Zulässigkeit der Rücknahme einer nach dem SGB IX getroffenen bindenden Feststellung mit Wirkung für die Vergangenheit im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren
Gründe:
I. Der Kläger erstrebt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) im Wege des Zugunsten- und im Änderungsverfahren.
Auf den am 11.07.2005 gestellten Erstantrag des 1952 geborenen Klägers stellte der Beklagte mit Bescheid vom 27.10.2005 einen
GdB von 40 seit 11.07.2005 fest (Arthrose der Knie- und Hüftgelenke, Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform, Teil-GdB
20; Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks, Arthrose, operiert, Teil-GdB 20; degenerative Veränderungen der Wirbelsäule,
Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose, Teil-GdB 20; arterielle Verschlusskrankheit beider Beine, operierte arterielle Verschlusskrankheit,
Teil-GdB 10).
Am 19.07.2006 stellte der Kläger einen Änderungsantrag, den der Beklagte nach Einholung eines Befundscheins beim behandelnden
Orthopäden Dr. F. und dessen Auswertung durch den Versorgungsarzt Dr. M. mit Bescheid vom 14.08.2006 ablehnte. Als weitere
Funktionsbeeinträchtigung wurden eine Funktionsbehinderung beider Ellenbogengelenke sowie des linken Daumens zugrundegelegt,
die jedoch nicht zu einer Erhöhung des Teil-GdB von 20 für die oberen Gliedmaßen führte.
Mit Schreiben vom 13.09.2006 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und beantragte zugleich die Überprüfung des Bescheides
vom 27.10.2005, da die Coxarthrose mit einem Teil-GdB von 30, die Wirbelsäulenerkrankung mit einem Teil-GdB von 30 sowie die
arterielle Verschlusskrankheit mit einem Teil-GdB von 20 bei zutreffender Bewertung der Schulterbeschwerden mit einem Teil-GdB
von 20 zu bewerten seien, was einen Gesamt-GdB von 50 bedinge. Für die neu hinzugekommene Gonarthrose und Meniskopathie sei
ein Teil-GdB von wenigstens 20 in Ansatz zu bringen, was eine Erhöhung des Gesamt-GdB seit 19.07.2006 auf 60 begründe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2007 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.08.2006 zurück. Hiergegen
hat der Kläger am 12.02.2007 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Mit Bescheid vom 02.03.2007 lehnte der Beklagte den Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 27.10.2005 ab, da keine neuen
rechtserheblichen Tatsachen oder Gesichtspunkte vorgebracht worden seien. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2007 zurück. Am 20.06.2007 hat der Kläger hiergegen Klage beim SG erhoben (S 5 SB 3481/07), die durch Beschluss vom 29.01.2008 mit dem Verfahren S 5 SB 843/07 verbunden worden ist.
Im Verfahren vor dem SG hat der Kläger weitere Befundberichte des Chirurgen Dr. K. (Morbus Ledderhose beidseitig mit Rezidiv am linken Fuß), des
Urologen Dr. K. (erektile Dysfunktion, Prostatopathie, Z.n. nach Circumcision), des Neurologen Dr. W. (chronische Wurzel-S1-Schädigung
links nach NPP, foraminelle Stenose L5/S1 links), des Allgemeinmediziners Dr. Z. (konzentrische Linksherzhypertrophie bei
Hypertonie, Arteriosklerose mit großen kalzifizierten Plaques im Bereich der Carotiden bds.) und des Internisten Dr. T. (echokardiographisch
normale LV-Funktion, subklinischer kardialer Endorganschaden bei konzentrischer Linksherzhypertrophie, duplexsonographisch
arterielle Verschlusskrankheit vom supraaortalen Typ mit großen kalzifizierten Plaques im Bereich der Arteria carotis beidseits)
vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte Dr. F. und Dr. Z. als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Dr. F. übersandte Befundberichte
für den Behandlungszeitraum vom 20.01.2004 bis 22.01.2008 und führte unter dem 31.01.2008 aus, die seit 2005 eine fortgeschrittene
Coxarthrose rechts und mittelgradige Coxarthrose links sei mit einem Teil-GdB von 30, die Rotatorenmanschettenteilruptur der
rechten Schulter sowie die geringe Cubitalarthrose beidseits ebenfalls mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten. Im August 2006
sei ein Morbus Ledderhose links, im Oktober 2007 kernspintomographisch ein Riss im Discus triangularis des linken Handgelenks
sowie im Januar 2008 eine initiale Talonaviculararthrose der linken Fußwurzel nachzuweisen. Die Ruptur des Discus triangularis
am linken Handgelenk sei mit einem GdB von 10 zu bewerten. Der Allgemeinmediziner Dr. Z. hat unter dem 14.03.2008 im Wesentlichen
auf die Befunderhebungen von Dr. F. verwiesen und ergänzend ausgeführt, als neue Befunde seit November 2005 seien eine beginnende
Gonarthrose beidseits mit arthroskopischer Innenmeniskusteilresektion links, eine geringe Arthrose beider Ellenbogengelenke
und Endgelenksarthrose linker Daumen, ein Morbus Ledderhose mit Operation am linken Fuß, ein Rezidiv der Fibromatose im linken
Fuß sowie ein Knorpeleinriss im rechten Handgelenk mit operativer Sanierung im Januar 2008 hinzugekommen. Die beginnende Arthrose
der Knie- und Ellenbogengelenke sowie die rezidivierenden Beschwerden in beiden Füßen hätten zu einer Verschlechterung des
Gesamtzustandes geführt. Eine endgültige operative Sanierung der Fußbeschwerden durch den Morbus Ledderhose sei möglich, wobei
das Auftreten eines erneuten Rezidivs sehr wahrscheinlich sei.
Nach mündlicher Verhandlung vom 03.12.2009 hat das SG von Amts wegen bei Dr. Sch. das orthopädische Fachgutachten vom 20.01.2010 eingeholt. Der Sachverständige hat die Arthrose
in den Knie- und Hüftgelenken sowie den Morbus Ledderhose rechts mit einem Teil-GdB von 30, die Funktionsbehinderung des rechten
Schultergelenkes mit Supraspinatussehnenteilruptur, die Arthrosen beider Ellenbogengelenke, den Z.n. Discus-triangularis-Läsion
mit einem Teil-GdB von 20 und die degenerative Veränderung der Lendenwirbelsäule mit Osteochondrose und Bandscheibenvorfall
L5/S1 mit einem Teil-GdB von 20 bewertet. Die beidseitigen Coxarthrosen bedingten eine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke
sowie Belastungs- und Ruheschmerzen mit einer entsprechenden Einschränkung der Gehstrecke. Im Vergleich zu den Vorbefunden
hätten sich die Arthrosen verstärkt, sodass inzwischen bereits die Indikation zur Versorgung mit Hüft-TEPs bestehe. Die Arthrosen
der Kniegelenke seien lediglich leichteren Grades und gingen auch nur mit einer leichten Einschränkung der Beweglichkeit der
Kniegelenke einher. Die Einschränkungen der oberen Extremitäten sowie die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule hätten
sich nicht geändert und seien zu Recht mit einem Teil-GdB von jeweils 20 bewertet worden. Wegen der stärker fortgeschrittenen
Coxarthrose beider Hüftgelenke halte er seit Anfang 2009 hierfür einen Einzel-GdB von 30 und ab diesem Zeitpunkt einen Gesamt-GdB
von 50 für gerechtfertigt. Eine rückschauende Einschätzung seit Sommer 2005 bzw. Sommer 2006 sei nur nach Aktenlage möglich.
Insoweit stimme er vollkommen mit der Einschätzung des Versorgungsamtes überein und halte einen Gesamt-GdB von 40 für angemessen.
