Vorläufige Gewährung höherer Unterkunftskosten
Verfristung einer Beschwerde
Beweiskraft eines Faxsendeprotokolls
Mehrfache Zustellung einer Entscheidung
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren über die vorläufige Gewährung höherer Unterkunftskosten für den Zeitraum vom
01.09.2016 bis 31.10.2016.
Am 09.05.2016 sprach die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Bg) zu 1) beim Antragsgegner und Beschwerdeführer (Bf) wegen
der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vor und teilte mit, sie sei alleinerziehend und habe zwei am 14.08.1999 und am 14.04.2014 geborene Kinder. Derzeit wohne
sie bei ihrem Expartner mietfrei, bemühe sich aber um eine eigene Wohnung für sich und die Kinder. Laut Aktenvermerk vom 09.05.2016
wurde sie auf die für sie gültige Mietobergrenze hingewiesen. Am 10.05.2016 teilte die Bg zu 1) dem Bf mit, bisher habe sie
keine Wohnung finden können und nur Absagen erhalten. Sie habe aber jetzt eine Zusage erhalten für eine Wohnung, die sie ab
01.06.2016 mit ihren Kindern beziehen könne. Die Kaltmiete betrage knapp 1.100,- Euro und liege somit über der Mietobergrenze.
Sie bat um Mitteilung, ob diese Wohnung vom Bf genehmigt werden könne.
Am 23.05.2016 beantragte die Bg zu 1) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für sich und ihre Kinder. Sie legte einen Mietvertrag vom 13.05.2016 vor, nach dem sie für die zum 01.06.2016 angemietete
Dreizimmerwohnung eine Nettomiete in Höhe von 1.095,- Euro, eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 110,- Euro und eine Betriebskostenvorauszahlung
in Höhe von 120,- Euro pro Monat schuldet.
Mit Bescheid vom 01.06.2016 geändert durch Bescheid vom 14.07.2016 bewilligte der Bf den Bg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II vorläufig für die Zeit vom 01.06.2016 bis 31.10.2016. Als zu berücksichtigende Kosten der Unterkunft wurde ein Betrag von
920,- Euro angesetzt. In der Begründung ist ausgeführt, bereits vor Eingehung des Mietvertrages sei der Bg zu 1) mitgeteilt
worden, dass die ab dem 01.06.2016 angemietete Wohnung 405,- Euro über der maßgeblichen Mietobergrenze liege. Es werde daher
nur die angemessene Kaltmiete in Höhe von 690,- Euro für eine dreiköpfige Familie bewilligt, zuzüglich der Nebenkosten.
Ihren Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 01.06.2016 begründete die Bg zu 1) unter anderem damit, dass für die
vom Bf angegebene Mietobergrenze von 690,- Euro kalt eine Dreizimmerwohnung vor Ort oder im näheren Umkreis nicht zu finden
sei. Sie habe seit Januar 2016 nach einer Wohnung gesucht. Sie habe aus dem Haus ihres Expartners ausziehen müssen, das Zusammenleben
mit ihm sei für sie eine große psychische Belastung gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2016 wurden die Widersprüche gegen die Bescheide vom 01.06.2016 und 14.07.2016 als unbegründet
zurückgewiesen. Die Mietobergrenze im Landkreis B-Stadt sei für eine Drei-Personen-Bedarfsgemeinschaft nach dem Gutachten
der e. AG für den Vergleichsraum B- und A-Stadt bei einer Nettokaltmiete von 790,- Euro anzusetzen. Der Bg zu 1) sei bereits
vor Einreichung ihres Antrags bewusst gewesen, dass die Kosten der unangemessenen Wohnung nicht in voller Höhe übernommen
würden. Eine zumindest sechsmonatige Übernahme der vollen Unterkunftskosten komme nicht in Betracht. Dagegen wurde Klage zum
Sozialgericht München (SG) erhoben.
