Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Einstellung von Zahlungen der Unterkunfts- und Heizungskosten an den Vermieter; Feststellungsinteresse
für eine Fortsetzungsfeststellungsklage
Tatbestand
Streitig ist die Einstellung von Zahlungen der Unterkunfts- und Heizungskosten an die Vermieterin des Klägers.
Der Kläger bezog vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Auf dem im Rahmen eines Umzugs vorgelegten neuen Mietvertrages ab 01.05.2007 für die Wohnung in der A-Straße 30, A-Stadt,
vermerkte er, die Miete solle direkt an die Vermieterin gezahlt werden. Nach Erhöhung der Vorauszahlungen für Betriebskosten
auf 52,50 EUR monatlich und für Heizung und Warmwasser auf 58 EUR monatlich, übernahm der Beklagte ab 01.08.2008 neben der
Grundmiete in Höhe von 250 EUR auch die tatsächlichen Heiz- und Nebenkosten. Am 20.05.2009 wandte sich der Kläger an den Beklagten
und bat darum, die monatlichen Vorauszahlungen auf 30 EUR laut Mietvertrag zurückzusetzen und im Hinblick auf einen Rechtsstreit
den Restbetrag zurückzubehalten. Dem Antrag, die Unterkunftskosten nicht mehr direkt an die Vermieterin zu zahlen, entsprach
der Beklagte im Bescheid vom 22.05.2009 und zahlte das Alg II in Höhe von 360,50 EUR für die Zeit vom 01.06.2009 bis 30.09.2009
an den Kläger aus.
Mit Bescheid vom 17.08.2009 bewilligte der Beklagte Alg II für die Zeit vom 01.10.2009 bis 30.09.2010. Nachdem dieser Kenntnis
von Mietrückständen des Klägers in Höhe von 895,72 EUR und der Anhängigkeit einer Räumungsklage erlangt hatte, zahlte er aufgrund
des Bescheides vom 16.09.2009 die monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 360,50 EUR ab dem 01.10.2009 wieder
direkt an die Vermieterin des Klägers. Dies erfolge zur Vermeidung von weiteren Mietschulden und einer drohenden Wohnungslosigkeit.
Die Entscheidung beruhe auf § 22 Abs 4 SGB II. Hierauf erwiderte der Kläger, er könne auf dieses Schreiben nur mit Bedauern reagieren und werde Widerspruch sowie Beschwerde
über das gesamte Verhalten des Mitarbeiters des Beklagten einlegen.
Mit Schreiben vom 15.12.2009 forderte der Kläger den Beklagten auf, die Mietzahlungen an die Vermieterin zum 01.01.2010 sofort
einzustellen. Mit zwei Bescheiden vom 23.12.2009 änderte der Beklagte die Höhe der bewilligten Leistungen für die Kosten für
Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.02.2010 bis 31.03.2010 und vom 01.04.2010 bis 30.09.2010 auf 332,50 EUR ab. Aufgrund
des Schreibens des Klägers vom 15.12.2009 sei die entsprechende Berechnung geprüft werden. Neben der Grundmiete von 250 EUR
sowie Nebenkosten von 52,50 EUR seien ab 01.02.2010 Heizkosten nur noch in Höhe von 30 EUR zu berücksichtigen. Die Zahlungen
würden auch weiterhin direkt an die Vermieterin erfolgen, wodurch dem Kläger keinerlei Nachteil entstünde.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Es werde zum wiederholten Male in sein Persönlichkeitsrecht eingegriffen. Das Verhalten
des Beklagten würde nicht nur ihm, sondern der Stadt A-Stadt schaden. Er habe auch die Aufrechnung auf die Mieten erklärt.
Er fordere daher nochmals auf, die Miete einzubehalten.
Am 07.05.2010 ist der Kläger aus der Wohnung in der A-Straße ausgezogen. Der Beklagte hob daraufhin die Bewilligung von Alg
II im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung mit Bescheid vom 10.05.2010 für die Zeit vom 01.06.2010 bis 30.09.2010
auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben und die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung der Auszahlung der Miete an die Vermieterin beantragt.
So wie er Leistungen nur auf Antrag erhalte, stehe es ihm auch zu, einen solchen Antrag zurückzunehmen. Es gehe nicht um die
Auszahlung der Miete an sich, sondern lediglich um die Einstellung der Zahlungen an die Vermieterin. Die Heizkostenabrechnung
der Vermieterin sei überzogen gewesen. Mit Urteil vom 07.12.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Im Hinblick auf die bereits erhobene Räumungsklage wegen entstandener Mietrückstände habe der Beklagte
zu Recht die Miete direkt an die Vermieterin ausgezahlt. Durch dieses Vorgehen sei der Kläger auch nicht beschwert.
Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Der Beklagte könne keine Zahlungen für ihn
übernehmen, wenn er dies nicht wünsche. Durch Zahlung der Miete an die Vermieterin seien ihm jegliche weitere gerichtliche
Schritte verwehrt worden. Es sei erforderlich zu klären, wie es sich mit der Mietkaution verhalte. Dies fordere er seit anderthalb
Jahren. Im Zivilverfahren habe die Vermieterin sämtliche Forderungen zurückgenommen. Hätte sich der Beklagte dort mit eingebracht,
hätte er seine Wohnung behalten können. Im Nachhinein sei er froh, aus diesem Mietverhältnis weggekommen zu sein. Er habe
die Miete nicht selbst gewollt, sondern lediglich keine Zahlungen des Beklagten an die Vermieterin. Da er nunmehr als Rentner
keine Leistungen mehr vom Beklagten beziehe, sehe er keine Wiederholungsgefahr. Er wolle aber im Interesse der Öffentlichkeit
eine Überprüfung des Urteils des SG.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
festzustellen, dass die Zahlung von Leistungen für Unterkunft und Heizung durch den Beklagten an die Vermieterin der Wohnung
in der A-Straße in der Zeit vom 01.01.2010 bis 31.05.2010 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat er auf die Ausführungen des SG verwiesen. Mit einer Klageänderung/-erweiterung hinsichtlich der Höhe der gewährten Heizkosten und der Mietkaution bestehe
kein Einverständnis.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist bereits unzulässig.
Das ursprüngliche Begehren des Klägers, den Beklagten zur Einstellung der Zahlung von Leistungen für Unterkunft und Heizung
an die Vermieterin der Wohnung in der A-Straße ab dem 01.01.2010 zu verurteilen, und die insoweit ablehnende Entscheidung
des Beklagten in den Bescheiden vom 23.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2009 hat sich spätestens
mit dem Auszug am 07.05.2010 aus dieser Wohnung erledigt. Eine entsprechende Verurteilung des Beklagten kommt damit nicht
mehr in Betracht. Eine (nochmalige) Zahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung an sich selbst - die sich ggf. noch nicht
erledigt haben könnte (insofern unterscheidet sich der Fall von dem Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.04.2011 - S
15 AS 2985/09 - [...]) - hat der Kläger ausdrücklich nicht geltend gemacht. Zugunsten des Klägers ist aber eine Umstellung der Klage in
eine Fortsetzungsfeststellungsklage (zur Zulässigkeit einer solchen Klage vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer,
SGG, 10. Aufl, §
131 Rn 7c ff) anzunehmen, mit welcher das Gericht grundsätzlich die Möglichkeit hat, die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des
Beklagten festzustellen.
Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt es allerdings am Vorliegen eines Feststellungsinteresses. Ein Feststellungsinteresse
kann insbesondere bei einer Wiederholungsgefahr, einem Rehabilitationsinteresse oder bei einer Präjudizialität für andere
Rechtsverhältnisse gegeben sein (Keller aaO Rn 15b). Dazu ist weder vom Kläger konkret vorgetragen worden, noch sind Umstände
ersichtlich, woraus sich dieses ergeben könnte. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines
erledigten Verwaltungsaktes unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr
voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt
ergehen wird (vgl BSG, Beschluss vom 16.05.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 mwN). Vorliegend war eine solche Wiederholungsgefahr nicht gegeben, denn in tatsächlicher Hinsicht
lagen keine im Wesentlichen gleichen Umstände mehr vor. Wie der Kläger selbst eingeräumt hat, steht ihm als Altersrentner
künftig keinesfalls mehr einen Anspruch gegen den Beklagten auf die Bewilligung von Alg II zu. Eine nochmalige Mietzahlung
durch den Beklagten an einen Vermieter gegen den Willen des Klägers kommt damit nicht in Betracht.
Darüber hinaus ist kein Rehabilitationsinteresse erkennbar. Insofern hat der Kläger auf Nachfrage des Gerichts im Erörterungstermin
ausgeführt, er wünsche eine Überprüfung der Entscheidung des SG alleine im Interesse der Öffentlichkeit. Damit geht es aber nicht um die Rehabilitation des Klägers selbst.
Schließlich ist im Hinblick auf eine Präjudizialität nicht erkennbar, inwieweit der Kläger entsprechende Ansprüche geltend
machen könnte. Insbesondere hätte sich im Hinblick auf die Geltendmachung der Rückzahlung der Kaution keine für den Kläger
günstigere Rechtsposition ergeben, wenn der Beklagte die Unterkunftskosten nicht gezahlt hätte.
Einer Entscheidung im Zusammenhang mit der Kautionsrückforderung bedurfte es nicht. Dies war weder Regelegungsgegenstand in
den angefochtenen Bescheiden noch Gegenstand des Verfahrens vor dem SG. Einer solchen Klageerweiterung/-änderung im Berufungsverfahren nach §
99 SGG hat der Beklagte weder zugestimmt noch ist sie im Sinne einer Prozessökonomie sachdienlich.
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.