Mit Schreiben vom 22.03.2010 hat der Kläger noch einen Arztbrief des Chirurgen Dr. S. vom 09.02.2010, in dem von einer Operation
am 09.02.2010 berichtet wird (Diagnostische Arthroskopie, arthroskopische Teilsynovektomie, subacromiale Dekompression sowie
Osteophytenentfernung, arthroskopische AC-Gelenkresektion), einen Befundschein von Dr. K. vom 03.03.2010 (erektile Dysfunktion
bei regelrechter äußerer Genitale und altersentsprechend großer Prostata, Ejakulatio praecox, Z.n. Circumcision, Adipositas)
sowie mit Schreiben vom 29.03.2010 einen Befundschein des Neurologen Dr. Dr. W. vom 10.03.2010 (Karpaltunnelsyndrom beidseits
noch ohne persistierende neurologische Defizite) vorgelegt. Nach Auswertung des Gutachtens durch den versorgungsärztlichen
Dienst hat der Beklagte im Vergleichswege die Feststellung eines GdB von 50 ab 21.12.2009 angeboten.
Nach Ablehnung des Angebots durch den Kläger hat das SG mit Urteil vom 15.11.2010 den Bescheid vom 14.08.2006 abgeändert und den Beklagten verurteilt, ab dem 01.01.2007 einen GdB
von 50 sowie ab dem 01.10.2009 einen GdB von 60 festzustellen, und im Übrigen die Klagen abgewiesen. Hierbei hat es sich im
Wesentlichen auf die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen gestützt. Danach sei eine Abänderung des bindenden
Erstfeststellungsbescheides vom 27.10.2005 für die Vergangenheit im Zugunstenwege nicht zu begründen, da noch im Sommer 2006
nach Aktenlage der Gesamt-GdB bei 40 gelegen habe. Soweit der sachverständige Zeuge Dr. F. die Behinderung von Seiten der
rechten Schulter und die beidseitige geringe Cubitalarthrose mit einem Teil-GdB von 30 bewertet und schon für das Jahr 2005
bei fortgeschrittener Coxarthrose rechts und mittelgradiger Coxarthrose links hierfür einen Teil-GdB von 30 für gerechtfertigt
gehalten habe, stehe dem entgegen, dass das Hüftgelenksleiden 2005 noch keine derartig behindernden Auswirkungen gehabt habe.
Ausgehend von den Angaben im von Dr. F. vorgelegten Arztbrief vom 29.06.2005 sei der Gelenkspalt an der rechten Hüfte bis
auf eine Weite von etwa 1 mm verschmälert, an der linken Hüfte auf eine Weite von etwa 2 bis 3 mm. Der am 15.01.2007 erhobene
Röntgenbefund habe eine deutliche Verschlechterung nachgewiesen. Hier habe sich eine rechts vollständige und links mehr als
hälftige Höhenminderung des Gelenkspaltes in der Druckübertragungszone sowie eine Entrundung des Hüftkopfes durch Osteophyten
gezeigt. Aufgrund der für 2005 angegebenen Beweglichkeitsausmaße und des Umstandes, dass Dr. F. 2005 angegeben hatte, der
Kläger habe zu diesem Zeitpunkt die Beschwerden noch als tolerabel geschildert, lasse sich für den damaligen Zeitpunkt ein
Teil-GdB von mehr als 20 nicht rechtfertigen. Der für die arterielle Verschlusskrankheit festgestellte Teil-GdB von 10 sei
ebenfalls gerechtfertigt, da im Arztbrief des Herz-Zentrums Bad K. vom 16.08.2005 geschildert werde, dass der Kläger mittlerweile
praktisch beschwerdefrei sei. Für die Zeit ab 01.01.2007 sei wegen weiterer wesentlicher Verschlimmerung jedoch ein GdB von
50 und für die Zeit ab 01.10.2009 ein GdB von 60 festzustellen. Abweichend von der Einschätzung des Gerichtsgutachters Dr.