Am 07.09.2016 stellten die Bg Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG. Es wurde vorgetragen, die Bg hätten nach der Trennung der Bg zu 1) von ihrem damaligen Lebensgefährten im Januar 2016 zunächst
zwar weiterhin in dessen Eigenheim gewohnt, seit Januar aber nach einer Wohnung gesucht. Die Wohnungssuche sei dadurch erschwert,
dass die Bg ortsgebunden seien (Schule, Kita-Platz, Arbeitsweg ohne PKW). Vorgelegt wurde eine eidesstattliche Versicherung
der Bg zu 1), nach der sie die Miete für den Monat September mit einem Dispokredit begleichen musste. Weiter wurde eidesstattlich
versichert, die Bg hätten monatliche Einkünfte in Höhe von 1.634,40 Euro (Gehalt, bewilligte Leistungen nach dem SGB II, Unterhalt für die Kinder, Kindergeld) und monatliche fixe Ausgaben in Höhe von 1.653,25 Euro (Warmmiete, Strom, Handy, Telefon,
Taschengeld, Rückzahlung Schulden Kreditkarte, Versicherungen), darin enthalten seien weder Lebensmittel noch Bekleidung.
Ausgeführt wurde weiter, die Bestimmung der Angemessenheit der Mietobergrenze werde angezweifelt, zumindest vorübergehend
seien im Rahmen der Bedarfsberechnung die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Das Gutachten der Firma
e. genüge nicht den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG).
Der Bf teilte mit, die Bg zu 1) sei umfassend über die einschlägige Sach- und Rechtslage, insbesondere über die Mietobergrenzen
im Landkreis B-Stadt informiert worden. Dennoch habe sie am 13.05.2016 einen Mietvertrag über eine Drei-Raum-Wohnung zu einem
Netto-Kaltmietpreis von 1.095,- Euro abgeschlossen. Die Mietobergrenze betrage aber 790,- Euro. Der zuständige Sachbearbeiter
habe die Bg noch davor gewarnt, den Mietvertrag abzuschließen, da die Kaltmiete 395,- Euro über der Mietobergrenze liege.
Eine sechsmonatige Übernahme der vollen Kosten der Unterkunft komme nicht in Betracht, da die Bg bereits vor Abschluss des
Mietvertrages ihre Kostensenkungsobliegenheit gekannt hätten. Rechtfertigungstatbestände, wie psychische Belastung oder die
Unmöglichkeit, angemessenen Wohnraum zu finden, kämen mangels Anwendbarkeit von § 22 Abs.1 S.3 SGB II nicht in Betracht.
Mit Beschluss vom 22.07.2016 verpflichtete das SG den Bf im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig, den Bg zu 1) bis 3) für den Zeitraum 01.09.2016 bis 31.10.2016 Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu den bereits vorläufig geleisteten Beträgen von 64,53 Euro für Kosten der Unterkunft monatlich insgesamt weitere 405,-
Euro für die Kosten der Unterkunft zu gewähren. Im Übrigen wurde der darüber hinausgehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung abgelehnt.
Es stehe fest, dass die von den Bg geschuldete Miete den Umfang der Angemessenheit überschreite. Nach dem Gutachten der Firma
e. aus dem Jahr 2016 ergebe sich eine Obergrenze für Netto-Kaltmieten in A-Stadt von 790,- Euro für eine Bedarfsgemeinschaft
mit drei Personen. Die Netto-Kaltmiete der Bg betrage jedoch 1.095,- Euro. Das Gutachten sei ausführlich und plausibel und
wäre als schlüssiges Konzept für die Feststellung der Mietobergrenze geeignet, wenn es - wie vom BSG gefordert - Obergrenzen für die jeweiligen Brutto-Kaltmieten erstellt hätte und nicht Aussagen über Netto-Kaltmieten treffen
würde. Es könne aber mittelbar als Maßstab dienen.
