Verfahrensbeendigung in kostenpflichtigen sozialgerichtlichen Verfahren nach einseitiger Erledigungserklärung
Tatbestand:
Die Beteiligten stritten ursprünglich darüber, ob der Kläger als Facharzt für Psychiatrie mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie
zur vertragsärztlichen Versorgung ausschließlich für psychotherapeutische Leistungen mit Vertragsarztsitz St., Planungsbereich
Stadtkreis St., zuzulassen war; nachdem der Kläger eine entsprechende Zulassung erhalten hatte, wird der Rechtsstreit als
so genannter "Erledigungsfeststellungsstreit" fortgeführt.
Der 1961 geborene Kläger wurde am 1.7.1992 als Arzt approbiert. Mit Urkunde vom 24.7.1997 verlieh ihm die Landesärztekammer
Baden-Württemberg die Anerkennung als Facharzt für Psychiatrie. Seit dem 22.1.2002 verfügt der Kläger über die Anerkennung
im Bereich "Psychotherapie" und seit dem 18.11.2002 auch im Bereich "Psychoanalyse". Er ist seit dem 22.10.1997 im Arztregister
der Beigeladenen Nr. 1 eingetragen.
Am 17.7.2002 beantragte der Kläger beim Zulassungsausschuss für Ärzte im Bezirk der Beigeladenen Nr. 1 (ZA), ihn zur Teilnahme
an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung für ausschließlich psychotherapeutische Leistungen mit Vertragsarztsitz im
Planungsbereich Stadtkreis St. zuzulassen; der Mindestversorgungsanteil von 40 v. H. für psychotherapeutisch tätige Ärzte
sei noch nicht ausgeschöpft und es bestehe ein besonderer Versorgungsbedarf.
Der ZA führte Ermittlungen durch und lehnte sodann den Zulassungsantrag mit Bescheid vom 12.3.2003 (Beschluss vom 11.12.2002)
ab. Im Planungsbereich Stadtkreis St. bestünden Zulassungsbeschränkungen für Psychotherapeuten wegen Überversorgung; die Voraussetzungen
für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung nach den Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (BPIRÄ) seien nicht erfüllt. Der
für ärztliche und nichtärztliche Psychotherapeuten vorzuhaltende Versorgungsanteil von jeweils 40 % sei zwar nicht ausgeschöpft,
jedoch verfüge der Kläger nicht über eine Anerkennung als Facharzt für psychotherapeutische Medizin.
Auf den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers stellte der Beklagte weitere Ermittlungen an und hob den Bescheid des
ZA sodann mit Bescheid vom 22.3.2004 (Beschluss vom 17.12.2003) aus verfahrensrechtlichen Gründen auf; der Zulassungsantrag
des Klägers wurde erneut abgelehnt.
Am 4.5.2004 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart, die das Sozialgericht mit Urteil vom 27.1.2005 abwies. Zur
Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt für
Psychiatrie zur Erbringung ausschließlich psychotherapeutischer Leistungen bzw. auf Neubescheidung seines Widerspruchs gegen
den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 12.03.2003.
Auf das ihm am 1.2.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1.3.2005 Berufung eingelegt (Verfahren L 5 KA 846/05). In der Berufungsschrift sind die Beigeladene Nr. 1 als Beklagte und das Urteil des Sozialgerichts vom 1.2.2005 mit Datum
und Aktenzeichen bezeichnet. Der Berufungsschrift war außerdem das angefochtene Urteil des Sozialgerichts in Kopie beigefügt.
Insoweit hat der Beklagte geltend gemacht, die Berufung sei unzulässig. Sie habe sich (ursprünglich) gegen die Beigeladene
Nr. 1 und nicht gegen ihn als (als richtigen Beklagten) gerichtet. Bei einem etwaigen Beteiligtenwechsel wäre die Berufungsfrist
versäumt. Der Kläger hat hierzu eingewandt, in der Berufungsschrift sei die Beigeladene Nr. 1 nur versehentlich als Beklagte
bezeichnet worden. Dies müsse unschädlich sein, da der Berufungsschrift das angefochtene Urteil (mit der richtigen Beklagtenbezeichnung)
beigefügt und damit klar erkennbar gewesen sei, gegen wen sich die Berufung richten solle.