Sch. sei ein Gesamt-GdB von 50 schon ab 01.01.2007 gerechtfertigt, denn die beidseitige Coxarthrose habe im aktuellen Ausmaß
beim Kläger auch schon im Januar 2007 vorgelegen. Der Röntgenbefund mit vollständigem Aufbrauch des Gelenkspaltes des rechten
Hüftgelenks in der Belastungszone, wie ihn Dr. Sch. bei seinen aktuellen Röntgenaufnahmen am 21.12.2009 erhoben habe, sei
nämlich in gleicher Weise von Dr. F. schon unter dem 15.01.2007 beschrieben worden. Auch damals sei rechts bereits eine vollständige
Höhenminderung des Gelenkspaltes in der Druckübertragungszone festgestellt worden, sodass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt die
Beurteilung von Dr. F. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 31.01.2008, rechts bestehe eine fortgeschrittene und links
eine mittel-gradige Coxarthrose, was mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten sei, als zutreffend anzusehen sei. Nachdem unter
dem 15.10.2009 bei bekanntem arteriellen Bluthochdruck eine Belastungshypertonie auf der 100-Wattstufe und insbesondere eine
mittelschwere konzentrische Linksherzhypertrophie als Folge des seit Jahren bestehenden arteriellen Bluthochdrucks festgestellt
worden sei, habe sich zum 01.10.2009 eine nochmalige wesentliche Verschlimmerung des Gesamtbehinderungszustandes ergeben.
Wenn der Beklagte für das Bluthochdruckleiden einen Teil-GdB von 20 festgestellt habe, sei dem zuzustimmen, wobei sich aus
der danach festgestellten Linksherzveränderung nochmals eine wesentliche Verschlimmerung des Behinderungszustandes ergeben
habe. Hinzu komme die Funktionsbeeinträchtigung auf urologischem Gebiet, für die ein Teil-GdB von mindestens 10 anzusetzen
sei, der zwar für sich genommen nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB führe, aber doch bei einer Gesamtbetrachtung des Behinderungszustandes
für die Zeit ab Nachweis der Linksherzhypertrophie eine nochmalige Erhöhung des GdB auf nunmehr 60 gerechtfertigt erscheinen
lasse.
Gegen das dem Klägervertreter am 27.11.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.12.2010 Berufung eingelegt, ohne diese
zu begründen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. November 2010 abzuändern, den Bescheid vom 2. März 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 27. Oktober 2005 zurückzunehmen
und ab 11. Juli 2005 einen GdB von wenigstens 50 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 14. August 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2007 ab dem 19. Juli 2006 einen GdB von wenigstens 60, hilfsweise einen GdB von wenigstens
50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts
(S 5 SB 843/07, S 5 SB 3481/07) sowie die Senatsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
II. Der Senat entscheidet über die Berufung nach §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichter des Senats
die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist
mit gerichtlicher Verfügung vom 31.03.2011 Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung nach §
153 Abs.
4 SGG gegeben worden. Zugleich ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl.
BSG, SozR 3-1500 § 153 Nr. 9).
Die gemäß §§
143,
144 Abs.
1 SGG statthafte und nach §
151 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen weitergehenden
Feststellungsanspruch als im angefochtenen Urteil des SG tenoriert.
1. Soweit der Kläger die Rücknahme des in Bestandskraft erwachsenen Bescheides vom 27.10.2005 begehrt, ist Rechtsgrundlage
dieses Begehrens § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt
oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden
ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift ein rechtswidriger
nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft
zurückzunehmen. Er kann nach Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
§ 44 Abs. 1 SGB X ist eine Spezialregelung für Verwaltungsakte über die Gewährung von sozialrechtlichen Leistungen. Der die Eigenschaft als
schwerbehinderter Mensch oder die Höhe des GdB feststellende Statusakt ist keine Leistung in diesem Sinne (st. Rspr. BSG,
Urteil vom 29.05.1991 - 9a/9 RVs 11/89 -, zuletzt Urteil vom 07.04.2011 - B 9 SB 3/10 R - beide zitiert nach juris). Daraus ergibt sich, dass vorliegend § 44 Abs. 2 SGB X mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) getroffenen Feststellungen auch im Falle der Rücknahme eines rechtswidrigen Bescheides zugunsten des Betroffenen grundsätzlich
nur mit Wirkung für die Zukunft abzuändern sind; ob eine rückwirkende Feststellung erfolgt, liegt im Ermessen der Verwaltung.