Der Bf habe daher eine Mietobergrenze für die Netto-Kaltmiete festgestellt und dabei eine Mietobergrenze von 690,- Euro und
nicht von 790,- Euro der Leistungsberechnung zugrunde gelegt. Durch die Nennung einer Grenze von 690,- Euro seien die Bg unter
Umständen in die Irre geführt worden und zu dem Ergebnis gekommen, dass zu dieser Mietobergrenze tatsächlich keine angemessene
Wohnung gefunden werden könne. Es erscheine als nicht ausgeschlossen, dass aufgrund der Nennung der falschen Mietobergrenze
ein Anspruch zumindest für die ersten sechs Monate des Leistungsbezuges auf die vollen Kosten der Unterkunft bestehe. Da im
vorliegenden Fall existenzsichernde Leistungen geltend gemacht würden und die Bg darlegten, dass sie möglicherweise für die
ersten sechs Monate Anspruch auf die vollen Kosten der Unterkunft hätten, sei der Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Damit
sei der Differenzbetrag von 405,- Euro zu gewähren. Weitere bzw. höhere Ansprüche hätten die Bg nicht glaubhaft gemacht.
Laut sich in der Akte des SG befindlichen Sendeberichten wurde der Beschluss vom 04.11.2016 per Fax am 07.11.2016 um 10.43 Uhr an die Bevollmächtigten
der Bg übermittelt, um 10.44 Uhr erfolgte die Übermittlung an den Bf. Die Sendeberichte bestätigen die erfolgreiche Übertragung
des neun Seiten umfassenden Beschlusses und des mit den Worten "Übersendung zum Zwecke der Zustellung" versehenen Empfangsbekenntnisses.
Am 08.11.2016 erfolgte eine Übermittlung der Abschriften des Beschlusses gegen Empfangsbekenntnis per Post. Der Bevollmächtigte
der Bg sandte das Empfangsbekenntnis mit dem Vermerk "empfangen am 07.11.2016" an das SG zurück. Eine Übermittlung des Empfangsbekenntnisses durch den Bf erfolgte zunächst nicht. Nach Erinnerung durch das SG wurde ein Empfangsbekenntnis übersandt, laut dem eine beglaubigte Abschrift der einstweiligen Anordnung vom 04.11.2016 am
17.11.2016 vom Bf empfangen worden ist. Gegen den Beschluss hat der Bf am 08.12.2016 Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht
(LSG) erhoben. Den Bg sei keine falsche Mietobergrenze genannt worden. Vielmehr sei die Mietobergrenze erst zum 01.09.2016
geändert worden. Die Bg hätten daher auch keinen Anspruch auf die zumindest sechsmonatige Übernahme der vollen Kosten der
Unterkunft. Es sei der Bg zu 1) bereits vor Anmietung der Wohnung bewusst gewesen, dass die Kosten für Unterkunft nicht in
voller Höhe übernommen würden. Unabhängig davon würde sich ein Anspruch auf zumindest sechsmonatige Übernahme auch nicht ergeben,
wenn den Bg eine falsche Mietobergrenze genannt worden wäre. Soweit das SG ausgeführt habe, das Gutachten der e. AG sei nur mittelbar zur Bestimmung der Mietobergrenze heranzuziehen, da die Mietobergrenzen
sich auf Nettokaltmieten beziehen würden, sei festzustellen, dass die Bg günstiger stehen würden als wenn sich das Gutachten
auf Bruttokaltmieten beziehen würde. Selbst den Fall gesetzt, man würde eine absolute Unwirksamkeit des Gutachtens annehmen,
so würden die Bg nicht die volle Miete erhalten, sondern auf die Mietobergenze nach dem Wohngeldgesetz zurückfallen.
Die Bg haben in ihrer Stellungnahme ausgeführt, es bestehe zumindest ein Anspruch auf vorübergehende Übernahme der tatsächlichen
Kosten der Unterkunft. Im Rahmen eines Eilverfahrens sei eine abschließende Überprüfung der Angemessenheitsgrenze nicht erforderlich.
Die abschließende Klärung erfordere eine umfangreiche Prüfung, die erst im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens erfolgen könne.
