Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Bezeichnung des Verfahrensmangels eines übergangenen
Vertagungsantrags
Gründe:
I. Streitig ist, ob der Klägerin für die Zeit vom 01.04.2008 bis 30.09.2008 aufgrund des Überprüfungsvergleichs vor dem Sozialgericht
Würzburg (SG) vom 19.03.2008 höhere Leistungen wegen Mehrbedarfs zu bewilligen sind.
Mit Bescheid vom 11.08.2008 in der Gestalt des diesen Bescheid teilweise abändernden Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009
bewilligte die Beklagte einen Mehrbedarf für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.03.2009 in Höhe von 10 % des Regelsatzes (35,00
EUR) monatlich. Im Rahmen des dagegen zunächst als Untätigkeitsklage und später als Verpflichtungsklage eingeleiteten sozialgerichtlichen
Verfahrens begehrte die Klägerin zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2010, einen Mehrbedarf wegen Medikamentenkosten
in Höhe von 95,08 EUR monatlich für die Zeit vom 01.04.2008 bis 30.09.2008.
Zur mündlichen Verhandlung war das persönliche Erscheinen der Klägerin angeordnet worden. Deren bevollmächtigter Ehemann hat
- soweit verständlich - mitgeteilt, sie könne aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer nicht persönlich erscheinen, ihm selbst
fehle es noch an Geld, um an der mündlichen Verhandlung teilnehmen zu können. Er werde für seine Ehefrau zu einem noch zu
verlegenden Verhandlungstermin persönlich erscheinen. Einer Verhandlung mit dem allein auftretenden bevollmächtigten Rechtsanwalt
- dieser war von der Klägerin selbst vollumfänglich bevollmächtigt worden - widerspreche er.
Das SG hat nach mündlicher Verhandlung ohne Aufhebung des persönlichen Erscheinens der Klägerin und ohne Terminverlegung, jedoch
in Anwesenheit des bevollmächtigten Rechtsanwalts die Klage abgewiesen. Der von der Klägerin für die allein streitgegenständliche
Zeitraum vom 01.04.2008 bis 30.09.2008 begehrte Mehrbedarf für Medikamente stehe dieser nicht zu. Die Klägerin sei in der
Ladung darauf hingewiesen worden, dass auch ohne ihr Erscheinen verhandelt und entschieden werden könne; im Übrigen sei ihr
bevollmächtigter Rechtsanwalt erschienen. Einen Vertagungsantrag habe dieser nicht mehr gestellt.
Dagegen hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Der Antrag auf Vertagung wegen
Schwierigkeiten der Finanzierung der Anreise sei vom SG nicht gewürdigt worden. Das SG - dies macht die Klägerin mit ihrer Beschwerde zuletzt ausschließlich geltend - habe auch nicht über den gesamten Verfahrensgegenstand
(weitere Zeiträume und Leistungen) entschieden. Für das Nichtzulassungsverfahren hat die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
beantragt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
II. Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß §
145 Abs
1 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht.
Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§
144 Abs
1 Satz 2
SGG).
Nach §
144 Abs
2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung
des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3).
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter
Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des
Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9.Aufl, §
144 Rdnr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur
nicht ohne Weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten
ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4).
Vorliegend trägt die Klägerin zunächst vor, auf ihren Vertagungsantrag sei vom SG nicht eingegangen worden. Sie macht damit einen Verfahrensfehler geltend. Allerdings hat sie nicht dargetan, dass die Entscheidung
des SG hierauf beruht, zumal sie selbst ja auch nicht kommen wollte und ein Erscheinen ihres bevollmächtigten Ehemannes allein an
der Finanzierung der Anreise scheiterte. Sie war jedoch in der Ladung darauf hingewiesen worden, dass trotz ihres Nichterscheinens
durch das Gericht entschieden werden könne und der von ihr vollumfänglich bevollmächtigte Rechtsanwalt war in der mündlichen
Verhandlung anwesend. Dessen von der Klägerin erteilte Vollmacht konnte auch von ihrem bevollmächtigten Ehemann nicht eingeschränkt
werden.
Ein Verfahrensfehler lag damit tatsächlich nicht vor, zumal die Klägerin auch nicht ihr Nichterscheinen in der mündlichen
Verhandlung als Verfahrensfehler geltend machte, sondern allein die Unterlassung der Vertagung wegen Nichterscheinens ihres
Ehemannes als weiteren Bevollmächtigten. Die Schwierigkeiten bei der Finanzierung der Anreise ihres Ehemannes sind jedoch
kein Grund für eine Vertagung. Das SG konnte somit ohne das persönliche Erscheinen der Klägerin entscheiden. Darauf ist das SG in seiner Entscheidung auch eingegangen. Einen Verfahrensfehler macht die Klägerin zuletzt auch nicht mehr geltend.
Zu berücksichtigen ist, dass von ihr nicht dargetan wird, welche andere Entscheidung bei einem Erscheinen hätte getroffen
werden können, denn - und dies macht die Klägerin allein im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde als materiellen Rechtsfehler
des SG geltend - der Streitgegenstand des Verfahrens ist durch das SG vollständig abgehandelt worden. Streitgegenstand war allein die Überprüfung des Anspruches auf einen Mehrbedarf für die Zeit
vom 01.04.2008 bis 30.09.2008 aufgrund des Vergleichs vor dem SG vom 19.03.2008. Genau dies hat auch der bevollmächtigte Rechtsanwalt der Klägerin in der mündlichen Verhandlung beantragt.
Alles andere ist nicht (mehr) Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreites nach den zuletzt gestellten Anträgen gewesen.
Somit hat das SG über den zutreffenden Streitgegenstand vollumfänglich entschieden.
Im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zu prüfen, ob die Entscheidung des SG inhaltlich zutreffend ist.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde war mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).