Im Hinblick auf ein beim Sozialgericht unter dem Aktenzeichen S 5 KA 8173/04 anhängiges Parallelverfahren, das als Musterverfahren durchgeführt werden sollte, beantragten Kläger und Beklagter das Ruhen
des Verfahrens. Mit Beschluss vom 13.7.2005 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach zwischenzeitlichem Wiederanruf
des Verfahrens durch den Beklagten wurde mit Beschluss vom 14.9.2006 erneut das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Am 20.1.2009 hat der Kläger das Verfahren wieder angerufen; es wird unter dem Aktenzeichen L 5 KA 352/09 fortgeführt. Im genannten Musterverfahren sei auf das klagabweisende Urteil des Sozialgerichts zunächst die (die Berufung
der Klägerin des Musterverfahrens zurückweisende) Senatsentscheidung vom 15.3.2006 (- L 5 KA 2537/05 -) ergangen. Das BSG habe die Urteile des Sozialgerichts und des Senats im Revisionsverfahren durch Urteil vom 5.11.2008
(- B 6 KA 13/07 R -) aber aufgehoben und der Revision stattgegeben; der Beklagte möge nunmehr ein Anerkenntnis abgeben. Der Beklagte hat dies
abgelehnt; der Kläger möge die Klage zurücknehmen.
Mit Beschluss vom 19.2.2009 hat der ZA dem Kläger im Hinblick auf das genannte Revisionsurteil des BSG (Urt. v. 5.11.2008,
aaO.) eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung für eine ausschließlich psychotherapeutische
Tätigkeit mit Vertragsarztsitz in St.-F. (Planungsbereich Stadtkreis St.) erteilt; der ZA sei auf Grund des genannten BSG-Urteils
gehalten, auch Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie für eine ausschließlich psychotherapeutische Tätigkeit zuzulassen.
Dem Kläger wurde durch weiteren Beschluss des ZA vom 19.2.2009 die Verlegung des Vertragsarztsitzes nach St.-Z. (ebenfalls
Planungsbereich Stadtkreis St.) genehmigt. Die genannten Beschlüsse sind bestandskräftig (Schreiben des Beklagten vom 30.4.2009).
Der Kläger kündigte zunächst an, das Berufungsverfahren als Fortsetzungsfeststellungsklage zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses
fortführen zu wollen und in der mündlichen Verhandlung einen entsprechenden Antrag zu stellen.
Mit (u.a. dem Beklagten per Fax übermittelten) Verfügungen vom 12. und 13.10.2010 hat der Berichterstatter des Senats auf
Zweifel hinsichtlich des Vorliegens eines berechtigten Interesses i. S. d. §
131 Abs.
1 Satz 3
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) und damit auf Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage hingewiesen. In der Verfügung vom 12.10.2010
sind die Beteiligten (unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschl. v. 3.7.2006, - 7 B 18/06 -; NK-VwGO/Neumann, § 161 Rdnr. 113 ff.) außerdem darauf hingewiesen worden, es komme in Betracht, den Rechtsstreit durch
den Kläger (einseitig) für erledigt zu erklären. Würde sich der Beklagte einer Erledigungserklärung des Klägers nicht anschließen,
komme ein Erledigungsfeststellungsstreit in Betracht. Zwar führe die einseitige Erledigungserklärung im sozialgerichtlichen
Verfahren - anders als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - an sich zur Beendigung des Rechtsstreits. Das werde jedoch
in Verfahren der vorliegenden Art, in denen gem. §
197a SGG das Kostenrecht der
VwGO gilt, anders sein. Die einseitige Erledigungserklärung wäre dann als Klage auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in
der Hauptsache erledigt habe, zu behandeln. Würde der Kläger für erledigt erklären und dem der Beklagte widersprechen, wäre
nur zu prüfen, ob sich das Verpflichtungsbegehren des Klägers mit der Erteilung der begehrten Zulassung im Rechtssinne erledigt
hätte. Dann wäre der Eintritt der Erledigung festzustellen mit der Folge, dass dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen wären,
da die (jetzt auf Feststellung der Erledigung gerichtete) Klage Erfolg hätte. Die "Umstellung" auf den Erledigungsfeststellungsstreit
wäre wohl auch im Berufungsverfahren (sogar im Revisionsverfahren) zulässig. Es werde angeregt, den Rechtsstreit (durch die
Hauptbeteiligten, Kläger und Beklagter) übereinstimmend für erledigt erklären. Der Senat müsste dann gem. §