Der Senat hat den Bf mit Schreiben vom 12.01.2017 und 24.01.2017 darauf hingewiesen, dass - soweit dem in der Akte des SG befindlichen Sendebericht zu entnehmen sei - der Beschluss des SG vom 04.11.2016 am 07.11.2016 um 10.44 Uhr per Fax an den Bf übermittelt worden sei. Die Beschwerde gegen den Beschluss des
SG sei erst am 08.12.2016 beim LSG eingegangen und müsste demnach als unzulässig verworfen werden. Gründe für eine Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand seien nicht ersichtlich. Der Bf wurde um Mitteilung gebeten, ob die Beschwerde zurückgenommen werde.
Darauf hat der Bf erklärt, der angefochtene Beschluss sei nur per Post zugegangen. Der Posteingangsstempel datiere vom 09.11.2016.
Fristablauf sei daher der 09.12.2016. Aus dem Sendebericht des SG gehe hervor, dass der Beschluss am 07.11.2016 um 10.44 Uhr an die Nummer 0 ... gesendet worden sei. Es handle sich um die
allgemeine Nummer des Referats 2.3 Soziales und nicht um die Faxnummer des Referats 2.2 Jobcenter Landkreis B-Stadt. Es werde
gebeten, die Beschwerde als nicht verfristet anzusehen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte des Bf und die Gerichtsakten beider Rechtszüge
verwiesen.
II.
A.) Die gegen den Beschluss des SG gemäß §
172 SGG grundsätzlich statthafte Beschwerde ist nicht zulässig, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist erhoben worden ist.
Eine Beschwerde ist nur dann zulässig, wenn die Prozessvoraussetzungen vorliegen. Dazu gehört unter anderem auch die Einhaltung
der Beschwerdefrist gemäß §
173 SGG. Nach §
173 S.1
SGG ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist nach S.2 auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb
der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt
wird.
Die einmonatige Frist wurde vom Bf nicht eingehalten. Der Beschluss des SG vom 04.11.2016 ist dem Bf am 07.11.2016 bekannt gegeben worden. Die Beschwerdefrist von einem Monat endete daher am Mittwoch,
07.12.2016. Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG ist aber erst am 08.12.2016 beim LSG eingegangen.
1.) In der Akte des SG liegt ein Zustellungsnachweis mit Datum 17.11.2016 vor. Der Bf hat nach Erinnerung durch das SG am 22.11.2016 ein Empfangsbekenntnis übermittelt. Aus diesem ergibt sich, dass eine beglaubigte Abschrift der einstweiligen
Anordnung vom 04.11.2016 vom Bf am 17.11.2016 empfangen worden ist. Das Empfangsbekenntnis erbringt als öffentliche Urkunde
im Sinne von §
418 ZPO vollen Beweis nicht nur für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, sondern auch dafür, dass
der darin genannte Zustellungszeitpunkt der Wirklichkeit entspricht (vgl. Bundesgerichtshof -BGH-, Beschluss vom 29.10.1986,
IVa ZR 120/85). Zur Widerlegung des aus einem Empfangsbekenntnis ersichtlichen Zustellungsdatums ist der Freibeweis der Unrichtigkeit der
im Empfangsbekenntnis enthaltenen Angaben zulässig (vgl. Hüßtege in Thomas/ Putzo,
ZPO, 37. Auflage 2016, §
174 Rn.8). Der Nachweis eines falschen Datums ist vollständig erst dann erbracht, wenn die Beweiswirkungen der Urkunde entkräftet
sind und damit jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angabe auf dem Empfangsbekenntnis richtig sein könnte (vgl. Bundesverfassungsgericht
-BverfG-, Beschluss vom 27.03.2001, 2 BvR 2211/97). Dies ist vorliegend der Fall. Das sich aus dem übermittelten Empfangsbekenntnis ergebende Empfangsdatum (17.11.2016) ist
offensichtlich unrichtig. Der Bf hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens selbst vorgetragen, ihm sei der angegriffene Beschluss
des SG per Post am 09.11.2016 zugegangen und hat insofern auf den Posteingangsstempel vom 09.11.2016 hingewiesen.
