersprüche der Beigeladenen Ziffern 1 und 2 werden zurückgewiesen.
3. Die Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses (Beigeladene Ziffer 3) wird bestätigt.
4. Der Beigeladenen Ziffer 3 wird die Zulassung für den Vertragsarztsitz Burgholzweg 53 in 72070 T. erteilt.
5. Die Zulassungsanträge der Beigeladenen Ziffern 1 und 2 werden abgelehnt.
6. Die sofortige Vollziehung der Entscheidungen zu 3. und 4. wird angeordnet.
Zur Begründung hinsichtlich des Verkehrswertes wurde ausgeführt, dies sei ein Schätzwert. Dem Beklagten komme bei der Festsetzung
ein Beurteilungsspielraum zu, dies gelte insbesondere für den Ansatz des zu subtrahierenden Unternehmerlohns. Beide Gutachter
seien zu dem Ergebnis gekommen, dass zur Feststellung des nachhaltig erzielbaren zukünftigen Gewinns (bereinigte Ertragserwartung)
ein angemessenes Inhaberentgelt/ein angemessener Unternehmerlohn zu berücksichtigen seien. Der Beklagte folge aber dem von
der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachverständigen B. nicht, da dieser das Inhaberentgelt nach dem BAT bewertet und nicht nach den dem BAT nachfolgenden Tarifverträgen im öffentlichen Dienst. Dem Gutachten des Sachverständigen Ir. folge er in der Berechnungsmethode,
er halte allerdings den Ansatz eines doppelt so hohen Unternehmerlohns für erforderlich und komme deshalb zu einem anderen
Ergebnis. Der Gutachter sei bei der Klägerin von einer Tätigkeit von 20 Stunden ausgegangen und habe deshalb nur die Hälfte
des durchschnittlich zu erzielenden Inhaberentgelts angesetzt. Allerdings habe er dabei keine Privatpatienten berücksichtigt.
Im Umsatz der Klägerin sei aber ein Privatpatientenanteil von 32 bis 35 % enthalten. Damit komme man auf eine Tätigkeit von
etwa 30 anstelle von 20 Therapiestunden. Außer den eigentlichen Therapiestunden sei aber noch rund 40 % Zeitaufwand für Tätigkeiten
wie Anträge, Gutachten und dergleichen hinzuzurechnen. Der Unternehmerlohn sei daher auf der Basis einer Vollzeittätigkeit
zu bestimmen. Ziehe man den sich so ergebenden Unternehmerlohn in Höhe von 66.192,-- € (anstelle von 33.096,-- €) von dem
Planertrag vor Steuern (51.179,-- €) ab, ergebe sich ein Goodwill von Null. Gleiches gelte, wenn man die Gesamttätigkeit der
Klägerin als Teilzeittätigkeit im Umfang von 80 % werte. Ein immaterieller Wert der Praxis könne damit nicht ausgewiesen werden.
Es bleibe nur noch der materielle Verkehrswert in Höhe von 2.940,-- €.
Die Klägerin erhob am 15.2.2008 vor dem SG Rt. Klage gegen den Beschluss vom 19.12.2007/Bescheid vom 20.12.2007 und machte zur Begründung geltend, der Beklagte habe
bei der hier nach §
103 Abs.
4 SGB V zu treffenden Entscheidung keine Befugnis zur Festsetzung des Verkehrswerts gehabt. Die Zulassungsgremien dürften sich nur
um den Verkehrswert kümmern, wenn dies für die Auswahl entscheidungserheblich sei. Das sei hier nicht der Fall. §
103 Abs.
4 SGB V biete keine Grundlage für einen Eingriff in die Privatautonomie. Die Vorschrift diene dem Schutz des Praxisabgebers; die
Vertragsparteien dürften privatrechtlich auch einen über dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis vereinbaren. Durch das Vorgehen
des Beklagten werde der Klägerin faktisch ein Verkaufspreis von 2.940,-- € aufgezwungen. Das verstoße gegen Artikel
14 Abs.
1 GG. Ferner komme der Beklagte zu Unrecht zu einem völlig außerhalb der Ergebnisse der Gutachter B. und Ir. liegenden Verkehrswert;
sollte dieser erheblich sein, sei er vom Gericht durch ein Sachverständigengutachten zu klären.
Der Beklagte machte demgegenüber geltend, es sei Aufgabe der Zulassungsgremien, zu verhindern, dass aufgrund von Zulassungsbeschränkungen
überhöhte Preise für Praxen gezahlt würden. Im Bereich der von den Zulassungsgremien zu treffenden öffentlich-rechtlichen
Entscheidung bestehe diese Aufgabe auch dann, wenn sich die Bewerber über einen überhöhten Kaufpreis einig seien. Das ergebe
sich schon aus der Gesetzesbegründung. Es ergebe sich auch aus der Systematik der gesetzlichen Regelung. §
103 Abs.
4 Satz 6
SGB V würde in vielen Fällen leerlaufen, wenn die Zulassungsgremien im Falle der Einigung auf einen überhöhten Preis diesen zu
akzeptieren hätten. Es sei streng zwischen dem öffentlich-rechtlichen Zulassungsrecht und dem Privatrecht zu trennen. Im vorliegenden
Fall habe sich bestätigt, dass der letztlich von allen Beteiligten akzeptierte Kaufpreis von 40.000,-- € weit über dem Verkehrswert
liege; das sei nur Folge der Zulassungsbeschränkung und deshalb von den Zulassungsgremien nicht hinzunehmen.