Nur wenn die tatsächlichen Voraussetzungen offenkundig sind, kann das pflichtgemäße Ermessen die rückwirkende Aufhebung der
bindenden Feststellung gebieten (BSG, Urteil vom 07.04.2011, aaO.). Der hier zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 27.10.2005
kann daher gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X grundsätzlich nur für die Zeit ab Antragstellung (13.09.2006) zurückgenommen werden. Auf eine Rücknahme für die Vergangenheit
besteht kein Rechtsanspruch. Insoweit besteht nur ein Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung des Beklagten (§
44 Abs. 2 Satz 2 SGB X), die tatbestandlich allerdings voraussetzt, dass der Bescheid vom 27.10.2005 zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig
gewesen ist. Dies ist indes nicht der Fall. Denn ein höherer GdB als 40 für die Zeit vom 11.07.2005 bis 19.07.2006 ist zur
Überzeugung des Senats nicht gerechtfertigt.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des
SGB IX, die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes getreten sind. Gemäß §
2 Abs.
1 Satz 1
SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihrer körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit
länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehner-Graden abgestuft
festgestellt. Hierfür gelten gemäß §
69 Abs.
1 Satz 4 und 5
SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche
Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2
SGB IX), in der jeweils geltenden Fassung (hier: Ausgabe 2004 und 2008) heranzuziehen (AHP 2004, 2008). Seit 01.01.2009 ist an die
Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten
angewandten AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung [VersMedV]) getreten. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien
erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet,
dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist. In den VG ist ebenso wie in den
AHP der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Dadurch
wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, den medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB
ermöglicht.
Nach §
69 Abs.
3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den
Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen
sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die
einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In
der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung
durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder
20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der
Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20
ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Ziffer
19 AHP 2004, 2008, Teil A Nr. 3 S. 10 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. VG in freier richterlicher Beweiswürdigung
sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSGE SozR 3870 § 3 Nr. 26).
Hiervon ausgehend steht für den Senat fest, dass der Beklagte den Gesamt-GdB des Klägers für den genannten Zeitraum zutreffend
mit 40 bewertet hat. Da der Bescheid vom 27.10.2005 rechtmäßig ist und somit die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine
Rücknahme nach § 44 Abs. 2 SGB X nicht vorliegen, hat der Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 02.03.2007 den Antrag des Klägers auf Rücknahme des Bescheides
abgelehnt, da die Anwendung des § 44 SGB X auf offenkundige Fälle beschränkt sein soll (BSG 9a/9 RVs 11/89 aaO.).
Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung mit dem SG zu dem Ergebnis, dass für den hier maßgeblichen Zeitraum bis 19.07.2006 die Funktionsbeeinträchtigungen in den Funktionssystemen
Arme, Beine und Rumpf keinen höheren GdB als 40 unter Zugrundelegung dreier Teil-GdB-Werte von jeweils 20 rechtfertigen. Der
Senat schließt sich der Einschätzung des Gutachters Dr. Sch. an, die dieser auf der Grundlage der von Dr. F. vorgelegten Befundberichte
vorgenommen hat.
