Gründe:
I. Streitig ist die Absenkung der bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-)
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.03.2007 bis 31.05.2007.
Der Kläger bezieht im Rahmen einer bestehenden Bedarfsgemeinschaft Alg II. Ohne Verhandlungen über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung
geführt zu haben, verpflichtete die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 30.08.2006 zur Teilnahme an einer Maßnahme zur Verbesserung
der Eingliederungschancen gemäß § 16 SGB II. Nach seiner von der Beklagten genehmigten Ortsabwesenheit bis 04.02.2007 (Schreiben
der Beklagten vom 11.01.2007, worin der Kläger darauf hingewiesen wurde, dass er sich grundsätzlich bei Krankheit bis spätestens
9.00 Uhr beim Maßnahmeträger zu melden habe) meldete er sich am 05.02.2007 weder beim Maßnahmeträger noch bei der Beklagten.
Ein Abbruch der Maßnahme erfolgte nicht. Am 07.02.2007 legte er der Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeit
ab 05.02.2007 vor. Nach Anhörung senkte die Beklagte die dem Kläger bewilligten Leistungen für die Zeit vom 01.03.2007 bis
31.05.2007 um 30 vH gemäß § 31 Abs 1 Satz 1 Buchst c SGB II ab (Bescheid vom 21.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 03.07.2007).
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat mit Urteil vom 28.08.2008 die angegriffenen Bescheide aufgehoben und entschieden, die außergerichtlichen Kosten seien
zu erstatten (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2008). Die Pflicht zur morgendlichen Meldung sei nicht in
einer Eingliederungsvereinbarung vereinbart, sondern mit Schreiben vom 11.01.2007 dem Kläger mitgeteilt worden. Eine analoge
Anwendung der Sanktionsregelungen zu Verstößen gegen eine Eingliederungsvereinbarung auf Fälle anderweitiger Festlegung von
Pflichten sei jedoch nicht möglich. § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II sei auf die Zuweisung der Maßnahme mit Bescheid
vom 30.08.2006 nicht anzuwenden. Die Voraussetzungen für eine Sanktion nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II lägen nicht vor.
Ein Abbruch der Maßnahme sei nicht erfolgt. Im schriftlichen Urteil hat das SG im Gegensatz zum Protokoll tenoriert: "Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten".
Gegen die Nichtzulassung der Berufung haben die Beteiligten Beschwerde eingelegt.
Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, die Niederschrift vom 28.08.2008 widerspreche dem im schriftlichen Urteil wiedergegebenen
Tenor.
Die Beklagte hat ausgeführt, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Fraglich sei, ob § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst
b SGB II analog auf einen, eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt anwendbar sei, denn es liege eine ungewollte
Gesetzeslücke vor.
II. Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist unzulässig, denn sie ist nicht statthaft. Der Kläger ist
durch das Urteil des SG nicht beschwert.
Das SG hat - wie beantragt - die vom Kläger angegriffenen Bescheide aufgehoben. Damit ist eine Absenkung der bewilligten Leistungen
nicht eingetreten. Eine Beschwer ergibt sich auch nicht aus der offenbaren Unrichtigkeit im Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung
zu den Kosten. Diesbezüglich ist aus dem Protokoll ganz eindeutig zu entnehmen, dass außergerichtliche Kosten zu erstatten
sind. Dies entspricht auch dem Obsiegen des Klägers in der Hauptsache. Auch wenn das SG hier eine ungewöhnliche Formulierung gewählt hat, geht daraus ganz klar hervor, dass die Beklagte die außergerichtlichen
Kosten des Klägers zu erstatten hat, denn §
193 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) lässt nur zu, die Kostentragung einem am Prozess Beteiligten aufzuerlegen. Nachdem die Beklagte vollständig unterlegen war,
hat sie die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen. Die anderslautende Tenorierung im schriftlichen
Urteil wird das SG auf Anregung des Klägers von Amts wegen gemäß §
138 SGG zu berichtigen haben. Insbesondere stellt diese offenbare Unrichtigkeit keinen Verfahrensmangel dar (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9.Aufl, §
144 Rdnr 34a).
Somit war die Beschwerde des Klägers mangels Beschwer zu verwerfen (vgl Leitherer aaO. § 145 Rdnr 2).
Die von der Beklagten gegen das Gericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß 145 Abs 1 Satz 2
SGG zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Es gibt keinen Grund, die gemäß §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Die Absenkung der bewilligten Leistung für
drei Monate um 30 vH erreicht den erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR nicht.