161 Abs.
2 VwGO (i. V. m. §
197a SGG) nach billigem Ermessen über die Kosten entscheiden. Dabei wäre der bisherige Verfahrensgang zu berücksichtigen.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu sowohl schriftsätzlich wie in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 20.10.2010
Stellung zu nehmen. Der Beklagte hat sich nicht geäußert und auch an der mündlichen Verhandlung des Senats vom 20.10.2010
nicht teilgenommen; er hat der an der mündlichen Verhandlung teilnehmenden Vertreterin der Beigeladenen Nr. 1 eine Vertretungsvollmacht
für die Abgabe von Prozesserklärungen ebenfalls nicht erteilt.
Der Kläger trägt (abschließend) vor, die Fortsetzungsfeststellungsklage werde nicht weiter verfolgt. Nunmehr werde die Feststellung
begehrt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe, da der Beklagte ersichtlich nicht gewillt sei, eine Erledigungserklärung
abzugeben. Seit der Zulassung durch Beschluss des ZA vom 19.2.2009 nehme er ausschließlich mit psychotherapeutischen Leistungen
an der vertragsärztlichen Versorgung im Planungsbereich Stadtkreis St. teil.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.1.2005 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.3.2004 (Beschluss vom 17.12.2003)
aufzuheben.
Der Beklagte und die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Beklagte hat den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt, vielmehr darauf beharrt, der Kläger möge die Klage, nachdem
er die begehrte Zulassung erhalten habe, zurücknehmen. Der vorliegende Sachverhalt sei mit der Fallgestaltung, die der Revisionsentscheidung
des BSG vom 5.11.2008 (- B 6 KA 13/07 R -) zugrunde gelegen habe, nicht vergleichbar, da die Klägerin dieses Verfahrens Fachärztin für Psychiatrie und (auch) für
psychotherapeutische Medizin gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die
Akten des Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat ist an einer Entscheidung nicht deswegen gehindert, weil der Beklagte einen Vertreter zur mündlichen Verhandlung
vom 20.10.2010 nicht entsandt hat. Der Beklagte ist ordnungsgemäß geladen worden und ihm (seinem Vertreter bzw. seiner Geschäftsstelle)
sind alle Verfügungen, namentlich die Verfügungen des Berichterstatters des Senats vom 12. und 13.10.2010 mit den darin enthaltenen
rechtlichen Hinweisen zugegangen. Der Beklagte hatte Gelegenheit (wie die anderen Beteiligten), hierzu in vorbereitenden Schriftsätzen
Stellung zu nehmen oder in der mündlichen Verhandlung des Senats vorzutragen. Wenn er von alledem absieht, insbesondere auch
einen Vertreter zur mündlichen Verhandlung nicht entsendet und der Vertreterin der Beigeladenen Nr. 1 Vertretungsvollmacht
nicht erteilt, geht dies zu seinen Lasten und kann den Senat nicht an der Urteilsfällung hindern.
II. Die Berufung des Klägers ist gem. §§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist unschädlich, dass der Kläger in der Berufungsschrift die Beigeladene
Nr. 1 als Berufungsgegnerin bezeichnet hatte. Dabei handelt es sich um eine versehentliche und aus den Umständen der Rechtsmitteleinlegung
ohne Weiteres erkennbare Falschbezeichnung (§
92 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGG), nachdem das angefochtene Urteil in der Berufungsschrift zutreffend benannt und diese außerdem in Abschrift beigefügt worden
war; außerdem war der Prozessbevollmächtigte des Beklagten (Berufungsausschuss) angegeben worden.
