Prozeßkostenhilfe
Erfolgsaussicht
Rechtsfrage der Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze nach dem SGB II ab 01.01.2011
Gründe
I.
Streitig ist die Bewilligung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Bewilligung von Arbeitslosengeld
II (Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2011.
Mit Bescheid vom 16.12.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger Alg II für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 unter Zugrundlegung
eines Regelbedarfes in Höhe von 359,00 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 13.04.2011 bewilligte der Beklagte für diese Zeit Alg
II unter Berücksichtigung eines Regelbedarfes in Höhe von 364,00 EUR monatlich aufgrund der Neufestsetzung der Regelbedarfe
zur Sicherung des Lebensunterhalts. Hiergegen legte der Kläger keinen Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 14.06.2011 bewilligte
der Beklagte höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung aufgrund einer Gesetzesänderung hinsichtlich der Warmwasserkosten.
Daraus ergebe sich eine Nachzahlung von 6,47 EUR monatlich für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2011. Hiergegen legte der
Kläger Widerspruch ein. Er begehre einen höheren Regelbedarf. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
07.07.2011 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. Die Festlegung des Regelbedarfes sei nicht entsprechend der
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09) erfolgt. In der Literatur würden erhebliche Bedenken dagegen geäußert. Mit Beschluss vom 25.08.2013 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 12.07.2012 (B 14 AS 153/11 R) keine Verfassungswidrigkeit der Neuregelung angenommen, und der Kläger habe kein Rechtsschutzinteresse, denn er könne
ein "unechtes Musterverfahren" vor dem Bundesverfassungsgericht abwarten.
Dagegen hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
könne nicht abgewartet werden. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12.07.2012 sei erst nach Erhebung der Klage ergangen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach §
73a Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für
die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 §
62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl. §
73a Rn.7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung
und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit
des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts-
und Tatfragen sind nicht im PKH- Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung
zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch
nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die
durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem
Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres
Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).
Eine solche hinreichende Erfolgsaussicht ist vorliegend mangels der Möglichkeit des Obsiegens nach Auffassung des Senates
nicht gegeben. Unabhängig davon, dass Regelungsgegenstand des Bescheides vom 14.06.2011 nur die Erhöhung der Leistung für
Unterkunft und Heizung war, hinsichtlich der Höhe der Regelleistung keine Änderung gegenüber dem - bestandskräftigen - Änderungsbescheid
vom 13.04.2011 erfolgt ist und damit die Höhe der Regelleistung nicht Streitgegenstand gewesen sein dürfte, hat der Senat
bereits mit den Beschlüssen vom 12.10.2011 (L 11 AS 686/11 B PKH) und 08.02.2012 (L 11 AS 49/12 B PKH) die Auffassung vertreten, selbst unter Berücksichtigung der kritischen Stimmen aus der Literatur sei eine evidente
Verfassungswidrigkeit der Festlegung der Höhe des Regelbedarfs nicht zu erkennen gewesen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht
war für den Senat von Anfang nicht erkennbar gewesen, so dass bereits im Zeitpunkt der frühestmöglichen Entscheidung des SG über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (hier: Zeitpunkt des Eingangs der Akten des Beklagten im Sept. 2011),
keine hinreichende Erfolgsaussicht nach Ansicht des Senates bestanden hat. Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung
vom 12.07.2012 (B 14 AS 153/112 R) und vom 28.03.2013 (B 4 AS 12/12 R) diese Auffassung insbesondere hinsichtlich alleinstehender Personen dann noch bestätigt.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§
177 SGG).