Soweit Dr. F. in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 31.01.2008 angegeben hat, im Jahr 2005 eine fortgeschrittene Coxarthrose
rechts und mittelgradige Coxarthrose links mit einem Teil-GdB von 30 bewertet zu haben, vermag sich der Senat dieser Bewertung
nicht anzuschließen. Zwar wird im Röntgenbefund vom 29.06.2005 an der rechten Hüfte eine Verschmälerung des Gelenkspaltes
auf eine Weite von 1 mm und an der linken ("re." offensichtlicher Schreibfehler) Hüfte auf 2 bis 3 mm angegeben. Der GdB für
angeborene oder erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen wird jedoch entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen
der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung, Minderbelastbarkeit). Die mit bildgebenden Verfahren festgestellten
Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB (vgl. AHP 2004 Ziffer 26.18
S. 117). Soweit im Befundbericht vom 29.06.2005 angegeben wird, die Beweglichkeit der rechten Hüfte sei vor allem in der Rotation
und in der Abduktion eingeschränkt und gering schmerzhaft, die in der linken Hüfte endgradig eingeschränkt, ergibt sich aus
diesem Befund keine einen höheren Teil-GdB als 20 rechtfertigende Funktionsbeeinträchtigung. Ob eine Bewegungseinschränkung
der Hüftgelenke die Feststellung eines GdB bedingt, beurteilt sich vorrangig nach dem Grad der Streckung und Beugung. Liegt
hier eine Einschränkung vor, ist die Annahme eines GdB gerechtfertigt, wenn eine entsprechende Einschränkung der Dreh- und
Spreizfähigkeit gegeben ist (vgl. AHP 2004 Ziffer 26.18 S. 124). Allein die Einschränkung in der Rotoation und Abduktion ohne
Verminderung der Streckungs- und Beugefähigkeit vermag jedenfalls keinen höheren GdB als 20 zu rechtfertigen. Dies gilt vorliegend
um so mehr, als die rechte Hüfte nur gering schmerzhaft gewesen und für die linke Hüfte keine Schmerzangabe gemacht worden
ist.
Auch soweit Dr. F. eine Rotatorenmanschettenteilruptur der rechten Schulter sowie eine geringe Cubitalarthrose beidseits mit
einem Teil-GdB von 30 bewertet hat, hält der Senat eine solche Einschätzung auf der Grundlage der angegebenen Befunde für
zu hoch bemessen. Insoweit gilt, dass der GdB-Grad entscheidend bestimmt wird durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen.
Im Befundbericht vom 16.10.2005 ist aber eine freie Beweglichkeit der rechten Schulter, die in der Abduktion nur endgradig
schmerzhaft gewesen ist, angegeben worden. Zwar ist bei Bewegung gegen Widerstand die Außenrotation schmerzhaft und auch etwas
abgeschwächt, das Schultergelenk ist jedoch reizfrei und stabil gewesen. Der Röntgenbefund der rechten Schulter hat einen
nur geringen Humeruskopfhochstand, eine Acromioclaviculargelenkarthrose mit osteophytärer Ausziehung der Claviculargelenkfläche
nach distal sowie eine nur geringe Einengung des subacromialen Raumes ergeben. Am 11.05.2006 hat Dr. F. zwar an der rechten
Schulter ventral einen Druck- und Bewegungsschmerz festgestellt, über damit einhergehende Bewegungseinschränkungen hat er
jedoch nicht berichtet. Im Röntgenbefund ist beidseits keine Höhenminderung der Gelenkspalten gesehen worden bei nur geringer
osteophytärer Ausziehung des Processus coronoideus. Auch am 02.07.2006 ist die rechte Schulter wiederum frei beweglich und
auch kein Druck- oder Bewegungsschmerz auslösbar gewesen. Ein höherer Teil-GdB als 20 lässt sich bei dieser Befundlage auch
unter Berücksichtigung des Umstandes, dass am 11.05.2006 beide Ellenbogengelenke in der Beweglichkeit in allen Freiheitsgraden
um etwa 10 Grad schmerzhaft eingeschränkt waren und am 02.07.2006 am linken Daumen ein Resistenz- und Druckschmerz streckseitig
ulnar angegeben worden war, nicht rechtfertigen.
Schließlich ergibt sich auch für die Gesundheitsschäden an den Kniegelenken kein höherer Teil-GdB als 20. Im Befundbericht
vom 24.01.2006 wird zwar ein beidseitiger Druck- und Bewegungsschmerz am medialen Gelenkspalt mit endgradigem Beugeschmerz
angegeben. Zugleich wird aber über eine freie Beweglichkeit beider Kniegelenke berichtet, die im Röntgenbild beidseits nur
minimale Osteophyten und keine Höhenminderung der Gelenkspalten zeigten. Am 02.07.2006 wurde am linken Kniegelenk ein geringer
Erguss bei freier Beweglichkeit und ohne Druck- oder Bewegungsschmerz festgestellt.