2.) Der Senat hatte daher über die Frage zu entscheiden, wann der angegriffene Beschluss den Bf erreicht hat. Bei prozessualen
Fragen ist das Gericht nicht an die allgemeinen Vorschriften über das Beweisverfahren gebunden, sondern es entscheidet im
Wege des sogenannten Freibeweises (vgl. BSG, Beschluss vom 01.10.2009, B 3 P 13/09 B; Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer,
SGG, 11. Auflage 2014, §
64 Rn.6a).
a.) Der angegriffene Beschluss des SG vom 04.11.2016 wurde gemäß §
63 SGG i.V.m. §
174 ZPO gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis an die nach §
174 Abs.1
ZPO empfangsbefugten Personen ist auch durch Telefax möglich, §
174 Abs.2
ZPO. Das SG hat durch den Hinweis "Übersendung zum Zwecke der Zustellung", der auch dazu dient, die Aufmerksamkeit des Empfängers auf
das Dokument zu lenken und zu verhindern, dass es im Wust der übrigen Sendungen verloren geht, und die Übersendung eines Vordrucks
eines Empfangsbekenntnisses über die Zustellung den Zustellungswillen deutlich gemacht. Die neun Seiten umfassende Entscheidung
des SG wurde laut dem sich in der Akte des SG befindlichen Sendebericht per Fax am 07.11.2016 um 10.44 Uhr an den Bf übermittelt. Der Sendebericht bestätigt die erfolgreiche
Übertragung des vollständigen Beschlusses und des mit den Worten "Übersendung zum Zwecke der Zustellung" versehenen Empfangsbekenntnisses.
Die Übermittlung einer vollständigen Entscheidung "vorab per Telefax" und unter Beifügung eines Empfangsbekenntnisses, das
den Zusatz "Zustellung" (§
63 Abs.2
SGG, §
174 ZPO) enthielt, hat die Beschwerdefrist in Lauf gesetzt. Entsprechend haben die Bevollmächtigten der Bg, denen der Beschluss am
07.11.2016 um 10.43 Uhr per Fax übermittelt wurde, das Empfangsbekenntnis mit dem Vermerk "empfangen am 07.11.2016" an das
SG zurückgesandt.
b.) Zwar erbringt ein Faxsendeprotokoll nicht bereits den vollen Beweis für den Zugang des Beschlusses, für den es nicht auf
den Ausdruck des Faxes, sondern allein auf den vollständigen Empfang (d.h. die Speicherung) der gesendeten technischen Signale
im Telefaxgerät ankommt (vgl. BGH, Beschluss vom 25.04.2006, IV ZB 20/05). Ein Sendebericht über eine ordnungsgemäß abgelaufene Übertragung indiziert aber jedenfalls einen Zugang beim empfangenden
Faxgerät. Bei einem Faxsendebericht, der eine vollständige Übertragung bestätigt, kann generell davon ausgegangen werden,
dass die Faxübertragung im Speicher des empfangenden Geräts angekommen ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.09.2008, 12 U 65/08). Vorliegend gibt es für eine Störung des empfangenden Faxgerätes keinerlei Hinweis. Der Bf hat diesbezüglich auch im Rahmen
der Anhörung nichts vorgetragen und beispielsweise die technischen Aufzeichnungen des Empfangsgerätes über die empfangenen
Sendungen vorgelegt. Daraus ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass der Beschluss des SG dem empfangenden Faxgerät zugegangen ist.
c.) Der Hinweis des Bf, aus dem Sendebericht des SG gehe hervor, dass der Beschluss am 07.11.2016 um 10.44 Uhr an die Nummer 0 ... gesendet worden sei, es handle sich um die
allgemeine Nummer des Referats 2.3 Soziales und nicht um die Faxnummer des Referats 2.2 Jobcenter Landkreis B-Stadt, führt
zu keinem anderen Ergebnis. Das Fax war offensichtlich an die richtige Behörde - und nicht wie vom Bf zunächst vermutet an
ein anderes Jobcenter - gerichtet und ist dort auch bei der allgemeinen Nummer des Referats Soziales eingegangen. Der per
Fax zugestellte Beschluss des SG war innerhalb der Behörde der zuständigen Stelle zu übermitteln. Der Vortrag des Bf, der Beschluss des SG sei nicht an die Faxnummer des Jobcenters Landkreis B-Stadt gerichtet gewesen, erstaunt insbesondere vor dem Hintergrund,
dass sämtliche Übermittlungen von Schriftstücken im erstinstanzlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ohne Beanstandung
an die genannte Faxnummer übermittelt wurden (Übermittlung einer Abschrift des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz mit
Schreiben vom 07.09.2016 sowie Übermittlung von Schriftsätzen mit Schreiben vom 26.09.2016 und 27.09.2016) und an die Faxnummer
auch im Verwaltungsverfahren Schriftstücke übermittelt worden sind, die sich in der Verwaltungsakte befinden. Offensichtlich
findet grundsätzlich eine Weitergabe innerhalb der Behörde statt.
