Aussetzung im sozialgerichtlichen Verfahren wegen Vorgreiflichkeit
Gründe:
I. Strittig ist zwischen den Beteiligten die Übernahme der Kosten, die im Zusammenhang mit fünf Bewerbungsgesprächen und 54
Bewerbungen entstanden sind.
Der Kläger beantragte am 04.06.2007 die pauschalierte Erstattung von Bewerbungskosten für 54 Bewerbungen in der Zeit vom 15.03.2008
bis 29.03.2008 und am 26.03.2008 die Erstattung von Reisekosten zu fünf Bewerbungsgesprächen im Umkreis von 42 km.
Die Klage gegen die ablehnenden Bescheide vom 17.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2008 ist vom
Sozialgericht Nürnberg (SG) am 30.09.2008 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen worden. Der Kläger sei zumindest seit 01.01.2005 nicht mehr in der Lage,
in einem Umfang von mindestens drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Es hat sich dabei
auf ein fachärztliches Gutachten gestützt, das im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung Bund erstellt worden war, sowie
auf ein fachärztliches Gutachten, das das SG in einem Verfahren zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 SGB II selbst eingeholt hatte.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem am 11.10.2008 zugestellten Urteil hat der Kläger am 10.11.2008 Beschwerde eingelegt.
Eine rechtskräftige Entscheidung über die Feststellung seiner Erwerbsfähigkeit liege nicht vor. Insoweit sei ein Hauptsacheverfahren
anhängig.
II. Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß §
145 Abs
1 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Berufung wegen des geringen Beschwerdewerts ausgeschlossen ist. Mangels Bezifferung des Klageantrags
ist von den gesetzlich zustehenden Leistungen auszugehen, die sich bei Zugrundelegung des vom Kläger geltend gemachten Sachverhalts
errechnen. Angesichts insgesamt geltend gemachter 311 km und der km-Pauschale von 20 Cent/km für Fahrkosten gemäß §
16 SGB II i.V.m. §
46 Abs
2 Satz 3
SGB III und § 5 Bundesreisekostengesetz sowie der Übernahme von Bewerbungskosten von maximal 260,00 EUR/Jahr gemäß §
16 SGB II i.V.m. §
46 Abs
1 SGB III wird die Berufungssumme von 750,00 EUR nicht erreicht.
Es gibt keinen Grund, die gemäß §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen.
Nach §
144 Abs
2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung
des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Das SG ist nicht von einer höchstrichterlichen Entscheidung abgewichen. Auch eine grundsätzliche Bedeutung hat der Kläger nicht
geltend gemacht, seine Beschwerdeschrift kann allenfalls im Sinne der Geltendmachung eines Verfahrensmangels gedeutet werden.
Das Urteil des SG leidet nicht an einem Verfahrensmangel. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche
Verfahren regelt. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils, so dass es nicht um die Richtigkeit
der Entscheidung gehen kann, sondern lediglich um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil oder die Zulässigkeit
des Urteils. Kein Verfahrensmangel ist ein Fehler in der Beweiswürdigung, da solche Fehler zunächst nicht dem äußeren Verfahrensgang,
sondern dem materiellen Recht zuzurechnen sind (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9.Aufl, § 144 Rdnr 34a). Der Kläger kann also seine Nichtzulassungsbeschwerde nicht damit begründen, das SG sei zu Unrecht von Erwerbsunfähigkeit ausgegangen.
Das SG war auch nicht gehindert, vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit im Sinne
des § 8 SGB II über die geltend gemachten Bewerbungskosten zu entscheiden. Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder
zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits
bildet oder von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist, so kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung
des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsstelle auszusetzen sei (§
114 Abs
2 Satz 1
SGG). Daraus folgt, dass die Aussetzung im Ermessen des Gerichts liegt. Dieses Ermessen reduziert sich nur in Ausnahmefällen
zu einer Verpflichtung zur Aussetzung, wenn anders eine Sachentscheidung nicht möglich ist. Die Voraussetzungen für einen
solchen Ausnahmefall liegen hier nicht vor. Für die Entscheidung der Vorfrage war die 17.Kammer des SG selbst zuständig. Da sie diese Entscheidung am selben Tag getroffen hat, war sie nicht gehindert, auch über den Kostenerstattungsantrag
sachlich zu entscheiden. Einem etwaigen Erfolg im Hauptsacheverfahren kann über § 44 SGB X Rechnung getragen werden.
Aus diesen Gründen war die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG). Nach §
145 Abs
4 SGG wird das Urteil mit der Ablehnung der Beschwerde rechtskräftig.