Aufgrund der insgesamt daher nur wenig oder gar nicht eingeschränkten Beweglichkeit in den Funktionssystemen Arme, Beine und
Rumpf sind die jeweils angesetzten Teil-GdB von 20 bereits großzügig bemessen.
Soweit der Kläger einen Teil-GdB von 20 für die arterielle Verschlusskrankheit für angemessen hält, lässt sich dies mit den
einschlägigen Tabellen-Werten in den AHP nicht in Einklang bringen. Arterielle Verschlusskrankheiten werden danach bei ausreichender
Restdurchblutung, Pulsausfall ohne Beschwerden oder mit geringen Beschwerden (Missempfindungen in Wade und Fuß bei raschem
Gehen) ein- oder beidseitig mit einem Teil-GdB von 0-10 bewertet. Ein Teil-GdB von 20 setzt eine eingeschränkte Restdurchblutung
(Claudicatio intermittens) Stadium II bei schmerzfreier Gehstrecke in der Ebene über 500 m ein- oder beidseitig voraus (AHP
2004 Ziffer 26.9). Im Arztbrief des Dr. F., Herzzentrum Bad K., vom 16.08.2005 ist zur Anamnese angegeben worden, der Kläger
könne wieder stundenlange Wanderungen ohne Claudicatio-Beschwerden in den Waden durchführen und verspüre lediglich gewisse
Wadenbeschwerden beim steilen Bergaufgehen, wodurch er aber nicht belästigt sei. Zusammenfassend hat Dr. F. berichtet, der
Kläger sei mittlerweile praktisch beschwerdefrei und eine erneute Katheterintervention nicht angezeigt. Der dargestellte Befund
ist daher mit einem Teil-GdB von 10 zutreffend bewertet.
Auch die urologischen Gesundheitsstörungen des Klägers bedingen keinen höheren Teil-GdB als 10. Die in dem Befundbericht von
Dr. K. vom 03.06.2005 berichtete erektile Dysfunktion bei ejaculatio praecox ist urologisch nicht zu erklären. Bei der körperlichen
Untersuchung im Jahr 2005 war kein pathologischer Befund auszumachen. Nach Ziffer 26.13 AHP 2004 wird als Tabellenwert für
den Verlust oder den vollständigen Schwund beider Nebenhoden und Impotentia coeundi bei nachgewiesener erfolgloser Behandlung
ein GdB von 20 empfohlen. Im Hinblick darauf, dass der Kläger lediglich eine Erektionsstörung geltend gemacht hat, hingegen
weder Impotenz gegeben noch die Fähigkeit zur Ejakulation beeinträchtigt ist, kann die beim Kläger in weitaus geringerer Ausprägung
bestehende Funktionsbeeinträchtigung nicht mit einem höheren Teil-GdB als 10 bewertet werden, zumal keine Behandlung erfolgt.
In der Summe lässt sich aus den drei Teil-GdB-Werten von 20 kein Gesamt-GdB von 50 rechtfertigen, der die Anerkennung als
Schwerbehinderter rechtfertigen würde. Ein Gesamt-GdB von 50 wäre nur angemessen, wenn die Gesamtauswirkung der verschiedenen
Funktionsbeeinträchtigungen bei vergleichender Betrachtung so erheblich wäre, wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines
Beines im Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislaufschäden
oder Einschränkungen der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung etc. (vgl.
AHP 2004 Ziffer 19 Abs. 2). Eine derartige Funktionsbeeinträchtigung lässt sich aus den in ihren Auswirkungen sich teilweise
überschneidenden orthopädischen Gesundheitsstörungen des Klägers in den genannten Funktionssystemen nicht ableiten. Die für
die arterielle Verschlusskrankheit sowie für die Gesundheitsstörung auf urulogischem Gebiet jeweils festgestellten Teil-GdB
von 10 wirken sich als lediglich leichte Gesundheitsstörungen nicht auf die Höhe des Gesamt-GdB aus, da sie nicht zu einer
Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (vgl. AHP 2004 Ziffer 19 Abs. 4).