Das SG Rt. wies die Klage mit Urteil vom 25.11.2008 ab. Es hielt an seiner schon im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes vertretenen
und vom LSG Baden-Württemberg in der Beschwerdeentscheidung bestätigten Rechtsauffassung fest, wonach die Zulassungsgremien
auch im Falle der Einigkeit über den Kaufpreis die Übereinstimmung dieses Kaufpreises mit dem Verkehrswert prüfen und diesen
gegebenenfalls festsetzen dürften. §
103 Abs.
4 SGB V diene nicht nur den Interessen des abgebenden Vertragsarztes bzw. Vertragspsychotherapeuten. Vielmehr wolle der Gesetzgeber
auch verhindern, dass öffentlich-rechtliche Zulassungsbeschränkungen zu - gemessen am Wert, den die Praxis ohne Zulassungsbeschränkungen
hätte - überhöhten Kaufpreisen führten. Der Verkehrswert habe im öffentlich-rechtlichen Zulassungsverfahren in verschiedener
Hinsicht konkrete Bedeutung. Im Nachbesetzungsverfahren seien die Praxisabgabe, die Verpflichtung zur Praxisfortführung, die
Abgabe zum Verkehrswert und die Übernahme zum Verkehrswert miteinander verknüpft. Bei der Nachbesetzung müssten die Bewerber
auch die Bereitschaft besitzen, die Praxis des Abgebers gegen Zahlung des Verkehrswertes zu übernehmen; die Zulassungsgremien
könnten deshalb den Bewerbern eine entsprechende Erklärung abverlangen; Entsprechendes gelte für die Bereitschaft des Abgebers,
seine Praxis an einen von den Zulassungsgremien bestimmten Nachfolger zum Verkehrswert zu veräußern. Nach dem Untersuchungsgrundsatz
dürften die Zulassungsgremien den Verkehrswert zumindest dann selbst festsetzen, wenn berechtigte Zweifel daran bestünden,
dass der Kaufpreis in etwa dem Verkehrswert entspreche, d.h. umgekehrt Gründe für die Annahme bestünden, dass letztlich die
Zulassung und nicht die Praxis bezahlt werde. Das Gericht halte den vom Beklagten aufgrund seiner Ermittlungen festgesetzten
Verkehrswert von 2.940,-- € für zutreffend. Der Beklagte habe in dem angefochtenen Bescheid ausführlich und überzeugend begründet,
warum sich kein ideeller, sondern nur noch ein materieller Wert der Praxis ergebe. Die Klägerin habe sich weder mit diesen
Erwägungen noch mit den Ausführungen in den zugrunde liegenden Gutachten auseinander gesetzt.
Die Klägerin hat gegen das ihren Bevollmächtigten am 20.02.2009 zugestellte Urteil am 19.03.2009 Berufung eingelegt, die sie
mit Schriftsatz vom 27.08.2010 begründet hat. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass der Beklagte nicht nach §
103 Abs.
4 Satz 7
SGB V berechtigt sei, den Verkehrswert zu ermitteln, wenn Einigkeit zwischen den potentiellen Nachfolgern und dem abgebenden Praxisinhaber
über die Höhe des Kaufpreises bestehe. Da der Zulassungsausschuss die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Praxisinhabers
nur bis zur Höhe des Verkehrswertes zu berücksichtigen habe, dürfe er den Verkehrswert nur dann ermitteln, wenn der bestgeeignetste
Bewerber nur zur Zahlung eines unter dem Verkehrswert liegenden Verkaufspreises bereit sei. Nachdem hier Einigkeit zwischen
der Klägerin und den Bewerbern bestanden habe, sei der Verkehrswert kein von dem Beklagten zu berücksichtigendes Kriterium
mehr gewesen. Der Beklagte habe zu Unrecht in die Privatautonomie der Klägerin eingegriffen und ihr den Verkaufspreis von
2.940,- € aufgezwungen. Ein solches Verständnis des §
103 Abs.
4 Satz 7
SGB V verstoße gegen Art.
14 Abs.
1 Grundgesetz. Diese Norm sei nach der Einführung der Zulassungsbeschränkungen gerade zum Schutz des Eigentums eines Praxisabgebers erlassen
worden. In zivilrechtlicher Hinsicht sei auch ein über dem Verkehrswert liegender Kaufpreis zulässig, sofern nicht er nicht
als unmoralisch anzusehen und damit nach §
138 BGB nichtig sei. Eine Einschränkung dieser Vertragsfreiheit durch das öffentlich- rechtliche Zulassungsverfahren sei nur insoweit
zulässig, als dadurch dem Eigentumsschutz Rechnung getragen werde. Eine Befugnis zur Kaufpreiskontrolle und zur abweichenden
Kaufpreisbestimmung stehe dem Beklagten aber nicht zu. Im Übrigen belaufe sich der vom Beklagten festgesetzte Wert völlig
außerhalb der von den Gutachtern B. und Ir. unabhängig voneinander angegebenen Werten. Selbst die Bezirksdirektion Nordbaden
der Kassenärztlichen Vereinigung gehe im Falle eines negativ ermittelten Verkehrswertes im Rahmen der Ärztekammermethode bei
einer Psychotherapeuten Praxis von einem Stammwert in Höhe von 30.000,-- € aus. Die Auffassung, eine solche Praxis sei wegen
der hohen Personengebundenheit in ideeller Hinsicht praktisch nichts wert, sei unhaltbar. Der überdurchschnittlich gute Patientenzulauf,
die gute Vernetzung mit möglichen Zuweisern und die räumliche Lage der Praxis der Klägerin seien Kriterien, die nach den von
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im September 2008 herausgegebenen Hinweisen bei der Bewertung einer Praxis schwerer
wiegen würden. Die Praxis sei nach der Ertragswertmethode, wie vom Gutachter B. angewandt, zu bewerten. Der Beklagte komme
mit seiner Bewertungsmethode gerade aufgrund des guten Patientenzulaufs und der überdurchschnittlichen Umsätze zu dem Ergebnis,
dass nur noch der materielle Wert angesetzt werden dürfe. Die Möglichkeit, Geschäftsbeziehungen zu knüpfen bzw. aufrecht zu
erhalten, bleibe dabei völlig außer Betracht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Rt. vom 25.11.2008 und den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2007 (Beschluss vom 19.12.2007)
insoweit aufzuheben, als der Verkehrswert der Praxis der Klägerin auf 2.940,-- € festgesetzt wird.
hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Rt. vom 25.11.2008 und den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2007 (Beschluss vom 19.12.2007)
insoweit aufzuheben, als der Verkehrswert der Praxis der Klägerin auf 2.940,-- € festgesetzt wird, und den Beklagten zu verpflichten,
über die Höhe des Verkehrswertes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden,
höchst hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte und die Beigeladene Ziff. 4 beantragen,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
hilfsweise (nur der Beklagte), die Revision zuzulassen.
Die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt und sich auch nicht weiter zur Sache geäußert.
In der mündlichen Verhandlung des Senats erklärten die Klägerin und die Beigeladene Ziff. 3 übereinstimmend, mit den Beigeladenen
Ziff. 1 und 2 hätten bereits abgeschlossene Verträge bestanden, mit der Beigeladenen Ziff. 3 sei erst in der Sitzungspause
der Verhandlung des Beklagten ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen worden. Der mit den Beigeladenen Ziff. 1 und 2 bereits
schriftlich vereinbarte Kaufpreis von 45.000 € sei in dieser Sitzungspause auf 40.000 € reduziert worden, der mit der Beigeladenen
Ziff. 3 abgeschlossene Vertrag habe ebenfalls einen Kaufpreis von 40.000 € vorgesehen.
Die Beigeladene Ziff. 3 trug vor, sie habe von der Klägerin keine Patienten übernommen. Es sei in der Psychoanalyse üblich,
dass die Behandlungen von dem Therapeuten abgeschlossen würden, bei dem die Behandlung begonnen worden sei. Sie habe auch
keine Zuweisungen aus dem Netzwerk der Klägerin erhalten und sich darum auch nicht weiter bemüht, zumal sie ein bestehendes
Netzwerk habe, das ihr Patienten zuweise.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die Akten des Sozialgerichts (S 1 KA 618/08) und des Senats zum vorliegenden Verfahren und zum vorgegangenen Eilverfahren (S 1 KA 2676/07 ER und L 5 KA 4107/07 ER-B) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gemäß den §§
143,
144,
151 Sozialgerichtgesetz (
SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem Hilfsantrag hingegen begründet. Der
Beklagte hat dem Grunde nach zu Recht über die Festsetzung des Verkehrswertes entschieden. Die Festsetzung ist der Höhe nach
hingegen rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Soweit die Klägerin (mit dem Hauptantrag) allein die Aufhebung
von Ziff. 1 der Entscheidung des Beklagten vom 19.12.2007/20.12.2007 begehrt, ist die Berufung unbegründet. Das Sozialgericht
hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beklagte war dem Grunde nach berechtigt, eine Entscheidung über den Verkehrswert der
Psychotherapeuten-Praxis der Klägerin zu treffen.
Mit der Bestimmung des §
103 Abs.
4 SGB V - in der zuletzt durch Art. 1 Nr. 3 GKG-OrgWG vom 15.12.2008 (BGBl. I 2426) geänderten Fassung vom 01.01.2009 - hat der Gesetzgeber im Zusammenhang mit den Neuregelungen
über die Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen dem Eigentumsrecht aus Art.
14 GG des ausscheidenden Praxisinhabers Rechnung getragen. Trotz des gesperrten Planungsbereichs kann dieser seine Praxis an einen
vom Zulassungsausschuss auszuwählenden Nachfolger übergeben und damit den Wert der Praxis realisieren. In dieser Vorschrift
sind die Kriterien vorgegeben, die der Zulassungsausschuss bei der Auswahl des Nachfolgers einer ausgeschriebenen Praxis eines
Vertragsarztes oder -psychotherapeuten im Rahmen seiner nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen
hat. Nach Satz 7 (Satz 6 der vorherigen Fassung) sind die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder
seiner Erben nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt. Diese
an die Zulassungsgremien gerichtete Vorgabe gibt dem ausscheidenden Vertragsarzt bzw. seinen Erben das Recht auf einen Kaufpreis
bis maximal zur Höhe des Verkehrswertes der Praxis. Hinsichtlich eines Kaufpreises, der die Höhe des Verkehrswertes der Praxis
übersteigt, wird dem Praxisabgeber hingegen keine von den Zulassungsgremien zu berücksichtigende Rechtsposition eingeräumt.
In tatsächlicher Hinsicht waren im Verlauf des vorliegenden Nachbesetzungsverfahrens erhebliche Divergenzen zwischen den Beteiligten
über den Wert der Praxis der Klägerin entstanden. Die Klägerin forderte zunächst einen Kaufpreis in Höhe von 45.000 €. Dieser
Preis wurde von der Beigeladenen Ziff. 2 anstandslos und vom Beigeladenen Ziff. 1 zunächst ebenfalls ohne Vorbehalte akzeptiert,
später hat der Beigeladenen Ziff. 1 sein Einverständnis mit dem vereinbarten Kaufpreis von 40.000 € angefochten (vgl. Bl.
