Einstweiliger Rechtsschutz im sozialgerichtlichen Verfahren, Erledigung des Anordnungsanspruchs bei fehlendem materiell- rechtlichem
Anspruch, Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags
Gründe:
I. Streitig ist die Übernahme von Maklerkosten.
Der Antragsteller (ASt) beantragte erstmals am 28.07.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld
II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zu diesem Zeitpunkt lebte er mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin
zusammen mietfrei in deren Wohnung. Im Hinblick auf die - aus seiner Sicht - untragbaren Umstände, die die Trennung von seiner
Lebensgefährtin mit sich gebracht hatten, beabsichtigte der ASt den Auszug aus dieser Wohnung. Im Zusammenhang mit der Wohnungssuche
beantragte er bei der Antragsgegnerin (Ag) am 24.08.2008 die Erstattung von Maklergebühren bis zur Höhe des 2,38-fachen der
Nettokaltmiete (incl. Mehrwertsteuer).
Die Ag lehnte die Übernahme von Maklergebühren für die Anmietung einer Wohnung mit Bescheid vom 22.09.2008 ab, weil im Zuständigkeitsbereich
der Ag hinreichend angemessener Wohnraum zur Verfügung stehe, der ohne die Einschaltung eines Maklers angemietet werden könne.
Mit Schriftsatz vom 03.10.2008 hat der ASt am 06.10.2008 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) beantragt, die Ag im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für einen Makler zu übernehmen. Die
Beauftragung eines Maklers sei erforderlich, weil anderenfalls eine Wohnung nicht kurzfristig angemietet werden könne. Im
übrigen seien zu den von der Ag vorgegebenen Mietobergrenzen (MOG) kaum Wohnungen verfügbar, und eine Vielzahl von Wohnungen werde ausschließlich über Makler vermittelt.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 17.11.2008 abgelehnt. Die Ag habe den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zwar auch als
Widerspruch (vom 03.10.2008) ausgelegt, so dass der Ablehnungsbescheid vom 22.09.2008 nicht bestandskräftig geworden sei.
Gleichwohl sei eine einstweilige Regelung nicht zu treffen, weil weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft
gemacht sei. Es sei gesetzlich nicht vorgesehen, abstrakt eine verbindliche Übernahme von Maklerkosten zuzusichern. Auch bei
Vorlage eines konkreten Angebotes erscheine die Berechtigung des Anliegens zweifelhaft, weil auf dem Wohnungsmarkt im Zuständigkeitsbereich
der Ag auch angemessene Wohnungen ohne Einschaltung eines Maklers zugänglich seien. Auch sei ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich,
weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Drohung im Raum stehe, der ASt werde von seiner ehemaligen Lebensgefährtin
aus der Wohnung verwiesen. Für diesen Fall habe die Ag im Erörterungstermin am 13.11.2008 eine kurzfristige Unterbringung
auf Kosten der Ag in Aussicht gestellt. Darüber hinaus habe der ASt in diesem Termin eine darlehensweise Erbringung der Maklerkosten
seitens der Ag abgelehnt, so dass auch aus diesem Grund die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit nicht ersichtlich sei.
Gegen diesen Beschluss hat der ASt am 17.12.2008 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Das SG habe kritiklos die unschlüssige Argumentation der Ag übernommen, ohne sich mit seinen ausführlichen Darlegungen und den vorgelegten
Beweismitteln auseinandergesetzt zu haben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2009 hat die Ag den "Widerspruch vom 03.10.2008" zurückgewiesen. Eine Zusicherung zur Übernahme
von Wohnungsbeschaffungskosten, wie z.B. Maklerkosten, sei vom Vorliegen eines konkreten Wohnungsangebotes abhängig, das jedoch
nicht vorgelegen habe.
Am 08.01.2009 hatte der ASt bei der Ag die Übernahme von Miet- und Kautionskosten für eine Wohnung in der S.str. in A-Stadt
beantragt, für die keine Maklerkosten anfallen würden. Diesen Antrag - Übernahme der Kautionskosten und Übernahme der Mietkosten
- hat die Ag am 15.01.2009 genehmigt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte der Ag sowie die gerichtlichen Akten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als nicht begründet.
Vorliegend begehrt der ASt die Bewilligung von Wohnungsbeschaffungskosten, die mit Bescheid vom 22.09.2008 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2009 abgelehnt wurde, so dass für die Frage, ob die Ag zur (vorläufigen) Erbringung dieser
Leistungen zu verpflichten ist, §
86b Abs
2 Satz 2
SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes darstellt, unabhängig davon, ob der ASt - in
der offenen Klagefrist - bereits Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 14.01.2009 erhoben hat.
Eine einstweilige Regelung ist zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann
der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu
deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl. Rdnr. 643)
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen
eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die
Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen (§
86b Abs
2 Satz 2 und
4 SGG iVm §
920 Abs
2, §
294 Zivilprozessordnung -
ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG 9.Aufl, §
86b Rdnr. 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes
sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen
Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich
unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.
Unter Beachtung dieser Kriterien ist dem ASt einstweiliger Rechtsschutz nicht zu gewähren, weil ein Anordnungsanspruch d.h.
ein materiell- rechtlicher Anspruch des ASt nicht mehr gegeben ist.
Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen
kommunalen Träger übernommen werden, § 22 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II. Hierunter sind grundsätzlich auch die Kosten für
die Einschaltung eines Maklers zu fassen. Insoweit ist ein Anordnungsanspruch, d.h. ein materiell- rechtlicher Anspruch des
ASt jedoch nicht mehr zu erkennen, denn der ASt hat am 08.01.2009 die Kostenübernahme für eine Unterkunft beantragt, für die
nach seinen eigenen Angaben eine Maklerprovision nicht fällig wird, so dass keine Wohnungsbeschaffungskosten (in Form einer
Maklerprovision) entstehen, die die Ag zu übernehmen hätte. Der ASt hat in diesem Zusammenhang auch nicht vorgetragen, dass
der Umzug nicht zustande kommen würde und daher in nächster Zeit erneut die Beauftragung eines Maklers erforderlich wäre.
Ein Anordnungsanspruch hat sich daher - soweit er überhaupt bestanden hat - spätestens mit dem Umstand erledigt, dass die
Notwendigkeit einen Makler einzuschalten mit der Genehmigung des Umzuges in die (provisionsfreie) Wohnung weggefallen ist.
Soweit der ASt mit seinem Vorbringen vom 02.02.2009 (Schriftsatz vom 31.01.2009), er verbleibe bei seinem Antrag, zum Ausdruck
bringen will, die Ag habe rechtswidrig gehandelt, könnte hierin allenfalls ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit
des Bescheides vom 22.09.2008 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2009) gesehen werden, nachdem sich die
Hauptsache erledigt hat. Einen solchen Antrag hat der ASt jedoch nicht ausdrücklich gestellt und ein derartiger, als Fortsetzungsfeststellungsantrag
i.S.d. §
131 Abs
1 Satz 3
SGG zu qualifizierender Antrag, wäre im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ohnehin unzulässig (vgl. Keller aaO.
§ 86b Rn.9b; Meyer- Ladewig aaO. § 131 Rdnr 9a mwN), so dass der ASt in diesem Zusammenhang auf ein Hauptsacheverfahren, d.h.
ein Klageverfahren in Bezug auf den Widerspruchsbescheid vom 14.01.2009 zu verweisen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des
§
193 SGG und folgt aus dem Unterliegen des ASt.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, §
177 SGG.