Nach §
144 Abs
2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung
des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3).
Die Beklagte hat weder eine Abweichung des SG von einer höchstrichterlichen Entscheidung noch einen Verfahrensmangel geltend gemacht. Die Rechtssache ist auch nicht von
grundsätzlicher Bedeutung.
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter
Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des
Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer aaO. § 145 Rdnr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage,
die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand von Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht
klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17) oder
praktisch von vornherein außer Zweifel stehlt (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4).
Die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage der analogen Anwendung der Regelung des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b und
c SGB II auf einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt ist zwar klärungsbedürftig, im vorliegenden Rechtsstreit
jedoch nicht klärungsfähig. Vor dem Hintergrund, dass hier die Berufung zur Wahrung der Rechtseinheit bzw. der Rechtsfortbildung
nur im Rahmen eines konkret zur Entscheidung anstehenden Falles dient, setzt der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
voraus, dass die klärungsbedürftige Rechtsfrage für den zu entscheidenden Fall erheblich, die Frage mithin in dem Sinn klärungsfähig
ist, dass eine Klärung durch das Berufungsgericht erwartet werden kann. Nach dieser Definition schließt die Klärungsfähigkeit
auch die Entscheidungserheblichkeit ein (vgl dazu Leitherer aaO. § 144 Rdnr 28, § 160 Rdnr 9).
An dieser Entscheidungserheblichkeit fehlt es vorliegend jedoch. Der Bescheid vom 30.08.2006 ersetzt nämlich keine Eingliederungsvereinbarung,
denn entsprechende Verhandlungen waren diesem Bescheid nicht vorausgegangen. Sollte er eine Eingliederungsvereinbarung ersetzen,
ohne dass erfolglose Verhandlungen vorausgegangen wären, wäre er bereits aus diesem Grund rechtswidrig und könnte damit nicht
Grundlage einer Sanktion darstellen. Auf die Frage der analogen Anwendung des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b und c SGB II
käme es daher nicht an.
Zudem ist in diesem Bescheid die Pflicht zur Meldung bei Krankheit bis 9.00 Uhr nicht enthalten und die Vollständigkeit der
Rechtsfolgenbelehrung im Rahmen des Bescheides vom 30.08.2006 ist sehr fraglich. Entscheidend ist aber, dass der Bescheid
vom 30.06.2008 lediglich den Kläger zur Teilnahme an einer Maßnahme verpflichtet und damit keine Eingliederungsvereinbarung
ersetzt. Deshalb wird darin auch § 15 Abs 1 Satz 6 SGB II nicht als Rechtsgrundlage angegeben.
Bei dem Bescheid vom 30.08.2006 handelt es sich damit allein um die Festlegung einer Verpflichtung zur Teilnahme an einer
Maßnahme. Verstöße hiergegen sind allein gemäß § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II sanktioniert. Die Voraussetzungen hierfür liegen
jedoch bereits mangels Abbruchs der Maßnahme wie auch mangels diesbezüglich zutreffender Rechtsfolgenbelehrung nicht vor.
Auch das Schreiben vom 11.01.2007 stellt keinen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt dar. Darin wird
der Ortsabwesenheit des Klägers zugestimmt und der Kläger auf seine Pflicht zur Meldung bei Krankheit an den Maßnahmeträger
bis spätestens 9.00 Uhr hingewiesen. Die darin enthaltene Rechtsfolgenbelehrung ist allerdings unzutreffend, denn es wird
auf eine Sanktion gemäß § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II hingewiesen. Diese Sanktion kommt jedoch u.a. nur bei einem
Verstoß gegen eine Pflicht zur Fortführung einer Maßnahme im Rahmen einer in einer Eingliederungsvereinbarung vereinbarten
Maßnahme in Betracht. Für eine Weigerung des Klägers, die Maßnahme fortzuführen, fehlen jedoch jegliche Anhaltspunkte.
Mangels Vorliegens eines eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes bzw. wegen der Rechtswidrigkeit eines
solchen Verwaltungsaktes mangels vorangegangener Verhandlungen über eine Eingliederungsvereinbarung ist die Frage der analogen
Anwendung der Regelung des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b und c SGB II nicht entscheidungserheblich. Die Beschwerde der Beklagten
war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG). Nach §
145 Abs
4 Satz 4
SGG wird das Urteil des SG mit der Ablehnung der Beschwerden durch das Landessozialgericht rechtskräftig.