47/48 und 52/53 der Akte L 5 KA 4107/07). Im Hinblick auf die Auskunft der Geschäftsführerin des Zulassungsausschusses, der Durchschnittsübergabepreis betrage zwischen
7500 € und 10.000 € (vgl. dazu Bl. 57, 70, 161 Verw.-Akte), legte die Klägerin sodann ein Verkehrswertgutachten vor, demzufolge
der Verkehrswert 56.404 € betrage. Die Beigeladene Ziff. 4 nahm einen Verkehrswert von 20.000 € an (Bl. 790/791 Verw.-Akte).
Die Beigeladene Ziff. 3 hatte sich zunächst nur bereit erklärt, mindestens den Verkehrswert für den Erwerb der Praxis der
Klägerin zu bezahlen, war auch bereit einen Verkehrswert von 20.000 € zu akzeptieren (vgl. Bl. 217 Verw.-Akte) und weigerte
sich dementsprechend den vorgelegten Praxisübernahmevertrag zu unterschrieben (vgl. Bl. 327-240 Verwaltungsakte). Wie in der
mündlichen Verhandlung des Senats klargestellt wurde, unterschrieb auch die Beigeladene Ziff 3 ebenso wie die Beigeladenen
Ziff 1 und 2 in der einer Sitzungspause der Verhandlung des Berufungsausschusses am 30.01.2007 eine Vereinbarung, die einen
Verkehrswert von 40.000 € vorsah.
Der Senat hat bereits im Beschluss vom 22.11.2007 im Verfahren L 5 KA 4107/07 ausgeführt, dass der Beklagte aufgrund der Regelung des §
103 Abs.
4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) und aufgrund seiner Verpflichtung zur Amtsermittlung die Befugnis besitzt, im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens für einen
Vertragsarztsitz bzw. einen Vertragspsychotherapeutensitz über den Verkehrswert der abzugebenden Praxis Ermittlungen anzustellen.
An dieser Auffassung hält der Senat weiterhin fest. Der Senat nimmt insoweit zur weiteren Darlegung seiner Rechtsauffassung
auf diesen allen Beteiligten bekannten Beschluss voll inhaltlich Bezug.
Entgegen der von der Klägerin bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes vertretenen Rechtsauffassung sind die Zulassungsgremien
an die Einigung der Beteiligten über einen Kaufpreis nicht gebunden. Die Zulassungsgremien unterliegen in verfahrensrechtlicher
Hinsicht den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts des SGB X, so dass auch für sie der Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X gilt. Danach ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Die Ermittlung des Verkehrswerts der Praxis ist vorliegend
bei Anwendung von §
103 Abs.
4 Satz 7
SGB V rechtserheblich. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Praxisabgeber sein Recht auf Wiederholung der Ausschreibung verliert,
wenn er einen Vertragsschluss in Höhe des Verkehrswerts ablehnt und damit die Praxisübergabe aus Gründen, die vom Gesetz nicht
ausdrücklich geschützt werden, hat scheitern lassen (BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 11/03 R). Die Gefahr eines Scheiterns der Praxisübergabe wegen der Uneinigkeit über den Verkehrswert war hier offensichtlich gegeben.
Ohne Feststellung des Verkehrswertes konnte nicht zuverlässig festgelegt werden, inwieweit die berechtigten wirtschaftlichen
Interessen der Klägerin bereits berücksichtigt sind, welchen Preis sie für ihre Praxis somit verlangen kann und welchen Preis
der ausgewählte Bewerber bereit sein muss zu bezahlen.
Der Verkehrswert einer Praxis ist begrifflich zu trennen von dem Preis, den ein Praxisabgeber zu erzielen vermag. Der Preis,
auf den sich die Klägerin mit den Beigeladenen Ziff. 1-3 schlussendlich geeinigt hat, beinhaltet den Kauf des Substanzwerts
(der Sachanlagen), eine Entschädigung für den Good-Will (auch sog. ideeller oder immaterieller Praxiswert - also die Möglichkeit,
den vorhandenen Patientenstamm sowie die bisher etablierten Zuweisungsstrukturen zu übernehmen) sowie den Aufschlag, den Übernahmebewerber
(in gesperrten Gebieten) zu zahlen bereit sind, um überhaupt als Arzt/Psychotherapeut den Status eines Vertragsarztes/Vertragspsychotherapeuten
zu erlangen (sog. Eintrittspreis in das System).
Verkehrswert im Sinne des §
103 Abs.
4 Satz 7
SGB V können jedoch lediglich der Substanzwert und der Wert des Good-Will sein. Ein den Verkehrswert in diesem Sinne übersteigender
Preis würde nicht nur auf dem durch die Leistung der Klägerin begründeten Wert ihrer Praxis, sondern auch auf der als Folge
von Zulassungsbeschränkungen administrativ verordneten Knappheit von Vertragspsychotherapeutensitzen beruhen. Insoweit ist
aus der Formulierung in §
103 Abs.
4 Satz 7
SGB V "sind nur insoweit zu berücksichtigen, als....." auch ein öffentliches, von den Zulassungsgremien zu beachtendes Interesse
daran abzuleiten, überhöhte, den Verkehrswert übersteigende Kaufpreisforderungen zu verhindern.