2. Für die Zeit ab Stellung des Neufeststellungsantrags am 19.07.2006 ist ein Anspruch des Klägers nach § 48 SGB X zu prüfen. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine Änderung ist wesentlich, wenn
der Verwaltungsakt, so wie er ursprünglich nach der damaligen Sach- und Rechtslage zu Recht erlassen wurde, nach der neuen
Sach- und Rechtslage nicht mehr ergehen dürfte. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf den GdB gegenüber einer vorausgegangenen
Feststellung liegt nur dann vor, wenn im Vergleich zu den den GdB bestimmenden Funktionsausfällen, wie sie der letzten Feststellung
des GdB tatsächlich zugrunde gelegen haben, insgesamt eine Änderung eingetreten ist, die einen um wenigstens 10 geänderten
Gesamt-GdB bedingt.
Im angegriffenen Urteil hat das SG aufgrund einer wesentlichen Änderung in Form einer Verschlimmerung des Behinderungszustandes ab 01.01.2007 einen GdB von
50 sowie ab 01.10.2009 einen GdB von 60 für angemessen erachtet und ist insoweit über die Empfehlungen des Sachverständigen
Dr. Sch. hinausgegangen. Es kann offen bleiben, ob tatsächlich - wie von Seiten des SG angenommen - bereits ab 01.01.2007 die beidseitige Coxarthrose mit einem Teil-GdB von 30 sowie ab 01.10.2009 die dem Funktionssystem
Herz zuzurechnende Funktionsbeeinträchtigung wegen arteriellem Bluthochdruck bei Linksherzveränderungen mit einem Teil-GdB
von 20 zu bewerten ist und bejahendenfalls dies eine Erhöhung des Gesamt-GdB auf 50 bzw. 60 rechtfertigt. Zweifel gegen die
Anhebung des Teil-GdB für die beidseitige Coxarthrose bestehen insoweit, als lediglich Röntgenbefunde eine Zustandsverschlechterung
dokumentieren, diese aber nicht durch weitere Bewegungseinschränkungen nachgewiesen wird und Dr. F. im Arztbrief vom 15.01.2007
noch keine Indikation für eine Totalendoprothese gesehen hat. Eine darüber hinausgehende weitere Erhöhung des Gesamt-GdB ist
jedenfalls nicht gerechtfertigt. Der Senat nimmt insoweit nach eigener Überprüfung auf die Entscheidungsgründe des sorgfältig
begründeten erstinstanzlichen Urteils Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG ab.
In Ergänzung zum angefochtenen Urteil bleibt auszuführen, dass das von Dr. W. im Befundschein vom 10.03.2010 diagnostizierte
Karpaltunnelsyndrom beidseits keinen Teil-GdB rechtfertigt, da persistierende neurologische Defizite nicht nachgewiesen worden
sind. Soweit Dr. S. im Arztbrief vom 09.02.2010 von der Operation an der rechten Schulter berichtet, ergeben sich auch hieraus
keine Anhaltspunkte, die eine Anhebung des Teil-GdB auf über 20 bedingen. Die festgestellten ausgeprägten osteophytären Ausziehungen
der lateralen Clavicula sind reseziert, der teilweise gerissene Diskus ist vollständig entfernt. Das deutlich deformierte
AC-Gelenk ist debridiert und teilreseziert worden. Festgestellt wurde eine mäßige Bursitis, keine Läsion der Supraspinatussehne
und eine unauffällige und im Übrigen intakte Rotatorenmanschette. Dass die Operation nach Ablauf des Heilungsprozesses eine
weitere Einschränkung in der Beweglichkeit der Schulter nach sich gezogen hätte, hat der Kläger nicht geltend gemacht.
Da der Kläger keine substantiierte Verschlechterung seines Gesundheitszustandes im Berufungsverfahren geltend gemacht hat,
waren weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht veranlasst.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.