d.) Soweit vorgetragen wird, dem Jobcenter sei der angegriffene Beschluss des SG nur per Post zugegangen, ändert auch dies nichts am Ergebnis. Die Übermittlung des Faxes innerhalb der Behörde an die zuständige
Stelle liegt im alleinigen Organisations- und Verantwortungsbereich der Behörde. Es ist vorliegend nicht ersichtlich, warum
der per Fax zugestellte Beschluss des SG vom 04.11.2016, der dem Landratsamt B-Stadt zugegangen ist, innerhalb der Behörde nicht der zuständigen Stelle übermittelt
worden ist.
e.) Die nachfolgende Übersendung einer Beschlussausfertigung unter Beifügung eines weiteren Empfangsbekenntnisses auf dem
normalen Postweg hat die Beschwerdefrist nicht erneut in Lauf gesetzt. Bei mehrfacher Zustellung einer Entscheidung an denselben
Beteiligten ist für die Fristenberechnung auf die erste wirksame Bekanntgabe abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. April
1994, 5 B 18/94). Daher spielt der Zeitpunkt des Zugangs des Beschlusses per Post, der laut Eingangsstempel des Bf auf den 09.11.2016 datiert,
vorliegend keine Rolle.
f.) Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. Gemäß §
67 SGG ist auf Antrag Wiedersetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche
Verfahrensfrist einzuhalten. Wiedereinsetzungsgründe wurden vom Bf nicht vorgetragen und sind auch nicht aus der Akte ersichtlich.
Auch wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gestellt.
B.) Die Beschwerde ist aber auch unbegründet, weil die Entscheidung des SG im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Der Senat betrachtet es als offen, ob und in welcher Höhe ein Anordnungsanspruch besteht.
Die vom Bf unter Bezugnahme auf das im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Gutachten der Firma e. für den Landkreis B-Stadt,
Aktualisierung 2016 vom 12.09.2016 als angemessen erachtete Mietobergrenze kann im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes
nicht abschließend geprüft werden. Jedenfalls hat der Bf bei der Berechnung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die
streitgegenständlichen Monate September und Oktober 2016 eine Mietobergrenze von 690,- Euro statt der nach seinem eigenen
Vortrag von ihm als angemessen erachteten Grenze von 790,- Euro zugrunde gelegt. Weiter ist eine abschließende Prüfung der
Hauptsache im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund der notwendigen weiteren Aufklärung des Sachverhalts
bezüglich der Frage der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Kostensenkung im konkreten Einzelfall nicht möglich. Die Eilbedürftigkeit
wurde im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens glaubhaft gemacht. Die vorzunehmende Folgenabwägung geht vor dem
Hintergrund, dass die Bg existenzsichernde Leistungen erhalten wollen und es um den Schutz ihrer Wohnung als Lebensmittelpunkt
geht, zu Gunsten der Bg aus. Das fiskalische Interesse des Bf, gegebenenfalls die Leistungen in Höhe von vorliegend 810,-
Euro, nach einer endgültigen Klärung wieder zurückbekommen zu können, tritt dahinter zurück.
C.) Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
D.) Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen, weil die Bg trotz Aufforderung durch das
Gericht eine vollständig ausgefüllte Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bis zum Zeitpunkt der
Entscheidung über die Beschwerde nicht vorgelegt haben.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.