Zur Wahrung dieses öffentlichen Interesses war der Beklagte daher berechtigt, eine entsprechende Festsetzung des Verkehrswertes
in seiner Entscheidung über die Nachfolgezulassung zu treffen und das Ergebnis seiner Ermittlungen in der Entscheidung über
die Widersprüche gegen die Zulassungsentscheidung förmlich festzusetzen, um damit Rechtsklarheit zwischen der Nachfolgerin
und der Klägerin über den Verkehrswert zu schaffen. Ob der Beklagte dabei in allen Fällen den Verkehrswert zu ermitteln oder
zumindest auf seine Plausibilität hin zu prüfen hat, oder - wie bisher allgemein angenommen - von entsprechenden Prüfungen
absehen darf, kann offenbleiben. Jedenfalls in Fällen, in denen der begründete Verdacht besteht, dass der zwischen dem Praxisabgeber
und den Übernahmebewerbern vereinbarte Praxiswert außerhalb einer plausiblen, noch vertretbaren Größenordnung liegt, hat der
Beklagte den Verkehrswert zu ermitteln und festzusetzen. Ein solcher Sachverhalt lag hier, wie oben dargelegt, vor.
Über die in der Sitzungspause erfolgte Einigung über den Kaufpreis der Praxis hatte sich der Beklagte mit der Durchführung
von Ermittlungen zum Verkehrswert zwar hinweg gesetzt. Damit verletzt der Beklagte entgegen der Auffassung der Klägerin weder
ihr Eigentumsrecht an der Praxis noch den Grundsatz der Privatautonomie. Beide Rechtspositionen finden durch §
103 Abs.
4 Satz 7
SGB V und der darin enthaltenen Begrenzung der wirtschaftlichen Interessen des Praxisabgebers auf die Höhe des Verkehrswertes eine
gesetzliche Schranke. Ein rechtlicher Nachteil der Klägerin ist deshalb nicht darin zu sehen, dass sie ihre Praxis nach Festsetzung
des Verkehrswertes durch den Beklagten nicht zu einem Preis oberhalb des Verkehrswertes verkaufen kann.
Die Festsetzung des Beklagten ist daher dem Grunde nach nicht zu beanstanden, weswegen die Berufung im Hauptantrag erfolglos
bleiben musste.
Die Berufung ist allerdings mit dem in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag begründet. Da der Hilfsantrag erst im Berufungsverfahren
gestellt wurde, entscheidet der Senat hierüber auf Klage. Die Festsetzung des Verkehrswertes durch den Beklagten auf 2.940,--
€ ist rechtswidrig. Der Beklagte hat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht ausgeschöpft und räumt bei der Würdigung
der für die Ermittlung des Verkehrswertes maßgeblichen Annahmen die sich aus den eingeholten betriebswirtschaftlichen Gutachten
ergebenden Widersprüche nur unvollständig aus; insofern fehlen auch eigene, überzeugende Bewertungen. Die Klägerin ist dadurch
in ihren Rechten verletzt.
Das vorliegende Verfahren mit den eingeholten betriebswirtschaftlichen Gutachten zeigt, dass der Begriff des "Verkehrswerts"
die unterschiedlichsten Berechnungsweisen zulässt und den verschiedensten Sachverhalten, Annahmen und Prognosen Tür und Tor
öffnet und sich rechtlich in hohem Maße als unbestimmt und auslegungsbedürftig erweist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung
des BSG (vgl. Urt. v. 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R Juris Rn 15), bei Anwendung und Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen den Zulassungsgremien einen Beurteilungsspielraum
einzuräumen. Hier kommt hinzu, dass auch bei der Ermittlung des Verkehrswertes die speziellen Strukturen der zu übernehmenden
Praxis zu würdigen sind, die nur von den ortsnahen, mit der konkreten Versorgungssituation vertrauten Zulassungsgremien sachgerecht
beurteilt werden können. Für die Frage der Wahrscheinlichkeit, den Patientenstamm übernehmen zu können, spielt es eine Rolle,
wie einfach es für Patienten ist, den Arzt zu wechseln bzw. welche Überweisungsalternativen für die überweisenden Ärzte bestehen,
was je nach Fachgebiet und örtlicher Versorgungssituation unterschiedlich zu beantworten ist. Der sog. Realisierungsgrad (und
damit der Good-Will) dürfte unterschiedlich einzuschätzen sein, wenn beispielsweise die einzige radiologische Praxis in weitem
Umkreis oder ob die sechste internistische Praxis in einer mittleren Kreisstadt, der einzige Hausarzt einer kleineren Gemeinde
oder ein Hausarztsitz in einer Großstadt oder wie hier - ein Psychotherapeutensitz bei einer Überversorgung von mehreren Hundert
Prozent übernommen wird.
Somit ist dem Beklagten auch bei der Festsetzung des Verkehrswertes nach §
103 Abs.
4 Satz 7
SGB V ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt (BSG, Urteile vom 23.06.2010 - B 6 KA 22/09 R - und vom 02.09.2009 - B 6 KA 21/08 R -, jeweils Juris). Die Zulassungsgremien haben den Verkehrswert, sofern sie darüber zu befinden haben, anhand der von ihnen
zu ermittelnden sachlichen Kriterien aufgrund ihrer Fachkunde zu bestimmen. Die gerichtliche Prüfung derartiger aufgrund eines
Beurteilungsspielraums getroffener Entscheidungen hat sich darauf zu beschränken, ob der Behörde bei ihrer Entscheidung Verfahrensfehler
unterlaufen sind, ob sie sachfremde Erwägungen angestellt, ihrer Entscheidung einen unzutreffenden oder unvollständigen Sachverhalt
zugrunde gelegt oder gegen Denkgesetze verstoßen hat. Einer solchermaßen begrenzten Überprüfung hält die Entscheidung des
Beklagten in Ziff. 1 seines Beschluss vom 19.12.2007/Bescheid vom 20.12.2007 nicht stand.