Nachdem der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und der Beklagte sich der Erledigungserklärung
des Klägers nicht angeschlossen hat, ist Streitgegenstand (nur noch) die Feststellung der Erledigung. Dieses Begehren hat
Erfolg, da sich der Rechtsstreit erledigt hat.
1.) Gegenstand des Rechtsstreits ist nicht mehr der vom Kläger ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf Zulassung zur Teilnahme
an der vertragsärztlichen Versorgung mit ausschließlich psychotherapeutischen Leistungen im Planungsbereich Stadtkreis St..
Den auf die Verurteilung des Beklagten zur Erteilung einer solchen Zulassung gerichteten Sachantrag verfolgt der Kläger nicht
weiter und er will auch nicht im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage gem. §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG die gerichtliche Feststellung herbeiführen, dass ihm (bis zum Erledigungseintritt) ein Zulassungsanspruch zugestanden habe
und ihm die Zulassung vom Beklagten zu Unrecht versagt worden sei (zur Anwendung des §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG bei Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens etwa Hk-SGG/Bolay §
131 Rdnr. 13; NK-VwGO/Wolff § 113 Rdnr. 303 ff. jeweils mit Nachw. zur Rspr. des BSG und des BVerwG; vgl. auch BSG, Urt. v. 2.9.2009,
- B 6 KA 44/08 R -). Der Kläger hat den Rechtsstreit vielmehr in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem ihm der ZA mit Beschluss vom
19.2.2009 die beantragte Zulassung erteilt und damit sein Begehren erfüllt hat. Auch wenn er eine (ausdrückliche) Erledigungserklärung
nicht abgegeben hat, kommt dies (schlüssig) in dem Klagantrag zum Ausdruck, den er in der mündlichen Verhandlung des Senats
vom 20.10.2010 gestellt hat. Denn der Kläger begehrt nunmehr die gerichtliche Feststellung, dass Erledigung eingetreten sei.
Zur Begründung dieses Antrags führt er die Weigerung des Beklagten zur Abgabe einer Erledigungserklärung an, weswegen die
Beendigung des Rechtsstreits durch übereinstimmende Erledigungserklärung der (Haupt-)Beteiligten gem. §
197a SGG i. V. m. §
161 Abs.
2 VwGO nicht möglich ist. Der Kläger ist damit - den rechtlichen Hinweisen des Berichterstatters des Senats in der Verfügung vom
12.10.2010 Rechnung tragend - zum so genannten Erledigungsfeststellungsstreit (dazu sogleich im Folgenden) übergegangen. Darin
liegt für ihn der einzige Weg, die Klageabweisung zu vermeiden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.5.1995, - BVerwG 4 B 247.94 -). Deswegen bräuchte er einen entsprechenden Feststellungsantrag auch nicht einmal zu formulieren (NK-VwGO/Neumann § 161
Rdnr. 177).
2.) Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers führt bei Verfahren, bei denen gem. §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben werden und für die die (kostenrechtlichen) Vorschriften der §§
154 bis
162 VwGO gelten, nicht zur Verfahrensbeendigung. Insbesondere kann die einseitige Erledigungserklärung nicht als Klag- bzw. Rechtsmittelrücknahme
angesehen werden. Das wäre im Hinblick auf die Bestimmung des §
155 Abs.
2 VwGO, wonach die Kosten trägt, wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, nicht
angemessen. Diese Vorschrift ist gem. §
197a Abs.
1 Satz 2
SGG anzuwenden, da die Rücknahme des Rechtsbehelfs abweichend von der Regelung des §
102 Satz 2
SGG bei kostenpflichtigen Verfahren nicht zur Erledigung der Hauptsache führt (vgl. etwa Meyer-Ladewig,
SGG §
197a Rdnr. 25). Der Kläger, der mit der Erledigungserklärung auf ein erledigendes Ereignis reagiert, will nicht die ihn zwingend
und allein belastende Kostenfolge des §
155 Abs.
2 VwGO auslösen, sondern den Weg für eine Entscheidung des Gerichts nach Maßgabe des §
161 Abs.
2 VwGO (i. V. m. §
197a SGG) öffnen. Nach dieser Vorschrift entscheidet das Gericht - vorausgesetzt, der Beklagte schließt sich der Erledigungserklärung
des Klägers an - nach billigem Ermessen über die Tragung der Verfahrenskosten, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu
berücksichtigen ist.