Der Beklagte ist abweichend zu dem von ihm in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen Ir. zu dem Ergebnis gekommen,
es könne neben dem materiellen Verkehrswert von 2.940 € kein immaterieller Verkehrswert ausgewiesen werden. Der Sachverständige
hatte einen ideellen Verkehrswert von 32.620 € errechnet. Der Beklagte hat seine abweichende Beurteilung damit begründet,
dass - anders als nach der Auffassung des Gutachters Ir. - vom Planertrag vor Steuern (51.179 €) nicht der halbe, sondern
der doppelte Unternehmerlohn abzuziehen sei (66.192 €), da die Klägerin in ihrer Praxis nicht lediglich mit halbtägigem Arbeitseinsatz,
sondern im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung tätig gewesen sei. Der Beklagte hat in seiner Entscheidung hierzu ausgeführt,
abweichend vom Ansatz des Gutachters Ir. dürften nicht allein die 20 Therapiestunden im Bereich der Kassenvergütung zugrunde
gelegt werden, sondern es seien dazu die Behandlungsstunden für die Privatpatienten (35 % des Umsatzes) mit 10 Stunden und
weitere ca. 12 Arbeitsstunden für die Erstellung von Gutachten, Berichten und andere Arbeiten ohne Patient (40 % der Gesamttätigkeit)
zu berücksichtigen. Diese Darlegung ist für sich gesehen zwar nachvollziehbar, lässt aber den Umstand außer Betracht, dass
die Klägerin ihren Angaben gegenüber dem Gutachter B. zufolge in den Jahren 2004 und 2005 nur mit reduzierter Stundenzahl
tätig gewesen ist und erst im Jahr 2006 ihre Tätigkeit wieder ausgeweitet hat. Diese Angaben sind anhand der vom Gutachter
B. dargestellten Umsätze der Jahre 2004 bis 2006 auch plausibel (2004: 81.764,88 €; 2005: 64.156,76 €; 2006: 102.762,50 €,
Anlage 8 des Gutachtens B.). Den aus diesen Umsatzbeträgen ermittelten gewichteten durchschnittlichen Umsatz hat der Gutachter
Ir. seiner Berechnung des Planertrags zugrundegelegt (Seite 25 und 26 des Gutachtens). Ist somit in die Berechnung des Umsatzes
die reduzierte Arbeitszeit eingeflossen, kann beim Abzug des Unternehmerlohns die in den Jahren 2004 und 2005 reduzierte Arbeitstätigkeit
nicht unberücksichtigt bleiben. Der Beklagte hat die Frage der Arbeitszeit der Klägerin selbst für problematisch angesehen
und sie im Gutachtensauftrag ausdrücklich aufgeworfen. Allerdings ist diese Frage, ebenso wie die Frage, ob es überhaupt auf
diese Arbeitszeiten ankommt, wenn die Einnahmen der Praxis vorliegen, nur unvollständig bzw. nicht nachvollziehbar vom Gutachter
beantwortet worden. Auch die außergewöhnlich hohe Jahresurlaubszeit von 12 Wochen hat bei der Bewertung des Tätigkeitsumfangs
durch den Beklagten keinen Niederschlag gefunden, obwohl diese Frage ebenfalls ausdrücklich im Gutachtensauftrag enthalten
war. Die Festsetzung des Verkehrswertes durch den Beklagten erfolgte mithin ohne eine vollständige Aufklärung des Sachverhaltes
und ist bereits deswegen rechtsfehlerhaft.
Zudem führt die Annahme des Beklagten, dass die Klägerin in ihrer Praxis vollschichtig und nicht nur halbtags tätig gewesen
ist, zu dem Ergebnis, dass sich kein ideeller Wert der Praxis errechnet, während bei der Annahme einer halbtägigen Tätigkeit,
die der Gutachter zugrunde gelegt hatte, ein solcher ideeller Wert ausgewiesen werden konnte. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch
zu den Gesetzen der Denklogik: es leuchtet wenig ein, dass der Wert einer mit vollzeitigem Arbeitseinsatz betriebenen Praxis
geringer sein soll, als der Wert einer lediglich halbtags betriebenen Praxis.
Das vom Beklagten so ermittelte Ergebnis beruht letztlich auf dem Umstand, dass er entsprechend der vom Gutachter Ir. angewandten
sog. Ertragswertmethode vorgegangen ist und er deshalb bei der Ermittlung des Ertragswertes einen als angemessen erachteten
Unternehmerlohn in Abzug gebracht hat. Die Anwendung der Ertragswertmethode für die Wertberechnung von freiberuflich betriebenen
Praxen oder Kanzleien ist seit jeher umstritten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.10.1984 - 1 BvL 17/80 -, BGH, Urteil vom 24.10.1990 - XII ZR 101/89 -, BFH, Urteil vom 06.02.1991 - II R 87/88 -, jeweils in Juris; Cramer/Maier, Praxisübergabe und Praxiswert, MedR 2002, S. 549 ff und S. 616 ff; G. Frielingsdorf/O. Frielingsdorf, Praxiswert/Apothekenwert, 2007, S. 109 ff.). Gerade für die Berechnung
des Verkehrswertes im Zusammenhang mit Zulassungsverfahren überzeugt das Vorgehen nach dieser Methode den Senat nicht. Der
Abzug des Inhaberentgelts beruht auf der Überlegung, dass eine Praxis nur dann einen Wert für den Übernehmer hat, wenn er
damit zumindest eben so viel verdient wie in dem zuvor ausgeübten Beruf. Damit wird verkannt, dass nicht nur materielle Motive
für den Erwerb einer Vertragsarztpraxis maßgebend sind, sondern auch das immaterielle Motiv, als freiberuflich Selbstständiger
unabhängig von Weisungen (und Klinikhierarchien) Arbeit und Beruf nach eigenem Gutdünken gestalten zu können. Der Arzt will
eine Basis für eine zukünftige, regelmäßig auf Dauer, häufig bis zum Ruhestand, angelegte berufliche Tätigkeit und nicht nur
einen besser bezahlten Job.
Der Abzug des Inhaberentgelts führt im vorliegenden Fall zu dem dargestellten paradoxen Ergebnis, dass gerade bei Einzelpraxen
wie der vorliegenden der erwirtschaftete Gewinn, der dem Inhaber in vollem Umfang zur Verfügung steht und den Gegenwert seiner
Tätigkeit darstellt, durch den Abzug eines durchschnittlichen Vergleichseinkommens im abhängigen Beschäftigungsverhältnis
gegebenenfalls - wie hier - bis auf Null zusammenschmilzt. In Anbetracht dessen, dass die Ertragserwartung den Wert der Praxis
für den Erwerber ausmacht, ist es nicht nachvollziehbar, warum dieser prognostizierte Gewinn um ein vom Bewertenden angesetztes
Inhaberentgelt gekürzt werden muss (vgl. G. Frielinghaus/O. Frielingshaus, aaO. S. 118 f.).
Die Berücksichtigung eines Inhaberentgelts sehen zwar auch die Hinweise der Bundesärztekammer zur Bewertung von Arztpraxen
vom 9. September 2008 (DÄ 2008, A2778 ff) vor, mit denen die jahrelang bevorzugt angewandte sog. Ärztekammermethode, die den
Wert der Praxis anhand eines festen Anteils am ermittelten Umsatz bemessen hat (BGH, Urteil vom 24.10.1990, aaO.), abgelöst
wurde. Nach Ziff. 4.6 der Hinweise soll ein alternatives Arztgehalt, welches für das Jahr 2008 mit 76.000 € als Ausgangswert
angesetzt wurde, allerdings jeweils anteilig gestaffelt nach der Höhe des Umsatzes in Abzug gebracht werden. Bis zu einem
Umsatz von 40.000 € soll kein Abzug erfolgen, bei einem Umsatz ab 40.000 € bis zu 60.000 € ein Abzug von 30 % und sodann in
Zehnerstufen bis zu einem vollen Abzug bei einem Umsatz über 240.000 €. Dieses Verfahren trägt der oben dargestellten Problematik
des Abschmelzens eines tatsächlich erwirtschafteten Ertrags zumindest in der Weise Rechnung, dass auch bei kleineren Praxen
ein zu bewertender Ertrag verbleibt. Auch diese schematische Vorgehensweise erscheint jedoch nicht unproblematisch, da insbesondere
bei Erreichen der jeweiligen Umsatzstufen Friktionen entstehen. So ist bei einem Umsatz von 39.800 € kein alternatives Arztgehalt
abzuziehen, während bei einem Umsatz in Höhe von 42.000 € ein Anteil des alternativen Arztgehaltes von 20 % abzuziehen ist
(15.200 €) mit der Folge, dass sich ein deutlich niedrigerer Ertrag als bei einem knapp unter der Stufe liegenden Umsatz ergibt.
Das Staffelungssystem der Hinweise bringt aber jedenfalls zum Ausdruck, dass auch von Seiten der Bundesärztekammer ein undifferenzierter
Abzug eines Inhaberentgelts nach dem Ertragswertverfahren für nicht sachgerecht bei der Bewertung von Arztpraxen angesehen
wird.