Nach Auffassung des Senats ist die einseitige Erledigungserklärung des Klägers in sozialgerichtlichen Verfahren, die dem Anwendungsbereich
des §
197a SGG unterfallen, also kostenpflichtig sind, nach den hierfür in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätzen
zu behandeln (in diese Richtung weisend auch BSG, Urt. v. 29.12.2005, - B 7a AL 192/05 B -). Das folgt schon daraus, dass
gem. §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG die diesen Rechtsgrundsätzen zugrunde liegenden kostenrechtlichen Vorschriften der
VwGO, namentlich auch §
161 Abs.
2 VwGO entsprechend anzuwenden sind. Außerdem tritt in der bereits erwähnten Vorschrift des § 197a Abs. 1 Satz 2
VwGO, wonach die Klagrücknahme abweichend von §
102 Satz 2
SGG nicht zur Erledigung der Hauptsache führen soll, hervor, dass das Gesetz die kostenpflichtigen Verfahren insgesamt den einschlägigen
kostenrechtlichen Maßgaben des allgemeinen Verwaltungsprozessrechts unterwerfen will.
Im Verwaltungsprozessrecht hat sich die einseitige Erledigungserklärung des Klägers zu einem eigenständigen Prozessrechtsinstitut
entwickelt. Es trägt vor allem den berechtigten (Kosten-)Interessen des Klägers Rechnung. Hat der Kläger eine zunächst erfolgsversprechende
Klage erhoben und wird dieser im Nachhinein durch ein erledigendes Ereignis die Grundlage entzogen und verhindert der Beklagte
außerdem durch die Weigerung, ebenfalls eine Erledigungserklärung abzugeben, eine Kostenentscheidung gem. §
161 Abs.
2 VwGO, bliebe dem Kläger nur die Rücknahme der Klage mit der Kostenfolge des §
155 Abs.
2 VwGO oder die Abweisung der Klage mangels fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig mit der ihn ebenfalls treffenden
Kostenfolge des §
154 Abs.
1 VwGO. Im Hinblick darauf verändert die einseitige Erledigungserklärung den Streitgegenstand des Verfahrens. An die Stelle des
bisherigen Streitgegenstandes tritt der Streit um die Behauptung des Klägers, seinem Klagebegehren sei durch ein nachträgliches
Ereignis die Grundlage entzogen (vgl. nur etwa BVerwG, Urt. v. 17.2.1993, - 11 C 17/92 -, oder Urt. v. 31.10.1990, - 4 C 7/98 -; NK-VwGO/Neumann § 161 Rdnr. 119 - so genannter Erledigungsfeststellungsstreit). Trifft dies zu, obsiegt der Kläger und
es ergeht ein entsprechendes Feststellungsurteil; der Beklagte muss als unterlegener Teil gem. §
154 Abs.
1 VwGO die Verfahrenskosten tragen. Ist Erledigung nicht eingetreten, obsiegt der Beklagte und die Klage wird abgewiesen; dann muss
der Kläger als unterlegener Teil gem. §
154 Abs.
1 VwGO die Verfahrenskosten tragen. Der Erledigungsfeststellungsstreit wird im Rahmen einer Feststellungsklage nach §
43 VwGO - bzw. im sozialgerichtlichen Verfahren nach §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG - ausgetragen. Ein berechtigtes Interesse (§
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG) an der begehrten Feststellung braucht der Kläger indessen nicht darzulegen. Es folgt schon aus seiner prozessualen bzw.
kostenrechtlichen Situation, nachdem er nur durch den Feststellungsantrag die Belastung mit den Verfahrenskosten vermeiden
kann (vgl. auch NK-VwGO/Neumann § 161 Rdnr. 120).
Der Übergang vom ursprünglichen Klageantrag zum Erledigungsfeststellungsantrag ist ohne weiteres zulässig. Allerdings liegt
darin eine Klageänderung i. S. d. §
99 Abs.
1 SGG. Die Voraussetzungen des §
99 Abs.
3 Nr.
3 SGG sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist es als eine Änderung der Klage nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.
Der Übergang zum Erledigungsfeststellungsstreit ändert aber den Klagegrund; der dem Feststellungsantrag des Klägers zugrunde
liegende Sachverhalt ist jetzt der (neu eingetretene) Erledigungssachverhalt (in diesem Sinne auch NK-VwGO/Neumann § 161 Rdnr.
123,192,194; anders offenbar NK-VwGO/Schmid §
91 Rdnr. 16 unter Hinweis auf §
264 Nr. 3
ZPO i. V. m. §
173 VwGO). Die Klageänderung ist aber (und sei es als Klageänderung eigener Art - etwa BVerwG, Urt. v. 25.4.1989, - 9 C 61/88 -) privilegiert zulässig. Weder ist die Einwilligung der anderen Beteiligten noch Sachdienlichkeit gem. §
99 Abs.
1 SGG notwendig. (vgl. auch etwa BVerwG, Urt. v. 12.4.2001, - 2 C 16/00 - und Urt. v. 22.1.1998, - BVerwG 2 C 4.97 -, wonach die Einschränkungen des §
143 VwGO [keine Klageänderung im Revisionsverfahren] und des 91
VwGO - entsprechend §§
168 Satz 1,
99 Abs.
1 SGG - nicht gelten). Der Kläger kann auch im Berufungsverfahren (und im Revisionsverfahren) die Hauptsache für erledigt erklären
(vgl. BVerwG, Urt. v. 22.1.1993, - BVerwG 8 C 40.91 - sowie Urt. vom 12.4.2001, - 2 C 16/00-).
3.) Davon ausgehend ist hier die Erledigung des gesamten Verfahrens festzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.4.2001, - 2 C 16/00 -). Da weder der Kläger noch der Beklagte zu den in §
183 SGG genannten Beteiligten gehören, das Verfahren daher dem Anwendungsbereich des §
197a SGG und damit dem Kostenrecht der §§
154 bis
161 VwGO unterliegt, ist die mangels Erledigungserklärung des Beklagten einseitig gebliebene Erledigungserklärung des Klägers als
Erledigungsfeststellungsantrag im vorstehend beschriebenen Sinne anzusehen; demzufolge hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung
des Senats vom 20.10.2010 auch zu Recht die gerichtliche Feststellung der Erledigung beantragt.
Der Senat kann offen lassen, ob die Erledigung nicht festgestellt werden darf, wenn die ursprüngliche Klage oder hier die
Berufung unzulässig war (vgl. dazu etwa BVerwG, Urt. v. 25.4.1989, - 9 C 61/88 -, und Urt. v. 31.10.1990, - BVerwG 4 C 7.88 - sowie v. 12.4.2001, - 2 C 16/00). Denn die Klage und auch die Berufung des Klägers waren zulässig. Die gegen die Zulässigkeit der Berufung erhobenen Einwendungen
des Beklagten sind - wie eingangs dargelegt - nicht berechtigt.
Der Rechtsstreit hat sich insgesamt in der Hauptsache erledigt. Voraussetzung hierfür ist allgemein, dass der Kläger infolge
eines nachträglich eingetretenen Ereignisses sein Klagebegehren nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg weiterverfolgen kann, diesem
vielmehr rechtlich oder tatsächlich die Grundlage entzogen ist. Es muss eine Situation eingetreten sein, die eine Entscheidung
über den Klaganspruch erübrigt oder ausschließt, namentlich weil das Rechtsschutzziel des Klägers bereits außerhalb des Prozesses
erreicht worden ist oder nicht mehr erreicht werden kann.