Die Bestimmung des Verkehrswertes nach der Ertragswertmethode überzeugt aber auch aus einem weiteren Grund nicht. Bei der
Übertragung einer Praxis im Nachfolgezulassungsverfahren stellt sich vorrangig die Frage danach, was durch den Nachfolger
überhaupt fortführbar ist, denn nur das ist auch veräußerbar und bestimmt damit den Wert der Praxis. Diese Frage der Übertragbarkeit
schlägt sich in der Wertbemessung nach der Ertragswertmethode bei der Bestimmung des Prognosezeitraums nieder, der in die
Berechnung des Rentenbarwertfaktors einfließt. Für die Praxis der Klägerin haben beide Gutachter einen Prognosezeitraum von
3 Jahren angenommen, wobei der Gutachter B. insbesondere die große Anzahl der Kooperationspartner, ein sehr gut ausgebautes
Netzwerk, eine gute Zuweiserstruktur und die Kostendämpfungsmaßnahmen der Bundesregierung berücksichtigt hat, während der
Gutachter Ir. die hohe Personenbezogenheit bei ärztlichen Praxen, die nicht näher benannten "vorliegenden Praxisbesonderheiten",
die besondere Wettbewerbssituation und den Umstand der langjährig eingeführten Praxis als maßgeblich herangezogen hat. An
der Gegenüberstellung dieser Kriterien, die in den innerhalb der Ertragswertmethode maßgeblich wertbeeinflussenden Rentenbarwertfaktor
Eingang finden und für den Ansatz des Prognosezeitraums daher von entscheidender Bedeutung für die Berechnung des Gesamtwertes
sind, ist zu erkennen, dass hier variable Größen, die der individuellen Einschätzung des Gutachters unterliegen, in die Berechnung
einfließen und eine objektivierbare Bewertung im Ergebnis unmöglich machen. Entsprechendes gilt für die Bemessung des Kapitalisierungszinsfußes,
in den der Gutachter B. einen Immobilisierungs- und Risikozuschlag von 2,13 % zuzüglich des Basiszinssatzes von 2,87 % einrechnet,
während der Gutachter Ir. hingegen einen Risikozuschlag von 50 % auf den Basiszinssatz von 4,1 % aufschlägt, ohne aber - trotz
ausdrücklicher Fragestellung im Gutachtensauftrag - diese Abweichung in irgendeiner Weise nachvollziehbar zu erläutern. Auch
an dieser Stelle erweist sich die Ertragswertmethode als defizitär, da die Bemessung des Rentenbarwertfaktors gleichsam auf
frei bestimmbaren Größen beruht, die von erheblichem Einfluss auf die Wertberechnung sind. Dies gilt auch für die Berechnungsposition
der sogenannten Realisierungswahrscheinlichkeit. Der Gutachter B. hat diese ohne nähere Erläuterung mit einer Höhe von 95
% angenommen und bei der Umsatzerwartung berücksichtigt, indem er diesen Faktor auf den ermittelten Durchschnittsumsatz der
letzten drei Jahre angelegt hat (Anlage 12). Der Gutachter Ir. hat die Frage nach der Realisierungswahrscheinlichkeit dahingehend
beantwortet, dass er von 85 % ausgehe, ohne dass aber in seinem Gutachten erkennbar wäre, an welcher Stelle er diesen Faktor
in die Wertberechnung überhaupt eingebracht hätte. Im Übrigen hat er die Frage, ob sich ein hoher Überweiseranteil in der
Struktur der Praxis bei der Bestimmung der Realisierungswahrscheinlichkeit auswirkt, nicht beantwortet. Auch der Faktor der
Realisierungswahrscheinlichkeit stellt eine frei bestimmbare Größe dar. Eine objektivierbare Wertermittlung kann auf dieser
Grundlage nicht vorgenommen werden.
In den Hinweisen der Bundesärztekammer zur Bewertung von Arztpraxen vom 9. September 2008 (aaO.) wird die Problematik der
Übertragbarkeit einer Praxis ebenfalls aufgegriffen und ihr dadurch Rechnung getragen, dass nach Ziff. 4.8 zur Ermittlung
des ideellen Wertes ein Prognosemultiplikator von in der Regel zwei Jahren angesetzt werden soll. Dieser Faktor wird damit
begründet, dass die Patientenbindung zum Praxisinhaber erfahrungsgemäß mit dessen Ausscheiden ende, wodurch sich der ideelle
Wert in kurzer Zeit verflüchtige. Auch dieser Wert erscheint aber als frei angesetzte Größe, die ebenso mit 1, 1,5 oder 2,5
Jahren hätte angesetzt werden können. Ferner sehen die Hinweise in Ziff. 5 eine Berücksichtigung sog. wertbeeinflussender
Faktoren - wertsteigernd oder wertmindernd - in einem Umfang bis zu 20 % auf den errechneten ideellen Wert vor. Als derartige
Faktoren werden etwa die Lage der Praxis, der Tätigkeitsumfang (z.B. hälftiger Versorgungsauftrag), Kooperationen sowie die
Zulassung als Vertragsarzt in einem gesperrten Planungsbereich bei Fortführung einer Praxis genannt. Wie diese Faktoren allerdings
im Einzelnen zu bewerten sind, geben die Hinweise nicht vor. Dies lässt erkennen, dass eine exakte Bewertung von Praxen mangels
objektivierbarer Kriterien nicht realistisch möglich ist, sondern lediglich ein Anhaltswert ermittelbar ist.
Die Bedenken gegenüber der Bewertungsmethode des vom Beklagten eingeholten Verkehrswertgutachtens des Gutachters Ir. veranlassen
den Senat, die Zugrundelegung des Gutachtens als solche im Beschluss des Beklagten vom 19.12.2007/Bescheid vom 20.12.2007
zu beanstanden. Der Beklagte durfte ein solches auf der beanstandungswürdigen Methode basierendes Gutachten und die daraus
sich ergebenden Zahlen, insbesondere den Planertrag vor Steuern nicht seinen eigenen Überlegungen zugrunde legen. Dies gilt
umso mehr vor dem Hintergrund, dass der Gutachter einen Großteil der vom Beklagten aufgeworfenen Fragen nicht oder zumindest
nicht vollständig beantwortet hat.
Der Beklagte war daher zu verpflichten, über den Verkehrswert der Praxis der Klägerin erneut zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
197 a
SGG i.V.m. §§
154 ff.
VwGO.
Die Streitwert entspricht dem Differenzbetrag zwischen dem vom Beklagten festgesetzten Verkehrswert und der Wertvorstellung
der Klägerin, die sich mit den Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 auf einen Kaufpreis von 40.000,-- € geeinigt hatte.
Die Revision ist zuzulassen, da sowohl die rechtliche Zulässigkeit der Verkehrswertermittlung für Arzt- und Physiotherapeutenpraxen
im Nachbesetzungsverfahren durch die Zulassungsgremien als auch das konkrete Vorgehen bei der Verkehrswertermittlung noch
nicht höchstrichterlich entschieden ist.