Der Kläger hat ursprünglich eine Verpflichtungsklage gem. §
54 Abs.
1 Satz 1
SGG erhoben. Sie richtete sich auf die Verurteilung des Beklagten zur Erteilung der im Verwaltungsverfahren beantragten Zulassung
zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit ausschließlich psychotherapeutischen Leistungen im Planungsbereich
Stadtkreis St.. Dieses Begehren hat sich dadurch im Rechtssinne erledigt, dass der ZA (anstelle der Beklagten) dem Kläger
mit Beschluss vom 19.2.2009 die beantragte Zulassung erteilt und damit den geltend gemachten Anspruch erfüllt hat. Mit dem
Ergehen des beantragten Verwaltungsakts ist das Verpflichtungsbegehren erledigt (vgl. BSG, Urt. v. 2.9.2009, - B 6 KA 44/04 R -; Urt. v. 10.7.1996, - 3 RK 27/95 -; NK-VwGO/Wolff, § 113 Rdnr. 306 m. w. N.). Es hat nunmehr keine Grundlage mehr und ist gegenstandslos geworden; an der
weiteren Verfolgung der Verpflichtungsklage hat der Kläger kein Rechtsschutzinteresse, weil er sein Rechtsschutzziel mit der
Zulassung erreicht hat. Für die Feststellung, dass sich die Hauptsache erledigt hat, ist es ohne Bedeutung, ob die Klage ursprünglich
begründet war; der Senat braucht dies daher nicht zu klären. Der Beklagte hat insbesondere kein nach den Maßstäben des §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Prüfung, ob der mit der Klage verfolgte Anspruch bestanden hat; hierfür ist nichts
ersichtlich oder geltend gemacht (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.3.1981, - BVerwG 8 C 85.80 -).
III. Der Senat hat damit festzustellen, dass sich der Rechtsstreit insgesamt in der Hauptsache erledigt hat. Wegen der Erledigung
des Rechtsstreits ist das Urteil des Sozialgerichts vom 27.1.2005 (- S 5 KA 2810/04 -) wirkungslos.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG i. V. m. §
154 Abs.
1 und
3,
162 Abs.
3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen
aufzuerlegen; diese haben (mit Ausnahme der Beigeladenen Nr. 1 im sozialgerichtlichen Verfahren) Sachanträge nicht gestellt
und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen. Insgesamt ist es danach billig, den Beklagten mit außergerichtlichen Kosten
Beigeladener nicht zu belasten.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht §
160 Abs.
2 SGG.
Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf § 52 Abs. 1 GKG (in Anlehnung an Nr. IX 16.4 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit). Der Senat hält es hier nicht für angemessen,
den Streitwert nur auf den Betrag der Kosten festzusetzen, die bis zur Erledigungserklärung entstanden sind (vgl. BVerwG,
Beschl. v. 3.7.2006, - 7 B 18.06 -). Auch wenn der Kläger nunmehr nur noch die Feststellung der Erledigung begehrt - er freilich sein Sachbegehren hilfsweise
aufrecht erhalten hat (NK-VwGO/Neumann § 161 Rdnr. 127) - ist im Hinblick auf das Vorbringen des Beklagten im Kern unverändert
streitig geblieben, ob der Kläger zur vertragsärztlichen Versorgung mit ausschließlich psychotherapeutischen Leistungen zuzulassen
war. Der Beklagte hat insbesondere nachdrücklich die Vergleichbarkeit des vorliegenden Falles mit der der Revisionsentscheidung
des BSG vom 5.11.2008 (- B 6 KA 13/07 R -) zugrunde liegenden Fallgestaltung in Abrede gestellt. Damit ist für die Streitwertfestsetzung der Gewinn (Umsatz abzüglich
Praxiskosten), den der die Zulassung erstrebende Vertragsarzt in einem Zeitraum von drei Jahren erzielen kann, maßgeblich.
Die Beteiligten gehen übereinstimmend von einem Jahresgewinn von 33.248,80 € aus. Der Streitwert ist damit auf 99.746,40 €
festzusetzen. Der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts vom 16.3.2005 (S 5 KA 532/05 W-A) - dem im Hinblick auf die ältere Rechtsprechung des BSG noch ein Zeitraum von 5 Jahren zugrunde lag - wird entsprechend
abgeändert (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).